Erscheinung:20.12.2011, Stand:geändert am 01.12.2022 | Thema Erlaubnispflicht Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 bis 5 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten, Emissionszertifikate, Kryptowerte und Schwarmfinanzierungsinstrumente)
Inhalt
Merkblatt
1. Einführung
Nach § 1 Abs. 11 Satz 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) sind Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 1 bis 3 und 17 KWG sowie im Sinne des § 2 Abs. 1 und 6 KWG
- Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten,
- Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Vermögensanlagen (VermAnlG) mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG),
- Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und diesen Schuldtiteln vergleichbare Rechte, die ihrer Art nach auf den Kapitalmärkten handelbar sind, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, sowie Hinterlegungsscheine, die diese Schuldtitel vertreten,
- sonstige Rechte, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Rechten nach den Nrn. 1 und 3 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von solchen Rechten, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird,
- Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB),
- Geldmarktinstrumente,
- Devisen oder Rechnungseinheiten,
- Derivate,
- Berechtigungen nach § 3 Nr. 3 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (TEHG), Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nr. 20 des Gesetzes über projektbezogene Mechanismen nach dem Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Projekt-Mechanismen-Gesetz - ProMechG) und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2 Nr. 21 ProMechG, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate),
- Kryptowerte sowie
- für Schwarmfinanzierungszwecke nach Art. 2 Abs. 1 lit. n der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierungs-VO) zugelassene Instrumente (Schwarmfinanzierungsinstrumente).
Die Norm legt somit den Begriff des Finanzinstruments nicht für alle Normen des KWG fest - eine einheitliche Definition des Begriffs des Finanzinstruments für das KWG existiert nicht -, sondern nur für die genannten Regelungen des § 1 Abs. 1 bis 3 und 17 KWG sowie des § 2 Abs. 1 und 6 KWG. Darüber hinaus ist die Definition des § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG auch für die Begriffsbestimmung des Eigengeschäfts in § 32 Abs. 1a KWG maßgeblich. Der in § 1 Abs. 11 KWG verwendete Begriff des Finanzinstruments hat damit für die Erlaubnis- und Ausnahmetatbestände, den Begriff des Finanzunternehmens nach § 1 Abs. 3 KWG sowie die Definition der Finanzsicherheit gemäß § 1 Abs. 17 KWG Bedeutung.
§ 1 Abs. 11 KWG beruhte ursprünglich weitgehend auf Art. 1 Nrn. 4 und 5 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie - WDRL) sowie auf Abschnitt B deren Anhangs und Art. 4 Abs. 1 Nrn. 17 bis 19 sowie Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (Markets in Financial Instruments Directive - MiFID), wodurch der Begriff des Finanzinstruments eine deutliche Erweiterung erfuhr. Der Gesetzgeber ging bei der Umsetzung der MiFID - wie bereits bei der Adaption der WDRL - durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz - FRUG) mit der Berücksichtigung von Devisen und Rechnungseinheiten als Finanzinstrumente im Sinne des KWG über die Vorgaben der Richtlinie hinaus. § 1 Abs. 11 KWG wurde alsdann durch Art. 18 Nr. 2 lit. d des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz - AIFM-UmsG) redaktionell an die Begrifflichkeiten des neu eingeführten KAGB angepasst. Nunmehr setzt die Norm insbesondere Art. 4 Abs. 1 Nrn. 15 bis 17 sowie Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (MiFID 2) um; die Umsetzung erfolgte durch das Zweite Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. FiMaNoG), das in dem hier maßgeblichen Teil am 3. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Die letzte Änderung erfolgte mit der Einfügung der Schwarmfinanzierungsinstrumente durch das Gesetz zur begleitenden Ausführung der Verordnung (EU) 2020/1503 und der Umsetzung der Richtlinie EU 2020/1504 zur Regelung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern (Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz) und anderer europarechtlicher Finanzmarktvorschriften vom 3. Juni 2021 (BGBl. 2021, Seite 1568 ff.).
Die Definition der Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 Nrn. 1 bis 7 sowie 9 bis 11, Sätze 2 bis 5 KWG ist mit der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 5 Nrn. 1 bis 7 sowie 9 bis 11 des Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (Wertpapierinstitutsgesetz – WpIG) identisch.
