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Erscheinung:05.05.2023 Zur Lage der Lebensversicherer und Pensionskassen
Zukunftsmarkt Altersvorsorge 2023
Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), 25. April 2023
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Professor Rürup, sehr geehrte Damen und Herren,
ich finde es sehr richtig, dass Sie sich zwei Tage intensiv mit der Zukunft der Altersvorsorge befassen. Denn eines ist doch klar: Das Thema ist und bleibt hochrelevant. Für viele Menschen wird die gesetzliche Rente alleine nicht ausreichen. Betriebliche und private Altersvorsorge ist essentiell, um den Lebensstandard breiter Bevölkerungsgruppen im Alter zu sichern.
Zum Abschluss dieses Konferenztags möchte ich noch eine Perspektive ergänzen. Die der Finanzaufsicht BaFin. Als Aufseher verfolgen wir die Diskussionen um die Weiterentwicklung der Altersvorsorge natürlich sehr interessiert. Wir bringen uns auch in die Diskussion ein. Aber ein Schwerpunkt liegt natürlich in der eigentlichen Aufsicht über die Anbieter der Altersvorsorge.
Wir beaufsichtigen die Anbieter der entsprechenden Lösungen und Produkte. Konkret: Die Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge in der zweiten Säule. Und die Lebensversicherer in der dritten. Wir schauen auf die aktuelle Situation. Auf das, was ist und das was kommt.
Dabei achten wir darauf, dass Versicherer und Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge ihren Geschäftsbetrieb ordentlich führen. Dass sie sich an die geltenden Gesetze halten. Und dass die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Dazu gehört natürlich, dass die Lebensversicherer und EbAV ihre Verpflichtungen gegenüber den Versicherten dauerhaft erfüllen können. Denn genau darum geht es doch: Um lebenslang garantierte Zahlungen, die die Leistungen der gesetzlichen Rente ergänzen. Das unterscheidet Altersvorsorge vom reinen Sparen.
Gerade dieser letzte Punkt, die dauerhafte Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Versicherten, hat uns in den vergangenen Jahren sehr beschäftigt. Lebensversicherer, aber vor allem die Pensionskassen haben unter dem extrem niedrigen Zinsniveau teilweise sehr gelitten. Daher und angesichts der fortgeschrittenen Zeit werde ich mich heute auf diese beiden Typen von Vorsorge-Anbietern konzentrieren.
Seit dem vergangenen Jahr steigt das Zinsniveau wieder. Das sind grundsätzlich gute Nachrichten. Aber auch ein zu abrupter Zinsanstieg kann zu Verwerfungen führen. Und das ist nicht das einzige Risiko, mit dem Lebensversicherer und Pensionskassen zurzeit umgehen müssen. Da ist die allgemeine geopolitische und makroökonomische Entwicklung: Der Krieg in der Ukraine. Die vergleichsweise schwache Konjunktur. Die hohe Inflation. Da sind strukturelle Umbrüche wie der Klimawandel und die voranschreitende Digitalisierung.
Und zu all dem hinzu kommen die jüngsten Ereignisse an den Finanzmärkten. Denken Sie nur an den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und an die Notübernahme der Credit Suisse. Was heißt das alles für Lebensversicherer und Pensionskassen? Können sie die aktuellen Unwägbarkeiten gut bewältigen? Können sich Kundinnen und Kunden auf die Leistungen ihrer Anbieter verlassen? Diese Fragen möchte ich in den kommenden Minuten aus Perspektive der BaFin beantworten.
Aktuelle Lage der Lebensversicherer und Pensionskassen
Beginnen wir mit einem Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage. Da sehen wir deutliche Unterschiede zwischen Lebensversicherern und Pensionskassen. Die Lebensversicherer haben sich trotz des Niedrigzinsumfelds in den vergangenen Jahren robust entwickelt. Durch den Zinsanstieg seit Anfang 2022 haben sich die wirtschaftlichen Kennzahlen weiter verbessert. Die Ertragschancen in der Neu- und Wiederanlage sind gestiegen. Die Risikotragfähigkeit nach Solvency II wurde gestärkt.
