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Erscheinung:04.12.2017 Kollektiver Verbraucherschutz 2.0: Die Allfinanzaufsicht im digitalen Wandel

Rede von Elisabeth Roegele beim 5. Verbraucherschutzforum der BaFin am 30. November 2017 in Frankfurt am Main

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

es freut mich wirklich sehr, dass Sie wieder so zahlreich unserer Einladung zum diesjährigen Verbraucherschutzforum gefolgt sind. Dass sich die Veranstaltung zu einem festen Termin all derjenigen Personen entwickelt hat, denen der Verbraucherschutz in der Finanz- und Versicherungsbranche am Herzen liegt, werten wir als Bestätigung unserer Arbeit. Vielen Dank dafür!

Das Programm des diesjährigen Forums beschäftigt sich mit drängenden Themen der digitalen Finanzwelt. Sie können versichert sein, dass so wie Sie - auch wir als Aufsichtsbehörde - vor der Frage stehen „Digitale Finanzwelt: Fluch oder Segen?“. Wir hoffen, dass wir aus dem heutigen Verbraucherschutzforum und den Diskussionen mit Ihnen neue Impulse, Erkenntnisse und Einsichten zu dieser Fragestellung erhalten.

„Kollektiver Verbraucherschutz 2.0: Die Allfinanzaufsicht im digitalen Wandel“ ist das Thema meiner Keynote. Die Begrifflichkeiten „digitaler Wandel“ oder „Digitalisierung“ sind gerade in diesem Jahr, insbesondere im Wahlkampf zur Bundestagswahl besonders häufig gefallen. Was bedeutet aber der digitale Wandel in der Finanzwelt? Als Aufsichtsbehörde beobachten wir seit längerem einen tiefgreifenden und anhaltenden Wandel von Geschäftsprozessen, Geschäftsmodellen und des Wettbewerbs in der Finanzwelt. Wie aber mit den Herausforderungen und Chancen des digitalen Wandels umgehen? Vor der Beantwortung dieser Frage stehen nicht nur alle Marktteilnehmer, sondern auch wir als integrierte Behörde.

Im Rahmen meiner kurzen Einführung kann ich nur einige der vielen Bereiche, welche die digitale Welt ausmachen, anschneiden. Folgende Bereiche möchte ich kurz beleuchten: Big Data, Kryptowährungen, Initial Coin Offerings (also ICOs), Schwarmfinanzierung und Innovativer Zahlungsverkehr.

Starten wir mit dem Thema Big Data. Viele von Ihnen geben mir sicher Recht, dass Daten über Verbraucherinnen und Verbraucher und deren wirtschaftlicher Zuverlässigkeit gerade im Finanzbereich schon in der Vergangenheit eine große Bedeutung hatten. So wurde und wird in der Regel vor jeder Kreditvergabe von der Bank oder Sparkasse eine Bonitätsauskunft über den Kunden eingeholt. Jeder Versicherer wird sich vor Abschluss einer Versicherung über den potenziellen Versicherungsnehmer im Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft informieren. Jeder Finanzdienstleister ist gesetzlich verpflichtet, vor dem Beginn der Kundenbeziehung umfassend Daten über die neue Kundin, den neuen Kunden einzuholen.

Was ist also so neu an Big Data? Neu ist: Die Datenverfügbarkeit steigt explosionsartig an. Man geht mittlerweile davon aus, dass sich die verfügbare Datenmenge alle zwei Jahre verdoppelt. Das „Big" bei Big Data wird also im Laufe der Zeit immer virulenter. Die Verbraucherinnen und Verbraucher des 21. Jahrhundert bewegen sich wie selbstverständlich in der digitalen Welt und hinterlassen dabei jede Menge Daten. Dieses Verhalten beschleunigt das Datenwachstum damit erheblich. Der rasante Anstieg der Nutzung sozialer Medien trägt sein Übriges dazu bei.

So viele erreichbare und auswertbare Daten – wie derzeit - gab es noch nie zuvor. Die Verbraucher steuern durch ihr Verhalten sowohl die Datenmenge als auch deren Verfügbarkeit. Es ist den Verbrauchern allerdings oftmals nicht bewusst, wie breit die Datenspur ist, die sie hinterlassen und wie sich die verschiedenen mit anderen Daten verdichten.