2. Finanzinstrumente
a) Allgemeine Anforderungen an Aktien und andere Anteile, Schuldtitel und sonstige Rechte nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 1, 3 und 4 KWG
Die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 11 KWG führt seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz - AIFM-UmsG) vom 4. Juli 2013 innerhalb der Finanzinstrumentedefinition keine eigene Wertpapierdefinition mehr. Für eine besondere Wertpapierdefinition als Zwischenkategorie, die bis dahin die Finanzinstrumentegruppen des § 1 Abs. 11 Satz 1 bis 5 KWG zusammengefasst hatte, wurde regelungstechnisch kein Bedarf mehr gesehen, da dem Begriff als solchem kein Erkenntniswert innewohnte und er nur unnötige Abgrenzungsfragen zu den vielen anderen Dutzenden von Wertpapierbegriffen aufwarf und auch keine andere Norm des KWG direkt an diesen Wertpapierbegriff anknüpft.
Allerdings ergeben sich die nachfolgend aufgeführten allgemeinen Anforderungen der Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit aus den EU-rechtlichen Vorgaben der MiFID 2, der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufzeichnungspflichten für Wertpapierfirmen, die Meldung von Geschäften, die Markttransparenz, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel und bestimmte Begriffe im Sinne dieser Richtlinie (MiFID-Durchführungsverordnung – MiFID-DVO) und der Delegierten Verordnung (EU) 2017/568 der Kommission vom 24. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel an geregelten Märkten (Delegierte Verordnung [EU] 2017/568).
aa) Übertragbarkeit
Da Anhang I Abschnitt C Nr. 1 der MiFID 2 - wie auch bereits die MiFID - „übertragbare Wertpapiere“ als Finanzinstrumente aufführt, sind solche Aktien und andere Anteile, Schuldtitel oder sonstige Rechte, die zwar in § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 1, 3 und 4 KWG aufgeführt sind, aber nicht durch Rechtsgeschäft unter Lebenden übertragen werden können - etwa weil die Übertragbarkeit rechtlich ausgeschlossen ist -, nicht als Finanzinstrumente im Sinne des KWG anzusehen. Allerdings ist eine freie Übertragbarkeit nicht Voraussetzung; damit können auch nicht frei handelbare Papiere, die nur erschwert übertragen werden können, weil beispielsweise die Übertragung an die Zustimmung des Emittenten oder eines Dritten geknüpft wird, tatbestandsmäßig sein.
bb) Standardisierung
Außerdem müssen die in § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 1, 3 und 4 KWG aufgeführten Aktien und andere Anteile, Schuldtitel oder sonstigen Rechte standardisiert ausgestaltet sein. Die Standardisierung ist bei Austauschbarkeit im Sinne einer Vertretbarkeit gegeben. Dabei ist ein geringer Grad der Standardisierung ausreichend: Bei einer Mehrzahl untereinander austauschbarer, in den Essentialia wie Verpflichteter, Laufzeit, Art und Umfang des Mitgliedschaftsrechts oder der versprochenen Leistung übereinstimmender Anlageinstrumente liegt eine Standardisierung vor. Anders ist es, wenn etwa eine Inhaberschuldverschreibung so auf die Anlagewünsche eines einzelnen Investors zugeschnitten wird, dass es sich nicht mehr mit weiteren von dem Emittenten ausgegebenen Anlageinstrumenten zu einer Gattung im Sinne des § 243 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zusammenfassen lässt. Für eine derart individualisierte Inhaberschuldverschreibung kann indes auch nicht die Bereichsausnahme für die Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen vom Tatbestand des Einlagengeschäfts in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG in Anspruch genommen werden.
cc) Handelbarkeit auf den Kapitalmärkten
Übertragbarkeit, auch eingeschränkte Übertragbarkeit, und Standardisierung indizieren die Handelbarkeit des Instruments auf den Kapitalmärkten. Es genügt, dass ein Instrument dieses Typs prinzipiell für den organisierten Handel geeignet ist.
b) Einzelne Finanzinstrumente
aa) Aktien
§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 KWG zählt Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten, auf.
(1) Aktien und andere Anteile an in- und ausländischen juristischen Personen, soweit sie Aktien vergleichbar sind
Sämtliche von inländischen Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nach dem Aktiengesetz (AktG) begebenen Aktien fallen unter die Regelung. Nach § 10 Abs. 1 AktG können Aktien auf den Inhaber (Inhaberaktie) oder den Namen (Namensaktie) lauten. Ob die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist, vgl. § 68 AktG (Vinkulierung), ist irrelevant. Ebenso ist für die Erfüllung des Tatbestands ohne Bedeutung, ob es sich um Stamm- oder Vorzugsaktien oder junge Aktien handelt. Auch Zwischenscheine im Sinne des § 8 Abs. 6 AktG sind tatbestandsmäßig, nicht jedoch bloße Nebenpapiere wie Kuponbögen, einzelne Kupons und Erneuerungsscheine.
