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Erscheinung:10.05.2016 Reden zur Jahrespressekonferenz der BaFin 2016

Reden des Präsidenten und der ExekutivdirektorInnen der BaFin, am 10. Mai 2016 in Frankfurt am Main

Es gilt das gesprochene Wort.

Felix Hufeld, Präsident

Meine Damen und Herren,

wenn ich in diesen Tagen mit Vertretern der Finanzindustrie spreche, fallen meist drei Worte: Niedrigzins, Digitalisierung und Regulierung.

Geldpolitik zu bewerten, zählt nicht zu unseren Aufgaben. Ihre Folgen aber gehen uns sehr wohl etwas an. Längst suchen sie nicht mehr nur die klassischen Betroffenen heim, die Lebensversicherer und Bausparkassen. Wie ein schleichendes Gift machen sie sich in den Bilanzen der gesamten Bankenbranche bemerkbar. Institute, deren Geschäftsmodell vor allem auf Zinserträgen und Fristentransformation basiert, tun sich immer schwerer damit, auf lange Sicht auskömmliche Erträge zu erwirtschaften. Je länger die Zinsen niedrig bleiben, desto mehr wird außerdem das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch zum Problem. Umso wichtiger ist es, dass die Institute auch dieses Risiko mit ausreichend Kapital unterfüttern. Irgendwann wird sich aber vielleicht auch eine viel grundsätzlichere Frage stellen: Wie muss ein Geschäftsmodell beschaffen sein in einer Welt, in der der klassische Zinsertrag nur noch eine untergeordnete Rolle spielt? Über kurz oder lang müssten die Banken, aber auch Regulierer und Aufseher wohl eine Antwort darauf finden.

Die Lebensversicherer setzt das niedrige Zinsniveau seit geraumer Zeit unter Druck. Wie sich die Dinge auf lange Sicht entwickeln, können wir nur schwer vorhersagen. Es mag sein, dass nicht alle Unternehmen diesem Druck auf Dauer standhalten. Unsere Prognose, dass die Versicherer zumindest auf kurze und mittlere Sicht ausreichendes Stehvermögen haben, ist allerdings nach wie vor aktuell.

Das liegt unter anderem an der Absenkung der Gewinnbeteiligung und der Zinszusatzreserve. Und daran, dass die Unternehmen selbst aktiv geworden sind. Sichtbares Zeichen: neue Produkte mit modifizierten Garantieformen.

Dass Solvency II, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, Garantieprodukte unmöglich mache, ist übrigens eine Mär. Das neue Regime verursacht Mängel in der Bepreisung nicht, es legt sie offen. Wer eine hinreichend starke Bilanz hat, kann also weiter Garantieprodukte anbieten, wenn er das für sinnvoll hält. Dass der Höchstrechnungszins für Neuverträge vom kommenden Jahr an bei 0,9 Prozent liegen soll, wie es das Bundesfinanzministerium kürzlich vorgeschlagen hat, ist in der aktuellen Marktsituation richtig und unvermeidlich.

Echter Veränderungsdruck ergibt sich für die Finanzbranche auch aus der Digitalisierung. FinTechs drängen mit Macht auf den Markt und fordern derzeit vor allem die Banken heraus. Ihr Anspruch ist enorm: Sie wollen nicht schüchtern an die Türen der Etablierten klopfen, sie wollen sie eintreten. Findet das Bankgeschäft also bald ohne Banken statt? Zweifellos mischen FinTechs den Markt gehörig auf. Aber erstens haben auch sie den Stein der Weisen noch nicht entdeckt. Zweitens ist das klassische Bankgewerbe nicht akut vom Aussterben bedroht. Auch im Zeitalter der Digitalisierung hat es das eine oder andere Pfund, mit dem es wuchern kann. Und drittens zeigt sich schon jetzt, dass beide Lager nicht nur konfrontativ, sondern häufig komplementär arbeiten.

Beim Umgang mit dem Phänomen „Digitalisierung und FinTech“ gilt für die etablierten Banken das Gleiche wie bei allen strategischen Fragen: Manche werden ein glücklicheres Händchen haben als andere.