Etwas Anders sieht es – leider – bei den Pensionskassen aus. Es gibt hier sicherlich einige gut aufgestellte und auch zukunftsfähige Unternehmen. Aber: Über die Hälfte der Pensionskassen ist inzwischen für den Neuzugang geschlossen. Die Beitragseinnahme stagniert seit Jahren. Und dies dürfte sich in naher Zukunft nicht ändern. Meiner Ansicht nach steht die Branche vor einem Konsolidierungsprozess. Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden Bestände von kleineren Kassen auf größere Einheiten übertragen – und die kleinen Kassen damit in die Liquidation geschickt.
Heute sehen wir immer noch Pensionskassen, deren durchschnittlicher Rechnungszins über der Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen liegt. Kassen mit höherem Rechnungszins sind daher gut beraten, die notwendigen weiteren Absenkungen des Rechnungszinses anzugehen.
Risiken aus dem steigenden Zinsniveau
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Zinswende ist eine Zäsur für den gesamten Finanzmarkt. Wie lange haben wir darauf gewartet? Jetzt, wo sie da ist, ist klar: Steigende Zinsen bringen auch Risiken mit sich. Nicht ohne Grund betrachtet die BaFin abrupte Zinsanstiege in signifikantem Ausmaß als eines der wesentlichen Risiken für das Finanzsystem in unseren Risiken im Fokus in diesem Jahr.
Auch für Lebensversicherer und Pensionskassen bergen signifikante Zinsanstiege Risiken, die sie im Blick haben müssen. Drei davon möchte ich kurz ansprechen.
Erstens hat das steigende Zinsniveau bereits zu einem deutlichen Abschmelzen der stillen Reserven geführt. Aus ihnen wurden stille Lasten. Nehmen Sie die Pensionskassen: Zum Jahresende 2021 verfügten sie branchenweit noch über stille Netto-Reserven von knapp 30 Milliarden Euro. Nur ein Jahr später, Ende 2022, bestanden stille Netto-Lasten von rund fünf Milliarden Euro. Das ist erst einmal nicht weiter tragisch. Zwar engen stille Lasten den Handlungsspielraum von Lebensversicherern und Pensionskassen in der Kapitalanlage ein. Aber zinsinduzierte stille Lasten in festverzinslichen Wertpapieren führen nicht zwingend zu zusätzlichen Aufwendungen. Wir gehen davon aus, dass keine Abschreibung erfolgen muss – wenn die Papiere dem Anlagevermögen zugeordnet sind, bis zur Endfälligkeit gehalten werden und kein Bonitätsrisiko besteht.
Ist das alles also kein Problem? Ein solches Fazit wäre vorschnell, gerade mit Blick auf die Lebensversicherer. Denn durch das steigende Zinsniveau werden – zweitens – andere Anlageformen wieder attraktiver. Für Lebensversicherer kann das heißen: Das Neugeschäft geht zurück. Die Storno-Quote steigt.
Wenn es so kommt und das Unternehmen seine Liquidität nicht gut im Griff hat, kann es problematisch werden. Denn gegebenenfalls muss es dann Wertpapiere verkaufen, deren Kurse durch die Zinswende unter Druck stehen.
Dass das keine theoretischen Risiken sind, haben wir vor einigen Wochen in den USA beobachten können, als die Silicon Valley Bank zusammenbrach.
Nun sind Lebensversicherer keine Banken. Sie betreiben keine vergleichbare Fristentransformation. Und im Vergleich zu Bankeinlagen gibt es bei Lebensversicherungen gewisse Storno-Hemmnisse, zum Beispiel die mit ihnen verbundene Risiko-Absicherung. Aber dennoch müssen Lebensversicherer das Thema Storno im Blick behalten. Sie brauchen gerade jetzt ein effektives Liquiditätsmanagement.
Zurzeit sehen wir hier keine Probleme. Wir verfolgen die Neugeschäfts- und Stornoentwicklung. Aktuelle Analysen deuten darauf hin, dass sich das Storno im Vergleich zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert hat. In diesem Jahr führen wir bei ausgewählten Versicherern zudem eine quartalsweise Liquiditätsabfrage durch. Die erste Einreichung zum Stichtag 31. Dezember 2022 zeigt bislang für das Jahr 2023 keine fundamentalen Fehlentwicklungen sowie eine ausreichende Verfügbarkeit liquider Kapitalanlagen zur Deckung etwaiger Liquiditätsanforderungen.