Bei ausländischen Aktien und anderen Anteilen an ausländischen juristischen Personen kommt es darauf an, ob sie mit Aktien einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaften auf Aktien vergleichbar sind. Dies ist anhand einer funktionalen Betrachtung unter Berücksichtigung der besonderen Belange des Anlegerschutzes zu prüfen, wobei die Anwendbarkeit des deutschen Sachenrechts bei dieser Prüfung kein Kriterium sein kann, da es im Ausland keine Geltung entfaltet.
Die von Schweizer und österreichischen Aktiengesellschaften emittierten Aktien sind jedenfalls mit deutschen Aktien vergleichbar und damit Aktien im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 KWG. Dies gilt auch für die naamloze vennootschap (NV) sowie die commanditaire vennootschap op aandelen (CV) niederländischen bzw. belgischen Rechts, auch die besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (BV) niederländischen Rechts und belgischen Rechts. Shares, die Anteile an englischen und anderen Gesellschaften des angelsächsischen Rechtsraums verbriefen, sind Aktien im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 KWG. Zwar verkörpern sie keine Anteilsrechte wie im deutschen Recht; sie sind vielmehr lediglich ein Beweis für die Eintragung in das Register der Gesellschaft, die ausschließlich - und nicht der Besitz der Shares - für die Gesellschafterstellung maßgeblich ist. Das ist jedoch für die Frage, inwieweit Shares Finanzinstrumente im Sinne des KWG sind, ohne Bedeutung, da, wie oben ausgeführt, die Geltung des deutschen Sachenrechts ohnedies auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist. So sind zum Beispiel die Shares der private companies limited by shares (plc) Finanzinstrumente im Sinne der Regelung.
Des Weiteren fallen Anteile an der Europäischen Gesellschaft (SE) unter den Tatbestand des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 KWG.
(2) Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten
Hinterlegungsscheine im Sinne des KWG sind nach § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind, ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen gebietsfremden Emittenten gehandelt werden können. Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten, sind also Berechtigungen, die dem Inhaber derselben wirtschaftlich die Stellung eines Inhabers von Aktien verschaffen sollen, wobei aber rechtlich ein Dritter Inhaber des Basiswertes ist. Der Inhaber des Hinterlegungsscheins hat kein originäres Mitgliedschaftsrecht, sondern in der Regel einen schuldrechtlichen Anspruch darauf, dass das Mitgliedschaftsrecht nur nach seinem Willen ausgeübt wird.
Typische Beispiele für Hinterlegungsscheine, die Aktien oder ihnen vergleichbare Anteile vertreten, sind auch so genannte American Depository Receipts (ADR), also auf US-Dollar lautende, von US-amerikanischen Depotbanken in den USA ausgegebene Hinterlegungsscheine, die eine bestimmte Anzahl hinterlegter Aktien eines ausländischen Unternehmens verkörpern und an ihrer Stelle am US-Kapitalmarkt wie Aktien gehandelt werden. Ebenso erfüllen die im Wesentlichen analog konzipierten European Depository Receipts (EDR), Global Depository Receipts (GDR), International Depository Receipts (IDR) und Crest Depository Interests (CDI), die europäische oder andere Titel repräsentieren, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 KWG.
(3) Anteile an in- und ausländischen Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind
Anteile an deutschen Personengesellschaften wie Kommanditgesellschaften, offenen Handelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind regelmäßig nicht mit Aktien vergleichbar und fallen daher nicht unter § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 KWG.
Allerdings können Anteile an deutschen Personengesellschaften seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagen- und Vermögensanlagenrechts am 1. Juni 2012 (siehe unten Punkt 2 b bb) Vermögensanlagen darstellen und daher gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG Finanzinstrumente sein. Handelt es sich bei der Personengesellschaft dagegen um ein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB, können sie nach § 139 KAGB nur als Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital oder als geschlossene Investmentkommanditgesellschaft ausgestaltet werden; Anteile an diesen Gesellschaften sind dann gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 5 KWG Finanzinstrumente.
Bei ausländischen Personengesellschaften gilt das oben (Punkt 2 b aa [1]) zu den ausländischen juristischen Personen Ausgeführte entsprechend. Daher gilt, dass im Einzelfall mittels einer funktionalen Betrachtung unter Berücksichtigung der besonderen Belange des Anlegerschutzes zu prüfen ist, ob die Anteile auf den verschiedenen Finanzplätzen eine Funktion haben, die den Anteilen an deutschen Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien vergleichbar ist.
bb) Vermögensanlagen
Durch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagen- und Vermögensanlagenrechts wurde der Begriff des Finanzinstruments in § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG insofern erweitert, als seit dessen überwiegendem Inkrafttreten am 1. Juni 2012 auch Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 VermAnlG mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 GenG Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG sind.
