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Erscheinung:16.11.2016, Stand:geändert am 18.11.2016 Konsultation 12/2016 - Entwurf der Veröffentlichung

Seit Anfang 2016 können diejenigen Versicherungsgruppen, Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen (VU), die die aufsichtsrechtliche Genehmigung für ihr internes Modell erhalten haben, dieses zur Berechnung ihrer Solvenzkapitalanforderung verwenden. Voraussetzung für eine solche Verwendung ist eine vorherige aufsichtliche Genehmigung.

Entwurf der Veröffentlichung

Voraussetzung für eine solche Verwendung ist eine vorherige aufsichtliche Genehmigung. Der Umfang der Genehmigung ist dabei jedoch auf das Modell wie durch die mit dem Antrag eingereichten Dokumente beschrieben beschränkt. Änderungen am internen Modell können nur unter Beachtung spezieller aufsichtsrechtlicher Anforderungen vorgenommen werden. Die BaFin erwartet daher, dass VU, welche Änderungen an ihrem internen Modell oder ihrer ebenfalls genehmigten Leitlinie für Modelländerungen gemäß § 111 Abs. 2 und Abs. 3 VAG bzw. in Verbindung mit §§ 262 Abs. 1, 261 Abs. 1 Satz 3 VAG (im Folgenden: Modelländerungen) vornehmen, die nachfolgend dargelegten Anforderungen beachten:

I. Zusammenfassung

Änderungen an einem internen Modell werden aufsichtsrechtlich (vgl. Durchführungsverordnung (EU) 2015/460, nachfolgend DFV) auf unterschiedliche Art und Weise behandelt. Neben der Modellerweiterung (z.B. Aufnahme zusätzlicher Risikokategorien oder Geschäftsbereiche) wird zwischen kleineren und größeren Modelländerungen unterschieden. Ergänzend dazu können Änderungen an der Leitlinie zur Änderung des Modells vorgenommen werden. Nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über den Stand der derzeitigen rechtlichen Anforderungen an Modellgenehmigungen, -erweiterungen sowie an größere und kleinere Modelländerungen.

Modellgenehmigung und ModellerweiterungAntrag auf Verwendung eines internen Modells gemäß § 111 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bzw. in Verbindung mit §§ 262 Abs. 1, 261 Abs. 1 Satz 3 VAG; Unterlagen sind gemäß Artikel 2 Durchführungsverordnung (EU) 2015/460 sowie ggf. gemäß Artikel 343 ff. der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 einzureichen und es ist das EIOPA Common Application Package zu verwenden
größere Modelländerung (sowie Akkumulierung kleinerer Modelländerungen zu einer größeren)Antrag auf Modelländerung gemäß § 111 Abs. 3 Satz 1 VAG; bzgl. der einzureichenden Unterlagen sind Artikel 7 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/460 einschlägig (bei Versicherungsgruppen i.V. mit Erwägungsgrund 7 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/460), d.h. einzureichen sind alle Unterlagen der Modellgenehmigung (s.o.), an denen durch die beantragte Modelländerung Änderungen vorgenommen wurden
Dies umfasst insbesondere das EIOPA Common Application Package sowie sämtliche in Artikel 2 Durchführungsverordnung genannten Unterlagen. Im Rahmen der Selbsteinschätzung der VU ist darzustellen, dass das interne Modell auch unter Berücksichtigung der vorgenommenen und beantragten Änderungen noch alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt. Bei einem Gruppenmodell bzw. gruppeninternem Modell, sind zusätzlich die von der Modelländerung betroffenen Dokumente nach Art. 343 ff. DV einzureichen.
kleinere Modelländerungvierteljährliche Meldung mit Begleitschreiben inkl. Unterlagen, welche die Modelländerung erläutern (Leitlinie 8 der Leitlinien zur Verwendung interner Modelle, EIOPA-BoS-14/180 DE)
Änderung der Leitlinie für ModelländerungenAnträge hierzu basieren auf § 111 Abs. 3 Satz 1 VAG, Art. 8 Durchführungsverordnung 2015/460

II Abgrenzung von Modellerweiterungen sowie größerer und kleinerer Modelländerungen