Für die Pensionskassen ist Storno naturgemäß kein besonderes Thema. Insbesondere bei ihnen dürfte sich der Zinsanstieg jedoch – drittens – zusammen mit der hohen Inflation auf die Erwartungen der Versicherten an eine Überschussbeteiligung auswirken. Wir werden uns daher die Vorschläge der Pensionskassen zur Überschussbeteiligung genau anschauen – und, falls erforderlich, mit den Kassen diskutieren, ob die Vorschläge tatsächlich dauerhaft finanzierbar sind. Es muss klar sein: Eine Überschussbeteiligung in Form einer dauerhaft garantierten Rentenerhöhung vermindert immer die Risikotragfähigkeit der Kasse. Deswegen ist hier besondere Sorgfalt geboten.
Diese drei mit der Zinswende verbundenen Risiken zeigen: Lebensversicherer und Pensionskassen müssen die Zinswende gut managen. Ich erwarte, dass sie das im Großen und Ganzen auch machen werden. Darauf deuten auch die Ergebnisse unserer Prognoserechnungen hin.
Diese Prognoserechnungen sind ein wichtiges Instrument unserer Aufsichtsarbeit. Dabei geht es unter anderem um die künftig erwarteten Geschäftsergebnisse und die Risikotragfähigkeit in Stresssituationen. Wir fordern sie regelmäßig von den beaufsichtigten Unternehmen an und machen für sie auch klare Vorgaben.
Bei den Lebensversicherern zeigen die Prognoserechnungen die positiven Auswirkungen des Zinsanstiegs auf die wirtschaftliche Lage und die Solvenz der Unternehmen. Natürlich werden auch die bereits erwähnten Risiken deutlich. Vor allem die stillen Lasten. Wir sehen jedoch vor allem eine Verbesserung der Risikotragfähigkeit nach Solvency II. Diese insgesamt bessere Lage hat natürlich Konsequenzen.
Zum einen können die Lebensversicherer, aufgrund des veränderten Zinsumfelds, in den kommenden Jahren ihre Zinszusatzreserve auflösen. Da sich die höheren Zinsen hier jedoch erst langfristig auswirken, wird sich der zinsinduzierte Abbau der Zinszusatzreserve über längere Zeit erstrecken.
Ein Aspekt ist mir dabei besonders wichtig: Die Auflösung der Zinszusatzreserve kommt auf jeden Fall den Versicherten zugute. Zum Beispiel indem Versicherer die Rückflüsse nutzen, um Verluste aus dem Verkauf alter Wertpapiere auszugleichen und das Kapital in höher verzinste Anlagen umzuschichten. Oder indem sie die Rückflüsse direkt den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung zuführen.
Zum anderen passen wir unserer Aufsichtshandeln an diese verbesserte Ausgangsituation an. Eine intensivierte Aufsicht über Lebensversicherer als separates Aufsichtselement zur Minderung der Risiken aus einem Niedrigzinsumfeld ist aktuell nicht mehr notwendig. Sie kommt somit vorerst nicht weiter zum Einsatz. Auch bei den Pensionskassen zeigen die längerfristigen Ergebnisse der Prognoserechnung erwartungsgemäß eine deutliche Verbesserung gegenüber den Vorjahren. Vor allem wegen des Zinsanstiegs und der bereits ergriffenen Maßnahmen der Kassen. Perspektivisch könnte jedoch auch ein moderates Niedrigzinsumfeld – zumindest langfristig zu Schwierigkeiten bei wenigen Pensionskassen führen.
In Folge der jüngsten Prognoserechnung sank daher auch die Anzahl der Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht von rund 30 auf gut 20. Das sind die Kassen, bei denen wir uns aufgrund der Niedrigzinsphase noch Sorgen machen. Das Instrument der intensivierten Aufsicht mit den erhöhten Berichtspflichten bleibt für die Pensionskassen – anders als bei den Lebensversicherungen – also erhalten.
Gleichzeitig zeigen aber auch einige Pensionskassen – durchaus in unterschiedlichen Branchen – weiterhin steigende Beiträge und Überschüsse: Das Geschäftsmodell der Pensionskassen kann bei entsprechenden Voraussetzungen also nach wie vor tragfähig und zukunftsfähig betrieben werden.