Nach § 1 Abs. 2 VermAnlG sind Vermögensanlagen nicht in Wertpapiere im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) verbriefte und nicht als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB ausgestaltete
- Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren,
- Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen),
- partiarische Darlehen,
- Nachrangdarlehen,
- Genussrechte,
- Namensschuldverschreibungen und
- sonstige Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen,
Anlagen, die im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen
a) eine Verzinsung und Rückzahlung,
b) eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen,
c) einen vermögenswerten Barausgleich oder
d) einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen gewähren oder in Aussicht stellen,
sofern die Annahme der Gelder nicht als Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB ist Investmentvermögen jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Näheres kann dem „Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des Investmentvermögens“ entnommen werden.
(1) Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren
Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, sind beispielsweise Anteile an Personenhandelsgesellschaften, Anteile an BGB-Gesellschaften, Anteile an Partnerschaften, Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie die Anteile an bestimmten Vermögensmassen dieser Gesellschaften sowie die entsprechenden Beteiligungen an ausländischen Unternehmen sowie stille Beteiligungen an den genannten Gesellschaften.
Personenhandelsgesellschaften sind offene Handels- und Kommanditgesellschaften (OHG, KG). Ob es sich um eine Außen- oder Innengesellschaft bürgerlichen Rechts handelt, ist für die Tatbestandsmäßigkeit ohne Bedeutung.
Die Anteile im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG müssen nicht direkt gehalten werden; es ist ausreichend, wenn sie über einen Treuhänder vermittelt gehalten werden. Damit sind auch Anteile an geschlossenen Fonds in Form einer Kommanditgesellschaft erfasst.
Partiarische Darlehen fallen nicht unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG, sondern unter § 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG.
(2) Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet
§ 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG erfasst Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen). Dabei reicht es aus, dass Sach- oder Rechtegesamtheiten in der Person eines Treuhänders zusammengefasst werden, ohne dass diese Gesamtheit als Unternehmen oder als Segment eines Unternehmens im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG zu qualifizieren ist. Der Tatbestand erfasst auch die Konstruktionen, in denen zwar ein Unternehmen besteht, der Anleger jedoch zu ihm weder gesellschaftsrechtlich noch schuldvertraglich in Verbindung tritt. Die Tatbestände des § 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VermAnlG können nebeneinander zur Anwendung kommen.
(3) Partiarische Darlehen
Seit den seit dem 10. Juli 2015 geltenden Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz sind partiarische Darlehen Vermögensanlagen. Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung führt aus (BT-Drs. 18/3994, Seite 38):
„Durch die Änderung des Absatzes 2 werden bestehende Umgehungsstrukturen erfasst, indem erstmals auch partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen sowie sämtliche wirtschaftlich vergleichbare Vermögensanlagen in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen werden, sofern sie nicht als Einlagengeschäft im Sinne des Kreditwesengesetzes anzusehen sind.“
(4) Nachrangdarlehen
Auch Nachrangdarlehen sind auf Grund der Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz Vermögensanlagen (siehe oben Punkt 2 b bb [3]).
(5) Genussrechte
Genussrechte, die als Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG zu qualifizieren sind, sind seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagen- und Vermögensanlagenrechts am 1. Juni 2012 Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG.
Genussrechte sind nicht gesellschaftsrechtlich begründete Ansprüche gegen die Gesellschaft, die dem Inhaber auf der Basis einer schuldrechtlichen Vereinbarung neben einer Verzinsung weitere Rechte gewähren sollen, die typischerweise einem Gesellschafter (des Emittenten des Genussrechts) kraft des einschlägigen Gesellschaftsrechts zustehen; im Gegenzug sind Genussrechte im Falle der Insolvenz oder der Liquidation des Emittenten nachrangig zu bedienen. Genussrechte können wie andere nichtmitgliedschaftlich begründete Ansprüche vermögensrechtlichen Inhalts auch als Order- oder Rektaschuldverschreibungen verbrieft werden.
Soweit Genussrechte verbrieft sind, ob als Rekta-, Order- oder Namenspapier, handelt es sich um Genussscheine, die Schuldtitel im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG sind (siehe unten unter Punkt 2 b cc). Auf eine zusätzliche Qualifikation als Finanzinstrumente unter § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG kommt es dann regelmäßig nicht mehr an.
