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Erscheinung:12.02.2025 | Thema Versicherungen Wie Pensionskassen und -fonds mit Personalnot umgehen
Der Fachkräftemangel macht auch vor Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung nicht halt. Welche Geschäftsbereiche betroffen sind und wie die Unternehmen reagieren, zeigt eine BaFin-Untersuchung. Von Norbert Pieper, BaFin-Kommunikation, mit Daniela Dickopf, Dr. Gerrit Frackenpohl und Nicole Weber, BaFin-Versicherungsaufsicht
Die demografische Entwicklung und der damit einhergehende Fachkräftemangel zählen aktuell zu den größten Herausforderungen am deutschen Arbeitsmarkt. Auch Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) sind zunehmend davon betroffen, zumal die Anforderungen an die Beschäftigten durch die regulatorischen Entwicklungen und die ökonomischen Rahmenbedingungen stetig steigen. Hinzu kommt: EbAV, bei denen es sich regelmäßig um kleinere Gesellschaften handelt, stehen bei der Suche nach qualifiziertem Personal nicht nur im Wettbewerb untereinander. Sie konkurrieren auch mit Kreditinstituten, Versicherern, Investmentgesellschaften und anderen Arbeitgebern.
BaFin befragt 158 EbAV
Vor diesem Hintergrund hat die BaFin im Rahmen ihres Aufsichtsprogramms 2024 untersucht, ob und in welchen Geschäftsbereichen der EbAV ein Fachkräftemangel besteht – oder absehbar entstehen könnte. Die BaFin hat sich auch angeschaut, mit welchen Maßnahmen die Unternehmen auf den Mangel an qualifiziertem Personal reagieren (siehe Infokasten). Denn eines ist klar: Die Leistungsfähigkeit der Pensionskassen und -fonds sowie die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen müssen stets sichergestellt sein. Zeichnen sich durch den Fachkräftemangel Probleme ab, sollten die Unternehmen daher frühzeitig reagieren.
Auf einen Blick:BaFin untersucht Fachkräftemangel bei Pensionskassen und -fonds
Die BaFin hat 2024 den Fachkräftemangel bei Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) untersucht. Grundlage der Untersuchung war ein mit der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) abgestimmter Fragebogen, der sich an 124 Pensionskassen und 34 Pensionsfonds richtete.
Der Fokus der Fragen lag auf dem Nachbesetzungsbedarf der zurückliegenden drei bis fünf und der kommenden drei Jahre. Die BaFin fragte auch nach den Gründen von bereits erlebten bzw. künftig erwarteten Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung und danach, mit welchen Maßnahmen die EbAV gegensteuern. Dabei differenzierte die BaFin zwischen zentralen Funktionen im Unternehmen (Vorstände, Aufsichtsräte und Schlüsselfunktionen) und den einzelnen Geschäftsbereichen.
Probleme bei der Besetzung offener Stellen
Die Ergebnisse der BaFin-Untersuchung zeigen: Bei der Besetzung von Vorständen, Aufsichtsräten oder Schlüsselfunktionen erwarten die meisten Unternehmen zumindest in naher Zukunft keine Probleme. Anders sieht es aus, wenn EbAV darüber hinaus eigenes Personal beschäftigt. Von denjenigen Unternehmen, die für die Jahre 2024 bis 2026 Nach- oder Neubesetzungen planen bzw. geplant haben, erwartete fast jede zweite EbAV Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung.
