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Erscheinung:18.09.2019 Betrieb von Rückversicherungsgeschäft seitens Rückversicherern aus den USA mit einem Erst- oder Rückversicherungsunternehmen in Deutschland

Die EU und die USA haben ein Abkommen abgeschlossen, das u.a. den Betrieb von Rückversicherungsgeschäft seitens Rückversicherern aus den USA mit einem Erst- und Rückversicherungsunternehmen in der EU ermöglicht, ohne dass eine Niederlassung in dem jeweiligen EU-Mitgliedsstaat erforderlich ist („Bilaterales Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Aufsichtsmaẞnahmen für die Versicherung und die Rückversicherung“, im Folgenden Abkommen). Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die in dem Abkommen genannten Voraussetzungen durch den Rückversicherer aus den USA erfüllt werden.

I. Voraussetzungen für den erlaubnisfreien Geschäftsbetrieb

Wenn die in dem Abkommen genannten unternehmensindividuellen Kriterien erfüllt sind, bedarf es für den Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts in Deutschland keiner Erlaubnis bzw. Niederlassung gemäß § 67 Absatz 1 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Die maßgeblichen Voraussetzungen ergeben sich aus Artikel 3 Absatz 4 des Abkommens. Diese beziehen sich zum einem auf bestimmte finanzielle Voraussetzungen. Darüber hinaus sind die Rückversicherer aus den USA verpflichtet, verschiedene Erklärungen gegenüber der für die Zedenten zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde abzugeben und weitere Bedingungen für die Geschäftstätigkeit zu erfüllen. Dabei ist zwischen der erstmaligen Einreichung und Folgeeinreichungen zu differenzieren.

1. Ersteinreichung

Im Rahmen der Ersteinreichung sind der BaFin folgende Unterlagen vorzulegen:

1.1. Eine Erklärung des übernehmenden Rückversicherers, dass dieser der BaFin unverzüglich eine schriftliche Mitteilung mit Erläuterung übermitteln wird, wenn er
a. das Mindestkapital- und die Mindestrücklagen bzw. den Mindestbetrag der Eigenmittel, wie sie in Artikel 3 Absatz 4 lit. a des Abkommens festgelegt sind, unterschreitet oder wenn er die unter Artikel 3 Absatz 4 lit. b des Abkommens festgelegte Kapitalquote unterschreitet oder

b. aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltendes Recht eine regulatorische Maßnahme gegen ihn ergriffen wird (Artikel 3 Absatz 4 lit. c des Abkommens).

1.2. Eine schriftliche Bestätigung des übernehmenden Rückversicherers bezüglich seiner Zustimmung zur Zuständigkeit der Gerichte des Gebiets, in dem der abgebende Versicherer seinen Hauptsitz unterhält oder ansässig ist (Artikel 3 Absatz 4 lit. d des Abkommens).

1.3. Eine schriftliche Erklärung, dass der übernehmende Rückversicherer unabhängig davon, wo die Vollstreckung geltend gemacht wird, die Kosten sämtlicher, von einem abgebenden Versicherer erwirkten abschließenden Urteile trägt, die in dem Gebiet, in dem das jeweilige Urteil erwirkt wurde, für vollstreckbar erklärt worden sind (Artikel 3 Absatz 4 lit. f des Abkommens).

1.4. Vorlage der folgenden Dokumente und Informationen:

a. Geprüfte Jahresabschlüsse gemäß dem geltenden Recht im Gebiet des Hauptsitzes des übernehmenden Rückversicherers einschließlich des externen Prüfberichts für die beiden letzten Jahre (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. i des Abkommens).
Hinweis: Sofern für das Unternehmen kein eigener geprüfter Jahresabschluss erstellt werden muss und das Unternehmen Gegenstand eines Jahresabschlusses ist, der mehrere Unternehmen umfasst, ist dies anzugeben.