Soweit Genussrechte nicht als Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG und damit als Finanzinstrument im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG zu qualifizieren sind, sind sie – sofern die allgemeinen Anforderungen an die Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit gegeben sind – als Schuldtitel und damit als Finanzinstrument im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG einzustufen.
(6) Namensschuldverschreibungen
Namensschuldverschreibungen, die als Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 VermAnlG zu qualifizieren sind, stellen seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagen- und Vermögensanlagenrechts am 1. Juni 2012 Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG dar.
(7) Sonstige Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen
Die sonstigen Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen, sind auf Grund der Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz Vermögensanlagen (siehe oben Punkt 2 b bb [3]). Hiervon können z. B. Direktinvestments oder der Verkauf von (Teil-) Kreditforderungen erfasst sein.
(8) Anlagen, die im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen eine Verzinsung und Rückzahlung, eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen, einen vermögenswerten Barausgleich oder einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen gewähren oder in Aussicht stellen
Eine Vermögensanlage liegt auch dann vor, wenn Anbieter entsprechend die Herausgabe von Edelmetallen nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit mitsamt einer Rendite gewähren oder in Aussicht stellen. Erfasst sind daher nur solche Edelmetalle, denen eine Monetisierungsfunktion und damit eine geldähnliche Bedeutung zukommt. Dies sind neben Gold die handelsüblichen, bei Banken und Edelmetallhändlern handelbaren Edelmetalle mit Finanz- oder Kapitalmarktbezug, insbes. Silber, Platin, Palladium, Kupfer, Iridium und Rhodium, denen in Abgrenzung zu Schmuck oder an-deren Sachgütern eine gesteigerte Investmentkomponente zukommt, liegt der Schwerpunkt auf der dem physischen Rohstoff immanenten Sachwert und der Eigenschaft als werterhaltendes Geldmedium. Erfasst sind indes auch solche Anlagemodelle, bei denen Edelmetalle bereits zu Beginn oder anlässlich der Transaktion gekauft und erst später ausgekehrt werden.
(9) kein Betreiben des Einlagengeschäfts
Die Annahme der Gelder auf Grund der Vermögensanlagen darf nicht als Betreiben des Einlagengeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren sein, siehe hierzu das unter „www.bafin.de“ abrufbare „Merkblatt Einlagengeschäft“. Ein Unternehmen, das das Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG betreibt, steht grundsätzlich bereits als Kreditinstitut unter Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG.
cc) Schuldtitel
§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG zählt Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und diesen Schuldtiteln vergleichbare Rechte, die ihrer Art nach auf den Kapitalmärkten handelbar sind, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, sowie Hinterlegungsscheine, die diese Schuldtitel vertreten, auf. Schuldtitel sind standardisierte und handelbare schuldrechtliche Ansprüche vermögensrechtlichen Inhalts.
(1) Inhaberschuldverschreibungen
Das KWG geht grundsätzlich davon aus, dass Inhaberschuldverschreibungen Schuldtitel im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG sind. Die Inhaberschuldverschreibung wird in § 793 Abs. 1 BGB definiert und in den §§ 792 bis 807 BGB geregelt, woran die Regelung des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG anknüpft. Der Aussteller der Inhaberschuldverschreibung verspricht dem Inhaber der Urkunde, deren Ausstellung für die Inhaberschuldverschreibung konstitutiv ist, eine Leistung. Regelmäßig werden Inhaberschuldverschreibungen als Teil einer Serie identischer Anlageinstrumente emittiert.
Eine Ausnahme davon, dass Inhaberschuldverschreibungen Schuldtitel im Sinne des KWG sind, liegt dann vor, wenn Inhaberschuldverschreibungen wie eine Namensschuldverschreibung oder ein Darlehen so individuell auf den Gläubiger zugeschnitten werden, dass sie sich nicht mehr mit anderen Inhaberschuldverschreibungen desselben Emittenten zu einer Gattung zusammenfassen lassen. Dies ist zwanglos möglich, da das in der Inhaberschuldverschreibung verbriefte Leistungsversprechen so frei gestaltbar wie ein sonstiges Leistungsversprechen nach § 241 BGB ist. In diesem Fall ist die Inhaberschuldverschreibung zwar noch handelbar, es mangelt für die Einordnung als Schuldtitel jedoch an der erforderlichen Standardisierung. Dann ist dem Schuldner folgerichtig auch die Berufung auf die Bereichsausnahme für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen im Tatbestand des Einlagengeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu versagen, so dass er bei der Ausgabe von auf den einzelnen Investor individuell zugeschnittenen Inhaberschuldverschreibungen grundsätzlich als Kreditinstitut unter Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG steht.