Wer welche Marktanteile hat, entscheiden aber weder die Politik noch die Aufsicht. Über Erfolg oder Misserfolg eines Geschäftsmodells entscheidet der Markt. Dieser Markt ist allerdings aus guten Gründen ein regulierter. An der Stelle kommen wir ins Spiel, und dann kann nur gelten: „gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regel“ - selbstverständlich, wie immer, proportional angewandt. Als Aufseher ziehen wir weder einen Schutzzaun um die Etablierten, noch privilegieren wir die Neuen. Was man von uns erwarten kann, ist eine angemessene Kommunikation. Angemessen heißt: verständlich, schnell und – soweit es geht – elektronisch. Wir bieten beispielweise seit kurzem auf unserer Homepage einen maßgeschneiderten Service für potenzielle FinTech-Gründer an, den wir schrittweise ausbauen werden.

Regulierung, der dritte Schlüsselbegriff, ist für viele eher ein Reizwort. Doch das, was viele gerade als Belastung wahrnehmen, ist die notwendige und gewollte Antwort auf eine nie dagewesene Finanzkrise: mehr und besseres Eigenkapital etwa, strengere Vorgaben an Liquidität und Verschuldungsgrad, schärfere Anforderungen an verschiedene Bereiche des Risikomanagements, Vorgaben zur besseren Abwicklungsfähigkeit und ja, auch das Einfordern von deutlich mehr Daten als zuvor.

Nur acht Jahre nach der großen Katastrophe auf den Finanzmärkten sollten wir nicht vergessen, was die Gründe für die Verschärfung der Regulierung waren. Denn sonst droht ein weiterer regulatorischer Schweinezyklus aus Krise – Regulierung – Deregulierung – erneute Krise, der in niemandes Interesse sein kann - nicht der Regulierer, nicht der Kunden und auch nicht der Industrie selbst. Worauf es jetzt und in den kommenden Jahren ankommt: Berechenbarkeit – wir müssen beispielsweise Basel III zu Ende bringen –, Proportionalität und die Bewertung von Neben- und Wechselwirkungen.

Meine Damen und Herren, in der öffentlichen Debatte kristallisiert sich zunehmend ein Thema heraus, das die Grenzen der Finanzaufsicht auslotet. Es geht um Verhaltensweisen, bei denen sich nicht nur die Frage der Legalität stellt, sondern auch die der Legitimität. Mit solchen Fragen auch aufsichtlich angemessen umzugehen, stellt uns vor große Herausforderungen – und zwar sowohl praktischer als auch grundsätzlicher Art.

In praktischer Hinsicht, weil es weder gewollt noch möglich ist, jede einzelne Geschäftshandlung zu beaufsichtigen. In grundsätzlicher Hinsicht, weil ein Verhalten, das aus vielerlei Gründen problematisch und diskutabel sein kann, nicht zwangsläufig rechtswidrig ist. Briefkastenfirmen sind ein schlagendes Beispiel dafür. Sie können ein Mittel der Steuerhinterziehung sein, aber nicht jeder, der eine solche Firma hält, ist ein Steuerhinterzieher.

Schwierig wird es auch, wenn zivil- oder steuerrechtlich streitig ist, ob und zu welchem Zeitpunkt ein bestimmtes Handeln illegal ist – Stichwort „Cum ex“ bzw. „Cum cum“. Die Frage, wann exekutives Aufsichtshandeln möglich, geboten oder sogar selbst rechtswidrig ist, lässt sich nicht leicht beantworten, wenn das rechtliche Umfeld nicht eindeutig ist. Fest steht: Es kann nicht Aufgabe einer staatlichen Aufsichtsbehörde sein, offene Rechtsfragen oder gar relevante gesellschaftliche Debatten im Vorgriff auf den Gesetzgeber oder eine höchst- oder zumindest obergerichtliche Rechtsprechung im Wege des einfachen Verwaltungshandelns vorab zu klären.

Eine Behörde setzt kein Recht, sie wendet geltendes Recht an und das auf Basis konkreter, ihr zugewiesener Kompetenzen. Dass wir als Aufsicht, zumal als eine mit sehr weitreichenden Eingriffsbefugnissen, bei allem, was wir tun, an die für uns geltenden Gesetze und Ermächtigungsgrundlagen gebunden sind, ist ein Eckpfeiler des Rechtsstaates und ein hoher freiheitssichernder Wert an sich.