b. Solvenz- und Finanzlageberichte oder der versicherungsmathematischen Gutachten, soweit bei der Aufsichtsbehörde des übernehmenden Rückversicherers eingereicht, für die beiden letzten Jahre (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. ii des Abkommens);

c. Liste aller strittigen und überfälligen Rückversicherungsansprüche, die 90 Tage oder länger ausstehend sind, aus Rückversicherungsverträgen mit abtretenden Versicherern aus Deutschland (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. iii des Abkommens)
Hinweis: Sofern sich diese Angabe aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, ist genau auf die Fundstelle zu referenzieren. Falls keine derartigen Rückversicherungsansprüche bestehen ist eine ausdrückliche Aussage diesbezüglich erforderlich.

d. Informationen über die vom übernehmenden Rückversicherer übernommene Rückversicherung, aufgeschlüsselt nach abtretendem Unternehmen, über die vom übernehmenden Rückversicherer abgegebene Rückversicherung und über die Rückversicherungsforderungen aus Schadenzahlungen und Schadenrückstellungen des übernehmenden Rückversicherers, um die Bewertung der in Artikel 3 Absatz 4 lit. i des Abkommens festgelegten Kriterien zu ermöglichen (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. i des Abkommens).

Hinweis: Dem Unternehmen steht es frei, das nach dem lokalen Recht im Sitzstaat erstellte „Annual Statement“ oder Auszüge daraus vorzulegen. Es ist genau auf die Fundstelle zu referenzieren.
Zur Bestimmung einer zügigen Zahlungspraxis i.S.d. Artikel 3 Absatz 4 lit. i des Abkommens sind stets zusammengefasst folgende Angaben zu tätigen:

  • Höhe der Rückversicherungsforderungen gegen den übernehmenden Rückversicherer aus den USA und
  • Höhe der fälligen und streitigen Rückversicherungsforderungen gegen den übernehmenden Rückversicherer aus den USA (vgl. Artikel 3 Absatz 4 lit. i sublit. i des Abkommens);
  • Anzahl der Zedenten und Zessionare des übernehmenden Rückversicherers aus den USA und
  • Anzahl der Zedenten und Zessionare des übernehmenden Rückversicherers aus den USA, die seit 90 Tagen oder länger Rückversicherungsforderungen aus Schadenzahlungen haben, die unstrittig sind, und die für jeden Zedenten 100.000 USD übersteigen (vgl. Artikel 3 Absatz 4 lit. i sublit. ii des Abkommens;
  • Gesamtbetrag der Rückversicherungsforderungen gegen den Rückversicherer aus den USA, die unstrittig, aber seit 90 Tagen oder länger fällig sind (vgl. Artikel 3 Absatz 4 lit. i sublit. iii des Abkommens).

1.5. Eine schriftliche Bestätigung des übernehmenden Rückversicherers, dass er gegenwärtig nicht an einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren teilnimmt, an dem abtretende Versicherer aus der Europäischen Union beteiligt sind, und Erklärung, den abtretenden Versicherer und die BaFin zu informieren und dem abtretenden Versicherer in Übereinstimmung mit den Bedingungen des Verfahrens hundertprozentige Sicherheiten zur Verfügung zu stellen, falls der Rückversicherer an einem solchen Verfahren beteiligt sein sollte (Artikel 3 Absatz 4 lit. j des Abkommens).

1.6. Eine Bestätigung der zuständigen Aufsichtsbehörde, dass der Rückversicherer die Riskokapitalquote i.S.d. Artikel 3 Absatz 4 lit. b einhält (Artikel 3 Absatz 4 lit. l des Abkommens).
Hinweis: Die Einhaltung der Kapitalanforderungen i.S.d. Artikel 3 Absatz 4 lit. a des Abkommens ist zu belegen. Sofern sich die Einhaltung der Kapitalanforderungen nicht bereits aus der Bestätigung der zuständigen Aufsichtsbehörde ergibt, ist die Einhaltung der Kapitalanforderungen i.S.d. Artikel 3 Absatz 4 lit. a des Abkommens auf andere Weise zu belegen. Sofern auf beigefügte Unterlagen Bezug genommen wird, ist genau auf die Fundstelle zu referenzieren.