Modellerweiterungen oder eine (teilweise) Rückkehr zur Standardformel stellen keine Modelländerung dar. Von einer Modellerweiterung ist immer dann auszugehen, wenn bisher unberücksichtigte rechtliche Einheiten oder Hauptgeschäftsbereiche in den Anwendungsbereich des internen Modells aufgenommen werden sollen. Auch die Aufnahme zusätzlicher Risikomodule oder Submodule stellen eine Modellerweiterung dar. Dabei müssen die VU grundsätzlich einen vollständigen Genehmigungsprozess gemäß § 111 VAG durchlaufen und alle Unterlagen gemäß Artikel 2 der DFV einreichen. (Die DFV ist über Erwägungsgrund 7 auch bei Versicherungsgruppen einschlägig.) Auf die erneute Vorlage der bereits vorliegenden Unterlagen kann nach Absprache mit der BaFin bzw. der weiteren am Prozess beteiligten oder betroffenen Aufsichtsbehörden verzichtet werden.
Modelländerungen liegen demgegenüber dann vor, wenn das Versicherungsunternehmen im Rahmen der Leitlinie für Modelländerungen, Änderungen an seinem genehmigten internen Modell vornimmt. Dies ist auch dann der Fall, wenn neue aufsichtliche Auslegungen oder Gesetze einen entsprechenden Einfluss auf das interne Modell haben.
§ 111 Abs. 3 Satz 2 VAG unterscheidet größere und kleinere Modelländerungen. Bei größeren Modelländerungen ist ein Antrag auf Modelländerung gemäß § 111 Abs. 3 Satz 1 VAG notwendig. Dem Antrag sind alle Unterlagen der Modellgenehmigung, an denen durch die beantragte Modelländerung Änderungen vorgenommen wurden, beizulegen (Artikel 7 und 8 DFV). Jedoch ist in jedem Fall eine Schätzung der mit der Standardformel berechneten Solvenzkapitalanforderung auf der untersten Ebene der Standardformel für den letztmöglichen Zeitpunkt vor dem Datum der Antragsstellung vorzulegen.

Das VU legt in seiner, mit der Aufsichtsbehörde vereinbarten, Leitlinie für Modelländerungen für sein Unternehmen fest, welche Modelländerungen als größere und kleinere Modelländerungen einzustufen sind. Außerdem bestimmt die Leitlinie für Modelländerungen, in welchen Fällen eine Akkumulierung von kleineren Modelländerungen eine größere Modelländerung darstellt.
Obgleich nur größere Modelländerungen einem Genehmigungsvorbehalt unterliegen, sind der BaFin kleinere Modelländerungen zumindest vierteljährlich anzuzeigen (Leitlinie 8 der Leitlinien zur Verwendung interner Modelle).
Werden bei genehmigtem internen Modell weitere Anträge an die BaFin gestellt (z.B. Antrag auf Verwendung der Volatilitätsanpassung), welche seine Modellierung (§§ 116-118 VAG), seine Validierung (§ 120 VAG), seine organisatorische Einbettung (§ 113 und § 121 VAG) oder seinen Verwendungstest (§ 115 VAG) beeinflussen, sind dies in der Regel größere Modelländerungen.

III. Interaktion mit der BaFin bei größeren Modelländerungen

Die BaFin erwartet, dass ein VU sie so früh wie möglich über geplante Änderungen und Entwicklungen des internen Modells informiert. Sobald ein VU eine (oder mehrere) größere Modelländerung(en) für absehbar hält, sollten daher die für das Unternehmen zuständigen Stellen der BaFin kontaktiert werden und mindestens folgende Informationen vorgelegt werden:

  • eine kurze Erläuterung der beabsichtigten Modelländerung(en),
  • die Gründe für die Änderung(en),
  • die potentiellen Auswirkungen auf das interne Model (quantitativ und qualitativ),
  • der beabsichtigte Zeitplan für die Antragstellung und die Verwendung,
  • eine Darstellung, ob und wie größere Modelländerungen untereinander oder mit kleineren Modelländerungen zusammenhängen und
  • sofern Modelländerungen künftig weitere Modelländerungen nach sich ziehen, sollte der Modelländerungsantrag einen Hinweis auf diese Folgeänderungen sowie einen zumindest groben Zeitplan zu deren Umsetzung enthalten.