Wo sich Anhaltspunkte dafür ergebgen, dass aufsichtsrechtliche Vorgaben verletzt sein könnten, gehen wir diesen entschieden nach, prüfen, ob Missstände vorliegen und stellen diese in unmissverständlicher Sprache fest.

Wenn sich die Dinge dann in einer Weise verdichtet haben, dass sie aufsichtliches Handeln erfordern, zögern wir keinen Augenblick einzugreifen – siehe Maple Bank. Ebenso wenig scheuen wir davor zurück, Fehlverhalten zu korrigieren und – wenn erforderlich – mit signifikanten Bußgeldern zu ahnden, wie wir auch in der jüngeren Vergangenheit gezeigt haben.

Sie sehen: Wir bewegen uns nach wie vor in einem regulatorisch wie aufsichtlich hochaktiven Umfeld. Meine Kollegen werden nun einzelne Aspekte beleuchten.

Béatrice Freiwald, Exekutivdirektorin Innere Verwaltung und Recht

Meine Damen und Herren,

auch ich begrüße Sie herzlich zur Pressekonferenz und greife das Thema Sanktionen auf.

Wenn es um Sanktionen geht, wird der BaFin immer wieder allzu große Milde bescheinigt – meist mit dem Hinweis, Aufseher anderer Länder führen weit schwerere Geschütze auf als wir und das auch viel häufiger. Solche Vergleiche hinken ein wenig – und zwar aus zwei Gründen: Im Aufsichtsrecht anderer Länder hat der Begriff „Sanktion“ nicht unbedingt die gleiche Bedeutung wie in unserem, und auch die Voraussetzungen für die Verhängung von Sanktionen sind oft andere.

Die Instrumente, die der BaFin nach gegenwärtiger Rechtslage bei der Aufsicht über Banken und Versicherer zur Verfügung stehen, dienen in erster Linie der Gefahrenabwehr, wirken also präventiv. Wir kontrollieren die Unternehmen, um Missstände erkennen und Gefahren, die daraus resultieren, abwehren zu können. Selbst wenn wir einen Geschäftsleiter verwarnen oder abberufen lassen, verhängen wir damit keine nachträgliche Sanktion, sondern handeln im Sinne der Gefahrenabwehr.

Anders als etwa in anglo-amerikanischen Rechtsordnungen, verhängen wir Sanktionen bisher nur, wenn wir Ordnungswidrigkeiten ahnden, die in den Aufsichtsgesetzen explizit aufgeführt sind. Wenn wir etwa in der Marktaufsicht Fehlverhalten sanktionieren, tun wir das mit einem Bußgeld. Das soll dann repressiv und generalpräventiv zugleich wirken. Auch in der Geldwäscheprävention können wir Geldbußen verhängen. Dem Jahresbericht 2015, der heute erschienen ist, können Sie entnehmen, dass wir im vergangenen Jahr in diesem Aufsichtsbereich Bußgelder von insgesamt mehr als 40 Millionen Euro (40.053.078,50 Euro) verhängt haben – darunter das bislang höchste Einzelbußgeld in der Geschichte der deutschen Finanzaufsicht.

Auffällig ist natürlich, dass wir nicht annähernd in die Sphären der Strafzahlungen vordringen, die beispielsweise US-amerikanische Behörden verhängen. Das liegt unter anderem daran, dass bei uns – anders als in den USA – Unternehmen strafrechtlich nicht belangt werden können, sondern nur die Mitglieder ihrer Organe und die Mitarbeiter. In Deutschland können wir nur im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechts gegen Unternehmen vorgehen. Die hier vorgesehenen Geldbußen sind nicht mit den Strafzahlungen des Unternehmensstrafrechts vergleichbar, das wir aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum kennen. Davon abgesehen stellt sich aber die Frage, welchen Sinn Zahlungen haben, die über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens hinausgehen.

Gleichwohl haben unmittelbar bilanzwirksame Sanktionen in signifikanter Höhe sicher eine disziplinierende und abschreckende Wirkung. Aus diesem Grund sind in der jüngeren Vergangenheit auf europäischer Ebene die Vorgaben zu den mitgliedstaatlichen Sanktionsvorschriften sukzessive und signifikant angehoben worden, was sich auch im deutschen Recht niederschlägt. Zum Beispiel berät in wenigen Tagen der Bundesrat über das bereits vom Bundestag verabschiedete Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz, das unter anderem die europäische Marktmissbrauchsverordnung und die Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation im deutschen Recht verankert. Die Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation werden dadurch deutlich verschärft, und auch der Bußgeldrahmen des Kreditwesengesetzes wird noch einmal deutlich erhöht. Zudem hebt die 4. EU-Geldwäscherichtlinie die Trennung von Gefahrenabwehr und Sanktionierung zugunsten eines EU-einheitlichen Verständnisses von verwaltungsrechtlichen Sanktionen weiter auf.