(2) Orderschuldverschreibungen
Bei einer Orderschuldverschreibung ist die mit ihr verbriefte versprochene Leistung an eine in der Urkunde namentlich benannte Person oder an deren Order zu erbringen. Berechtigt ist grundsätzlich die in der Urkunde bestimmte Person oder - im Fall der Weitergabe durch Indossament - der in der Urkunde durch eine ununterbrochene Indossamentenkette als Berechtigter ausgewiesene Indossatar.
Orderschuldverschreibungen sind Schuldtitel und damit Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG.
(3) Schuldscheindarlehen
Schuldscheindarlehen, die nach forderungsrechtlichen Grundsätzen übertragen werden, sind keine Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG. Allerdings ist zu beachten, dass Schuldscheindarlehen, deren Fälligkeit bei der Emission maximal 397 Tage beträgt, als Geldmarktinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 6 KWG und damit als Finanzinstrumente zu qualifizieren sind.
(4) Zahlungsinstrumente
Es darf kein Zahlungsinstrument gegeben sein, da die Vorschrift nur Finanzinstrumente erfassen will. Zahlungsmittel, also Instrumente, mit denen eine Zahlung bewirkt werden soll, und auch sonstige Instrumente, mit denen bestimmungsgemäß ein Zahlungsvorgang eingeleitet wird, sind keine Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG. Daher unterfallen Zahlungsmittel wie Bar- und Buchgeld, elektronisches Geld, Einkaufsgutscheine sowie Komplementärwährungen und Schecks als Zahlungsinstrumente nicht dem Finanzinstrumentebegriff des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG (siehe zu Komplementärwährungen aber unten Punkt 2 b gg und ii) .
(5) Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten
Für Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten, gelten die Ausführungen zu Hinterlegungsscheinen, die Aktien vertreten (siehe oben, Punkt 2 b aa [2]), entsprechend.
(6) Besondere Typen von Schuldtiteln
(a) Anleihen des Bundes und der Länder
Anleihen des Bundes und der Länder in Form von Sammelschuldbuchforderungen sind als Schuldtitel und damit Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG einzuordnen. Dies schließt die Schatzanweisungen des Bundes und der Länder ein.
(b) Erneuerungsscheine
Erneuerungsscheine sind Urkunden, die zum Empfang neuer Zins- und Gewinnanteilscheine berechtigen und die nicht dazu bestimmt sind, als solche selbständig in Umlauf gebracht zu werden. Wenn Erneuerungsscheine auch lediglich Legitimationspapiere sind, so stehen sie doch funktional den Aktien, Schuldtiteln oder sonstigen Rechten, die sie vertreten, gleich. Daher sind sie als Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG einzustufen.
(c) Zinsscheine
Zinsscheine sind „Bezugsmittel“ der in einem Hauptpapier in Aussicht gestellten Zinsen; sie sind unabhängig von der Haupturkunde zum Umlauf bestimmt und insoweit Finanzinstrumente gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG.
dd) sonstige Rechte
§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 4 KWG erfasst sonstige Rechte, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Rechten nach den Nrn. 1 und 3 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von solchen Rechten, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird.
Unter die Regelung des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 4 KWG fallen alle Formen von Optionen, soweit sie standardisiert sind (nicht standardisierte Optionen erfüllen den Tatbestand des § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG), also namentlich Optionsscheine, die anhand der in § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 1 und 3 KWG genannten Finanzinstrumente oder Referenzwerte bestimmt werden und die materiell Schuldverschreibungen - zumeist Inhaberschuldverschreibungen - im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG sind. Zu den standardisierten Optionen gehören z.B. Schuldverschreibungen mit Options- oder Wandlungsrechten auf Aktien, Optionsscheine und Papiere, die zu einer Barzahlung führen, wobei die Höhe der Zahlung in Abhängigkeit von Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird. Als solche anderen Messgrößen kommen zum Beispiel Preise von Rohstoffen, Gas oder Strom in Betracht.
Unter § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 4 KWG fallen auch Aktienanleihen, Doppelwährungsanleihen und Inflationsanleihen.
ee) Anteile an Investmentvermögen
§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 5 KWG zählt Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB auf. Danach ist Investmentvermögen jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operatives Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Eine Anzahl von Anlegern ist dabei gegeben, wenn die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des Organismus für gemeinsame Anlagen die Anzahl möglicher Anleger nicht auf einen Anleger begrenzen.