Daran anschließend wird bei größeren, komplexen Modelländerungen in der Regel eine Vorantragsphase sinnvoll sein. Im Rahmen dieser Vorantragsphase sollte insbesondere abgestimmt werden, welche Unterlagen das VU einreichen soll.
Die VU sollten ihre internen Prozesse so strukturieren, dass Modelländerungsanträge bei der BaFin möglichst nur einmal im Jahr vorgelegt werden. Gegenstand dieses Antrags können auch mehrere individuelle größere Modelländerungen sein, welche in einem Antragsverfahren geprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass es in derartigen Fällen auch lediglich zu Teilgenehmigungen im Hinblick auf einzelne Modelländerungen kommen kann. Dies macht eine ausführliche Beschreibung der qualitativen und quantitativen Auswirkungen jeder einzelnen größeren Änderung auf das genehmigte interne Modell und dessen Ergebnisse (Art. 7 Abs. 2 DFV) sowie in der Gesamtbetrachtung aller beantragter Änderungen erforderlich. Die VU sollten in der Lage sein, derartige Analysen auch für diejenigen Fälle kurzfristig nachzureichen, bei denen einzelne Modelländerungen während der sechsmonatigen Antragsphase als nicht genehmigungsfähig bewertet werden.
Gleichwohl kann es z.B. bei unerwarteten Entwicklungen (bspw. Bestandsübertragungen oder anderen Transaktionen) erforderlich werden, mehr als einen Antrag pro Jahr zu stellen. In derartigen Fällen sind sich zeitlich überschneidende Antragsverfahren zu vermeiden.
Grundsätzlich können größere Modelländerungen erst mit Genehmigung im internen Modell umgesetzt und angewendet werden. In begründeten Einzelfällen (z.B. Erfüllung des Verwendungstests) kann während des Antragsverfahrens auf Genehmigung einer größeren Modelländerung, für unternehmensinterne Steuerungszwecke, bereits das geänderte Modell angewendet werden. Die BaFin ist auf diese Verwendung ausdrücklich unter Beifügung einer ausführlichen Begründung nebst Vorstandsbeschluss zu informieren. Für Zwecke der Berechnung der an die BaFin zu meldenden aufsichtsrechtlichen Solvenzkapitalanforderungen sowie die aufsichtsrechtlichen Veröffentlichungen ist jedoch zwingend nur das bis zum Berichtsstichtag genehmigte interne Modell zu verwenden.

IV. Interaktion mit der BaFin bei der Meldung und Akkumulierung kleinerer Modelländerungen

Einer vierteljährlichen Meldung von kleineren Modelländerungen an die BaFin sind grundsätzlich zumindest die folgenden Unterlagen beizufügen (insbes. für diesen Abschnitt gilt das Proportionalitätsprinzip):
Ein vom Vorstand unterschriebenes Begleitschreiben einschließlich

  • einer Liste der rechtlichen Einheiten, welche von der jeweiligen Modelländerung betroffen sind,
  • Kontaktinformationen der relevanten Mitarbeiter des VU, bei denen zusätzliche Informationen zu der jeweiligen Modelländerung angefordert werden können,
  • einem Verzeichnis der Modelländerungen (falls mehrere Modelländerungen),

    • welches die einzelnen Änderung eindeutig identifiziert (Kennung o.ä.),
    • auf die zur jeweiligen Modelländerung gehörigen Dokumente der Meldung verweist
    • und angibt, für welchen Stichtag der Solvenzkapitalberechnung die Modelländerung erstmalig verwendet wurde,
  • einer Beschreibung der Änderungen und deren Umsetzung sowie der Gründe (z.B. Stärken, Schwachstellen und Beschränkungen), die zur Entscheidung für eine Änderung geführt haben,
  • nachvollziehbarer Begründungen für die Einstufung als kleinere Modelländerung und
  • Angaben zum internen Freigabeverfahren inkl. Validierung der Modelländerung
  • einer Schätzung der mit der Standardformel berechneten Solvenzkapitalanforderung auf der untersten Ebene der Standardformel für den letztmöglichen Zeitpunkt vor dem Datum der Meldung.

