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Erscheinung:03.03.2021 Rundschreiben 03/2021 (VA) - Hinweise zu echten Gruppenversicherungsverträgen

Hinweise zu echten Gruppenversicherungsverträgen

A. Persönlicher Anwendungsbereich

1 Dieses Rundschreiben richtet sich an alle Erst-Versicherungsunternehmen, soweit sie echte Gruppenversicherungsverträge im Sinne dieses Rundschreibens abschließen, bei denen die versicherten Personen Verbraucher sind. Ausgenommen sind Pensionskassen, Pensionsfonds sowie Direktversicherungen.

2 Für EU/EWR-Versicherungsunternehmen, die grenzüberschreitend in Deutschland tätig werden, ist dieses Rundschreiben insoweit nicht anwendbar, als Ausführungen betroffen sind, die auf Anforderungen an die Geschäftsorganisation gestützt werden.

B. Sachlicher Anwendungsbereich

3 I. Ein echter Gruppenversicherungsvertrag ist ein einheitlicher, eine Personengruppe erfassender Versicherungsvertrag. Das einzelne Gruppenmitglied kann automatisch – also ohne eine Beitrittserklärung - oder durch eine gegebenenfalls annahmebedürftige Beitrittserklärung in diesen Gruppenversicherungsvertrag einbezogen werden, wobei Nebenerklärungen wie Datenschutzerklärungen oder Gesundheitserklärungen keine Beitrittserklärung darstellen. Kriterium für die Einbeziehung des Gruppenmitgliedes ist seine Gruppenzugehörigkeit.
Der Gruppenversicherungsvertrag bietet für Mitglieder der Gruppe oder für den Versicherungsnehmer Versicherungsschutz gegen ein einheitliches in den Gruppenmitgliedern sich verwirklichendes Risiko mit der Maßgabe, dass die Versicherungsleistung in Bezug auf jedes Gruppenmitglied gesondert zu erbringen ist (Herdter, Der Gruppenversicherungsvertrag – Grundlagen und ausgewählte Problemfelder, 2010, S. 34).

4 Wesentliches Merkmal zur Abgrenzung des echten Gruppenversicherungsvertrages von ähnlichen Vertragskonstellationen ist die Einheitlichkeit des Vertrages. Einheitlichkeit bedeutet, dass der Gruppenversicherungsvertrag ein einziger Versicherungsvertrag mit nur einem Versicherungsnehmer als Gruppenspitze ist.

5 Echten Gruppenversicherungsverträgen kommt aufgrund der Häufigkeit ihrer Verwendung eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu. Das dem echten Gruppenversicherungsvertrag immanente Drei-Personen-Verhältnis mit seinen rechtlichen Konsequenzen ist für die versicherten Personen jedoch oft nicht transparent genug. Zudem gelten viele gesetzliche Schutzvorschriften nur für bestimmte Sparten oder nur für den Versicherungsnehmer, nicht aber für die versicherte Person, obgleich diese im Lichte des kollektiven Verbraucherschutzes in der Regel ähnlich schutzbedürftig ist wie der Versicherungsnehmer.
Erfasst vom sachlichen Anwendungsbereich werden daher solche echten Gruppenversicherungsverträge, bei denen der Versicherungsnehmer kein Verbraucher, die versicherte Person jedoch Verbraucher ist und der echte Gruppenversicherungsvertrag zumindest auch dem Schutz der versicherten Person dient.

