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Erscheinung:23.10.1998 | Geschäftszeichen I 3 - 21 - 15/98 Rundschreiben 18/1998 - § 10 Abs. 7 KWG - Emissionsbedingungen für die Aufgabe kurzfristiger nachrangiger Verbindlichkeiten

§ 10 Abs. 7 KWG Emissionsbedingungen für die Aufgabe kurzfristiger nachrangiger Verbindlichkeiten

Bei der Verfassung der Ausgabebedingungen für kurzfristige nachrangige Verbindlichkeiten bitte ich, die nachstehenden Punkte zu berücksichtigen:

  1. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KWG ist die erste Voraussetzung für die Berücksichtigung von Kapital, das aufgrund der Eingehung nachrangiger Verbindlichkeiten eingezahlt ist, bei den Drittrangmitteln, dass vereinbart ist, dass das Kapital im Fall des Konkurses oder der Liquidation des Instituts erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückzuerstatten ist.

    Die Nachrangabrede braucht sich grundsätzlich nicht auf die Zinsansprüche zu erstrecken. Etwas anderes gilt nur, wenn Zinsansprüche (statt ausgezahlt) kapitalisiert und alsdann ihrerseits bei den Drittrangmitteln berücksichtigt werden sollen. Eine Berücksichtigung bei den Drittrangmitteln kommt neben den weiteren Voraussetzungen (namentlich einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren) nur in Betracht, wenn die Nachrangabrede auch auf sie erstreckt wird.
  2. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KWG muss das eingezahlte Kapital dem Institut für mindestens zwei Jahre zur Verfügung gestellt werden. Die Ausgabebedingungen müssen den Rückzahlungstermin so spät festsetzen, dass die Anleihe mindestens zwei Jahre vor diesem Termin einbezahlt wird. Soweit aufgrund verspäteter Einzahlung von Teilen der Emission die vorgegebene Ursprungslaufzeit verfehlt wird, und sei es auch nur äußerst kurzfristig, kommt eine Berücksichtigung (dieser Teile) bei den Drittrangmitteln nicht mehr in Betracht. Sollte es insoweit nach der Dynamisierung des Eigenmittelbegriffs durch die 6. KWG-Novelle zu Unregelmäßigkeiten kommen, müsste die Frage nach der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation in dem betreffenden Institut gestellt werden.

    Die Ausgabebedingungen müssen für die Zeit von mindestens zwei Jahren das Kündigungsrecht des Anleihegläubigers ausschließen. Das Institut kann sich die Kündigung für die beiden gesetzlich definierten Fälle,

    das Kapital wird durch die Einzahlung anderer, zumindest gleichwertiger Eigenmittel ersetzt oder das Bundesaufsichtsamt stimmt der vorzeitigen Rückzahlung zu,

    in den Ausgabebedingungen vorbehalten. Für weitere Fallgruppen darf es sich kein Kündigungsrecht einräumen lassen. Es ist ihm indessen unbenommen, die beiden gesetzlich zulässigen Kündigungsmöglichkeiten in den Ausgabebedingungen zu qualifizieren, also tatbestandlich einzuschränken (beispielsweise im Sinne einer Steueränderungsklausel).
  3. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 KWG muss die Aufrechnung des Rückzahlungsanspruchs gegen Forderungen des Instituts ausdrücklich ausgeschlossen sein. Die Aufnahme eines entsprechenden Aufrechnungsausschlusses in die Ausgabebedingungen ist für die Anerkennungsfähigkeit der nachrangigen Verbindlichkeiten unverzichtbar; es genügt nicht, dass sich der Aufrechnungsausschluss anderweitig ergibt.
  4. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 KWG dürfen für die Verbindlichkeiten keine Sicherheiten durch das Institut oder durch Dritte gestellt werden. Werden für kurzfristige nachrangige Verbindlichkeiten seitens der Kapitalnehmerin oder durch Dritte (schließt konzernangehörige Unternehmen ein) Sicherheiten gestellt, so ist die Berücksichtigung dieser nachrangigen Verbindlichkeiten bei den Drittrangmitteln ab sofort ausgeschlossen. Das Gesetz verlangt darüber hinaus die ausdrückliche Aufnahme einer entsprechenden Negativ-Klausel in die Emissionsbedingungen.

