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Erscheinung:21.01.1999 | Geschäftszeichen I 3 - 238 - 3/95 Rundschreiben 2/1999 - Anrechnungserleichterungen für Realkredite

Rundschreiben 2/1999 zu § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG - Anrechnungserleichterungen für Realkredite (Beleihungswert, Freibetragsregelung, Beschränkung auf inländische Beleihungen)

Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG sind Kredite, die den Erfordernissen des § 12 Abs. 1 und 2 HBG entsprechen, nicht auf die Großkreditobergrenzen anzurechnen, soweit sie 50 % des Wertes des Grundstücks nicht übersteigen. Hierzu hatte ich mich mit Rundschreiben 13/96 geäußert, dessen Ausführungen nach der Richtlinie 98/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998, die seit dem 22. Juli 1998 in Kraft ist, zu überarbeiten waren. Aus der Richtlinie folgen einige Verschärfungen, die sich in ihren praktischen Auswirkungen aber in Grenzen halten; aus ihr folgt aber auch hinsichtlich der Berechnung des Anrechnungsfreibetrags ein weiterer Auslegungsspielraum, der sich zugunsten der Institute nutzen lässt.

Bei der Anwendung der Anrechnungserleichterung nach § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG ist ab sofort zu beachten:

  1. Die Regelung ist nach Artikel 11 Abs. 4 der Richtlinie 89/647/EWG des Rates über einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute, geändert durch Artikel 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998, nur auf Darlehen anwendbar.

    Die Institute dürfen die Regelung bis auf weiteres auch auf andere Kredite anwenden. Zwar ist die Ausdehnung auf andere Kredite von dem Wortlaut der Richtlinienbestimmung eindeutig nicht mehr gedeckt. Nach dem objektiven Regelungszweck liegt ein Analogieschluss jedoch nahe. Risikometrisch ist der Sicherungswert der Immobilie gleich, ob sie sich nun auf ein Darlehen oder ein anderes Adressenausfallrisiko bezieht. Die Institute müssen sich jedoch auf die Möglichkeit einstellen, daß die Europäische Kommission die Sache anders sieht und den Analogieschluss beanstandet; für diesen Fall behalte ich mir ausdrücklich vor, die Ausdehnung der Regelung auf andere Kredite kurzfristig zu kassieren.

  2. Die Regelung ist nur auf Kredite anwendbar, die vor dem 1. Januar 2002 gewährt worden sind; maßgeblich ist der Zeitpunkt der Kreditzusage. Ohne eine Änderung der Auslaufregelung unter Artikel 6 Abs. 9 GKRL ist eine Anschlussregelung nicht möglich. Insoweit ergibt sich also eine Abweichung zum Grundsatz I.

  3. Die als Sicherheit dienende Immobilie muss entweder vom Eigentümer selbst genutzt oder vermietet werden; in Betracht kommen auch insoweit nur Büroräume oder vielseitig nutzbare Geschäftsräume1. Bauträgerdarlehen sind von der Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG ausgeschlossen.

  4. Das verpfändete Grundstück muss im Inland belegen sein.

    Ist das Grundstück in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen, kommt eine Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG nur in Betracht, wenn dieser Staat seinen Instituten die Anwendung der Regelung unter Artikel 11 Abs. 4 der Solvenzrichtlinie im Rahmen des Großkreditregimes gestattet.

  5. Für die Ermittlung des Anrechnungsfreibetrages hat das Institut objektbezogen die Wahl zwischen den beiden folgenden Regelungen unter A. oder B.:

A. Der Anrechnungsfreibetrag ist mit höchstens 60 vom Hundert des Beleihungswertes2 oder 50 vom Hundert des Verkehrswertes (je nachdem, welcher Wert niedriger ist) anzusetzen 3. Das setzt voraus, daß vor der Anwendung der Vorschrift sowohl der Beleihungswert als auch der Verkehrswert festzustellen sind. Der Beleihungswert des Grundstücks ist nach den Vorschriften des § 12 Abs. 1 und 2 HBG festzustellen.

Für die Ermittlung der beiden Werte erlasse ich die folgenden Richtlinien:

§ 1
Feststellung des Beleihungswertes

Für die Feststellung des Beleihungswertes gelten die allgemeinen Grundsätze, soweit die nachstehenden Bestimmungen keine andere Regelung treffen.

§ 2
Feststellung des Verkehrswertes

(1) Für jedes Beleihungsobjekt, das das Institut als Sicherheit im Sinne des § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG zu berücksichtigen beabsichtigt, ist ein Verkehrswert festzustellen. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. § 194 des BauGB).

(2) Der Verkehrswert ist auf der Grundlage eines Gutachtens nach den Vorschriften der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2209) in der jeweils gültigen Fassung festzustellen; ein Institut kann auch auf nicht normierte, in den Fachkreisen jedoch anerkannte Ermittlungsverfahren zurückgreifen, nachdem es sie dem Bundesaufsichtsamt und in dreifacher Ausfertigung der für es zuständigen Zweiganstalt der Landeszentralbank mitgeteilt hat. Der Gutachter muss über langjährige Erfahrungen auf dem Grundstücks- und Baumarkt und bei der Wertermittlung von Immobilien verfügen.