Neu ist auch, dass die Auswertungs- und Analysemöglichkeiten immer effektiver und vermehrt in der Finanzwelt eingesetzt werden. Begriffe wie Big Data Analytics fallen immer häufiger. Daten sinnvoll zu erheben, korrekt zu verarbeiten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist und wird die Herausforderung der nächsten Jahre werden – sowohl für die Marktteilnehmer als auch für uns als Aufsicht.

Was bezweckt die Finanz- und Versicherungsbranche mit dem Einsatz von Big Data Analytics? Man verspricht sich durch das Sammeln und Analysieren von Datenbeständen zusätzliche Erkenntnisse über die Kundinnen und Kunden bzw. die Verbraucher. Diese Kenntnisse über deren Bedürfnisse oder Risiken sollen dazu beitragen, das Geschäft des Finanzdienstleisters oder des Versicherungsunternehmens weiter zu optimieren.

Zugleich sollen Risiken besser gesteuert beziehungsweise Risikoallokation effektiver genutzt werden. Zugunsten der Verbraucher kann aber auch eine Produkt-Individualisierung erfolgen. Ebenfalls ist ein weiterer Schub bei der Vollautomatisierung von solchen Entscheidungen zu erwarten, die bislang noch menschliches Eingreifen - zumindest noch an einer Stelle der Entscheidungskette - erforderten.

Stellen Sie sich beispielsweise eine vollautomatische Kreditbearbeitung vor, bei der anhand einer möglichst hochwertigen und umfassenden Datenbasis ein Algorithmus automatisierte Kreditentscheidungen trifft. Und dies alles ohne das Eingreifen des Kreditsachbearbeiters. Als Datenbasis könnten dazu neben der Transaktionshistorie von Haus- und Drittbank, auch zusätzliche Informationen wie etwa Inkassodaten oder Daten aus Social Media bei der Analyse und Auswertung berücksichtigt werden. Kommt der Algorithmus dabei zum Ergebnis, dass der potenzielle Kreditnehmer kreditwürdig ist, erhält er den Kredit. Er erhält ihn dabei gegebenenfalls zu den ebenfalls vom Algorithmus ermittelten Konditionen.

Ist diese vollautomatisch datenbasierte und mithilfe eines Algorithmus getroffene Kreditvergabe nun ein Vor- oder ein Nachteil für den Verbraucher? Als Jurist kann man hierauf sicher nur antworten: DAS kommt darauf an!

Erhält der Kunde den Kredit zu angemessenen Konditionen, wird der Verbraucher die Verwendung von Big Data und die algorithmusbasierte Entscheidung meist als problemlos oder sogar positiv empfinden – vielleicht auch, weil es schnell vonstatten gehen kann. Ein Problem entsteht erst dann, wenn sich im Rahmen der Auswertung ein Fehler im Algorithmus einschleicht. Etwa wenn Fehler beim Einsatz maschinellen Lernens entstehen, die nicht erkannt werden. Oder: kundenindividuelle Umstände nicht mehr berücksichtigt werden können. Das kann im Ergebnis dazu führen, dass eigentlich kreditwürdige Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer keine Kredite erhalten.

Wie soll die Aufsicht vor diesem Hintergrund mit dem Auftreten und der Auswertung von Big Data umgehen? Auch die BaFin arbeitet derzeit mit Hochtouren an einer Studie zu Big Data unter Berücksichtigung konkreter Anwendungsfelder in der Aufsicht. Wie wichtig das Thema Big Data und deren Auswertung für uns als Aufsicht ist, erkennen Sie bereits daran, dass gleich bei zwei der heutigen Programmpunkte Big Data das beherrschende Thema sein wird.

Ich freue mich, dass ein Vertreter der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA uns Einblick in das – noch nicht veröffentlichte – Joint Committee Discussion Paper zur Verwendung von Big Data durch Finanzinstitute geben wird. Im Anschluss wird es sicher eine intensive Diskussion geben, ob Big Data nun eine Chance für Versicherungsunternehmen und anderen Unternehmen der Finanzbranche ist, die auf Kosten der Verbraucher der Verbraucherinnen und Verbraucher geht. Wer profitiert von Big Data – Die Finanzbranche oder der Verbraucher oder beide?

