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Erscheinung:08.01.2009, Stand:geändert am 03.04.2020 | Thema Erlaubnispflicht Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Garantiegeschäfts

Merkblatt Garantiegeschäft

(Stand: April 2020)

Hinweis: Ersetzt das Merkblatt vom Januar 2009

1. Der Tatbestand des Garantiegeschäfts

Der Avalkredit oder die Kreditleihe, in der Terminologie des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) das Garantiegeschäft, gehört in seinem Kernbereich zu dem althergebrachten (traditionellen) Geschäft der Banken. In einer typischen Konstellation gewährt A dem C einen Kredit, nach-dem die Bank B dem A die getreuliche Rückführung des Kredits verbürgt. A will sich nicht darauf verlassen müssen, dass C in der Lage sein wird, die Schuld bei Fälligkeit zu bedienen. Auf die staatlich beaufsichtigte Bank B kann er sich verlassen. B leiht dem C ihre Kreditwürdigkeit und gibt ihm so Kredit, ohne dass sie dafür selbst Liquidität bereitstellen muss; sie kann die entsprechenden Mittel anderweitig ausleihen.

Der Rechtsverkehr verlässt sich darauf, dass Unternehmen, die geschäftsmäßig Gewährleistungen für bestimmte Risiken übernehmen, seien es materiell Kreditinstitute oder Versicherungsnehmen, zuverlässig sind und die erforderliche Vorsorge treffen, um ihre Zusagen einzulösen. Staatlich beaufsichtigte Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen bieten diese Gewähr. Das Gesetz stellt deshalb diese Art von Geschäft als Garantiegeschäft bzw. Versicherungsgeschäft unter Erlaubnisvorbehalt.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG definiert das Garantiegeschäft als Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere.

Der Tatbestand des Garantiegeschäfts ist demnach erfüllt, wenn:

  • Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistungen

  • für andere übernommen werden.

Bei dem Garantiegeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG geht es im Kern immer um den Abschluss einer rechtsverbindlichen Vereinbarung, auf deren Grundlage der Bürge oder anderer Gewährleister (Avalkreditgeber) einem anderen (Begünstigter) für die Verbindlichkeit eines Dritten (Avalkreditnehmer) einsteht.

Der Zweck der Aufsicht über das Garantiegeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG liegt darin, dass der Übernehmer von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen Vorsorge treffen soll, Inanspruchnahmen aus seinem Einstandsversprechen ggfs. auch bedienen zu können. Denn darauf vertraut der durch die Bürgschaft, Garantie oder sonstige Gewährleistung Begünstigte.

Eine Notwendigkeit, Vorsorge zu treffen, besteht nicht, wenn der Gewährleistende das seinerseits Erforderliche bereits getan hat, um etwaigen Inanspruchnahmen aus der Garantie oder sonstigen Gewährleistung gerecht zu werden. Beispielhaft ist der Fall zu nennen, dass das Garantieversprechen auf eine vorhandene Barsicherheit auf einem Sperrkonto beschränkt ist oder Realsicherheiten für eine fremde Schuld bestellt werden ohne weitergehende Haftungsübernahme.

a) Bürgschaft, Garantien oder sonstige Gewährleistungen

aa) Bürgschaft

Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen, § 765 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Vertragsparteien sind in der Regel der Gläubiger der Hauptschuld und der Bürge. Der Avalkreditnehmer ist an dem Bürgschaftsvertrag selbst nicht beteiligt. Andererseits steht der Avalkreditnehmer als Person für die weitere Laufzeit des Engagements in der Regel fest, während der Begünstigte mit der Abtretung der gesicherten Forderung (Akzessorietät der Bürgschaft; die Bürgschaft ist per se nicht handelbar) wechseln kann.

Der Bürgschaftsvertrag ist jedenfalls Garantiegeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG, wenn der Schuldner der Hauptschuld nicht ausnahmsweise (wie zum Beispiel bei gemeinsamer Konzernzugehörigkeit von Bürgen und Hauptschuldner) nicht als „anderer“ im Sinne dieser Bestimmung zu qualifizieren ist. Gibt der Avalkreditgeber, statt sich dem Gläubiger der Hauptschuld (Begünstigter) für die Verbindlichkeit des Schuldners (Avalkreditnehmer) im Sinne von § 765 Abs. 1 BGB zu verbürgen, das Beistandsversprechen nur dem Schuldner, ist das Rechtsgeschäft nur unter der Voraussetzung Garantiegeschäft, dass vereinbarungsgemäß ein Dritter, wie zum Beispiel der Gläubiger der Hauptforderung bei einer Prozessbürgschaft, aus dem Rechtsgeschäft berechtigt (§ 328 Abs. 1 BGB) werden soll. Ein Beistandsversprechen gegenüber dem Hauptschuldner, aus dem weder der Gläubiger der Hauptforderung noch ein anderer Dritter berechtigt werden soll, ist nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG; ein derartiges Beistandsversprechen ist letztlich auch keine Bürgschaft im Sinne des § 765 BGB.