Diese Begriffsbestimmung definiert Investmentvermögen als Überbegriff für alle Fonds unabhängig von ihrer Rechtsform und unabhängig davon, ob es sich um offene oder geschlossene Fonds handelt. Investmentvermögen sind damit sowohl Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) als auch alternative Investmentfonds (AIF). Der Begriff umfasst inländische OGAW und EU-OGAW ebenso wie inländische AIF, EU-AIF und ausländische AIF. Nach § 1 Abs. 2 KAGB sind OGAW Investmentvermögen, die die Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) erfüllen. AIF sind nach § 1 Abs. 3 KAGB alle Investmentvermögen, die keine OGAW sind. Nach § 1 Abs. 4 KAGB sind offene Investmentvermögen OGAW und AIF, deren Anleger oder Aktionäre mindestens einmal pro Jahr das Recht zur Rückgabe gegen Auszahlung ihrer Anteile oder Aktien aus dem AIF haben; Mindesthaltefristen und die Möglichkeit der Aussetzung oder Beschränkung der Rücknahme der Anteile oder Aktien werden hierbei nicht berücksichtigt. Geschlossene AIF sind alle AIF, die keine offenen AIF sind (§ 1 Abs. 5 KGB).
Damit sind alle vorgenannten Investmentanteile von der Vorschrift erfasst und stellen Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG dar.
ff) Geldmarktinstrumente
Geldmarktinstrumente sind gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Satz 3 KWG Instrumente im Sinne des Art. 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (delegierte Verordnung [EU] 2017/565) mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten.
Art. 11 der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 lautet:
„Zu den Geldmarktinstrumenten gemäß Artikel 4 Absatz 1 Ziffer 17 der Richtlinie 2014/65/EU gehören Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige Instrumente mit im Wesentlichen den gleichen Merkmalen, soweit sie die folgenden Eigenschaften aufweisen:
a) ihr Wert kann jederzeit bestimmt werden;
b) es handelt sich nicht um Derivate;
c) ihre Fälligkeit bei der Emission beträgt maximal 397 Tage.“
Geldmarktinstrumente sind beispielsweise kurzfristige Schuldscheindarlehen, Finanzierungs-Fazilitäten, also rechtsverbindliche Absprachen zwischen Kreditinstituten und Geschäftskunden, die ihren Finanzierungsbedarf revolvierend durch die Emission von kurz- und mittelfristigen Schuldtiteln decken wollen, Finanz-Swaps, Schatzwechsel und -anweisungen (treasury bills), commercial papers, also verbriefte Forderungen mit kurzer Laufzeit, die vornehmlich von größeren Unternehmen unter Vermittlung von Kreditinstituten emittiert und bei institutionellen Anlegern platziert werden (treasury bills und commercial papers sind auch Schuldtitel im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 3 KWG), Einlagenzertifikate (certificates of deposit), Forderungen, die von Kreditinstituten emittiert werden, Euronotes, Wertpapier-Pensionsgeschäfte und Repurchase Agreements (letztere beide sind wegen der Termingeschäftskomponente auch Derivate gemäß § 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 1 KWG).
Tagesgelder, Termingelder und Sparbriefe mit Ursprungslaufzeiten von bis zu 397 Tagen sind Geldmarktinstrumente, wenn sie für den Handel ausgelegt sind.
gg) Devisen und Rechnungseinheiten
Nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG sind Devisen und Rechnungseinheiten Finanzinstrumente.
Als Devisen im Sinne des KWG sind - das KWG definiert Devisen nicht selbst - auf fremde Währung lautende ausländische Zahlungsmittel mit Ausnahme von Sorten, vor allem Bankguthaben in Fremdwährung, aber auch Wechsel, Schecks und Zahlungsanweisungen. Sorten gehören als Bargeld nicht zu den Devisen.
Den Devisen sind Rechnungseinheiten, die keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind, gleichgestellt. Dies sind beispielsweise Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) - eine Art Kunstwährung, die sich aus einem Korb verschiedener Währungen zusammensetzt - oder privatrechtlich ausgegebene Komplementärwährungen wie Regionalwährungen, namentlich Bitcoins und andere digitale Zahlungsmittel, insbesondere auch E-Geld (siehe dazu auch unten Punkt 2 b ii); auf eine Vorauszahlung wie bei der Abgrenzung des E-Geld-Geschäfts nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) kommt es dabei nicht an. Die währungsrechtliche Zulässigkeit solcher „Nebengelder“ ist für die Einstufung als Finanzinstrument im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG unerheblich.
hh) Emissionszertifikate
Berechtigungen nach § 3 Nr. 3 des TEHG, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nr. 20 ProMechG und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2 Nr. 21 ProMechG, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate), sind nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 9 KWG Finanzinstrumente.