Uns allen muss aber klar sein, dass wir mit Sanktionen allein keine gute und wirksame Aufsicht machen können. Das können wir nur, indem wir auch unsere Befugnisse zur präventiven Gefahrenabwehr nutzen.

Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht

Meine Damen und Herren,

wir haben es bereits gehört: Das niedrige Zinsniveau setzt die deutschen Lebensversicherer mehr und mehr unter Druck. Immer wieder wird daher auch im internationalen Umfeld spekuliert, dass sie sich nun verstärkt auf riskante Vermögenswerte stürzten, um ihre Garantiezusagen erfüllen zu können.

Doch das können wir derzeit nicht bestätigen – auch nicht, was die kleineren Unternehmen angeht. Ich habe aber ohnehin den Eindruck, dass bei vielen Bewertungen dieser Art die Besonderheiten des deutschen Versicherungssektors nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Das erklärt auch die mitunter geäußerte Ansicht, die deutschen Versicherer seien eine Gefahr für die Finanzstabilität. Ich halte diese Gefahr für äußerst gering. Mit Solvency II können wir das noch besser beurteilen als zuvor; das neue Regime legt die Risiken von Versicherern schonungslos offen. Ab Ende Mai wissen wir es ganz genau, denn dann liegen uns die Day-One-Berichte vor.

Und man darf auch nicht vergessen, welche stabilisierende Wirkung beispielsweise die Zinszusatzreserve hat, wenn man auch deren Kalibrierung möglicherweise noch einmal auf den Prüfstand stellen muss.

Doch lassen Sie uns nicht nur über Lebensversicherer reden. Noch mehr als sie leiden Pensionskassen unter dem niedrigen Zinsniveau. Sie haben fast nur Verträge im Bestand, in denen sie sich dazu verpflichtet haben, lebenslang Renten an die Versicherten zu zahlen. Die werden im Durchschnitt immer älter, was die Ergebnisse zusätzlich belastet.

Die Kassen haben unter unserer Begleitung schon früh begonnen gegenzusteuern, um ihre Risikotragfähigkeit zu erhalten; fast alle haben zusätzliche Rückstellungen gebildet. Der durchschnittliche Rechnungszins liegt aber immer noch bei 3,28 Prozent, und die lassen sich in diesen Tagen nur schwer stemmen.

Möglicherweise können daher bald einzelne Pensionskassen nicht mehr aus eigener Kraft ihre Leistungen in voller Höhe erbringen. Mit ihnen besprechen wir aktuell, wie es weitergehen kann. Im Interesse der Pensionsberechtigten bestärken wir sie darin, ihre Träger, also die Arbeitgeber, zu ermuntern, Mittel zur Verfügung zu stellen. Bei Pensionskassen, die Aktiengesellschaften sind, könnten die Aktionäre nachlegen.

Aber was passiert, wenn Arbeitgeber oder Aktionäre dieser Bitte nicht nachkommen? Verpflichtet sind sie dazu in aller Regel nicht. Pensionskassen in Form eines Versicherungsvereins haben in ihrer Satzung meist eine Sanierungsklausel. Danach werden Leistungen gekürzt, wenn Fehlbeträge nicht durch vorhandene Eigenmittel ausgeglichen werden können.

Meist ist dann aber über die Subsidiärhaftung nach dem Betriebsrentengesetz der Arbeitgeber in der Pflicht. Er muss dafür einstehen, dass seine Mitarbeiter die volle Leistung erhalten. Das kann er natürlich nur, wenn es ihn noch gibt und er auch leisten kann. Der Pensionssicherungsverein spränge in dieser Konstellation übrigens nicht in die Bresche.

Ist die Pensionskasse eine Aktiengesellschaft, haftet ebenfalls in aller Regel der Arbeitgeber. Die meisten AGs gehören zudem dem Sicherungsfonds „Protektor“ an und sind darin mit den Lebensversicherern vergleichbar.