Die bankaufsichtsrechtliche Einstufung hängt nicht von der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts ab.

bb) Garantievertrag

Der Garantievertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG ist eine Vereinbarung, durch die sich der Garantiegeber gegenüber dem Garantienehmer verpflichtet, ganz oder teilweise für eine Gefahr einzustehen, die dem Garantienehmer aus einem Rechts- oder tatsächlichen Verhältnis mit einem Dritten entstehen kann und ihn ggf. schadlos zu stellen (Erfolgshaftung). Der Anspruch des Garantienehmers bemisst sich (der Höhe nach) nach den Grundsätzen des Schadenersatzrechts. Der Garantievertrag ist ein Vertrag sui generis, der im BGB nicht geregelt, indes nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit zulässig ist; seine Natur und Wirkungen sind aus dem Inhalt des speziellen Garantievertrags und nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen zu entwickeln. Ein besonderer Fall der Garantie ist die Patronatserklärung.

Der Garantievertrag unterscheidet sich von der Bürgschaft (§§ 765 ff. BGB) dadurch, dass der Garantiegeber nicht akzessorisch die Haftung für eine fremde Schuld, sondern die Gewähr für einen bestimmten Erfolg übernimmt oder allgemein den Ersatz eines dem Vertragspartner eventuell entstehenden Schadens verspricht. Während für die Verpflichtung des Bürgen nach § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB der jeweilige Bestand einer Hauptverbindlichkeit maßgebend ist (Akzessorietät der Bürgschaftsverpflichtung), hängt die Garantie in ihrem Bestand nicht an einer Hauptschuld. Anders als die Bürgschaft kann der Garantievertrag auch handelbar ausgestaltet werden, was in der Praxis jedoch eher selten vorkommt. Für den Tatbestand des Garantiegeschäfts ist die Differenzierung zwischen Bürgschaft und selbständigen Garantieversprechen allerdings irrelevant.

Sprachlich deckt die Garantie auch Produktgarantien ab; derartige Garantien meint § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG aber nicht, wie sich bereits aus der systematischen Stellung der Garantie in dem Satzzusammenhang ergibt. Im Kontext des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG ist eine Garantie im Sinne des Nr. 8 immer ein Einstehen für einen anderen. Produktgarantien sind keine Garantien im Sinne des Nr. 8. Garantien, die der Verkäufer über die gesetzlichen Sachmangelgewährleistungsvorschriften hinaus auf die Qualität seiner Ware gibt, werden nicht für andere gegeben. Das gleiche gilt für Garantien, die ein Dienstleister im Hinblick auf einen Mindesterfolg in geldlicher Hinsicht für seine eigene Dienstleistung gibt. Auch sonstige reine Produktgarantien (Vermietbarkeit von Wohnungen bei der Auflegung von geschlossenen Fonds, Garantien für die Rentabilität von Windparks) sowie das Einstehen für ein Wettergeschehen oder sonstiges Naturereignis sind nicht tatbestandsmäßig, solange sie sich nicht auf eine in Geld umrechenbare Verpflichtung oder ein gegebenenfalls schadenersatzpflichtiges Handeln oder Unterlassen eines anderen beziehen.

Ein gesetzlich geregelter Unterfall des Garantievertrags ist die Wechselbürgschaft (§§ 30 – 32 Wechselgesetz WG).

cc) Sonstige Gewährleistungen

Sonstige Gewährleistungen sind z.B.:

  • die Eröffnung eines Dokumentenakkreditivs durch die Importeurbank an den Importeur im grenzüberschreitenden Warenverkehr sowie die Bestätigung des Dokumentenakkreditivs durch die Exporteurbank,
  • der Kreditauftrag (§ 778 BGB),
  • der Schuldbeitritt und
  • die wechsel- und scheckmäßigen Indossamentsverpflichtungen.

