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Erscheinung:19.03.1997 | Geschäftszeichen I 3 - 21 - 3/95 | Thema Eigenmittel Rundschreiben 4/1997 - Veräußerung von Kundenforderungen im Rahmen von Asset-Backed Securities-Transaktionen durch deutsche Kreditinstitute

Veräußerung von Kundenforderungen im Rahmen von Asset-Backed Securities-Transaktionen durch deutsche Kreditinstitute

Unter dem Begriff Asset-Backed Securities (ABS) sind Wertpapiere oder Schuldscheine zu verstehen, die Zahlungsansprüche gegen eine ausschließlich dem Zweck der ABS-Transaktion dienende Zweckgesellschaft[1] zum Gegenstand haben. Die Zahlungsansprüche werden durch einen Bestand unverbriefter Forderungen ("assets") gedeckt ("backed"), die auf die Zweckgesellschaft übertragen werden und im wesentlichen den Inhabern der Asset-Backed Securities (Investoren) als Haftungsgrundlage zur Verfügung stehen.

I.

Kreditinstitute, die eigene Forderungen im Rahmen von ABS-Transaktionen veräußern, müssen die veräußerten Forderungen den bankaufsichtlichen Kreditbegrenzungsnormen - insbesondere dem Grundsatz I - nicht mehr unterwerfen, wenn ihnen aus diesen Forderungen keinerlei Adressenausfallrisiko mehr erwächst. Wenn und soweit Marktpreis- oder Liquiditätsrisiken verbleiben, sind diese gesondert zu berücksichtigen.

Diese Bedingungen sind insbesondere dann erfüllt, wenn

  1. ein rechtswirksamer Forderungsübergang vorliegt;
  2. Regressansprüche gegen den Veräusserer der Forderungen, die auf anderen Gründen als auf der Haftung für den rechtlichen Bestand und die Einhaltung der Auswahlkriterien beruhen, ausgeschlossen sind;
  3. ein Austausch von Forderungen zwischen dem Erwerber und dem Veräusserer abgesehen von einem Forderungsaustausch wegen Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Auswahlkriterien nach dem Übertragungsvorgang nicht erfolgt;
  4. sich bei gegebenenfalls vereinbarter Rückkaufmöglichkeit für den Veräusserer diese Vereinbarung nur auf ein Restportfolio von weniger als 10 % der übertragenen Forderungen erstreckt und der Rückkauf zum Abschluss der Transaktion (vollständige Bedienung der Investoren) und nur zum aktuellen Wert erfolgt;
  5. weder der Veräusserer der Forderungen noch ein gruppenangehöriges Unternehmen im Sinne des § 10a KWG zur Finanzierung der Zweckgesellschaft während der Transaktion beiträgt; eine etwaige Kreditvergabe an die Zweckgesellschaft darf deshalb nur bis zum Zeitpunkt der Forderungsübertragung unter folgenden Bedingungen erfolgen:

    • in Form eines nachrangigen Darlehens, das erst nach Abschluss der Transaktion zurückgewährt wird,
    • Offenlegung im Verkaufsprospekt und
    • Abzug des Darlehens vom haftenden Eigenkapital des Veräusserers bzw. des gruppenangehörigen Unternehmens in voller Höhe;

    in die Struktur der ABS-Transaktion von vornherein integrierte Sicherungskonstruktionen - üblich sind Übersicherung[2], Kaufpreisabschläge[3], Nachordnung[4] und Reservekonto[5]- werden hiervon nicht berührt;

  6. der Veräusserer der Forderungen bei einer Plazierung der ABS

    • nicht das Absatzrisiko als Underwriter trägt und
    • keine bei der Transaktion emittierten ABS aus dem Primärmarkt (Direktkauf) in den eigenen Bestand nimmt;

    ein etwaiger Ankauf solcher Papiere am Sekundärmarkt darf nur zum aktuellen Marktpreis erfolgen und keine Kreditgewährung gegenüber der Zweckgesellschaft oder den Investoren beinhalten; angekaufte Papiere sind im Grundsatz I zu berücksichtigen.

  7. gegen die Möglichkeit einer zukünftigen faktischen Einstandsverpflichtung des die Forderung veräußernden Kreditinstitutes bei Zahlungsschwierigkeiten der Zweckgesellschaft angemessene Vorkehrungen bestehen:

    • das veräußernde Kreditinstitut darf nicht mit der Zweckgesellschaft oder dem Treuhänder konzernrechtlich, gesellschaftsrechtlich, kapitalmäßig oder personell verbunden sein;
    • es darf keine Namensidentität oder -ähnlichkeit zwischen dem veräußernden Kreditinstitut und der Zweckgesellschaft bestehen;
    • der Verkaufsprospekt muss einen deutlich hervorgehobenen Hinweis enthalten, dass für die Ansprüche der Investoren nur die Zweckgesellschaft haftet und eine Einstandspflicht des Forderungsveräußerers nur insoweit besteht, als er sie ausdrücklich übernommen hat.

II.