2. Folgeeinreichung

Das Abkommen sieht vor, dass die Aufsichtsbehörde von dem Rückversicherer aus den USA regelmäßig Unterlagen verlangen kann. Die BaFin erwartet die jährliche Vorlage folgender Unterlagen:

a. Geprüfte Jahresabschlüsse gemäß dem geltenden Recht im Gebiet des Hauptsitzes des übernehmenden Rückversicherers einschließlich des externen Prüfberichts (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. i des Abkommens).

b. Liste aller strittigen und überfälligen Rückversicherungsansprüche, die 90 Tage oder länger ausstehend sind, aus Rückversicherungsverträgen mit abtretenden Versicherern aus Deutschland (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. iii des Abkommens)

c. Informationen über die vom übernehmenden Rückversicherer übernommene Rückversicherung, aufgeschlüsselt nach abtretendem Unternehmen, über die vom übernehmenden Rückversicherer abgegebene Rückversicherung und über die Rückversicherungsforderungen aus Schadenzahlungen und Schadenrückstellungen des übernehmenden Rückversicherers, um die Bewertung der in Artikel 3 Absatz 4 lit. i des Abkommens festgelegten Kriterien zu ermöglichen (Artikel 3 Absatz 4 lit. h sublit. iv des Abkommens).

d. Eine Bestätigung der zuständigen Aufsichtsbehörde, dass der Rückversicherer die Riskokapitalquote i.S.d. Artikel 3 Absatz 4 lit. b des Abkommens einhält (Artikel 3 Absatz 4 lit. l des Abkommens).
Diesbezüglich sind die oben unter Ziffer 1.4. genannten Hinweise zu beachten. Die BaFin geht davon aus, dass die Einreichung der Unterlagen unmittelbar im Anschluss an die Prüfung des Jahresabschlusses i.S.d. Artikel 3 Abs. 4 lit. h sublit. i des Abkommens vorgenommen wird.

3. Weitere Bedingungen

Des Weiteren muss der Rückversicherer folgende Bedingungen beachten:

3.1. Der übernehmende Rückversicherer muss sowohl bestimmte Kapitalanforderungen („capital and surplus“: mindestens 226 Mio. EUR (Artikel 3 Absatz 4 lit. a des Abkommens)) als auch bestimmte lokale Risikokapitalanforderungen erfüllen („authorized control level“: mindestens 300 % (Artikel 3 Absatz 4 lit. b des Abkommens)).

3.2. Der übernehmende Rückversicherer erklärt sich in jedem dem Abkommen unterliegenden Rückversicherungsvertrag bereit, Sicherheiten in Höhe von 100 Prozent der Verbindlichkeiten des übernehmenden Rückversicherers, die der nach diesem Vertrag abgetretenen Rückversicherung zuzuschreiben sind, zu hinterlegen, wenn der übernehmende Rückversicherer sich der Durchsetzung eines rechtskräftigen Urteils widersetzt, das nach dem Recht des Gebiets, in dem es erwirkt wurde, durchsetzbar ist, oder er sich einem ordnungsgemäß durchsetzbaren Schiedsspruch widersetzt, der durch den abgebenden Versicherer bzw. seine Abwicklungsmasse erwirkt wurde (Artikel 3 Absatz 4 lit. g des Abkommens).

3.3. Der übernehmende Rückversicherer kommt Forderungen aus Rückversicherungsverträgen stets unverzüglich nach; die Nichtvornahme einer unverzüglichen Zahlung ist nachgewiesen, wenn eines der in Artikel 3 Absatz 4 lit. i sublit. i-iii des Abkommens genannten Kriterien erfüllt ist (Artikel 3 Absatz 4 lit. i des Abkommens).