6 II. Vom sachlichen Anwendungsbereich des Rundschreibens ausgenommen sind:

  • Lebensversicherungsverträge, die von Pensionsfonds als Kapitalanlagen gehalten werden (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 5 PFAV), und Lebensversicherungsverträge, die von Pensionskassen und Lebensversicherungsunternehmen im Rahmen der reinen Beitragszusage als Kapitalanlagen gehalten werden (vgl. § 34 PFAV),
  • Rückdeckungsversicherungen, die Arbeitgeber abschließen, um ihren Mitarbeitern gegenüber erteilte arbeitsrechtliche Zusagen abzusichern, sowie Rückdeckungsversicherungen, die Unterstützungskassen abschließen,
  • Kfz-Gruppenversicherungsverträge,
  • Betriebshaftpflicht-Gruppenversicherungsverträge sowie Cyber-Gruppenversicherungsverträge und D&O-Gruppenversicherungsverträge,
  • Gruppenversicherungsverträge im Bereich der Probandenversicherung,
  • Betriebliche Gruppenunfallversicherungsverträge.

C. Allgemeine Hinweise zu allen Arten von echten Gruppenversicherungsverträgen

7 Um den kollektiven Verbraucherschutz bei echten Gruppenversicherungsverträgen auf ein einheitliches Niveau zu führen, erscheint in Anlehnung an das Rundschreiben 3/90 (VerBAV 1990, 339 und 1994, 359) die Einhaltung nachfolgender allgemeiner Grundsätze geboten:

8 I. Sofern nicht spezielle spartenspezifische gesetzliche Vorgaben gelten, sollten alle echten Gruppenversicherungsverträge zukünftig eine Bestimmung enthalten, nach der die versicherten Personen ein eigenes Recht haben, Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend zu machen. In Abweichung von § 44 Abs. 2 VVG sollten die versicherten Personen eines Gruppenversicherungsvertrages im Versicherungsfall einen Direktanspruch gegenüber dem Versicherungsunternehmen erhalten. Die Regelung des § 44 Abs. 2 VVG sollte in allen echten Gruppenversicherungsverträgen abbedungen werden.

9 Diese Erwartungshaltung ergibt sich aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 (dort unter 2.a), das noch auf die Vorgängernormen §§ 74 ff. VVG a. F. Bezug nimmt, und erscheint zum Schutz der versicherten Personen weiterhin angemessen, da das Bedürfnis der versicherten Person eines echten Gruppenversicherungsvertrages, Deckungs-und Leistungsansprüche ohne Mitwirken des Versicherungsnehmers durchsetzen zu können, schutzwürdig ist.

10 II. Eine Aufrechnung durch das Versicherungsunternehmen gegenüber einer versicherten Person gegen eine Forderung, die aus dem Versicherungsvertrag gegenüber dem Versicherungsnehmer besteht, sollte bei echten Gruppenversicherungsverträgen ausgeschlossen sein, wenn die versicherte Person nachweisen kann, ihrer Zahlungsverpflichtung – soweit eine solche besteht - nachgekommen zu sein. Der Ausschluss der Aufrechnung sollte insbesondere für Prämienrückstände des Versicherungsnehmers gelten.

11 Die Regelung des § 35 VVG sollte daher in echten Gruppenversicherungsverträgen abbedungen werden.

12 Diese Erwartungshaltung ergibt sich ebenfalls aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 (dort unter 2.a), das noch auf die Vorgängernorm § 35b VVG a. F. Bezug nimmt. Der Verzicht auf die Aufrechnungsmöglichkeit dient dem Schutz der versicherten Personen, die ihrer Zahlungspflicht gegenüber der Gruppenspitze regelmäßig nachgekommen sein werden.

13 III. Wenn hinsichtlich der Einbeziehung der versicherten Person in den Gruppenversicherungsvertrag eine Beitrittserklärung der versicherten Person vorliegt und es sich daher nicht um einen automatischen Beitritt handelt, sollte im Gruppenversicherungsvertrag vorgesehen werden, dass die Informationen, die dem Versicherungsnehmer aufgrund rechtlicher Vorgaben durch das Versicherungsunternehmen mitzuteilen sind (insbesondere PIB, BIB), im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag auch an die versicherte Person übermittelt werden - entweder durch das Versicherungsunternehmen oder auf Veranlassung des Versicherungsunternehmens durch den Versicherungsnehmer.

