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Erscheinung:06.03.2025 | Thema Kapitalanlagen von Versicherern, Nachhaltigkeit PPP und Nachhaltigkeit: Neue Verwaltungspraxis der BaFin

Die Finanzaufsicht BaFin bündelt ihre Verwaltungspraxis zum Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht in einem neuen Rundschreiben für Solvency-II-Versicherer. Darin gibt sie auch Hinweise zu Nachhaltigkeitsrisiken.

Von Rebecca Frener und Romy Ramsay, BaFin-Versicherungsaufsicht

Versicherer dürfen lediglich in Vermögenswerte und Instrumente investieren, deren Risiken sie hinreichend identifizieren, bewerten, überwachen, steuern, kontrollieren und in ihre Berichterstattung einbeziehen können. Das gibt der Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principle – PPP) vor. Danach müssen Versicherer sämtliche Vermögenswerte auf eine Art und Weise anlegen, die die Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des gesamten Portfolios gewährleistet. Das PPP basiert auf § 124 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bzw. Artikel 132 der Solvency-II-Richtlinie. Wie es im Detail umzusetzen ist, regelt die Verwaltungspraxis der BaFin. Ein neues BaFin-Rundschreiben für Solvency-II-Versicherer bündelt nun verschiedene Anforderungen zum PPP und gibt erstmals auch Hinweise zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.

MaGo überarbeitet

Hintergrund für das neue PPP-Rundschreiben ist die geplante Überarbeitung der Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Solvency-II-Versicherern (MaGo für SII-VU), die bis Ende Februar öffentlich konsultiert wurden. Da sich die MaGo für SII-VU künftig auf die Kernthemen der Geschäftsorganisation fokussieren werden, hat die BaFin bestimmte Regelungen zum Risikomanagement in das neue PPP-Rundschreiben überführt.

Zudem ersetzt das Rundschreiben mehrere Auslegungsentscheidungen (siehe Infokasten „Rundschreiben zum Prudent Person Principle“). Im Zuge der Überführung der bisherigen Regelungen in das neue Rundschreiben hat die BaFin umfangreiche Straffungen, Streichungen und Aktualisierungen vorgenommen. Zudem hat sie Inhalte aus den Leitlinien der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions AuthorityEIOPA) zum Governance-System und den entsprechenden Erläuterungen durch generelle Verweise ersetzt.

Auf einen Blick:Rundschreiben zum Prudent Person Principle

Im neuen „Rundschreiben zum Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principle – PPP) von Versicherungsunternehmen unter Solvabilität II (PPP-Rundschreiben)“ führt die BaFin ihre bisherige Verwaltungspraxis zum PPP zusammen. Dazu zählen:

  • die Auslegungsentscheidung zum Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principle) vom 21. Dezember 2015,
  • die Auslegungsentscheidung zur Verwendung von derivativen Finanzinstrumenten im Rahmen des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht vom 14. Juli 2017,
  • die Auslegungsentscheidung zu Anlageentscheidungen im Interesse der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten und zum Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht vom 13. Juli 2020
  • und drei bisher in den MaGo für Solvency-II-Unternehmen enthaltene Abschnitte (Risikomanagementleitlinien für das Anlagerisiko, Aktiv-Passiv-Management, Liquiditätsrisikomanagement).

Zusätzlich hat die BaFin einen neuen Abschnitt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen des PPP aufgenommen.

Das Rundschreiben ist ab sofort anwendbar. Zeitgleich werden die genannten Auslegungsentscheidungen aufgehoben.

Neuer Abschnitt zur Nachhaltigkeit

Darüber hinaus schafft das Rundschreiben erstmals eine Verwaltungspraxis zur Nachhaltigkeit im Rahmen des PPP. Dem Thema ist ein eigener Abschnitt gewidmet. Versicherer, die unter die Solvency-II-Richtlinie fallen, sind durch Artikel 275a der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 (DVO) explizit dazu verpflichtet, Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen des PPP zu berücksichtigen. Zudem müssen sie sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sich ihre Anlagestrategie und ihre Anlageentscheidungen langfristig auf Nachhaltigkeitsfaktoren auswirken könnten (siehe Infokasten „Nachhaltigkeitsrisiko und Nachhaltigkeitsfaktoren“). Es gilt somit das Konzept der doppelten Wesentlichkeit: Bei Investitionen müssen die Unternehmen sowohl ihre finanziellen Risiken (Outside-in-Perspektive) als auch die Auswirkungen der Investitionen auf Mensch und Umwelt (Inside-out-Perspektive) berücksichtigen. Zudem müssen sie in ihrer Strategie und ihren Entscheidungen gegebenenfalls die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kundinnen und Kunden abbilden.

Auf einen Blick:Nachhaltigkeitsrisiko und Nachhaltigkeitsfaktoren

  • Der Begriff „Nachhaltigkeitsrisiko“ bezeichnet nach Artikel 1 Nr. 55c der DVO ein Ereignis oder eine Bedingung in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung (Environmental, Social, GovernanceESG), dessen beziehungsweise deren Eintreten tatsächlich oder potenziell negative Auswirkungen auf den Wert der Investition oder auf den Wert der Verbindlichkeit haben könnte.
  • Der Begriff „Nachhaltigkeitsfaktoren“ definiert in Artikel 1 Nr. 55d der DVO in Verbindung mit Artikel 2 Nr. 24 der europäischen Offenlegungsverordnung, bezeichnet Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Die Vorgaben der Delegierten Verordnung sind verbindlich und gelten unmittelbar. Um die Unternehmen bei der Umsetzung zu unterstützen und eine einheitliche Verwaltungspraxis zu schaffen, hat die BaFin ihre Erwartungen an die Versicherer nun im neuen PPP-Rundschreiben konkretisiert.

Inhaltlich orientieren sich die Ausführungen zur Nachhaltigkeit eng an der Erwartungshaltung der EIOPA. Zusätzlich hat die BaFin Gespräche mit mehreren großen Lebensversicherern zur Umsetzung von Artikel 275a der Delegierten Verordnung geführt. Die Erkenntnisse daraus hat sie ebenfalls in das PPP-Rundschreiben einfließen lassen. Dieses enthält neben grundsätzlichen Ausführungen auch zahlreiche Beispiele für bewährte Methoden, die Versicherer nutzen können, um die Anforderungen in der Praxis zu erfüllen.

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