Nun zum nächsten großen Thema: Sehen wir uns die sog. Kryptowährung als aktuelle Innovation in der Finanzbranche an. Ich bin sicher, es gibt keinen im Raum, der noch nichts von Bitcoin etc. gehört hat. Kryptowährungen sind aus aktuellem Anlass derzeit eines der beherrschenden Themen in den Medien. Dabei drängt sich die Frage auf, ob dieser Medienhype um Bitcoin & Co. gerechtfertigt ist, oder ob es sich um digitale Luftschlösser handelt?

Sicher – auf technischer Seite sollen Transaktionen in Kryptowährungen durch die Nutzung der Blockchain-Technologie im Vergleich zum traditionellen Zahlungstransfer schnell und kostengünstig ablaufen. Vereinzelt wird kritisch von der Dauer von bis zu zwanzig Minuten je Transaktion berichtet. Im Vergleich zu der Dauer einer SEPA- oder SWIFT-Überweisung ist dies aber immer noch recht flott.

Aber Technik ist nicht alles. Mal ehrlich: Haben Sie sich schon mal geärgert, dass Sie nicht vor einem Jahr in Bitcoins investiert haben? Besonders in Zeiten von Negativzinsen hören sich Wertsteigerungen in dem Bereich zunächst einmal äußerst lukrativ an. In Zeiten niedriger Renditen sind Verbraucherinnen und Verbraucher und auch andere Marktteilnehmer, wie Vermögensverwalter und Fonds eher bereit, Risiken bewusst in Kauf zu nehmen. Angeheizt durch die überwiegend positive Medienberichterstattung – man könnte hier von einer Goldgräberstimmung sprechen - investieren Verbraucher und Marktteilnehmer erstmals oder vermehrt in Kryptowährungen – direkt oder indirekt.

Dies kann riskant sein, denn nicht jede Kryptowährung wird sich im Markt durchsetzen. Marktbereinigungen bei den verschiedenen Währungen sind zu erwarten. Die erwähnte Wertsteigerung bei diesen Kryptowährungen darf deshalb nicht isoliert ohne die bestehenden Risiken betrachtet werden. Denn es tummeln sich auch Spekulanten und windige Geschäftemacher am Markt der Kryptowährungen. Dies kann ebenfalls zu Kursschwankungen beitragen. Die Schwankungen sind nicht selten erheblich. Der Kursverlauf gleicht eher einer heftigen Achterbahn, kaum zu vergleichen mit herkömmlichen Währungen.

Folgendes reales Beispiel: Der Bitcoin-Kurs steigt an einem Tag auf ein Hoch von fast 7.900 US Dollar, nur um wenig später innerhalb des gleichen Tages um rund 800 Dollar oder anders ausgedrückt um ganze 10% abzusacken. Kursschwankungen von über 10% innerhalb eines Tages sind bei diesen Währungen keine Seltenheit.

Was sind weitere Gefahren? Die große Schwäche von Kryptowährungen ist, dass der Kurs und die Akzeptanz von der Anerkennung der virtuellen Währung abhängen. Nimmt diese Anerkennung ab, bricht aller Voraussicht nach auch der Kurs massiv und dauerhaft ein. Das wiederum hat erhebliche Auswirkungen auf die Nutzung der Kryptowährung als Zahlungsmittel.

Ein weiteres Problem von Kryptowährungen ist die Aufbewahrung in so genannten Digital Wallets. Wie ist der Verbraucher geschützt, wenn seine Digital Wallet in Folge eines Hackerangriffs geklaut bzw. gehackt wird?

Die IT-Sicherheit ist ein nicht zu unterschätzendes Thema bei Kryptowährungen. Zugegebenermaßen ist auch die Ursache des Problems nicht immer beim Anbieter der Plattform zu suchen, sondern auch bei den Verbrauchern, die gelegentlich ohne den notwendigen und erforderlichen Virenscanner ihre Transfers in Kryptowährungen abwickeln.

Was aber passiert, wenn zwar der Virenscanner intakt ist, doch die Passwörter zu der Digital Wallet schlichtweg vergessen wurden? Aufgrund der Anonymität bei Kryptowährungen sind dann die Coins unwiederbringlich verloren.