14 Das Versicherungsunternehmen sollte darauf achten, dass die Versicherungsnehmer ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Informationsweitergabe nachkommen.

15 Dies stellt eine wesentliche Erleichterung gegenüber dem Rundschreiben aus 3/90 dar, das unter 3. vorsieht, dass die Versicherungsunternehmen den versicherten Kunden einen Versicherungsausweis mit bestimmten Inhalten ausstellen müssen.

16 Zusätzlich sollte die versicherte Person durch das Versicherungsunternehmen oder auf Veranlassung des Versicherungsunternehmens durch den Versicherungsnehmer darüber informiert werden, dass

  • sie in Abweichung von § 44 Abs. 2 VVG im Versicherungsfall einen Direktanspruch gegenüber dem Versicherungsunternehmen hat, sofern dies im Gruppenversicherungsvertrag so vereinbart wurde, und
  • abweichend von § 35 VVG kein Aufrechnungsrecht des Versicherungsunternehmens gegenüber der versicherten Person besteht und die versicherte Person nachweisen kann, dass sie ihrer Zahlungsverpflichtung – soweit eine solche besteht - gegenüber dem Versicherungsnehmer nachgekommen ist, und
  • auch die Kenntnis und das Verhalten der versicherten Person berücksichtigt werden kann, sofern nach den Versicherungsbedingungen oder den gesetzlichen Vorschriften die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung ist, § 47 VVG.

17 Diese zuletzt genannte Erwartungshaltung ergibt sich bereits aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 (dort unter 3.), das auf die Vorgängernorm § 79 VVG a. F. Bezug nahm, und stellt lediglich einen Hinweis auf die Gesetzeslage dar.

18 Für die Übermittlung der oben aufgeführten Informationen ist es als ausreichend anzusehen, wenn diese Informationen für die versicherte Person an geeigneter Stelle abrufbar sind (z. B. auf der Internetseite des Versicherungsunternehmens oder des Versicherungsnehmers) und die versicherte Person entweder vom Versicherungsunternehmen oder auf Veranlassung des Versicherungsunternehmens durch den Versicherungsnehmer entsprechend informiert wird.

19 Dies stellt eine wesentliche Erleichterung gegenüber dem Rundschreiben 3/90 dar, das keine bloße Abrufbarkeit ausreichen ließ, und trägt den heutigen technischen Möglichkeiten und Gepflogenheiten Rechnung.

20 IV. Pflichtversicherungen sollten nicht Inhalt eines Gruppenversicherungsvertrages sein, es sei denn das Gesetz sieht diese Möglichkeit vor, damit die versicherte Person den gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsschutz unabhängig vom Verhalten des Versicherungsnehmers gestalten und aufrechterhalten kann. Dies gilt insbesondere für Gruppenversicherungsverträge, bei denen Waren oder Dienstleistungen mit Versicherungsschutz verbunden werden.

21 Diese Erwartungshaltung zu Gruppenversicherungsverträgen, bei denen Waren oder Dienstleistungen mit Versicherungsschutz verbunden werden, ist im Vorgängerrundschreiben 3/90 (dort unter 2.b) am Ende) formuliert worden und ist zum Schutz der versicherten Personen weiterhin angemessen.

22 V. Die Versicherungsprämie sollte auch bei der Verbindung mehrerer Versicherungsarten mindestens dem erforderlichen Schaden- und Kostenbedarf entsprechen.

23 Diese Erwartungshaltung ist im Vorgängerrundschreiben 3/90 (dort unter 4.) formuliert worden und ist weiterhin angemessen.