Mit einem Garantievertrag hat das Akkreditiv (letter of credit) die Unabhängigkeit des Zahlungsanspruchs vom Grundgeschäft und den Grundsatz der Dokumentenstrenge gemein. Die Garantie unterscheidet sich dadurch, dass sie anders als das Akkreditiv nicht für den bargeldlosen Zahlungsverkehr gedacht ist, also anders als das Akkreditiv keine Zahlungsfunktion, sondern nur eine Sicherungsfunktion hat. Das Akkreditiv ist ein Zahlungsinstrument. Eröffnung und Bestätigung fallen unter die sonstigen Gewährleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG.

Der Schuldbeitritt ist eine sonstige Gewährleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG. Vom Schuldbeitritt (Schuldmitübernahme), bei dem ein neuer Schuldner als Gesamtschuldner neben den bisherigen Schuldner tritt, unterscheidet sich der Garantievertrag dadurch, dass die Leistungspflicht des Gewährleistenden in ihrem Inhalt und ihren Voraussetzungen nicht in jeder Hinsicht mit der Hauptschuld übereinstimmt. Als Vertragstypus setzt der Garantievertrag nicht einmal eine fremde Verbindlichkeit voraus, der Garantiegeber verspricht, für einen bestimmten wirtschaftlichen Erfolg einzutreten, z. B. für den Eingang einer Zahlung. Anders als die befreiende Schuldübernahme, bei der der ursprüngliche Schuldner aus der Schuld entlassen wird, fällt die Schuldmitübernahme unter § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG, sofern die Partei, deren Schuld beigetreten wird, nicht ausnahmsweise nicht als anderer im Sinne des gesetzlichen Tatbestands zu qualifizieren ist.

Ein vertraglich eingeräumtes Andienungsrecht, das den Darlehensgeber bei nicht ordnungsgemäßer Bedienung des Rückzahlungs- oder Zinsanspruchs berechtigt, die Abnahme der für dieses Darlehen gestellten Sicherheiten zu einem bestimmten Kaufpreis zu verlangen, auf den sich die Parteien im Rahmen des das Andienungsrecht begründenden Vertrags geeinigt haben, wird in der Regel als sonstige Gewährleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG einzuordnen sein.

Unter Umständen kann auch der BGB-Gesellschaftsvertrag eine „sonstige Gewährleistung“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG sein, wenn es Zweck des Gesellschaftsvertrags ist, dem bestehenden Schuldner mit eventuell zweifelhafter Bonität einen Schuldner mit gutem credit-standing zur Seite zu stellen.

b) Übernahme für andere

Eine Bürgschaft, Garantie oder sonstige Gewährleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG übernimmt der Betreiber immer für die Verbindlichkeit eines anderen. Bei der Bürgschaft versteht sich das von selbst; sie ist so bürgerlich-rechtlich definiert. Bei Garantien und sonstigen Gewährleistungen folgt das aus dem Tatbestandsmerkmal der Übernahme für andere. Es kann sich dabei auch um eine künftige Verbindlichkeit handeln, die im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts noch nicht einmal dem Grunde nach feststeht. Es ist indes jedenfalls die Verbindlichkeit eines anderen oder das Tun oder Unterlassen eines anderen, für das der Betreiber einzustehen verspricht. Für eigene Verbindlichkeiten übernimmt man keine Garantie oder Gewährleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG.

Unterdessen ist nicht jeder Dritte auch ein anderer im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG. Das Geschäft, für das sich der Betreiber verbürgt, muss in jedem Fall so in seinem eigenen Interesse liegen, dass er für es einzutreten bereit ist, ohne für sein Eintreten eine Gegenleistung zu bekommen. Es muss das Grundgeschäft sein, das sein Anliegen ist. Der eigentliche Treiber darf nicht eine Gegenleistung sein, die er für die für die Stellung der Bürgschaft oder anderweitigen Gewährleistung empfängt. Die Erhebung einer Gebühr würde den Betreiber in Konkurrenz zu den zugelassenen Kreditinstituten stellen und die Disqualifikation seiner Bürgschaft oder anderweitigen Gewährleistung als Bankgeschäft grundsätzlich nicht rechtfertigen.