§ 3
Überprüfung von Beleihungswert und Verkehrswert

(1) Das Institut hat mindestens alle drei Jahre Beleihungswert und Verkehrswert und dabei insbesondere die zugrundeliegenden Annahmen zu überprüfen. Für diese Zwecke genügt es im Regelfall, dass eine sach- und fachkundige Person, die nicht mit der Bearbeitung des jeweiligen Kreditengagements befasst ist, die Wertgutachten dahingehend überprüft, ob die ursprüngliche Einschätzung der Rahmenbedingungen und die übrigen Annahmen über den betreffenden Markt, auf denen sie beruhen, weiterhin Gültigkeit haben, und dies in nachvollziehbarer Weise dokumentiert. Sollte sich bei der Überprüfung herausstellen, dass die seinerzeitigen Annahmen und Ergebnisse nicht mehr zutreffen, sind die Werte neu zu ermitteln.

(2) Das Institut hat nach Absatz 1 bereits vor Ablauf von drei Jahren zu verfahren, wenn das allgemeine Preisniveau an den in Frage kommenden Immobilienmärkten in einem die Sicherheit der Beleihungen gefährdenden Umfang gesunken ist. Dies ist anzunehmen, wenn seit der letzten Überprüfung nach Absatz 1 ein Rückgang der Immobilienpreise um mehr als 10 vom Hundert eingetreten ist; Vergleichsmaßstäbe sind insoweit die Kaufpreissammlung gemäß § 195 BauGB, Bodenrichtwerte oder vergleichbare aussagekräftige amtliche Auskünfte sowie institutsinterne Informationen.

Die Regelung beruht auf Artikel 11 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchstabe i) b) der Solvenzrichtlinie.

B. Alternativ steht es dem Institut frei, allein auf den Verkehrswert des Grundstücks abzustellen. Dazu erlasse ich die folgenden Richtlinien:

§ 1
Feststellung des Verkehrswertes

(1) Zum Zeitpunkt der Kreditgewährung ist der Verkehrswert der als Sicherheit dienenden Immobilie auf der Grundlage zweier Gutachten nach den Vorschriften der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2209) in der jeweils gültigen Fassung durch zwei unabhängige Gutachter festzustellen; ein Institut kann auch auf nicht normierte, in den Fachkreisen jedoch anerkannte Ermittlungsverfahren zurückgreifen, nachdem es sie dem Bundesaufsichtsamt und in dreifacher Ausfertigung der für es zuständigen Zweiganstalt der Landeszentralbank mitgeteilt hat. Für die Berechnung des Anrechnungsfreibetrages ist der niedrigere der beiden Schätzwerte zugrunde zu legen.

(2) Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. § 194 des BauGB).

§ 2
Neuermittlung des Verkehrswertes

(1) In der Folgezeit ist der Verkehrswert mindestens einmal jährlich - im Fall von Darlehen, die 1 Mio.ECU und 5 vom Hundert der Eigenmittel des Instituts nicht überschreiten, alle drei Jahre - durch ein Folgegutachten neu zu ermitteln und erforderlichenfalls nach unten zu korrigieren. Eine Korrektur nach oben ist nur auf der Basis zweier ihrerseits wiederum unabhängig voneinander erstellter Gutachten zulässig.

(2) Den Bewertungsstichtag setzt das Institut fest.

§ 3
Gutachter

Die Gutachter müssen über langjährige Erfahrungen auf dem Grundstücks- und Baumarkt und bei der Wertermittlung von Immobilien verfügen.

Die Regelung beruht auf Artikel 11 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchstabe i) a) der Solvenzrichtlinie.

Jedem Institut steht frei, die Anrechnungserleichterung nach § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG nicht in Anspruch zu nehmen; die Wahl darf je nach Objekt auch unterschiedlich ausfallen.

Schlussbestimmungen:
  1. Dieses Rundschreiben ist bis spätestens 21. Juli 2000 durch die Institute umzusetzen; es löst spätestens dann das Rundschreiben 13/96 ab. Den Instituten steht es bis zu diesem Termin frei, wahlweise auch objektbezogen, das Rundschreiben 13/96 weiter anzuwenden.
  2. Das zu § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KWG ergangene Rundschreiben 16/96 bleibt unberührt.



[1]

Für die Berücksichtigung von Grundpfandrechten auf Wohneigentum gelten § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KWG und die dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen (Rundschreiben 16/96).

[2]

Insofern gibt die Richtlinie jetzt einen Auslegungsspielraum, der vor der Änderung nicht bestanden hat.

[3]

Ein evtl. darüber hinausgehender Kreditbetrag ist zu 100 v. H. auf die Großkreditobergrenzen anzurechnen, sofern nicht ein weitergehender Anrechnungsermäßigungstatbestand einschlägig ist.

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