24 VI. Wenn hinsichtlich der Einbeziehung der versicherten Personen in den Gruppenversicherungsvertrag eine Beitrittserklärung vorliegt und es sich daher nicht um einen automatischen Beitritt handelt, sollten die versicherten Personen von dem Versicherungsunternehmen gemäß § 44 Abs. 1 VVG über die sich während der Vertragslaufzeit ergebenden, für sie bedeutsame Änderungen im Sinne des § 7 Abs. 3 VVG i.V.m. § 6 VVG-InfoV unterrichtet werden, soweit sich daraus eine Änderung des Versicherungsschutzes für die versicherten Personen ergibt.

25 In Konstellationen, in denen die versicherten Personen dem Versicherungsunternehmen nicht bekannt sind, wie beispielsweise bei der automatischen Einbeziehung von Vereinsmitgliedern in einen Gruppenversicherungsvertrag, kann dieser Erwartung durch die vertragliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Weitergabe von Informationen während der Vertragslaufzeit genüge getan werden.

26 Das Versicherungsunternehmen sollte darauf achten, dass die Versicherungsnehmer ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Informationsweitergabe nachkommen.

27 Für die Übermittlung der oben aufgeführten Informationen ist es auch hier als ausreichend anzusehen, wenn diese Informationen für die versicherte Person an geeigneter Stelle abrufbar sind (z. B. auf der Internetseite des Versicherungsunternehmens oder des Versicherungsnehmers) und die versicherte Person entweder vom Versicherungsunternehmen oder auf Veranlassung des Versicherungsunternehmens durch den Versicherungsnehmer entsprechend informiert wird.

28 VII. Bei Kündigung des Gruppenversicherungsvertrages durch das Versicherungsunternehmen oder den Versicherungsnehmer sollten die versicherten Personen grundsätzlich durch das Versicherungsunternehmen in Textform über die Kündigung informiert werden. Sofern das Versicherungsunternehmen entsprechende Einzelversicherungstarife anbietet, sollten die versicherten Personen auch über ihre Fortsetzungsmöglichkeiten in Form der Einzelversicherung informiert werden.

29 Kündigt das Versicherungsunternehmen den Gruppenversicherungsvertrag aufgrund eines Zahlungsverzugs des Versicherungsnehmers, sollte die Information die rückständigen Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten einzeln und genau beziffern. Außerdem sollte das Versicherungsunternehmen den versicherten Personen eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Monaten einräumen, um ihnen zu ermöglichen, den ursprünglichen Versicherungsschutz durch Zahlung der auf sie entfallenden Prämien, Zinsen und Kosten aus eigenen Mitteln zu erhalten. Die Fortsetzungsmöglichkeit sollte frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die versicherte Person Kenntnis von dieser Möglichkeit erlangt hat, enden.

30 Auch im Falle einer einvernehmlichen Aufhebung des Gruppenversicherungsvertrages sollten die versicherten Personen eine Information in Textform vom Versicherungsunternehmen erhalten. Es sollte ihnen eine Fortsetzungsmöglichkeit eingeräumt werden, sofern das Versicherungsunternehmen entsprechende Einzelversicherungstarife anbietet. Die Fortsetzungsmöglichkeit sollte frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt enden, zu dem die versicherte Person Kenntnis von diesem Recht erlangt hat.
Bei Gruppenversicherungsverträgen, bei denen keine namentliche Kenntnis der versicherten Personen beim Versicherungsunternehmen vorliegt, sollte eine Regelung in den Gruppenversicherungsvertrag aufgenommen werden, nach der sich der Versicherungsnehmer verpflichtet, die versicherten Personen über die Kündigung oder Aufhebung des Gruppenversicherungsvertrags in Kenntnis zu setzen. Das Versicherungsunternehmen sollte darauf achten, dass die Versicherungsnehmer ihrer vertraglichen Pflicht zur Informationsweitergabe nachkommen.