Betroffen seien insbesondere die Bereiche Kapitalanlagen, Risikomanagement, Leistungsbearbeitung und Bestandsverwaltung. Speziell im Bereich der IT bestehe aufgrund der unzureichenden Personalausstattung die Gefahr, dass EbAV die aufsichtsrechtlichen Anforderungen nicht erfüllen können. Hauptgrund für die Probleme bei der Nachbesetzung ist laut Angabe der Unternehmen der Mangel an fachlich geeignetem Personal (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Gründe für Nachbesetzungsschwierigkeiten bei EbAV mit eigenem Personal
Ausgliederungen schon jetzt ein Ausweg
Viele EbAV haben das Problem erkannt und sich über mögliche Maßnahmen Gedanken gemacht oder solche bereits ergriffen. Die Unternehmen setzen sich dabei unter anderem mit Methoden zur Mitarbeiterbindung und -qualifizierung sowie zur Automatisierung auseinander. Zudem haben schon jetzt rund 97 Prozent der befragten Unternehmen Funktionen ganz oder teilweise ausgegliedert. Für die Unternehmen, die noch keine Ausgliederung (3 Prozent) oder nur eine Teilausgliederung (39 Prozent) vorgenommen haben, dürfte der Rückgriff auf Dienstleister künftig weiter an Bedeutung gewinnen.
Bei der Entscheidung für oder gegen eine Ausgliederung sollten neben ökonomischen und operativen Aspekten auch Risikogesichtspunkte angemessen berücksichtigt werden. Denn mit einer Ausgliederung ist das Problem des Fachkräftemangels nicht aus der Welt, die Unternehmen stehen weiterhin in der Verantwortung. Aufgrund des hohen Grades an (Teil-)Ausgliederungen gewinnen Fragen der (Risiko-)Steuerung der Dienstleister zunehmend an Bedeutung – auch für die Aufsicht. Die BaFin wird die Umsetzung von Ausgliederungen und insbesondere das hierauf bezogene Risikomanagement der EbAV weiterhin sehr genau im Blick behalten (siehe Infokasten).
Auf einen Blick:Risiken aus Ausgliederungen
Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) müssen Risiken aus Ausgliederungen unter anderem angemessen überwachen und steuern. Hinweise dazu gibt die BaFin in ihren Aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (MaGo für EbAV), insbesondere in Abschnitt 12 zur Ausgliederung.
Auch darüber hinaus hat die BaFin Ausgliederungen besonders im Blick. In ihren diesjährigen „Risiken im Fokus“ geht sie dezidiert auf das Thema „Auslagerung von IT-Dienstleistungen“ ein.
Auf ihrer Website informiert die BaFin außerdem über die Vorgaben des Digital Operational Resilience Act (DORA) zu Ausgliederungen und Auslagerungen.
Unternehmen denken über Auflösung nach
Neben Ausgliederungen spielen auch Bestandsübertragungen oder Unternehmensauflösungen bei den Überlegungen der EbAV eine große Rolle. Insgesamt 22 Unternehmen gaben bei der Untersuchung der BaFin an, auch aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels im Zeitraum bis 2030 eine (Teil-)Bestandsübertragung in Erwägung zu ziehen. 15 Unternehmen denken über eine Unternehmensauflösung nach (siehe Abbildung 2). Einige der Unternehmen stehen hierzu bereits im Austausch mit der BaFin und haben auch schon Gespräche mit Unternehmen geführt, die für die Aufnahme von Beständen infrage kommen könnten.
Abbildung 2: Überlegungen zu Bestandsübertragungen und Unternehmensauflösungen (Doppelnennungen möglich)
Insgesamt zeigt die BaFin-Untersuchung, dass EbAV vom Risiko des Fachkräftemangels unterschiedlich stark betroffen sind. Besonders exponiert sind diejenigen Unternehmen, die ausschließlich eigenes Personal beschäftigen. Aber auch für Unternehmen, die bereits einzelne Funktionen ausgliedern, wird das Problem des Fachkräftemangels zunehmend relevanter.
BaFin wird Untersuchungen fortsetzen
Die BaFin wird das Thema daher weiterverfolgen: Mit besonders betroffenen Unternehmen wird sie Gespräche führen und über mögliche Maßnahmen diskutieren, insbesondere mit Blick auf das Risikomanagement. Denkbar sind darüber hinaus weitere Untersuchungen zum Fachkräftemangel, etwa bei betroffenen Dienstleistern oder in anderen Branchen des Finanzsektors. Die BaFin möchte bei den Unternehmen selbst und bei deren Dienstleistern das Bewusstsein für das Risiko einer unzureichenden Personalausstattung schärfen.