Fest steht, dass Kryptowährungen keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind, so dass die Annahme im Zahlungsverkehr nicht verpflichtend ist. Um E-Geld im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes handelt es sich auch nicht. Die BaFin klärt auf ihrer Internetseite über die Risiken und Chancen von Kryptowährungen auf und warnt vor allem vor dem möglichen Totalverlust des Investments.

Es entspricht unserem Leitbild des Verbrauchers, dass sich der Verbraucher den Risiken neuer Technologien und der darauf basierender Geschäftsmodelle bewusst sein soll, um dann auf informierter Basis zu handeln. Auch auf europäischer Ebene wurde Handlungsbedarf gesehen: Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA veröffentlichte vor einiger Zeit einen Warnhinweis, um auf die möglichen Risiken beim Kauf und Halten von bzw. Handeln mit Kryptowährungen hinzuweisen.

Nun zu dem nächsten großen Thema: Im engen Zusammenhang mit den Kryptowährungen stehen ICOs, also Initial Coin Offerings. Sie haben bestimmt alle unsere Verbraucherwarnung zu den ICOs gelesen. Und nicht nur wir haben gewarnt: Auch andere Behörden im Ausland haben Warnungen veröffentlicht und auch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA hat einige Tage nach uns eine entsprechende Warnung veröffentlicht.

Wie sieht nun ein ICO aus und wie ist dieser aufsichtlich zu behandeln? Weder kann ein ICO pauschal beschrieben werden, noch gelingt die aufsichtliche Einordnung eindeutig. Das ist zur Zeit eine der größten aufsichtlichen Herausforderungen. Begrifflich scheint ein ICO dem Initial Public Offering (kurz IPO), das heißt dem Börsengang, angelehnt zu sein. Der ICO dient meist auch der Unternehmensfinanzierung oder der Finanzierung einzelner Personen beziehungsweise derer Projekte. Damit enden aber meist auch schon die Gemeinsamkeiten von ICOs und IPOs.

Was hat uns nun zu der offiziellen Verbraucherwarnung in Bezug auf ICOs bewogen? ICOs sind vielfältig ausgestaltet – es gibt nicht DEN ICO. Token, die aufgrund eines ICOs ausgegeben werden, müssen weder Mitgliedschafts- noch Informations-, Kontroll- oder Stimmrecht enthalten. Insofern ist der Anbieter der Token im Rahmen eines ICOs völlig frei, welche Rechte oder Ansprüche er den Anlegern einräumt.

Es gibt sogar ICOs, bei denen Token ausgegeben werden, die dem Anleger gar keine Rechte oder Ansprüche vermitteln. Das sind so genannte bare-bone-Token. Als Gegenleistung für seine Investition erhält der Anleger bestenfalls eine Kryptowährung, deren Kurs hoffentlich steigen wird. Ob diese Kurssteigerung realistisch und realisierbar ist, wird im Zeitpunkt der Investition kaum absehbar sein.

Das macht es uns als Aufsicht nicht einfacher…. Parallelen zu bestehenden Vermögensanlagen sind daher gerade bei der Ausgabe von bare-bone-Token schwierig, da etwa keine klassischen Rechte aus dem Aktienrecht oder dem Vermögensanlagengesetz eingeräumt werden. Sobald solche Trends auftauchen, schauen wir uns das genauer an.

• Was steckt dahinter?
• Welches Gesetz ist anwendbar?
• Müssen und können wir intervenieren oder bleibt es bei Warnungen oder Aufklärung?

Manchmal kann effektiver Verbraucherschutz erst und nur durch den Gesetzgeber gewährleistet werden, wenn kein Aufsichtsinstrument bei einem neuen Trend einschlägig ist. Dabei gilt es immer die Balance zu finden, dass man die Innovation nicht durch Regulierung erstickt, aber gleichzeitig einen ausreichenden Verbraucherschutz gewährleistet.