31 Zudem sollte eine angemessene Nachhaftungsfrist im Falle einer Aufhebung oder Kündigung des Gruppenversicherungsvertrags vereinbart werden. Hinsichtlich der Angemessenheit der Nachhaftungsfrist ist auf die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen.
Zahlen die versicherten Personen ein regelmäßig wiederkehrendes Entgelt (z. B. durch eine jährlich erhobene Kreditkartengebühr), sollte der Versicherungsschutz zumindest bis zum Ende des durch das letzte Entgelt gedeckten Zeitabschnitts fortdauern.
Die versicherten Personen sollten rechtzeitig vor Ablauf der Nachhaftungsfrist über den bevorstehenden Fortfall des Versicherungsschutzes informiert werden. Um dies zu gewährleisten, sollte im Gruppenversicherungsvertrag vereinbart werden, dass der Versicherungsnehmer die versicherten Personen frühzeitig über den bevorstehenden Fortfall des Versicherungsschutzes zu informieren hat.

32 Auch diese Erwartungshaltung ergibt sich teilweise bereits aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 (dort unter 2.a.) am Ende). Sie bezweckt, dass die versicherten Personen für den Zeitraum Versicherungsschutz erhalten, für den sie ihrer Zahlungspflicht nachgekommen sind.

33 VIII. Sofern die Einbeziehung durch Abgabe einer eigenen Beitrittserklärung der versicherten Personen erfolgt, sollten Gruppenversicherungsverträge eine Vereinbarung enthalten, nach der den versicherten Personen die Möglichkeit eingeräumt wird, die Beitrittserklärung gegenüber dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherungsunternehmen in Textform zurückzunehmen.
Über dieses Recht sollten die versicherten Personen anlässlich der Abgabe der Beitrittserklärung belehrt werden.
Die Informationen, die vom Versicherungsnehmer an die versicherten Personen weitergeleitet werden sollen (s. o. unter C. III.), sollten mit dieser Belehrung zur Verfügung gestellt werden.
Die Frist für die Rücknahme der Beitrittserklärung sollte nicht vor dem Zeitpunkt beginnen, zu dem den versicherten Personen die o. g. Informationen sowie die Belehrung über die Rücknahmemöglichkeit der Beitrittserklärung zugegangen sind. Die Frist sollte mindestens der Widerrufsfrist entsprechen, die dem Versicherungsnehmer eingeräumt worden ist, wobei die rechtzeitige Absendung genügen sollte.

34 IX. In echte Gruppenversicherungsverträge sollte eine Bestimmung aufgenommen werden, dass über den Wortlaut aller Werbeunterlagen, Informationsdruckstücke oder sonstiger Veröffentlichungen, die sich auf den Versicherungsschutz beziehen oder ihn erwähnen, vor ihrer Bekanntgabe Einvernehmen mit dem Versicherungsunternehmen hergestellt sein muss. Das Versicherungsunternehmen sollte dafür Sorge tragen, dass diese keine Unrichtigkeiten über den Versicherungsschutz enthalten und nicht zu Unklarheiten führen.

35 Diese Erwartungshaltung ergibt sich bereits aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 (unter 3.) und ist auch im Hinblick auf § 1a Abs. 3 VVG, der aufgrund der IDD-Umsetzung in das VVG eingefügt worden ist, zum Schutz der versicherten Personen weiterhin angemessen.

36 X. Der Gruppenversicherungsvertrag sollte für den Fall, dass die BaFin Änderungen des Gruppenversicherungsvertrages verlangt, eine Bestimmung enthalten, wonach die Vertragspartner einvernehmlich an einer Änderung mitwirken.
Kommt ein Einvernehmen zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer nicht zustande, sollte das Versicherungsunternehmen und gegebenenfalls der Versicherungsnehmer das Recht haben, den echten Gruppenversicherungsvertrag mit einer angemessenen Frist zu kündigen.

37 Diese Erwartungshaltung ergibt sich bereits aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 (unter 5.) und ist zum Schutz der versicherten Personen weiterhin angemessen.