Die Auswahl der zu veräußernden Forderungen sollte innerhalb der vertraglich vereinbarten Auswahlkriterien nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Kommt es trotz eines zufallsabhängigen Auswahlverfahrens zu einer wesentlichen Verschlechterung des Portfolios, wird das Bundesaufsichtsamt das Bestehen von Sonderverhältnissen im Sinne des Abs. 2 Satz 3 der Präambel des Grundsatzes I prüfen.

III.

ABS-Transaktionen dürfen nicht die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen; insbesondere dürfen sie nicht dazu geeignet sein, zu einer Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kreditinstitut und Kunden zu führen oder die Kunden dem Risiko einer der Bankverbindung unangemessenen Abwicklung des Kreditverhältnisses auszuliefern. Eine besondere Ausprägung findet das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden im Bankgeheimnis.

Zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist grundsätzlich erforderlich, daß der Forderungsschuldner in die Weitergabe seiner persönlichen Daten für den Fall einer Forderungsabtretung ausdrücklich einwilligt. Hierbei ist dem Kunden das Geschäft, die Art der weiterzugebenden Daten und ihre Zweckbestimmung sowie der potentielle Empfängerkreis der Daten transparent zu machen.

Einer Einwilligung bedarf es hingegen nicht, wenn das zedierende Kreditinstitut die Kreditabwicklung einschließlich des Inkassos aufgrund einer Einziehungsermächtigung als Service agent selbst wahrnimmt, da in diesem Fall eine Weitergabe von schuldnerbezogenen Daten an den Forderungserwerber entbehrlich ist.
Wird das zedierende Kreditinstitut im Falle seiner Insolvenz oder wegen grober Verletzung seiner Vertragspflichten aus dem Verwaltungsvertrag durch einen neuen Service agent ersetzt, muss dieser ein inländisches Kreditinstitut oder ein nach Maßgabe der EG-Bankenrichtlinien beaufsichtigtes Kreditinstitut mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sein.

Unabhängig davon, ob das zedierende Kreditinstitut die Funktion des Service agent wahrnimmt oder nicht, ist die Weitergabe solcher Daten ohne Einwilligung des Forderungsschuldners zulässig,

  • die zur Einhaltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes bei der Forderungsübertragung und für eine eventuell erforderlich werdende sachgerechte Rechtsverfolgung durch den Forderungserwerber in der Abtretungserklärung lediglich verschlüsselt angegeben werden und deren Entschlüsselung bei einer neutralen Stelle (Notar, inländisches Kreditinstitut oder nach Maßgabe der EG-Bankenrichtlinien beaufsichtigtes Kreditinstitut mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) verschlossen hinterlegt wird, oder
  • deren Weitergabe an einen Dritten (Rating-Agentur, Wirtschaftsprüfer, Treuhänder) im Rahmen der ABS-Transaktion aus technischen Gründen unbedingt erforderlich ist (Identität des Kunden wird nicht aufgedeckt). Die Dritten sind ihrerseits zur Wahrung der Vertraulichkeit zu verpflichten.

IV.

Bis auf weiteres haben die Kreditinstitute mir und der Deutschen Bundesbank den Abschluss von Verträgen über die Veräußerung von Forderungen im Rahmen einer ABS-Transaktion anzuzeigen und die wesentlichen Vertragsunterlagen, insbesondere die Emissionsbedingungen und das Informationsmemorandum, vorzulegen. Der Abschlussprüfer hat im Rahmen seines Berichtes über die Prüfung des Jahresabschlusses des Kreditinstitutes zu einer eventuellen durch eine ABS-Transaktion bedingten wesentlichen Verschlechterung des Portfolios Stellung zu nehmen.

[1]

Zwecks Vereinfachung der Darstellung wird auf die im Ausland häufig anzutreffende Unterscheidung zwischen einer Gesellschaftskonstruktion und einer Trust-Konstruktion nicht eingegangen und nur von der "Zweckgesellschaft" gesprochen. Die Entscheidung für die eine oder andere rechtliche Konstruktion ist für die bankaufsichtliche Behandlung dieses Gegenstandes ohne Relevanz.

[2]

Das der Zweckgesellschaft übertragende Forderungsvolumen übersteigt den Nominalwert der von diesem emittierten Wertpapiere.

[3]

Der von der Zweckgesellschaft zu entrichtende Ankaufpreis der Forderungen liegt unter ihrem Buchwert (Discount-Lösung).

[4]

Es werden (zumindest) zwei verschiedene Tranchen - eine vorrangig zu bedienende ("Senior"-)Tranche und eine nachrangig zu bedienende ("Junior"-)Tranche - von ABS ausgegeben. Die nachrangige Emission dient als "Verlustpuffer" für die vorrangige Emission.

[5]

Auf dieses Konto fließt die Differenz zwischen den auf die Forderungen eingehenden Zinsen (und eventuell auch Tilgungsleistungen) und den zur Bedienung der ABS erforderlichen Cash Flows. Aus den Guthaben kann ein eventuelles Defizit an bestimmten Auszahlungsterminen gedeckt werden.

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