3.4. Falls der abtretende Versicherer einem gesetzlichen Schlichtungsverfahren, einer Konkursverwaltung bzw. einem Liquidationsverfahren unterworfen ist, kann der abtretende Versicherer oder sein Stellvertreter darum ersuchen, und falls durch das Gericht, bei dem die Schlichtung, die Konkursverwaltung oder das Liquidationsverfahren anhängig ist, für angemessen befunden, einen Beschluss einholen, wonach der übernehmende Rückversicherer für alle ausstehenden abgegebenen Verbindlichkeiten Sicherheiten zur Verfügung stellen muss (Artikel 3 Absatz 4 lit. k des Abkommens).

3.5. Darüber hinaus treffen den übernehmenden Rückversicherer gegenüber der BaFin in den in Artikel 3 Absatz 4 lit. c genannten Fällen sowie gegenüber der BaFin und den Zedenten in den in Artikel 3 Absatz 4 lit. j des Abkommens genannten Fällen Informationspflichten.

3.6. Die BaFin geht davon aus, dass die Erklärung des übernehmenden Rückversicherers nach Artikel 3 Absatz 4 lit. f des Abkommens, unabhängig davon, wo die Vollstreckung geltend gemacht wird, die Kosten sämtlicher, von einem abgebenden Versicherer erwirkten abschließenden Urteile zu tragen, die in dem Gebiet, in dem das jeweilige Urteil erwirkt wurde, für vollstreckbar erklärt worden sind, auch den deutschen Zedenten kommuniziert wird oder in den Rückversicherungsverträgen verankert wird.

II. Prozess zur Einreichung

1. Formales

Sämtliche o.g. Erklärungen des übernehmenden Rückversicherers sind der BaFin in schriftlicher Form und vom vertretungsberechtigten Organ unterschrieben im Original einzureichen. Ein Scan ist insoweit nicht ausreichend.
Die Unterlagen können in englischer Sprache eingereicht werden. Sofern keine Übersetzung der vorgelegten Unterlagen in deutscher Sprache eingereicht wird, ist eine vom vertretungsberechtigten Organ unterschriebene Erklärung im Original vorzulegen, wonach sich der Rückversicherer auf Verlangen der BaFin zu einer Einreichung einer Übersetzung der Dokumente verpflichtet.

2. Einreichungsweg

Einreichungen und Anfragen können an die E-Mail-Adresse reinsurance@bafin.de gerichtet werden. Bei den Einreichungen ist zu beachten, dass die o.g. Erklärungen, die gegenüber der BaFin abzugeben sind, auch im Original und nicht nur als Scan eingehen müssen. Die übrigen Unterlagen können elektronisch eingereicht werden.

3. Kontaktdaten und Kommunikation

Es wird empfohlen, Kontaktdaten beim Unternehmen für Rückfragen zu den Einreichungen sowie Kontaktdaten der zuständigen Aufsichtsbehörde zu benennen. Die BaFin wird schriftlich eine Antwort bzgl. der Einreichung kommunizieren. Diese kann auf Wunsch vorab per Fax versendet werden, wenn das Unternehmen eine Faxnummer mitgeteilt hat.

III. Informationen an Marktteilnehmer

Rückversicherer aus den USA, die die erforderlichen Unterlagen und Informationen bis zum 30.06. eines Jahres eingereicht haben, werden in einer auf der Internetseite der BaFin veröffentlichten Tabelle zusammengefasst. In der Tabelle werden nur Rückversicherer genannt, die ihr Einverständnis zur Nennung in einer Tabelle ausdrücklich erklärt haben. Sofern Marktteilnehmer Fragen zu einzelnen Rückversicherern aus den USA an die BaFin richten, wird die BaFin Aussagen zu den Einreichungen nur tätigen, wenn der Rückversicherer aus den USA sein Einverständnis zur Weitergabe von Informationen zum Stand der Einreichungen erklärt hat.

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