38 XI. Die Gleichbehandlungsgrundsätze sind einzuhalten (§ 138 Abs. 2 VAG für die Lebensversicherung, § 146 Abs. 2 S. 1 VAG für die substitutive Krankenversicherung, § 161 Abs. 1 VAG für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr und § 177 Abs. 1 VAG für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit).

39 XII. Abweichungen von den Hinweisen unter C. des Rundschreibens kommen insbesondere dann in Frage, wenn dies mit steuer- oder arbeitsrechtlichen Besonderheiten begründet werden kann.

D. Besondere Hinweise zu Gruppenversicherungsverträgen, bei denen die Prämienzahlung unmittelbar oder mittelbar durch die versicherte Person erfolgt

40 I. Bilaterale Vertragsänderungen (z. B. Änderungen bzgl. der Prämie, der Leistung oder der Vertragsbedingungen) des Gruppenversicherungsvertrages zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer sollten mit Wirkung für die versicherten Personen nur für die Zukunft vereinbart werden.

41 II. Die Interessen der versicherten Personen sind bei bilateralen Vertragsänderungen angemessen zu berücksichtigen.

42 III. Die versicherten Personen sollten mit einer Frist von mindestens einem Monat vor Inkrafttreten von für sie wesentlichen Änderungen des Gruppenversicherungsvertrags über die Vertragsänderungen informiert werden und das Recht erhalten, mindestens innerhalb von einem Monat nach Zugang dieser Information aus dem Gruppenversicherungsvertrag austreten zu können.

43 IV. Gruppenversicherungsverträge sollten eine Verpflichtung des Versicherungsnehmers enthalten, das Entgelt für eventuell über den Versicherungsschutz hinaus erbrachte eigene Leistungen des Versicherungsnehmers gesondert auszuweisen. Dabei handelt es sich vor allem um Serviceleistungen des Versicherungsnehmers, die bei Notfällen oder auf Reisen gewährt werden und die kein Versicherungsgeschäft darstellen.

E. Besondere Hinweise für die Verbindung von Versicherungsschutz mit einem Waren- oder Dienstleistungsgeschäft und für die Verbindung von Pflichtversicherungen mit anderen Versicherungen

44 Eine obligatorische Verbindung von Versicherungsschutz mit dem Abschluss eines Vertrags über Waren- und/oder Dienstleistungen sollte im Regelfall vermieden werden. Dies sollte auch bei der obligatorischen Verbindung einer gesetzlichen Pflichtversicherung mit anderen Versicherungsarten gelten.

45 Keine Einwände dürften allerdings gegen eine obligatorische Verbindung bestehen, wenn die versicherte Person selbst gerade ein Interesse an der Verbindung hat, welches über einen vereinfachten Versicherungsabschluss und einen etwaigen Prämienvorteil hinausgeht. Dies ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Versicherungsabschluss der versicherten Person die Erbringung der ihr obliegenden Gegenleistung für die Ware oder die Dienstleistung erst ermöglicht (bspw. Bestattungsvorvertrag/Kleinlebensversicherung).

46 Diese Erwartungshaltungen ergeben sich aus dem Vorgängerrundschreiben 3/90 und werden nicht durch die Regelung zu Querverkäufen (§ 7a VVG) abgedeckt. Sie erscheinen zum Schutz der versicherten Person nach wie vor sinnvoll.

F. Besondere Hinweise für Gruppenversicherungsverträge im Bereich der Lebensversicherung und der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr

47 Die im Rahmen einer echten Gruppenversicherung gewährten Prämienvorteile müssen sich grundsätzlich aus dem Kollektiv heraus ergeben und dürfen keine Subventionierung zu Lasten der übrigen Versichertengemeinschaft des Versicherungsunternehmens mit sich bringen.

48 Insbesondere müssen günstigere Konditionen in Bezug auf

  • die Kosten durch entsprechende Kostenersparnisse,
  • das Risiko durch einen entsprechend günstigeren Risikoverlauf,
  • das Aufnahmeverfahren durch Maßnahmen, die eine negative Risikoauslese verhindern,

    aufgefangen werden.

