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Erscheinung:22.12.1999 | Geschäftszeichen I 5 - A 341 - 3/99 | Thema Liquiditätsanforderungen Grundsatz II (i. d. F. der Bekanntmachung vom 25. November 1998) gemäß § 11 KWG

Rundschreiben 18/1999 - Grundsatz II (i. d. F. der Bekanntmachung vom 25. November 1998) gemäß § 11 KWG

Zum neu gefassten Grundsatz II (kurz: GS II) sind aus der Kreditwirtschaft eine Reihe von Anwendungs- und Auslegungsfragen an mich herangetragen worden, zu denen ich nach Abstimmung mit der Deutschen Bundesbank wie folgt Stellung nehme:

  1. Behandlung von Wertpapieren des Anlagevermögens, die für Zwecke des GS II zu aktuellen Marktkursen bewertet werden


    Die Einstufung von Wertpapieren gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 GS II als Liquidität erster Klasse setzt grundsätzlich voraus, dass die Wertpapiere zum strengen Niederstwert, d.h. wie Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens bewertet werden. Dies bedeutet, dass neben Wertpapieren des Handelsbestandes und der Vorsorgereserve nur solche wie Anlagevermögen behandelten Wertpapiere in Betracht kommen, die nach dem strengen Niederstwert bewertet werden. Darunter fallen auch solche Wertpapiere, die zusammen mit kongruenten Zinstauschvereinbarungen oder anderen Zinssicherungsgeschäften als Bewertungseinheiten behandelt werden und infolgedessen den für Anlagevermögen geltenden Bewertungsprinzipien entzogen sind. Hingegen können Wertpapiere, die wie Anlagevermögen bewertet sind und zum Meldestichtag zu aktuellen Marktkursen angesetzt werden, nicht als liquiditätswirksame Zahlungsmittel gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 GS II angerechnet werden.

  2. Ausweis anteiliger Zinsen und Behandlung von Zerobonds


    Anteilige Zinsen sind bei der Erfassung der Zahlungsmittel und Zahlungsverpflichtungen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.


    § 7 Satz 1 Nr. 3 GS II beinhaltet kein Wahlrecht bezüglich der Erfassung anteiliger Zinsen, sondern präzisiert, welche Zeitspanne als Restlaufzeit bei Ratenkrediten anzusehen ist. Sofern die meldetechnischen Voraussetzungen gegeben sind, dürfen die Institute allerdings anteilige Zinsen bei in Raten zu tilgenden Darlehen sowohl auf der Zahlungsmittel- als auch auf der Zahlungsverpflichtungsseite anrechnen.


    In welcher Höhe Zerobonds (auch als Nullkuponanleihen bezeichnet) im Liquiditätsschema zu erfassen sind, folgt aus den allgemeinen Prinzipien des § 6 Abs. 1 Satz 1 GS II bezüglich der Bemessungsgrundlage für Wertpapiere: Demnach sind die vom Institut ausgegebenen Zerobonds als verbriefte Verbindlichkeiten gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 8 GS II in Höhe des jeweiligen Rückzahlungsbetrages anzusetzen (siehe § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GS II). Hingegen ist bei der Bemessungsgrundlage für die Zerobonds im Bestand auf die jeweiligen Marktkurse abzustellen (im Falle börsennotierter Zerobonds, die nicht wie Anlagevermögen bewertet werden) bzw. Buchwerte (im Falle anderer Zerobonds) (siehe § 6 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 5 GS II). Insofern gilt auch für Zerobonds das allgemeine Prinzip des Grundsatz II, wonach sich die Anrechnung der Aktiva nach der Höhe der zum jeweiligen Meldestichtag tatsächlich vorhandenen Liquidität richtet, hingegen bei der Erfassung der Zahlungsverpflichtungen, deren Höhe bei Ende der Restlaufzeit zum aktuellen Meldestichtag bereits feststeht, auf den vereinbarten Rückzahlungsbetrag abzustellen ist.

  3. Plazierungs- und Übernahmeverpflichtungen


    Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 GS II sind Plazierungs- und Übernahmeverpflichtungen mit 20 % unter den Zahlungsverpflichtungen anzusetzen, soweit es sich dabei um Verpflichtungen aus am Geldmarkt revolvierend begebenen Finanzinstrumenten wie RUFs und NIFs handelt (siehe die Erläuterungen zur Bekanntmachung über die Änderung und Ergänzung der Grundsätze über die Eigenmittel und die Liquidität der Institute vom 25. November 1998, I 5 - A 33 - 2/96, - im folgenden kurz als "Erläuterungen" bezeichnet - Seite 20 unten).
    Hingegen sind Plazierungs- und Übernahmegarantien für Aktien, Immobilienfondsanteile und andere Kapitalmarktpapiere unter den Zahlungsverpflichtungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 8 GS II zu erfassen.