Das Niedrigzinsniveau setzt auch die Pensionsfonds unter Druck, doch sie haben größtenteils selbst keine Garantien abgegeben. Im Fall der Fälle müsste der Arbeitgeber nachschießen. Sollte der nicht in der Lage sein, wäre der Pensionssicherungsverein in der Pflicht.

Weder die Kunden der Lebensversicherung noch die Pensionsberechtigten der Pensionskassen und –fonds stehen also ohne Schutzmechanismen da. Was die Pensionskassen angeht, werden diese Mechanismen möglicherweise bald einem Praxistest unterzogen.
Wir sind uns im Klaren, welche Verantwortung wir dabei tragen.

Elisabeth Roegele, Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht/Asset-Management

Meine Damen und Herren,

der kollektive Verbraucherschutz ist im Sommer vergangenen Jahres mit dem Kleinanlegerschutzgesetz als Aufsichtsziel der BaFin gesetzlich fixiert worden. Er hat nun den gleichen Rang wie die Aufsicht über Unternehmen und Märkte. Zugleich hat der Gesetzgeber unsere Kompetenzen auf diesem Gebiet noch einmal stark ausgeweitet.

Entsprechend hoch sind die Erwartungen an uns – zu Recht. Um diesen Erwartungen gerecht werden zu können, haben wir eine Abteilung eingerichtet, die standortübergreifend in Bonn und Frankfurt angesiedelt ist, und die sich mit verbraucherschutzrelevanten Themen aus den Bereichen Wertpapier-, Banken- und Versicherungsaufsicht befasst. Im Fokus stehen also nicht nur Anleger, sondern auch Kunden von Banken und Versicherungsunternehmen. Wir wollen ein angemessenes Schutzniveau für alle Verbraucherinnen und Verbraucher – egal, in welchem der Finanzsektoren sie unterwegs sind.

Bei unserer Arbeit nutzen wir eine Reihe von Informationsquellen, etwa Anfragen oder Beschwerden von Verbrauchern, Erkenntnisse aus der laufenden Aufsicht und Prüfberichte. Aber auch die Verbraucherzentralen und vor allem der Marktwächter Finanzen liefern uns wichtige Informationen. Wir treten aber auch mit gezielten Umfragen direkt an die Anbieter heran. Unternehmen, die uns bei der Auswertung der Antworten auffallen, befragen wir genauer, zum Beispiel bei einem Gespräch vor Ort.

Zu den Themen, denen wir auf diese Weise auf den Grund gehen wollen, gehören Bonitätsanleihen. Wir wollen herausfinden, ob sie den durchschnittlichen Privatanleger aufgrund ihrer vergleichsweise komplexen Struktur überfordern und wir einschreiten müssen. Wir müssen hier sehr genau hinschauen, denn wir wollen Anleger nicht bevormunden. Es muss eine Balance von Schutz und Eigenverantwortung geben. Verbraucher müssen in die Lage versetzt werden, sich auf Basis ausreichender Informationen und Kenntnisse eigenverantwortlich für oder gegen ein Produkt oder eine Dienstleistung zu entscheiden. Ist diese Balance zu Lasten des Verbrauchers gefährdet oder zerstört und eine eigenverantwortliche Entscheidung erschwert oder gar unmöglich, setzen wir unsere Instrumente ein, um sie zu wahren oder wiederherzustellen.

Eine weitere Umfrage, die wir in Kürze starten, wird das Thema „Restschuldversicherung“ betreffen. Uns interessiert, ob deren Abschluss tatsächlich nur optional ist, die einschlägigen Informationspflichten eingehalten werden und welchen Anteil die Provision an den Gesamtkosten des Darlehens ausmacht. In einer ebenfalls den Bankensektor betreffenden Umfrage wollen wir zudem herausfinden, ob Banken und Sparkassen systematisch Kunden benachteiligen, indem sie bei Verbraucherkrediten Zinsänderungen mit ungerechtfertigter Verzögerung an die Kunden weitergeben.