Auswirkungen der jüngsten Ereignisse im Bankensektor
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Wesentlichen kommen die Lebensversicherer und auch viele Pensionskassen recht gut mit dem steigenden Zinsniveau zurecht.
Aber die anziehenden Zinsen sind ja nicht das einzige Risiko, dem diese Unternehmen ausgesetzt sind. Derzeit liegt ja vor allem eine Frage auf der Hand: Droht Ungemach aus den Ereignissen um die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse?
Eine Bemerkung vorweg: Als integrierte Finanzaufsicht haben wir die aktuellen Entwicklungen der verschiedenen Sektoren im Blick und berücksichtigen sie bei unserer laufenden Aufsicht. Aus dieser Perspektive kann ich sagen: Das deutsche Finanzsystem erweist sich weiterhin als stabil und robust.
Und zu den Versicherern und Pensionskassen im Speziellen: Ihre Exponierung gegenüber den Banken haben sie generell in den vergangenen Jahren merklich zurückgefahren. Ein Grund hierfür sind die Bail-in-Regelungen, die nach der Finanzkrise 2007/2008 eingeführt wurden. Demnach sind die Gläubiger einer Bank ja im Falle einer Abwicklung an den Verlusten zu beteiligen.
Im Zuge der Ereignisse um die Credit Suisse war ja oft von Coco-Bonds und AT-1-Anleihen die Rede. Das sind, vereinfacht gesagt, Anleihen, die unter bestimmten Bedingungen in Aktien umgewandelt oder sogar abgeschrieben werden können. Ziel ist es, Gläubiger damit an den Kosten einer Bankenrettung zu beteiligen. Auf Basis der uns vorliegenden Informationen spielen solche Anleihen für deutsche Lebensversicherer allgemein keine nennenswerte Rolle. Für Pensionskassen ist die Anlage in Coco-Bonds im Sicherungsvermögen ohnehin nicht zulässig.
Natürlich sind Versicherer weiter in Bankanlagen investiert. Wichtig sind auch hier aus unserer Perspektive eine Streuung über verschiedene Emittenten und ein angemessenes Kapitalanlage-Risikomanagement. Darüber hinaus haben Versicherer in den vergangenen Jahren auch ihre strategischen Beteiligungen an Banken zurückgefahren.
Kurzum: Die Risiken der Versicherer aus dem Bankensektor scheinen derzeit beherrschbar. Davon abgesehen und wie gesagt: Unser Finanzsystem ist stabil, die Ansteckungsgefahren sind deutlich gesunken.
Weitere relevante Risiken
Sehr geehrte Damen und Herren,
natürlich gibt es neben den steigenden Zinsen und den jüngsten Ereignissen im Bankensektor weitere Risiken, mit denen Lebensversicherer und Pensionskassen umgehen müssen. Drei davon will ich noch kurz ansprechen.
Beginnen wir bei der Kapitalanlage, präziser: bei Spezialfonds und alternativen Kapitalanlagen. Die damit verbundenen Risiken schauen wir uns in diesem Jahr besonders an. Zum Beispiel bei Private-Debt- oder Private- Equity-Fonds. Viele Versicherer haben in den vergangenen Jahren in solche Anlagen investiert. Wegen der Ertragschancen. Und wegen der Möglichkeit, das eigene Portfolio zu diversifizieren.
Aber: Private Debt und Private Equity sind deutlich komplexere Anlageformen als Staatsanleihen und Aktien. Das Anlageuniversum ist sehr heterogen. Informationen über die Zielunternehmen sind schwerer zu beschaffen und auszuwerten. Bei Private Debt geht es natürlich vor allem um das Kreditrisiko. Dazu kommen Währungsrisiken und rechtliche Risiken bei internationalen Anlagen.
Bei Private Equity liegt die Crux in der Bewertung des Zielunternehmens. Versicherer sollten Informationen, die sie hierzu von ihren Asset-Managern zur Verfügung gestellt bekommen, kritisch hinterfragen. Und bei der Bewertung sollten sie dem Vorsichtsprinzip hinreichend Rechnung tragen. Natürlich sind solche Anlagen vor wirtschaftlichen Turbulenzen nicht gefeit – auch wenn sie erstmal unabhängig sind von den Kursschwankungen an den Kapitalmärkten. Trübt sich die gesamtwirtschaftliche Lage ein, steigt die Gefahr von Kreditausfällen und Insolvenzen. Und das heißt: Für Versicherer steigt das Abschreibungsrisiko.