ii) Kryptowerte
§ 1 Abs. 11 Satz 4 und 5 KWG lautet: „Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann. Keine Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind
1. E-Geld im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder
2. ein monetärer Wert, der die Anforderungen des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllt oder nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes eingesetzt wird.“
§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 10 KWG ist als Auffangtatbestand konzipiert, da Kryptowerte auf Grund ihrer vielfältigen Ausgestaltungen bereits unter eine der anderen Kategorien von Finanzinstrumenten des § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG, etwa die Rechnungseinheiten, fallen können. Gleichzeitig sind die be-stehenden Kategorien nicht ausreichend, um alle potentiellen Anwendungs-fälle von virtuellen Währungen abzudecken. Die Definition der Kryptowerte umfasst neben Token mit Tausch- und Zahlungsfunktion, die bisher schon als Rechnungseinheiten im Sinne von § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG erfasst sind, (siehe dazu auch oben Punkt 2 b gg) auch zur Anlage dienende Token, z. B. sog. Security Token und Investment Token, die ggf. auch als Schuldtitel, Vermögensanlage oder Investmentvermögen nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 2, 3 und 5 KWG einzustufen sein können. Zu weiteren Einzelheiten siehe das auf der Homepage der BaFin abrufbare Merkblatt „Hinweise zum Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG)“.
jj) Schwarmfinanzierungsinstrumente
Nach Art. 2 Abs. 1 lit. a Nr. ii Schwarmfinanzierungs-VO kommen bei anlagebasierten Schwarmfinanzierungen übertragbare Wertpapiere im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID 2 sowie für Schwarmfinanzierungszwecke zugelassene Instrumente nach Art. 2 Abs. 1 lit. n Schwarmfinanzierungs-VO als Vermittlungsgegenstand in Betracht.
Für Schwarmfinanzierungszwecke zugelassene Instrumente sind nach Art. 2 Abs. 1 lit. n Schwarmfinanzierungs-VO Anteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die keinen Beschränkungen unterliegen, durch die eine Übertragung der Anteile effektiv verhindert würde, einschließlich Beschränkungen der Art und Weise, wie diese Anteile öffentlich angeboten oder beworben werden dürfen.
Während die übertragbaren Wertpapiere unter § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 1 und 3 KWG fallen, sind für Schwarmfinanzierungszwecke zugelassene Instrumente vom Katalog der Finanzinstrumente bislang nicht erfasst gewesen.
3. Übergangsregelung
Eine Übergangsvorschrift wegen der Einführung der Schwarmfinanzierungsinstrumente existiert nicht.
4. Hinweise und Anschriften
Dieses Merkblatt enthält grundlegende Informationen zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nrn. 1 bis 7 und 9 sowie 10 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten, Emissionszertifikate, Kryptowerte und Schwarmfinanzierungsinstrumente). Es erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller den Tatbestand betreffenden Fragen und ersetzt insbesondere nicht die einzelfallbezogene Erlaubnisanfrage an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank.
Für eine abschließende Beurteilung möglicher Erlaubnispflichten im Einzelfall wird eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen benötigt.
Hinsichtlich aller Angaben sind die Bediensteten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 9 KWG).
Ob ein Unternehmen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1, Abs. 1a KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die
Kontakt:Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Abteilung Integrität des Finanzsystems (IF)
Graurheindorfer Straße 108
53117 Bonn
Telefon: +49 (0) 228 / 4108 - 0
Fax: + 49 (0) 228 / 4108 - 1550
E-Mail: poststelle@bafin.de
Homepage: https://www.bafin.de
Ob es sich bei einem Finanzinstrument um eine Vermögensanlage im Sinne des Vermögensanlagegesetzes handelt, entscheidet die
Kontakt:Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Referat WA 54
Marie-Curie-Straße 24 - 28
60439 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (0) 228 / 4108 - 0
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Falls Sie zu diesem Merkblatt weitere Fragen haben, steht es Ihnen auch frei, sich an die für Sie zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank zu wenden. Das hat für Sie den Vorteil, dass die Hauptverwaltung vor Ort mit den Verhältnissen in der Region vertraut ist. In Zweifelsfällen wird die Hauptverwaltung Ihre Frage mit einer Stellungnahme an die Bundesanstalt weiterleiten:
Für Berlin und Brandenburg:
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Berliner Allee 14
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Fax: (0211) 8 74 - 36 35
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Für die Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein:
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Straße des 18. Oktober 48
04103 Leipzig
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Fax: (0341) 8 60 - 25 99
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55122 Mainz
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