49 Diese Erwartungshaltung ergibt sich für den Bereich der Lebensversicherung aus dem Vorgängerrundschreiben 3/94 (dort unter II. 2.2) und ist zum Schutz der versicherten Personen weiterhin angemessen.

G. Besondere Hinweise für Gruppenversicherungsverträge im Bereich der Krankenversicherung

50 I. Die im Rahmen einer echten Gruppenversicherung eingeräumten besonderen Konditionen müssen sich aus dem Kollektiv heraus selbst tragen und dürfen keine Subventionierung zu Lasten der übrigen Versichertengemeinschaft des Versicherungsunternehmens mit sich bringen. Insbesondere müssen günstigere Konditionen in Bezug auf

  • die Kosten durch entsprechende Kostenersparnisse,

  • das Risiko durch einen entsprechend günstigeren Risikoverlauf,

  • das Aufnahmeverfahren durch Maßnahmen, die eine negative Risikoauslese verhindern,

    aufgefangen werden.

51 Diese Erwartungshaltung ergibt sich aus dem Vorgängerrundschreiben 2/97 (dort unter B. II. 2.) und ist zum Schutz der versicherten Personen weiterhin angemessen.

52 II. Für Gruppenversicherungsverträge im Bereich der Krankenversicherung gilt in Abweichung von Abschnitt C. I. die Regelung des § 194 Abs. 3 VVG.

53 III. Hinsichtlich der unter C. II. formulierten Erwartungshandlung gilt, dass § 35 VVG nur im Rahmen der nicht-substitutiven Krankenversicherungen abbedungen werden sollte.

54 IV. C. IV. gilt nicht für echte Gruppenversicherungsverträge im Bereich der substitutiven Krankenversicherung.

55 Die mit einer Fortsetzung in Form des Einzelversicherungsvertrages infolge der Kündigung des Gruppenversicherungsvertrages einhergehenden Risiken für die in den maßgeblichen Einzelversicherungen bzw. aufgrund des Tarifwechselrechts in Tarifen mit gleichartigem Versicherungsschutz bereits Versicherten, müssen angemessen bei der Produktgestaltung insbesondere nach aktuariellen Maßstäben berücksichtigt werden

56 V. Die unter D. III. formulierte Erwartungshaltung gilt nicht für echte Gruppenversicherungsverträge im Bereich der Krankenversicherung.

57 VI. Entsprechend dem Gedanken in § 206 Abs. 4 VVG sollten den versicherten Personen auch bei einer einvernehmlichen Aufhebung des Gruppenversicherungsvertrages die aus dem Vertrag erworbenen Rechte und die Alterungsrückstellung bei einer Fortsetzung als Einzelversicherung angerechnet werden.

H. Schlussbemerkung

58 Die Einhaltung der vorstehend genannten Grundsätze sollte nach einem Übergangszeitraum von sechs Monaten bei der Gestaltung von echten Gruppenversicherungsverträgen durch die beteiligten Versicherungsunternehmen berücksichtigt werden. Versicherungsunternehmen sollten darauf hinwirken, bestehende Gruppenversicherungsverträge innerhalb eines Jahres ab der Veröffentlichung dieses Rundschreibens auf der Internetseite der BaFin anzupassen.

59 Die BaFin wird aufsichtlich nachvollziehen, inwiefern den in diesem Rundschreiben formulierten Erwartungshaltungen bei der Ausgestaltung echter Gruppenversicherungsverträge Rechnung getragen wird, und bei Bedarf in gebotener Weise auf die aufsichtliche Erwartungshaltung hinweisen.

I. Aufzuhebende Rundschreiben/formal erledigte Rundschreiben

60 Die Rundschreiben 3/90, 3/94 und 2/97 werden aufgehoben.

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