BaFin - Navigation & Service

Erscheinung:21.01.2008 | Geschäftszeichen VA 21- StK - 2007/0005 | Thema Verbraucherschutz Rundschreiben 1/2008 (VA) - Hinweise zur Beteiligung der Versicherten an Bewertungsreserven bei Sterbekassen

Sterbekassenbewertungsreserven

Sterbekassen betreiben ausschließlich die konventionelle Sterbegeld- oder gemischte Versicherung, alle Verträge sind gewinnberechtigt. Damit ist der gesamte Versichertenbestand an den Bewertungsreserven nach § 153 VVG zu beteiligen. Nach § 211 Abs. 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz VVG brauchen Sterbekassen die individuelle Zuordnung nicht jährlich, sondern (nach der Gesetzesbegründung) nur zu den Stichtagen vorzunehmen, nach denen eine Überschusszuteilung erfolgt. Dies ist in der Regel der Stichtag der Neuberechnung der Deckungsrückstellung.
Im Folgenden wird ein Verfahren vorgestellt, für das neben der mindestens jährlichen Bestimmung der Bewertungsreserven in allen Kapitalanlagen nur Informationen benötigt werden, die der Kasse oder der Person, die das versicherungsmathematische Gutachten nach § 17 der Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Versicherungsberichterstattungs-Verordnung - BerVersV) erstellt (Gutachter), bereits bekannt sind.

1. Aktivseite

Der Betrag an saldierten Bewertungsreserven (BWR) wird jährlich zum Bilanzstichtag festgestellt. Da die Bilanz nicht unmittelbar nach dem Stichtag aufgestellt ist, muss eine gewisse zeitliche Verzögerung in Kauf genommen werden. Denkbar ist folgendes Verfahren: Der Faktor F1 = BWR zum Stichtag 31. Dezember eines Geschäftsjahres wird bis zum 30. April des Folgejahres bestimmt und gilt jeweils vom 1. Mai des Folgejahres bis zum 30. April des nächsten Jahres.
Je nach der Struktur der Kapitalanlagen und den verwaltungstechnischen Möglichkeiten der Kasse kann es sinnvoll sein, die Bestimmung der Bewertungsreserven auch mehrmals im Jahr durchzuführen.

2. Anteil des Versichertenkollektivs an den Bewertungsreserven

Zu jedem Bilanzstichtag, nach dem eine Überschusszuteilung erfolgt, wird der Anteil der Kapitalanlagen bestimmt, der den Versicherungsnehmern zuzuordnen ist. Die vereinfachte Berechnung als

F2 = min{(Deckungsrückstellung – Forderungen gegen VN + RfB + Verbindlichkeiten gegenüber VN) / KA;1}.

erscheint ausreichend.

Dieser Faktor kann ebenfalls bis zum 30. April des Folgejahres bestimmt werden und gilt vom 1. Mai des Folgejahres bis zum 30. April des Jahres, der auf den nächsten Bilanzstichtag folgt, nach dem eine Überschusszuteilung erfolgt.
Bei den meisten Kassen wird der Faktor nahe an 1 liegen. Es bestehen keine Bedenken, wenn Kassen die Näherung F2 = 1 verwenden.

3. Anteil des einzelnen VN an den Bewertungsreserven

Der Anteil des einzelnen VN an dem Teil der BWR, welcher der Gesamtheit der VN zugeordnet wurde, wird ebenfalls nur zu den Bilanzstichtagen, nach dem eine Überschusszuteilung erfolgt, durch den versicherungsmathematischen Sachverständigen bestimmt. Die vereinfachte Bestimmung durch