    Das Verbot der Stellung von Sicherheiten schließt auch nachrangige Sicherheiten ein, insbesondere auch solche, die von dem Mutterunternehmen oder anderen Einheiten der Gruppe gestellt werden. § 10 Abs. 5a Satz 11 KWG ist nicht anzuwenden; die innert der Regelungssystematik des haftenden Eigenkapitals atypische Regelung lässt nach meiner Auffassung einen Analogieschluss nicht zu.
  5. In den Vertragsbedingungen muss ausdrücklich festgelegt sein, dass auf die Verbindlichkeiten weder Tilgungs- noch Zinszahlungen zu leisten sind, wenn dies zur Folge hätte, dass die Eigenmittel des Instituts die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr erfüllen (§ 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 Buchstabe a) KWG), und dass vorzeitige Tilgungs- oder Zinszahlungen dem Institut unbeschadet entgegenstehender Vereinbarungen zurückzuerstatten sind (§ 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 Buchstabe b) KWG).

    Eine besondere Situation ergibt sich für die Anerkennung kurzfristiger nachrangiger Verbindlichkeiten auf Gruppenebene für die Zwecke des § 13b KWG und des Grundsatzes I. Die Regelungen für die bankaufsichtliche Anerkennung kurzfristiger nachrangiger Verbindlichkeiten unter II.2 der Einleitung zu den Baseler Marktrisikoregelungen (BMRR) enthalten eine § 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 KWG vergleichbare "Lock-in Klausel". In der Einleitung zur Baseler Eigenkapitalübereinkunft vom Juli 1988 wird unter Ziffer 10 klargestellt, dass die "Vereinbarung ... für die Bank auf konsolidierter Basis gelten [soll], unter Einschluss der im Banken- und Finanzsektor tätigen Tochtergesellschaften." Die Regelung in der BMRR gilt auch für das KWG. Das gesetzlich angeordnete Analogieverfahren unter § 10a Abs. 1 Satz 2 KWG lässt sich bei konsequenter Anwendung nur in diesem Sinn verstehen.

    Folglich gilt: Sollen die nachrangigen Verbindlichkeiten auch auf Gruppenebene als Drittrangmittel berücksichtigt werden, so muss zusätzlich in die Ausgabebedingungen eine Klausel aufgenommen werden, wonach auf die Verbindlichkeiten auch dann keine Tilgungs- und Zinszahlungen zu leisten sind, wenn dies zur Folge hätte, dass die Eigenmittel der Gruppe die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr erfüllen, und dass Tilgungs- und Zinszahlungen, die entgegen dieser Regelung erfolgen, dem Institut unbeschadet entgegenstehender Vereinbarungen zurückzuerstatten sind.
  6. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 2 KWG können nachträglich der Nachrang nicht beschränkt sowie die Laufzeit und die Kündigungsfrist der Emission nicht verkürzt werden. Nach Satz 3 ist ein vorzeitiger Rückerwerb oder eine anderweitige Rückzahlung außer in den Fällen des Satzes 5 (Marktpflege oder Einkaufskommission) dem Institut ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarung zurückzugewähren, sofern nicht das Kapital durch die Einzahlung anderer, zumindest gleichwertiger Eigenmittel ersetzt worden ist oder das Bundesaufsichtsamt der vorzeitigen Rückzahlung zugestimmt hat. Falls das Institut die Mittel durch andere, zumindest gleichwertige Eigenmittel ersetzt hat, aber auch nur in diesem Fall (außer den Fällen des Satzes 5), ist die Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes entbehrlich. Ohne die Aufnahme gleichwertiger Mittel macht keine - wie hoch auch immer ausfallende ;- Überschreitung des vorgeschriebenen Solvabilitätskoeffizienten die Zustimmung überflüssig; die Erteilung der Zustimmung steht jeweils im pflichtgemäßen Ermessen des Bundesaufsichtsamtes, das sich nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls ausüben lässt. Das Institut hat bei Abschluss des Vertrages auf die in den Sätzen 2 und 3 genannten Rechtsfolgen ausdrücklich schriftlich hinzuweisen; werden Wertpapiere über die nachrangigen Verbindlichkeiten begeben, ist nur in den Zeichnungs- und Ausgabebedingungen auf genannte Rechtsfolgen hinzuweisen (§ 10 Abs. 7 Satz 4 KWG).