Als ein positives Beispiel für einen solchen Ansatz auf nationaler Ebene darf ich hier die Regulierung der Schwarmfinanzierung nennen. Schwarmfinanzierung sollte zunächst der Finanzierung von Innovationen, sozialen Projekten oder Umweltprojekten dienen. Dies war der Anlass „Vermögensanlagen“ neu zu definieren und zu beaufsichtigen, ohne jedoch Innovationen zu verhindern. So wurde dem Verbraucherschutz durch Begrenzung der Investitionshöhe, einer Prüfung der finanziellen Risikotragfähigkeit und Informationsanforderungen effektiv Rechnung getragen. Die Art der Finanzierung wurde dabei sehr, sehr schnell von anderen Wirtschaftsbereichen, etwa der Immobilienbranche, aufgegriffen und genutzt.
Dabei muss ich leider sagen, dass dies nicht immer erfolgreich und zum Nutzen der Verbraucher war. Diese Entwicklung muss daher weiter beobachtet werden.

Der letzte Bereich der digitalen Finanzwelt, den ich Ihnen vorstellen möchte, ist der Innovative Zahlungsverkehr. Eine Finanzwelt ohne Zahlungen wird es nicht geben – da stimmen Sie mir sicher zu. Gerade der Zahlungsverkehr ist die Nische von FinTechs, die mit frischen Ideen im Wettbewerb mit den traditionellen Finanzdienstleistern stehen und Innovationen vorantreiben.

Eine solche Innovation ist beispielsweise der MultiBanking-Service. Mit Hilfe dieses Services werden Kontosalden eines Kunden in einer Übersicht konsolidiert dargestellt. Die Besonderheit liegt darin, dass bei diesem Service die Salden solcher Konten aufgenommen werden, die der Kunde bei unterschiedlichen Banken hat. Damit der Serviceanbieter eine solche konsolidierte Darstellung der verschiedenen Konten überhaupt anfertigen kann, gibt der Kunde Zugangsdaten und Passwörter bei seinen verschiedenen Onlinebanken an den Serviceanbieter weiter. Sie können sich vorstellen, dass der Serviceanbieter nicht nur einmal die Kontodaten abrufen wird, denn die konsolidierte Kontoübersicht soll ja in Echtzeit erfolgen. Sie können nun sicher erahnen, welches Wissen der Serviceanbieter über den Kunden erhalten wird und welches Big Data Potenzial hier schlummert.

Eine weitere Innovation war die Bezahlmethode „Sofort-Überweisen“, die immer im Onlinehandel verwendet wird. Auch bei dieser Methode offenbaren die Verbraucher ihre Kontozugangsdaten nebst Passwort bei ihrer Onlinebank. Die großen Technologie- und Internetfirmen haben ebenfalls bereits begonnen, im Markt der Zahlungsauslösediensteanbieter Fuß zu fassen. Denken Sie nur an Google oder Amazon Payment. Ein Bereich der sich im Zusammenspiel mit Big Data sicherlich auch noch weiterentwickeln wird.

Wie gehen wir als Finanzaufsichtsbehörde mit diesen innovativen Diensten um? Innovationen bei der Zahlungsabwicklung sind mit bestehenden Aufsichtsregularien gelegentlich nur schwer in den Griff zu bekommen. Wo das aktuelle Aufsichtsrecht nicht weiterkommt oder neue Entwicklungen erstmalig einer Regulierung zugeführt werden sollen, bedarf es insofern einer Fortentwicklung des bestehenden Rechts.

Dass dies auch auf europäischer Ebene möglich ist, zeigt die europäische Zweite Zahlungsdiensterichtlinie - kurz: PSD2. Ziel der PSD2 ist die Stärkung des Wettbewerbs, der Sicherheit und des Verbraucherschutzes. Dadurch sollen Anbieter wie Zahlungsauslösedienstleister und Kontoinformationsdienstleister ausdrücklich legalisiert und ihnen das Recht auf Zugang zum Online-Zahlungskonto gegeben werden. Einige der Detailregelungen sind auf europäischer Ebene noch nicht final erlassen worden.

Es bleibt also spannend, ob die Drittanbieter auf die vorhandene Finanzhistorie des Kunden Zugriff nehmen können oder entsprechende technische Voraussetzungen dies zu verhindern wissen. Was heißt das nun für uns als Aufsicht? Sie haben sicher schon bemerkt, dass auch für uns der digitale Wandel eine ganz eigene Herausforderung ist. Für die BaFin ist es eine wichtige Aufgabe, digitale Trends abzusehen und rechtlich zu bewerten. Gelegentlich sind wir auch auf die Mitarbeit externer Stellen angewiesen, um das erforderliche Know-how zur Verfügung zu haben. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass die meisten Bereiche, die ich gerade eben angeschnitten habe, weniger eine nationale sondern eher eine internationale Dimension haben, da die Innovationen grenzüberschreitenden sind.