F3 = (Deckungsrückstellung der Versicherung + Überschussguthaben des einzelnen Versicherten) • bis zur Berechnung der Deckungsrückstellung abgelaufene Dauer der Versicherung / Summe dieser Posten über alle Verträge

erscheint ausreichend. Diese Werte sind ebenfalls zur Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt.
Diese Formel kann bei beitragsfreien Versicherungen unzutreffende Ergebnisse liefern. Dies kann korrigiert werden, indem beitragsfreie Versicherungsjahre (in Zähler und Nenner) stärker gewichtet werden . Insbesondere bei Sterbekassen, bei denen nur geringe Sterbegelder versichert werden, erscheint dies jedoch nicht erforderlich.
Die individuellen Faktoren F3 können für den gleichen Zeitraum wie der Faktor F2 verwendet werden. Um die Abwicklung bei der Sterbekasse zu erleichtern, sollte der Gutachter der Kasse eine Liste oder Tabelle der individuellen Faktoren zur Verfügung stellen.
In begründeten Ausnahmen, etwa weil der Verwaltungsaufwand für die Berechnung angesichts der Höhe der verteilungsfähigen Mittel unverhältnismäßig wäre, kann eine Berechnung vereinfacht nach

F3 = (Deckungsrückstellung der Versicherung + Überschussguthaben des einzelnen Versicherten) / Summe dieser Posten über alle Verträge

erfolgen.

4. Auszahlung der BWR-Beteiligung

Wird der Versicherungsvertrag wegen Tod, Ablauf oder Kündigung beendet, gelangt der Betrag

0,5•F1•F2•F3

zusätzlich zur Versicherungssumme oder zum Rückkaufswert und ggf. dem Überschussguthaben zur Auszahlung.
Die in Nr. 3 genannte Liste kann bereits die zusammengefassten Faktoren 0,5•F2•F3 für alle Versicherungsverträge enthalten. Diese müssen dann von der Kasse bei Ausscheiden nur noch mit dem Betrag der zuletzt festgestellten Bewertungsreserven multipliziert werden.

5. Jährliche Unterrichtung der Versicherungsnehmer

Die in Schritt 4 ermittelten Beträge sind allen Versicherten des Bestands nach § 155 VVG mitzuteilen. Sterbekassen, die den Überschuss nicht jährlich zuteilen, brauchen den Betrag entgegen dem Wortlaut von § 155 VVG nur in den Jahren mitzuteilen, in welchen die Überschusszuteilung erfolgt. Diese einschränkende Auslegung ist durch den Sinn und Zweck des § 211 Abs. 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz VVG gerechtfertigt.
Die exakte Formulierung der Mitteilung hängt davon ab, wie häufig die Sterbekasse die maßgebenden Größen bestimmt. In der Mitteilung ist darauf hinzuweisen, dass der mitgeteilte Betrag sich voraussichtlich zum nächsten möglichen Stichtag ändern wird.

6. Erstmalige Anwendung

Die Beteiligung an Bewertungsreserven erfolgt für Vertragsbeendigungen ab dem 1. Januar 2008. Dies setzt voraus, dass sowohl die Bewertungsreserven (Faktor F1) als auch die kollektiven bzw. individuellen Anteile der Versicherten (Faktoren F2 und F3) vorliegen. Letzteres ist bei Kassen, die ihre Deckungsrückstellung zum 31. Dezember 2007 neu bestimmen, ohne größeren zusätzlichen Aufwand spätestens am 30. April 2008 der Fall. Bei vorherigen Vertragsbeendigungen kann eine Nachregulierung in Frage kommen. Für Kassen mit einem späteren regulären Berechnungsstichtag (31. Dezember 2008 oder 2009) empfiehlt es sich, zum 31. Dezember 2007 eine zusätzliche Berechnung der Deckungsrückstellung für die Beteiligung an Bewertungsreserven vornehmen zu lassen. Ein zusätzliches versicherungsmathematisches Gutachten gemäß § 17 BerVersV ist nicht erforderlich.