Es sind drei Fallgruppen anerkannt, die durch das Tatbestandsmerkmal der Übernahme für andere aus dem Garantiegeschäft scheiden:

  • Avalkreditgeber und Avalkreditnehmer stehen im selben Konzern,
  • ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grund- und Garantiegeschäft,
  • unentgeltliche Bürgschaften und sonstige Gewährleistungen, die zur Vermeidung von Lieferengpässen in vertikalen Wertschöpfungsketten zugunsten eines Lieferanten gestellt werden.

(1) Konzern

Die Bürgschaft, Garantie oder sonstige Gewährleistung, die ein Unternehmen für ein konzernangehöriges Unternehmen stellt, ist kein Garantiegeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG; diese Regelung gilt indes nur für Unterordnungskonzerne, auf Gleichordnungskonzerne ist sie nicht anwendbar. Unternehmen, die demselben Konzern angehören, wertet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) nicht als andere im Sinne des gesetzlichen Tatbestandes; das gilt auch für das Einstandsversprechen, das eine Tochtergesellschaft für die Konzernobergesellschaft gibt. Der enge wirtschaftliche, rechtlich verfestigte Verbund zwischen den Unternehmen desselben Konzerns rechtfertigt es, das Eintreten für einander nicht als Garantiegeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG zu werten. Entscheidend für dieses objektiv-teleologisch gewonnenen Ergebnisses ist der Gedanke des Interessengleichlaufs zwischen Avalkreditgeber und Avalkreditnehmer. Die Bundesanstalt unterstellt bei konzernangehörigen Unternehmen ohne Anschauung des Einzelfalls einen Interessengleichlauf, der durch die gemeinsame Obergesellschaft die Annahme rechtfertigt, Garantien für konzernangehörige Unternehmen als Avalkreditnehmer würden nicht für andere, sondern vielmehr mindestens auch gleichwertig im eigenen Interesse übernommen. In dem Ausgangsbeispiel liegt also kein Garantiegeschäft vor, wenn B und C innerhalb desselben Konzerns stehen. Stehen dagegen nur A und B innerhalb desselben Konzerns, so fiele das Geschäft gegebenenfalls nur über das Konzernprivileg (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG) aus dem Erlaubnisvorbehalt.

In besonders gelagerten Fällen, aber nur bei Feststellung eines Interessengleichlaufs, der über das in die Gesellschaft eingebrachte Kapital hinausgeht, ist eventuell auch die Bürgschaft des Mehrheitsgesellschafters für Verbindlichkeiten seiner Gesellschaft, die er sich weder von dieser noch von dem Dritten vergüten lässt, auch ohne Bestehen eines Konzernverbunds kein Garantiegeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG; bei Feststellung eines Interessengleichlaufs steht der Mehrheitsgesellschafter in erster Linie für sich selbst ein.

(2) Enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grundgeschäft und Garantiegeschäft

Keine Gewährleistung für andere liegt vor, wenn die Stellung der Garantie mit einem anderen Geschäft (Grundgeschäft) in einem so engen wirtschaftlichen Zusammenhang steht, dass von einer selbstständigen Gewährleistung nicht mehr gesprochen werden kann. Der wirtschaftlich bedeutsamste Fall ist, dass ein Unternehmen im Rahmen der Veräußerung eines Forderungsbestandes, z. B. bei einer Asset Backed Securities-Transaktion, dem Käufer verspricht, für einen Ausfall der Forderungen bis zu einem bestimmten Vomhundertsatz des Forderungsvolumens einzustehen. Wirtschaftlich übernimmt der Garantiegeber hier kein fremdes Risiko, er behält lediglich einen Teil des Risikos, dessen er sich grundsätzlich mit dem Verkauf entledigen will, zurück; ein solcher Sachverhalt fällt nicht unter § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG.

Einem hinreichend engen wirtschaftlichen Zusammenhang, so dass von einer selbstständigen Gewährleistung nicht mehr gesprochen werden kann, sieht die Bundesanstalt auch bei Haftungsversprechen, die zur Befriedigung eigener Ansprüche gegeben werden, wie zum Beispiel bei der Haftung des Kfz-Händlers, der der Bank die Rückzahlung des Kredits verbürgt, die diese dem Käufer des Kfz für die sofortige Regulierung des Kaufpreises gewährt. In dieser Konstellation ist der Händler, der sich für die Rückführung des Kredits verbürgt, nicht als anderer im Sinne des Garantiegeschäftstatbestands zu werten. Dank des Darlehens, für dessen Bereitstellung der Händler mit seiner Bürgschaft sorgt, fließt ihm der Kaufpreis sogleich zu, statt erst über die Zeit in Raten. Ohne das Bankdarlehen hätte der Händler mit dem Käufer eine Ratenzahlung vereinbaren und diesen Warenkredit seinerseits durch die Aufnahme eines Darlehens refinanzieren müssen.