    Eine weitergehende Anforderung ergibt sich für das Institut auch nicht aus den BMRR, die die Baseler Pflichtteilnehmer betreffen. Nach der Regelung für die kurzfristigen nachrangigen Verbindlichkeiten unter II.2 der Einleitung der BMRR setzt die vorzeitige Rückzahlung zwar kategorisch die Zustimmung der Aufsichtsbehörden voraus, während in § 10 Abs. 7 Satz 3 KWG die vorherige Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes dagegen nur alternativ für den Fall vorgesehen ist, dass kein Ersatz durch zumindest gleichwertige Eigenmittel erfolgt ist. Materiell sind die Baseler und die nationale Regelung aber identisch.
  7. Den Instituten steht es frei, Genussrechtskapital (§ 10 Abs. 5 KWG) oder längerfristige nachrangige Verbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5a KWG), die prinzipiell die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Ergänzungskapital erfüllen, indessen allein aufgrund der Kappungsregelung unter § 10 Abs. 2b Satz 2 oder 3 KWG innert des haftenden Eigenkapitals nicht berücksichtigungsfähig sind, als Drittrangmittel zu berücksichtigen, auch wenn diese Mittel nicht alle Voraussetzungen nach § 10 Abs. 7 KWG, insbesondere die Einziehung der unter § 10 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 Buchstabe a KWG vorgeschriebenen Lock in-Klausel, erfüllen (§ 10 Abs. 2c Satz 3 KWG). Das Institut, das von der vorstehenden Regelung Gebrauch gemacht hat, behält die Möglichkeit, die betreffenden Mittel später wieder dem Ergänzungskapital zuzurechnen, wenn und soweit es die Kappungsregelung unter § 10 Abs. 2b Satz 2 oder 3 KWG (wieder) zulässt. Es sollte sich von selbst verstehen, dass die entsprechenden Umordnungen revisionstechnisch nachvollziehbar dokumentiert werden.

Es bestehen prinzipiell keine Bedenken, Genussrechtskapital oder Einlagen stiller Gesellschafter während der Auslaufphase der letzten zwei Jahre innerhalb der für Drittrangmittel vorgegebenen Grenzen als kurzfristige nachrangige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, wenn die Ausgabebedingungen den Anforderungen des § 10 Abs. 7 KWG entsprechen.

Diese Regelung gilt prinzipiell auch für längerfristige nachrangige Verbindlichkeiten. Die Berücksichtigung bei den Drittrangmitteln während der Auslaufphase schließt für die betreffende Tranche allerdings aus, dass das Institut von der Regelung des § 10 Abs. 5a Satz 2 KWG Gebrauch macht.

Beispiel:

Das Institut habe vor exakt drei Jahren längerfristige nachrangige Verbindlichkeiten über 100 TDM mit einer Ursprungslaufzeit von fünf Jahren aufgenommen.

Das Institut hat während der Auslaufphase verschiedene Möglichkeiten:

  1. Das Institut berücksichtigt die Emission zu 40 TDM als Ergänzungskapital 2. Klasse.
  2. Das Institut berücksichtigt die Emission zu 100 TDM als Drittrangmittel.
  3. Das Institut splittet die Emission, beispielsweise
    zu 50 TDM als Drittrangmittel (100 % von 50 TDM) und
    zu 20 TDM als Ergänzungskapital 2. Klasse. (40 % von 50 TDM).

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