7. Behandlung in der Rechnungslegung

Für die Behandlung in der Rechnungslegung sind zwei Varianten möglich, die auch kombiniert werden können:

a) Variante Direktgutschrift

Die zusätzlichen Auszahlungsbeträge werden als Teil der sonstigen versicherungstechnischer Aufwendungen (Posten 12 im Formblatt 3 zur RechVersV) ausgewiesen. Sie mindern das Jahresergebnis (Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag) in den Geschäftsjahren, zu deren Ende die Deckungsrückstellung neu berechnet wird, bzw. das Ergebnis (Überschuss oder Fehlbetrag) und damit den Ausgleichsposten in den übrigen Jahren.
In der internen Rechnungslegung werden die Beträge als Teil des Betrags in Fb 200 S. 3 Z. 12 Sp. 3 (bzw. Fb 300 S. 2 Z. 2 Sp. 4) und nachrichtlich in Fb 200 S. 3 Z. 13 Sp. 3 (bzw. Fb 300 S. 2 Z. 4 Sp. 4) ausgewiesen.

b) Variante RfB-Entnahme

Die zusätzlichen Auszahlungsbeträge werden nicht erfolgswirksam verbucht, sondern mindern die vorhandene nicht festgelegte Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB). Die Entnahme ist im Anhang zum Jahresabschluss nach § 28 Abs. 8 Nr. 1 RechVersV getrennt von den anderen Entnahmen (Sterbegelderhöhung, Gewinnzuschlag) zu nennen.
In der internen Rechnungslegung sind die Beträge entsprechend in der Nw 121 in der Zeile 9 auszuweisen und zu erläutern.
Bei Sterbekassen, bei denen die Satzung vorsieht, dass eine RfB-Entnahme einen Beschluss des obersten Organs voraussetzt (dies ist der Standardfall), kann diese Variante nur gewählt werden, wenn das oberste Organ einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Dieser Beschluss kann sich nur auf die Teile der RfB beziehen, die nicht bereits für anderweitige Beschlüsse über die RfB-Verwendung benötigt werden.
Die benötigten Mittel können nur geschätzt werden. Der Beschluss soll daher zweckmäßigerweise lauten: „Für die Beteiligung an den Bewertungsreserven gemäß § 153 Abs. 3 VVG können der RfB bis zu … € entnommen werden.“ Dieser Betrag ist als gebunden anzusehen.

c) Kombination der Varianten

Reichen die in der RfB vorhandenen nicht gebundenen Mittel voraussichtlich nicht aus oder übersteigen die tatsächlichen Auszahlungen den durch Beschluss des obersten Organs gebundenen Teil der RfB, sind die darüber hinaus gehenden Beträge als Direktgutschrift (Variante a) zu behandeln.

8. Auswirkung auf die Bestimmung des Betrags, der der Verlustrücklage zugeführt wird

Die Auszahlung der BWR-Beteiligung im Wege der Direktgutschrift mindert den versicherungstechnischen Überschuss in den Geschäftsjahren, zu deren Ende die Deckungsrückstellung berechnet wird. Wenn sich der Mindestbetrag der Zuführung zur Verlustrücklage als Anteil am versicherungstechnischen Überschuss bemisst, ist es sachgerecht, diesen Anteil künftig auf die Summe aus dem versicherungstechnischen Überschuss und den seit der letzten Überschussfeststellung im Wege der Direktgutschrift geleisteten Auszahlungsbeträgen zu beziehen. Hierzu ist in der Regel eine Satzungsänderung erforderlich.

9. Geschäftsplanmäßige Festlegung

Die Ausgestaltung der Beteiligung an den Bewertungsreserven ist Teil des genehmigungspflichtigen Geschäftsplans. Je nach dessen Ausgestaltung sind Änderungen in der Satzung, den Allgemeine Versicherungsbedingungen und dem technischen Geschäftsplan erforderlich.
Ich bitte Sie, den Eingang dieses Rundschreibens unter Angabe der Registernummer Ihres Unternehmens und des Zugangsdatums (binnen zwei Wochen) zu bestätigen.
Im Auftrag

Dr. Steffen

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular.

Wir freuen uns über Ihr Feedback