Im Einzelfall lässt sich ein hinreichend enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grund- und Garantiegeschäft auch dann begründen, wenn der Bürge selbst Partei eines industriellen Großvorhabens (joint venture) ist, an dessen Errichtung mehrere selbständige Unternehmen beteiligt sind und das herausragende Unternehmen über seinen eigenen Erstellungsbeitrag hinaus auch für die Verbindlichkeiten der anderen Verpflichteten einstehen soll. Ein in der Praxis sehr relevanter Fall ist die Lieferung und der Aufbau von Produktionsanlagen und Infrastruktureinrichtungen in anderen Staaten durch ein deutsches Unternehmen im Wege eines joint venture mit Unternehmen aus anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder aus Drittstaaten. Es ist üblich, dass der ausländische Staat als öffentlicher Auftraggeber auf die Stellung von Garantien für die anderen Beteiligten besteht, wenn das deutsche Unternehmen einen wesentlichen Anteil an dem Auftrag übernehmen soll; Art 63 Abs. 1 Unterabs. 3 RL 2014/24/EU sieht diese Möglichkeit der Eignungsleihe ausdrücklich vor. Eine entsprechende Regelung für die Eignungsleihe bei öffentlichen Aufträgen trifft § 47 Abs. 3 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV). Die Stellung der Garantien ist dann Bedingung für den Zuschlag. In letzter Konsequenz gibt das deutsche Unternehmen die Garantien, um das Geschäft mit seiner Beteiligung überhaupt zustande kommen zu lassen. Jedenfalls für den Rahmen, den diese Bestimmungen abbilden, sind derartige von der öffentlichen Hand verlangte Garantien nicht als Garantiegeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG zu werten.

Es genügt indes nicht jedes Interesse, das der Gewährleistende an dem zu sichernden Grundgeschäft haben mag. Insbesondere ist die Übernahme des Delkredere durch einen Kreditvermittler für die von ihm vermittelten Geschäfte eine echte Gewährleistung für andere im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG. Zwar dürfte der Kreditvermittler ohne die Übernahme des Delkredere den Kredit nicht vermittelt haben; das Interesse des Kreditvermittlers an dem abzusichernden Grundgeschäft geht indessen nicht über die Vermittlungsgebühr hinaus. Die Darlehensvaluta fließt ihm anders als im Fall des Teilzahlungshändlers nicht zu.

Jedes entferntere, insbesondere auch nur mittelbare Interesse, das der Gewährleistende an dem zu sichernden Grundgeschäft hat, genügt danach nicht, um ein Garantiegeschäft auszuschließen. Folglich fällt auch ein Baumaterialienlieferant, der den Verbindlichkeiten des Bauherrn gegenüber den Bauhandwerkern beitritt, um dadurch das Voranschreiten des Bauwerks und damit die Werthaltigkeit seiner eigenen Forderungen an den Bauherrn zu sichern, unter den Tatbestand des Garantiegeschäfts. Anders als bei dem Beispiel mit der vertikalen Wertschöpfungskette sichert der Baumaterialienlieferant nicht seine Zulieferung ab, ohne die er sein Geschäft nicht betreiben könnte. Das Interesse des Baumaterialienlieferanten an der Sicherung seiner Absatzmöglichkeiten ist zu fernliegend, um einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Grundgeschäft und Absicherungsgeschäft zu konstruieren. Die für das Gegenteil gern bemühte Aussage des OVG Berlin aus dem Jahre 1966 fiel in einem obiter dictum. Das Beispiel des Baumaterialienlieferanten zog das OVG lediglich heran, um das Tatbestandsmerkmal der Übernahme für andere abzugrenzen. Das OVG bestätigte damals im Anschluss an die Vorinstanz die angefochtene Maßnahme der Behörde. Auf das obiter dictum kam es für die Entscheidung damals nicht an, es ging nicht um die Lieferung von Baumaterialien, das Gericht erkannte auf Garantiegeschäft und bestätigte die Verfügung der Behörde.