Gerade das Internet kennt eben keine nationalen Grenzen. Ein Vorantreiben der Regulierung auf rein nationaler Ebene ist folglich zu kurz gesprungen. Vielmehr setzen wir verstärkt auf einen Austausch mit den anderen internationalen und europäischen Aufsichtsbehörden. Dennoch bietet auch das bestehende nationale Aufsichtsrecht gewisse Gestaltungsspielräume, um neue Trends aufsichtlich erfassen zu können. Unsere Aufsicht beruht zunächst auf folgenden Leitlinien:

• Technologieneutralität
• Proportionalität
• Prinzipienorientierung.

Aus Sicht der Aufsicht macht es beispielsweise keinen Unterschied, ob die Beratung durch den menschlichen Bankberater oder durch einen Robo-Advisor erfolgt.

Die BaFin beobachtet hier die am Markt bestehenden Anwendungen regelmäßig und wirkt – soweit für einen effektiven Verbraucherschutz erforderlich – zum Beispiel auf die Vornahme von Änderungen bei Robo-Advisorn hin. Entweder muss der Anbieter entsprechende Änderungen an der Benutzeroberfläche und den dahinterliegenden Prozessen vornehmen, um eben nicht den Tatbestand der Anlageberatung im Sinne des WpHG zu erfüllen oder eben vollumfänglich die Vorgaben der Anlageberatung einhalten. Eine „Aufsicht light“ gibt es auch in der digitalen Finanzwelt nicht. Neben den bestehenden gesetzlichen Verbraucherschutzvorschriften hat sich in der Vergangenheit auch die Aufklärung des Verbrauchers über Risiken als Mittel des Verbraucherschutzes erwiesen. Auch Warnungen oder Produktinterventionen sind weitere wichtige Mittel, um den Verbraucherschutz wirksam werden zu lassen.

Wir als Aufsicht sehen, dass die Rolle der IT-Aufsicht immer wichtiger wird und haben deshalb ein Kompetenzreferat für Fragen der IT Sicherheit im Finanzsektor geschaffen. Das Referat bearbeitet die mit IT-Sicherheit verbundenen Themenfelder für alle Geschäftsbereiche der BaFin. Meinen Kollegen Herrn Obermöller, Referatsleiter dieses Referates werden Sie heute im Laufe der Tagung kennenlernen. Zudem haben wir im Sommer dieses Jahres ein eigenes Referat geschaffen, das finanztechnologische Innovationen und Entwicklungen frühzeitig identifiziert und im Expertennetzwerk der BaFin Implikationen für Regulatorik und Aufsicht - inklusive dem Verbraucherschutz - herausarbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Aufgrund der Kürze der Zeit habe ich nur einige Bereiche im digitalen Wandel anreißen können, die aus meiner Sicht diskussionswürdig sind. Auf die Entwicklungen in diesen Bereichen werden wir als Aufsicht reagieren, indem wir insbesondere auch neu entstehende Risiken identifizieren und wirksam begegnen. Die BaFin ist offen für finanztechnologische Innovationen, allerdings nur unter der Prämisse, dass die Sicherheit und Stabilität des Finanzsystems und der Verbraucherschutz gewährleistet sind.

Halten wir fest: Die Weichen für den kollektiven Verbraucherschutz 2.0 in der Aufsicht sind gestellt. Insofern freue ich mich auf angeregte Gespräche, spannende Diskussionen und innovative Denkanstöße, von denen wir alle gemeinsam profitieren können. Bitte nehmen Sie alle die Möglichkeiten analog und digital, sich an den Diskussionen des heutigen Tages zu beteiligen. Diese Diskussionen sind für uns als Aufsichtsbehörde wichtige Impulse. Herzlichen Dank vorab für Ihre Teilnahme an dem heutigen Verbraucherschutzforum und vielen Dank Ihre Aufmerksamkeit.

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