  4. Weiterleitungskredite im Rahmen öffentlicher Förderprogramme

    a) Behandlung der Kreditzusage


    In den Erläuterungen zu § 4 Abs. 1 Nr. 8 GS II ist klargestellt worden, dass Kreditzusagen, soweit diese sich auf durchgeleitete Mittel im Rahmen von Förderkrediten beziehen, nicht anzurechnen sind. Unter Förderkrediten sind dabei Weiterleitungsdarlehen im Rahmen öffentlicher Förderprogramme zu verstehen. Das Weiterleitungsdarlehen muss dabei nicht notwendigerweise als Treuhandgeschäft ausgestaltet sein.

    b) Behandlung der abgerufenen / bereitgestellten Mittel


    Mittel aus einem Refinanzierungskredit werden in der Regel zur Auszahlung von dem durchleitenden Institut freigegeben, wenn die entsprechenden Auszahlungsvoraussetzungen vorliegen. Liegt dem durchleitenden Institut ein Auszahlungsauftrag mit der Bestätigung vor, dass die Abrufvoraussetzungen erfüllt sind, wird es die Kreditmittel abrufen, so dass nach Auszahlung der Mittel sowohl Zahlungsmittel als auch Zahlungsverpflichtungen in voller Höhe nach dem Bruttoprinzip zu berücksichtigen sind.

  5. Wertansatz bei Pensionsgeschäften


    Die wertpapierbezogenen Sachforderungen und Sachverbindlichkeiten im Rahmen eines echten Pensionsgeschäftes mit nichtbörsennotierten Wertpapieren sind in Höhe der jeweiligen Marktkurse der zugrundeliegenden Wertpapiere anzusetzen, sofern diese bekannt sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GS II). Anderenfalls sind die Sachforderungen und Sachverbindlichkeiten in Höhe der jeweiligen Buchwerte der betreffenden Wertpapiere anzurechnen. Dementsprechend ist bei Wertpapierleihgeschäften mit nicht börsennotierten Wertpapieren zu verfahren.

  6. Restlaufzeit bei Pensionsgeschäften

    Unechtes Pensionsgeschäft mit nicht-börsennotierten Wertpapieren


    Wird ein unechtes Pensionsgeschäft mit nicht-börsennotierten Wertpapieren durchgeführt, so hat der Pensionsnehmer für den Zeitraum, in dem der aktuelle Marktwert der übertragenen Wertpapiere unter dem vereinbarten Rückzahlungsbetrag liegt, eine Forderung in Höhe des Rückzahlungsbetrages anzurechnen. In dem besagten Zeitraum ist die Forderung mit der Restlaufzeit des Geschäfts einzustellen, da dies ausdrückt, dass ein Geldfluss genau dann stattfindet, vorausgesetzt, dass die Bedingung "aktueller Marktwert der Wertpapiere liegt unter vereinbartem Rückzahlungsbetrag" noch zutrifft. Auch beim Pensionsgeber (unechtes Pensionsgeschäft mit nicht-börsennotierten Wertpapieren) hat - für den Zeitraum, in dem der aktuelle Marktwert der Wertpapiere unter dem vereinbarten Rückzahlungsbetrag liegt - die Anrechnung einer Verbindlichkeit in Höhe des Rückzahlungsbetrags gemäß der Restlaufzeit des Geschäfts entsprechend erfolgen.

    Echtes Pensionsgeschäft mit nicht-börsennotierten Wertpapieren


    Der Pensionsgeber erfasst den Mittelzufluss in Geld sowie eine Geldverbindlichkeit, die entsprechend der Restlaufzeit des Geschäfts in das entsprechende Band eingestellt wird. Für die Erfassung der Sachforderung auf Rückgabe der Papiere ist gemäß § 7 Satz 1 Nr. 5 GS II in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Nr. 7 GS II die verbleibende Geschäftsdauer zuzüglich der Restlaufzeit der Wertpapiere maßgeblich. Ebenso hat der Pensionsgeber seinen Wertpapierbestand zu kürzen.


    Der Pensionsnehmer erfasst neben dem Mittelabfluss in Geld die Geldforderung, die entsprechend der Restlaufzeit des Geschäfts eingestellt wird. Die Sachverbindlichkeit auf Rückgabe der Papiere wird gemäß der Restlaufzeit des Pensionsgeschäfts erfasst. Die Erhöhung des Wertpapierbestands spiegelt sich in dem Fristenband wider, welches durch die verbleibende Geschäftsdauer zuzüglich der Restlaufzeit der Wertpapiere bestimmt wird.