(3) unentgeltliche Bürgschaften und sonstige Gewährleistungen, die zur Vermeidung von Lieferengpässen in vertikalen Wertschöpfungsketten zugunsten eines Lieferanten gestellt werden

Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind oft von einzelnen hochspezialisierten Zulieferern abhängig, und deren Ausfälle sind selbst mittelfristig kaum zu kompensieren. Werden innerhalb von vertikalen Wertschöpfungsketten durch Liquiditätsengpässe Lieferungen unterbrochen, kann dies sehr schnell auch bei dem Abnehmer zu einem Produktionsstopp führen. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten kann es nötig werden, dass ein Unternehmen seinen Zulieferern durch die Übernahme von Bürgschaften gegenüber deren Gläubigern beisteht. Hier springt der Bürge ein, um sein eigenes Unternehmen am Laufen zu halten. Das eigene wirtschaftliche Interesse dokumentiert er dadurch, dass er für die Stellung der Bürgschaft keine Gebühr erhebt. Unter solchen Voraussetzungen wäre die Stellung der Bürgschaft keine Gewährleistung mehr für andere und wäre folgerichtig auch nicht als Garantiegeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG zu qualifizieren.

2. Erlaubnispflicht des Garantiegeschäfts

a) Betreiben im Inland (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KWG)

Nur ein Geschäft, das in Deutschland betrieben wird (Inlandsbezug), löst die Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG aus. Ein Unternehmen, das in Deutschland seinen Sitz hat und von dort aus das Garantiegeschäft betreibt, ist nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig, auch wenn sich keiner seiner Kunden je im Inland aufhält. Das gleiche gilt für die Errichtung einer (rechtlich unselbständigen)1 Zweigniederlassung, dem Unterhalt eines Vermittlernetzes oder sonstigen physischen Präsenz im Inland. Ein ausreichender Inlandsbezug besteht schließlich auch, wenn sich das Angebot aus dem Ausland unter Nutzung von Fernkommunikationsmitteln ausschließlich im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs, ohne den Unterhalt eines Vermittlernetzes oder einer physischen Präsenz auch und gerade an natürliche oder juristische Personen oder Personenmehrheiten richtet, die ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben2.

Der erforderliche Inlandsbezug besteht auch, wenn aus dem Inland heraus die Geschäfte gezielt nur mit Nicht-Gebietsansässigen betrieben werden.

b) Materialitätsschwelle

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt, wer das Geschäft im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will3. Die Erfüllung einer Alternative genügt, um die Erlaubnispflicht des Geschäfts zu begründen. Auf die Rechtsform des Unternehmens (natürliche Person, Personengesellschaft, juristische Person) kommt es dabei nicht an.

Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte werden, auch wenn der Umfang dieser Geschäfte objektiv keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gewerbsmäßig betrieben, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber ihn - direkt oder indirekt - mit der Absicht der Gewinnerzielung verfolgt. Die Vermeidung von Verlusten steht der Absicht der Gewinnerzielung gleich. Der Gewinn kann sich planmäßig auch in einem anderen Geschäftssegment und in einem anderen Unternehmen realisieren.

Alternativ gilt das Kriterium des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs. Hierbei ist es unerheblich, ob tatsächlich ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb geführt wird. Maßgebend ist allein, ob für den Betrieb der Geschäfte nach der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung die Einrichtung eines solchen Betriebs objektiv erforderlich ist. Dies ist im Einzelfall zu bestimmen und kann sich beim gleichzeitigen Betreiben mehrerer Bank-/Finanzdienstleistungsgeschäfte auch bei einem vergleichsweise geringen Umfang ergeben.

Für die Bestimmung des objektiven Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs hat sich in ständiger Verwaltungspraxis eine Regelgrenze herausgebildet. Die Grenze zu dem objektiven Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs ist danach regelmäßig überschritten

  • bei mehr als 100 Einzelavalkrediten (Stückzahlgrenze) oder
  • bei einem Gesamtvolumen von mehr als 500.000 € (Gesamtbetragsgrenze) bei mindestens 21 Einzelavalkrediten.

Entscheidend ist jeweils das einzelne Einstandsversprechen. Zugunsten eines einzelnen Avalkreditnehmers können mehrere Avalkredite desselben Avalkreditgebers bestehen. Die Auslastung der Gesamtbetragsgrenze bemisst nach der Summe der einzelnen Einstandsversprechen.