Meine Damen und Herren, auch im Verbraucherschutz erwartet die Öffentlichkeit zu Recht eine gute Leistung von uns. Manchmal werden aber auch falsche Erwartungen an uns gestellt. Prominentestes Beispiel: Noch immer ist die Ansicht weit verbreitet, es sei Aufgabe der BaFin, einzelnen Verbrauchern zu ihrem Recht zu verhelfen. Doch das können wir nicht, denn auch beim Verbraucherschutz gibt es eine Aufgabenteilung. Als Teil der Exekutive sprechen wir kein Recht. Das können nur die Gerichte. Aber auch Verbraucherschutzorganisationen, Ombudsleute und Schlichtungsstellen nehmen sich der Anliegen Einzelner an. Wir sind allein im öffentlichen Interesse tätig und schützen Verbraucher in ihrer Gesamtheit.

Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht

Meine Damen und Herren,

könnten sich Bankmanager derzeit etwas wünschen, dann wären das sicher sanfte Zinserhöhungen. Die derzeit niedrigen Zinsen stellen sicher die größte Ertragsbelastung für den deutschen Bankensektor dar. Und wir sehen: Je länger die Zinsen so niedrig bleiben, umso mehr gewinnen auch Zinsänderungsrisiken an Bedeutung. Kein Wunder: Anleger wollen sich bei dem Zinsniveau nicht langfristig binden, und Kreditnehmer wollen sich die Zinsen möglichst langfristig sichern. Das ist ein Problem, das gerade die Institute mit einer breiten Kundschaft im Einlagen- und Kreditgeschäft trifft. Mittlerweile weisen deutlich mehr als 50 Prozent aller Kreditinstitute erhöhte Zinsänderungsrisiken auf; Tendenz steigend.

Für die Aufsicht sind Zinsänderungsrisiken kein neues Phänomen, auch in der Vergangenheit haben wir sie im Blick gehabt.

Neu ist, dass wir ab diesem Jahr damit beginnen, für alle 1.600 Institute, die wir direkt beaufsichtigen, im SREP einen Kapitalaufschlag festzusetzen. Das ist im Prinzip nichts ganz Neues. Auch in der Vergangenheit haben wir geschaut: passt die Kapitalausstattung einer Bank zu den eingegangenen Risiken. Was jetzt anders ist: dass wir allen Instituten explizit mitteilen werden, wie hoch wir den Kapitalbedarf veranschlagen. Und wir werden dabei sehr transparent sein. Die Institute haben den berechtigten Anspruch zu verstehen, wie wir zu unserer Einschätzung kommen.

In diesem Jahr werden die ersten rund 330 Institute einen SREP-Bescheid erhalten. Ein Anhörungsschreiben für den ersten Durchgang ist in Vorbereitung; es wird die Banken voraussichtlich im Juni erreichen.

Da aber auch die Banken der zweiten und dritten Runde schon jetzt ihre Zinsänderungsrisiken ausreichend unterfüttern müssen, fordern wir von allen einen entsprechenden Kapitalaufschlag.

Wir arbeiten an einer entsprechenden Allgemeinverfügung für alle kleineren und mittelgroßen Institute. Wer also nicht in der ersten SREP-Runde dabei ist, für den greift die Allgemeinverfügung – aber nur so lange, bis auch er entweder in der zweiten oder dritten Runde den SREP durchlaufen hat. Ich erwarte hier bis spätestens 2018 Vollzug.

Wir wissen, dass einige Institute deshalb nervös sind. Wir erwarten jedoch durch diese Maßnahme keine großen Verwerfungen. Sicher: Im Einzelfall wird es zu recht spürbaren Kapitalaufschlägen kommen. Die allermeisten Institute haben aber die guten letzten Jahre nutzen können, ausreichend Reserven zu bilden, um diesen Anforderungen entsprechen zu können.

Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem SREP-Prozess und der Allgemeinverfügung ein ausgewogenes Verfahren gewählt haben, das sich im internationalen Vergleich sehen lassen kann. Es ist ein elegantes Verfahren, um neben den Zinsänderungsrisiken auch die Erkenntnisse aus unserem Stresstest aus dem vergangenen Jahr berücksichtigen zu können.

Worauf wir besonders stolz sind: Wir haben es geschafft, ein sinnvolles SREP-Konzept zu entwickeln, das ohne zusätzliche Datenanforderungen an die Institute auskommt. Wir nutzen ausschließlich Daten, die wir ohnehin haben. Ich denke, dies ist auch mit Blick auf andere Aufsichtsbehörden vorbildhaft.

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