Außerdem sollen die Auswirkungen der Modelländerung erläutert werden, d.h. soweit möglich soll

  • die Quantifizierung der Modelländerung (einschlägige SCR-Zahlen mit und ohne Modelländerung) neben den Solo-Ebenen und der Gruppen-Ebene auch auf weiteren bei der Verwendung des internen Modells relevante Ebenen (z.B. Managementeinheiten, Risikokategorien) durchgeführt sowie angegeben werden, wie diese Quantifizierungen zustande gekommen sind (vollständiger Modelllauf, qualifizierte Schätzung (Details), betrachtete Aggregationsstufe, etc.)
  • eine durch die Modelländerung entstehende Verbesserung in der Risikoerkennung und -abdeckung erläutert sowie
  • eine durch die Modelländerung entstehende Verbesserung von Risikoentscheidungen beschrieben werden.

Fernerhin soll das VU die Einbettung der Modelländerung in das Risikomanagement- und das interne Kontrollsystem des VU inklusive der betroffenen IT-Systeme darlegen.
Die Meldung hat vor der Quartalsberichterstattung der Solvenzkapitalanforderung (QRTs) zu erfolgen. Kürzere Fristen können zwischen VU und BaFin vereinbart werden.
Die BaFin erwartet darüber hinaus, dass das VU interne Prozesse vorhält, die die Kombination bzw. Akkumulierung der gemeldeten kleineren Änderungen entsprechend der Leitlinie für Modelländerungen vornimmt und das Überschreiten der in der Leitlinie für Modelländerungen gesetzten Grenzwerte oder qualitative Kriterien, die eine größere Änderung auslösen, überwacht. Bei der Kombination bzw. Akkumulierung der Modelländerungen sind durch das VU im Rahmen des Spielraums der Leitlinien zur Änderung des Modells folgende Aspekte zu berücksichtigen, das Vorgehen zu begründen sowie in Zweifelsfällen mit der BaFin abzustimmen:

  • Umgang mit kleineren Modelländerungen während einer laufenden Antragsphase,
  • Aufteilen bzw. Zusammenführen von Modelländerungen sowie die Frage, welche Modelländerungen wie zu kumulieren sind,
  • Zeitpunkt für das Ende und den Beginn einer erneuten Akkumulierung, insbes. im Zusammenhang mit laufenden Anträgen.

Die VU sollten jederzeit in der Lage sein zu beurteilen, wann mit der Überschreitung des Grenzwertes zu einer größeren Änderung des internen Modells zu rechnen ist. Sobald eine Überschreitung eines Grenzwerts absehbar ist, ist die BaFin darüber zu informieren, und es sind die unter III. genannten Maßnahmen zu ergreifen.

V. Zeitlich parallele Anträge auf Modelländerungen und – erweiterung

Zeitlich parallele Anträge auf Modelländerungen und -erweiterungen sind zu vermeiden, da es zu unterschiedlichen Ergebnissen in den Genehmigungsverfahren kommen kann. So kann die Situation entstehen, dass zwar der Erweiterungsantrag grundsätzlich als genehmigungsfähig eingestuft wird, der Modelländerungsantrag jedoch nicht. Es muss jedoch stets klar sein, für welchen Stand des Modells der Erweiterungsantrag gelten soll. Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Verfahrensgrundsätzen ist es auch nicht zulässig, den Erweiterungsantrag unter die Bedingung zu stellen, dass dieser nur für den Fall gestellt wird, dass der Modelländerungsantrag genehmigt wird. Erweiterungsanträge sollten daher nur in Bezug auf einen „stabilen“ Stand des Modells, d.h. ohne Überschneidung mit Modelländerungsanträgen gestellt werden.

VI. Änderungen der Leitlinien zur Änderung des internen Modells

Änderungen der Leitlinien zur Änderung des internen Modells richten sich nach § 111 Abs. 3 VAG sowie Art. 8 DFV.
Neben dem vom Vorstand des VU unterzeichneten Änderungsantrag wird erwartet, dass der Antrag

  • auch eine neue Version der Änderungsleitlinie im Änderungsmodus,
  • eine ausführliche Begründung der Änderungen und
  • im Falle der Änderung von Schwellenwerten oder qualitativen Kriterien zur Abgrenzung größerer und kleinerer Änderungen einen sogenannten Backtest sowie
  • im Falle von Prozessänderungen, eine Bestätigung, dass durch die neuen Prozesse weiterhin gewährleistet ist, dass das interne Modell die in §§ 111 und 113 bis 121 VAG sowie im Falle eines internen Partialmodells auch die in § 112 VAG genannten Anforderungen kontinuierlich erfüllt, enthält.

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