Wie oben ausgeführt, sind diese Regelgrenzen jedoch nur von Bedeutung, wenn die Geschäfte nicht ohnehin gewerbsmäßig betrieben werden.

3. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Das Betreiben des Garantiegeschäfts ist grundsätzlich nicht erlaubnispflichtig in den in § 2 Abs. 1 KWG genannten Fällen.

4. Hinweise und Anschriften

Dieses Merkblatt enthält grundlegende Informationen zum Tatbestand des Garantiegeschäfts. Es erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller den Tatbestand betreffenden Fragen und ersetzt insbesondere nicht die einzelfallbezogene Erlaubnisanfrage an die Bundesanstalt. Für eine abschließende Beurteilung möglicher Erlaubnispflichten im Einzelfall wird eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen, die dem Betreiben des Garantiegeschäfts zugrunde liegen, benötigt. Hinsichtlich aller Angaben sind die Bediensteten der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 9 KWG).

Ob ein Unternehmen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die

Kontakt:Bun­des­an­stalt für Fi­nanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht
Ab­tei­lung In­te­gri­tät des Fi­nanz­sys­tems (IF)

Graurheindorfer Straße 108
53117 Bonn
Telefon: +49 (0) 228 / 4108 - 0
Fax: + 49 (0) 228 / 4108 - 1550
E-Mail: poststelle@bafin.de
Homepage: https://www.bafin.de

Falls Sie zu diesem Merkblatt weitere Fragen haben, können Sie vorab auch Kontakt mit der regional zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank aufnehmen; diese wird Ihre Fragen mit einer Stellungnahme gegebenenfalls an die Bundesanstalt weiterleiten:

Für Berlin und Brandenburg:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ber­lin und Bran­den­burg

Leib­niz­str. 10
10625 Ber­lin

Telefon: (030) 34 75 - 0
Fax: (030) 34 75 - 12 90

Für Nordrhein-Westfalen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Nord­rhein-West­fa­len

Ber­li­ner Al­lee 14
40212 Düs­sel­dorf

Telefon: (0211) 8 74 - 0
Fax: (0211) 8 74 - 36 35

Für Hessen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Hes­sen

Tau­nus­an­la­ge 5
60047 Frank­furt am Main

Telefon: (069) 23 88 - 0
Fax: (069) 23 88 - 11 11

Für die Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ham­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schles­wig-Hol­stein

Wil­ly-Brandt-Stra­ße 73
20459 Ham­burg

Telefon: (040) 37 07 - 0
Fax: (040) 37 07 - 41 72

Für die Freie Hansestadt Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Bre­men, Nie­der­sach­sen und Sach­sen-An­halt

Ge­orgs­platz 5
30159 Han­no­ver

Telefon: (0511) 30 33 - 0
Fax: (0511) 30 33 - 27 96

Für die Freistaaten Sachsen und Thüringen:

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Haupt­ver­wal­tung in Sach­sen und Thü­rin­gen

Stra­ße des 18. Ok­to­ber 48
04103 Leip­zig

Telefon: (0341) 8 60 - 0
Fax: (0341) 8 60 - 25 99

Für Rheinland-Pfalz und das Saarland:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Rhein­land-Pfalz und dem Saar­land

He­gel­str. 65
55122 Mainz

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Fax: (06131) 3 77 - 33 33

Für Baden-Württemberg:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ba­den-Würt­tem­berg

Mar­stall­str. 3
70173 Stutt­gart

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Fax: (0711) 9 44 - 19 21

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80539 Mün­chen

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Fax: (089) 28 89 - 38 54

Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank bietet Ihnen den Vorteil, dass Sie einen Ansprechpartner in Ihrer Region haben.

Fußnoten:

  1. 1 Der in Klammern gestellte Pleonasmus dient der Klarstellung, da in der Praxis Tochterunternehmen, Zweigniederlassungen und Zweigstellen immer wieder verwirrt werden.
  2. 2 Nähere Hinweise gibt das Merkblatt "Merkblatt zur Erlaubnispflicht von grenzüberschreitend betriebenen GeschäftenMerkblatt zur Erlaubnispflicht von grenzüberschreitend betriebenen Geschäften".
  3. 3 Vgl. auch das Merkblatt der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften gemäß § 32 Abs. 1 KWG und das Merkblatt der Deutschen Bundesbank über die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen gemäß § 32 Abs. 1 KWG.

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