Um die Risiken von Private-Debt- und Private-Equity-Anlagen beurteilen zu können, brauchen Versicherer ein vertieftes Verständnis für die Geschäftsmodelle der Zielunternehmen. Und sie müssen diese Unternehmen über die Laufzeit ihrer Anlagen hinweg im Auge behalten. Sich alleine auf die Berichte der Asset-Manager zu verlassen, das reicht nicht.
Damit zum zweiten Risiko, dem Klimawandel. Er ist für die Zukunft der Versicherer und der Pensionskassen von wesentlicher Bedeutung. Sie können als institutionelle Anleger bei der Dekarbonisierung der Realwirtschaft eine Schlüsselrolle spielen. Und sie sind selbst von Nachhaltigkeitsrisiken betroffen. Trotzdem nutzen bis dato nur zu wenige Unternehmen Klimastresstests und Szenarioanalysen, um diese Risiken zu messen. In Sachen Datenkonsistenz und Modellkomplexität ist zwar noch einiges zu klären. Dennoch erwarten wir, dass Klimawandelszenarien und -modelle in den kommenden Jahren zunehmend flächendeckend eingesetzt werden.
Es geht bei solchen klimabezogenen Analysen ja nicht darum, die Auswirkungen der vom Klimawandel ausgehenden Risiken präzise aufs Komma genau zu berechnen. Es geht darum, dass Versicherer sich ein Bild über die Wesentlichkeit einzelner Szenarien machen und strategische Schlussfolgerungen ziehen können.
Das dritte wesentliche Risiko, das ich kurz ansprechen möchte, ist die IT- und Cyber-Sicherheit. Versicherer sind ein beliebtes Ziel von Cyberattacken. Durch den Krieg in der Ukraine ist die Gefahr von Cyberattacken noch einmal gestiegen – auch wenn sie sich nach unserer Kenntnis bislang noch nicht realisiert hat.
Eines ist mir wichtig: Es geht hier nicht nur um Cyberattacken. Unsere Daten zeigen, dass der größte Anteil aller IT-Vorfälle hausgemacht ist. Das Schadenspotenzial in diesem Bereich ist groß. Es steigt zudem durch Auslagerungen an IT-Dienstleister. Wir möchten daher, dass Versicherungsunternehmen grundsätzlich resilienter werden, wenn es um die Risiken der Digitalisierung geht.
Ich muss leider sagen: Die Ergebnisse unserer bisherigen Prüfungen sind ernüchternd. In puncto IT-Sicherheit besteht durchaus noch Verbesserungspotenzial. IT- und Cybersicherheit werden daher hoch auf unserer Agenda bleiben, darauf können Sie sich verlassen.
Wir behalten uns vor, bei schwerwiegenden Mängeln auf diesem Feld auch Kapitalaufschläge zu verhängen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich denke, in den letzten Minuten wurde deutlich, mit welch vielfältigen und vielschichtigen Risiken Lebensversicherer und Pensionskassen zurzeit umgehen müssen. Sie müssen, wie gute Jongleure, ziemlich viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten, während der Untergrund schwankt und der Wind weht.
Damit komme ich zurück zu meiner Ausgangsfrage: Was bedeuten die zahlreichen aktuellen Risiken für Lebensversicherer und Pensionskassen? Können sich Kundinnen und Kunden auf die Leistungen ihrer Anbieter verlassen?
Meine Antwort ist ganz klar: Ja, das können sie. Denn die allermeisten Unternehmen sind gut aufgestellt. Die wirtschaftlichen Kennzahlen sind gut. Die Ertragschancen hellen sich auf. Und die Risikotragfähigkeit steigt.
Als Aufseher sorgen wir dafür, dass die Branche die zentralen Risiken nicht nur im Blick behält, sondern auch handelt, um sie einzudämmen. Und dass sie bei all dem den zentralen Maßstab nicht verliert: die Belange der Kundinnen und Kunden.