Erscheinung:16.08.2011, Stand:geändert am 04.07.2018 | Thema Erlaubnispflicht Hinweise zur Bereichsausnahme des so genannten Konzernprivilegs nach KWG
Inhalt
Merkblatt
(Stand: Juli 2018)
1. Einführung
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) gelten Unternehmen, die Bankgeschäfte ausschließlich mit Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen betreiben, nicht als Kreditinstitute.
Nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 KWG gelten Unternehmen, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG ausschließlich für ihre Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen erbringen, nicht als Finanzdienstleistungsinstitute.
Die betroffenen Unternehmen bedürfen keiner Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG.
2. Umfang der Bereichsausnahme
a) Einleitung
Bis zur Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz - FRUG) hatte die Bereichsausnahme für Finanzdienstleistungsinstitute in § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 KWG die gleiche Formulierung wie die Bereichsausnahme für Kreditinstitute in § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG. Nach Inkrafttreten des FRUG galten gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 KWG Unternehmen, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG „ausschließlich innerhalb der Unternehmensgruppe“ erbrachten, nicht als Finanzdienstleistungsinstitute. Mit dieser Änderung sollte die bisherige Rechtslage betreffend das so genannte Konzernprivileg für Finanzdienstleistungsinstitute nicht geändert werden[1].
Durch das Zweite Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. FiMaNoG) wurde der Wortlaut des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 7 KWG dem des § 2 Abs. 1 Nr. 5 KWG wieder weitgehend angeglichen[2]. Ein unterschiedlicher Anwendungsbereich der Vorschriften folgt aus der sprachlichen Divergenz („mit … betreiben“ bzw. „für … erbringen“) nicht.
Die Regelung beruhte ursprünglich auf Art. 2 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (WDRL) und später auf Art. 2 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (MiFID), heute auf Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (MiFID 2).
b) Aktuelle Definition
Die Definition von Mutter- und Tochterunternehmen ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Nrn. 15 und 16 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 648/2012 (CRR) in Verbindung mit Artt. 22 und 23 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (Bilanz-RL)[3].
Art. 4 Abs. 1 Nrn. 15 lit. a und 16 Satz 1 lit. a CRR in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 Bilanz-RL stellen für die Definition der Begriffe des Mutter- und Tochterunternehmens darauf ab, ob ein Unternehmen, das Mutterunternehmen, das andere Unternehmen, das Tochterunternehmen, auf gesellschafts- oder vertragsrechtlicher Grundlage beherrscht. In Betracht kommen hier beispielsweise Fälle, in denen
- das Mutterunternehmen die Mehrheit der Anteile an dem Tochterunternehmen hält,
- ihm die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zustehen,
- es das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, wenn es gleichzeitig Gesellschafter des Tochterunternehmens ist, oder
- Mutter- und Tochterunternehmen einen entsprechenden Beherrschungsvertrag abgeschlossen haben.
Daneben sind Mutter- bzw. Tochterunternehmen nach Art. 4 Abs. 1 Nrn. 15 lit. b und 16 Satz 1 lit. b CRR solche, die tatsächlich einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben bzw. auf die ein Mutterunternehmen tatsächlich einen beherrschenden Einfluss ausübt.
Art. 4 Abs. 1 Nrn. 15 lit. a und 16 Satz 1 lit. a CRR in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 Bilanz-RL gestattet, auch Unternehmen zu (konsolidierungspflichtigen) Tochterunternehmen zu erklären, wenn das Mutterunternehmen über sie die Kontrolle ausüben kann oder tatsächlich ausübt, und erfasst damit Sachverhalte rein tatsächlicher wirtschaftlicher Abhängigkeit[4].
Gleichordnungskonzerne fallen damit nicht unter die Bereichsausnahme.
Tochterunternehmen von Tochterunternehmen („Enkelunternehmen“) gelten nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 16 Satz 2 CRR als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens.
Schwesterunternehmen sind nach § 1 Abs. 7 KWG Unternehmen, die ein gemeinsames Mutterunternehmen haben.
Auf die Rechtsform und den Sitz der Unternehmen kommt es nicht an; Mutterunternehmen kann somit insbesondere auch eine natürliche Person sein.
c) Frühere Definition
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28. August 2013[5] am 01. Januar 2014 wurden nicht nur Schwesterunternehmen in § 1 Abs. 6 und 7 KWG definiert, sondern auch Mutter- und Tochterunternehmen.
- Mutterunternehmen waren nach § 1 Abs. 6 KWG Unternehmen, die als Mutterunternehmen im Sinne des § 290 HGB galten oder die einen beherrschenden Einfluss ausüben konnten, ohne dass es auf die Rechtsform und den Sitz ankam. Mutterunternehmen konnte somit insbesondere auch eine natürliche Person sein.
- Tochterunternehmen waren nach § 1 Abs. 7 Satz 1 KWG Unternehmen, die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 HGB galten oder auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden konnte, ohne dass es auf die Rechtsform und den Sitz ankam.
In der Regierungsbegründung zum CRD IV-Umsetzungsgesetz wurde zur Streichung von § 1 Abs. 6 und 7 Satz 1 KWG ausgeführt, dass diese gestrichen worden seien, da sich die Begriffsbestimmungen nunmehr inhaltlich identisch aus Art. 4 CRR ergäben[6]. Mithin ist eine materielle Änderung der Rechtslage mit der Streichung der Definitionen aus dem KWG und dem Verweis auf die CRR nicht verbunden.
d) Kombinierbarkeit der Bereichsausnahme
Das Konzernprivileg ist gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 7 KWG kombinierbar mit der Bereichsausnahme für die Verwaltung eines Systems von Arbeitnehmerbeteiligungen in § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 6 KWG.
3. Hinweise und Anschriften
Dieses Merkblatt enthält grundlegende Informationen zur Bereichsausnahme des so genannten Konzernprivilegs nach dem KWG. Es erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller die Tatbestände betreffenden Fragen und ersetzt insbesondere nicht die einzelfallbezogene Erlaubnisanfrage an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) oder zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank.
Für eine abschließende Beurteilung möglicher Erlaubnispflichten im Einzelfall wird eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen benötigt.
Hinsichtlich aller Angaben sind die Bediensteten der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 9 KWG).
Ob ein Unternehmen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die
Kontakt:Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Abteilung Integrität des Finanzsystems (IF)
Graurheindorfer Straße 108
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Fußnoten
[1] Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz), BT-Drs. 16/4028, S. 91
[2] Vgl. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. FiMaNoG), BR-Drs. 813/16, S. 310.
[3] Der Verweis in Art. 4 Abs. 1 Nrn. 15 und 16 CRR auf Artt. 1 und 2 der Siebten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13.06.1983 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 lit. g des Vertrages über den konsolidierten Abschluss ist, da diese Richtlinie durch die Bilanz-RL ersetzt wurde, als Verweis auf Artt. 22 und 23 der Bilanz-RL zu verstehen.
[4] Vgl. hierzu auch § 290 Abs. 2 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB).
[5] BGBl. I 2013, Seite 3395 ff.
[6] BT-Drs. 17/10974, Seite 70.