  7. Abzug von Wertberichtigungen im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens


    Sofern Institute nicht in der Lage sind, Pauschalwertberichtigungen, Wertberichtigungen auf Länderrisiken und Einzelwertberichtigungen, welche nicht zu einem Ausschluss von der Liquiditätsanrechnung der betreffenden Aktivposten führen (zusammenfassend im folgenden kurz als "Wertberichtigungen" bezeichnet), von den Buchwerten der entsprechenden Zahlungsmittelkomponenten abzusetzen, dürfen sie ein vereinfachtes, pauschaliertes Abzugsverfahren anwenden (siehe die Erläuterungen Seite 29/30). Obgleich Grundsatz II hierzu keine genauen Vorgaben trifft, ergibt sich aus der Gesamtsystematik das übergeordnete Prinzip, dass beim Abzug der Wertberichtigungen die den Zahlungsmitteln zugrundeliegende Laufzeitstruktur so genau wie möglich zu berücksichtigen ist. Das bedeutet im einfachsten Fall, dass der Abzug der Wertberichtigungen von den betreffenden Aktiva entsprechend den jeweiligen Anteilen der den einzelnen Laufzeitbändern zuzuordnenden Aktiva am Gesamtbestand der Aktiva vorzunehmen ist, auf die Wertberichtigungen gebildet worden sind. Diese Vorgehensweise entspricht dem in den Erläuterungen (Seite 30) beispielhaft illustrierten pauschalierten Abzugsverfahren mit der Ergänzung, dass der Abzug über das erste Laufzeitband hinausgehend in den Bändern 2 bis 4 ebenfalls erfolgt. Sowohl dieses als auch das in den Erläuterungen dargestellte pauschalisierte Abzugsverfahren sind anwendbar.


    Vorsorgereserven nach § 340f HGB sind nicht als Wertberichtigungen anzusehen und bleiben deshalb unberücksichtigt.

  8. Passivische transitorische Rechnungsabgrenzungsposten


    Gegen Einreichung einer "Sammelanzeige" durch den zuständigen Verband bei der erstmaligen Anwendung des Verzichts auf den Abzug passiver Rechnungsabgrenzungsposten von den entsprechenden Aktivposten gemäß den Erläuterungen zu § 6 GS II bestehen keine Bedenken, sofern die Namen der einzelnen Institute mitgeteilt werden.

  9. Sonstige Vermögensgegenstände


    Die anrechenbaren Zahlungsmittel sind in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 GS II abschließend aufgelistet. Nicht darunter fallen die in der Bilanz ausgewiesenen Aktiva, die als Liquidität weder erster noch zweiter Klasse angesehen werden können. Bezüglich des Bilanzpostens "Sonstige Vermögensgegenstände" bedeutet dies, dass nur Inkassopapiere liquiditätswirksam erfasst werden (siehe § 3 Abs. 1 Nr. 3 GS II).

  10. Zeitliche Dauer der Laufzeitbänder


    Die in den "Ergänzenden Erläuterungen zu den Meldevordrucken LI 1 und LI 2" vom 25. November 1998 (Seite 1) aufgeführte Fiktion, wonach sämtliche Kalendermonate mit jeweils 30 Tagen anzusetzen sind, stößt nach vorliegenden Informationen in der Praxis mitunter auf Schwierigkeiten, welche auf abweichende Zeiteinteilungen im Rahmen der institutsinternen Liquiditätsmessung und -steuerung zurückgehen. Damit derartige Schwierigkeiten vermieden werden, räume ich folgende Wahlmöglichkeit ein:

    1. Alle Monate können einheitlich mit 30 Tagen in den Laufzeitbändern angesetzt werden, so dass sämtliche Positionen mit einer Restlaufzeit von 30 Tagen dem ersten Laufzeitband, von über 30 bis zu 90 Tagen dem zweiten Laufzeitband, von über 90 bis zu 180 Tagen dem dritten Laufzeitband und von über 180 bis zu 360 Tagen dem vierten Laufzeitband zuzuordnen sind.
    2. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Laufzeitbänder nach Kalendermonaten einzuteilen. Demnach würde das erste Laufzeitband z.B. bei einer zum Ultimo Juli zu erstattenden Meldung den Monat August, das zweite Laufzeitband die Monate September und Oktober, das dritte Laufzeitband die Monate November bis Januar und das vierte Laufzeitband die Monate Februar bis Juli umfassen.
    3. Sofern das Laufzeitende einer Forderung oder Verbindlichkeit auf ein Wochenende bzw. einen gesetzlichen Feiertag fällt, ist grundsätzlich das in den entsprechenden Vertragsunterlagen für diesen Fall festgelegte Fälligkeitsdatum heranzuziehen. Falls die Vertragsparteien hierzu keine Regelung getroffen haben, ist der nächste Geschäftstag als Fälligkeitstag anzusetzen.

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