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Das Foto zeigt die Skyline von Frankfurt am Main mit der Europäischen Zentralbank im Vordergrund und dem Bankenviertel im Hintergrund. © Anselm - stock.adobe.com

Erscheinung:11.09.2024 | Thema Banken „So werden wir noch schlagkräftiger“

(BaFinJournal) Es war eines der größten Projekte seit der Einführung des Euro: die einheitliche Aufsicht über die größten Banken der Währungsunion. Wo steht der SSM heute?

Mehr Fokus, mehr Proportionalität und weniger Bürokratie: Das ist die Erwartung der beiden Abteilungsleiterinnen der BaFin-Bankenaufsicht, Birgit Höpfner und Frauke Menke, an die zukünftige Arbeit des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory MechanismSSM).

Die beiden BaFin-Aufseherinnen haben hautnah miterlebt, als vor zehn Jahren die Europäische Zentralbank (EZB) die Aufsicht über Europas wichtigste Banken übernahm. Seitdem ist eine zentrale Aufsicht entstanden, die dafür sorgt, dass in jedem Land die gleichen Aufsichtsmaßstäbe gelten. Menke und Höpfner haben diesen Prozess in unterschiedlichen Rollen für die BaFin begleitet und mitgestaltet.

Alles in allem sei der SSM eine Erfolgsgeschichte, sind sich Höpfner und Menke einig. Die nationalen Aufseherinnen und Aufseher aus der Eurozone seien deutlich näher aneinandergerückt und hätten viel voneinander lernen können, meint Menke. „Das war ein anstrengender Prozess, aber auf das Ergebnis können wir stolz sein“, sagt Höpfner. Künftig gehe es vor allem darum, Prozesse zu verschlanken und stärker zu priorisieren.

Wen beaufsichtigt die EZB?

113 Institute stehen derzeit unter der direkten Aufsicht der EZB: Es sind die wichtigsten Banken eines Landes und Institute, deren Bilanzsumme größer als 30 Milliarden Euro ist, sogenannte Significant Institutes (SIs). Die übrigen Banken, die Less Significant Institutes (LSIs), werden weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden kontrolliert.

In Deutschland werden aktuell 25 Institute von der EZB direkt beaufsichtigt. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl damit unter dem Strich um vier erhöht.

Beaufsichtigt werden sie von gemeinsamen Aufsichtsteams (Joint Supervisory TeamsJST), die sich aus Aufseherinnen und Aufsehern der nationalen Behörden und der EZB zusammensetzen. Jedes Team wird von einer EZB-Vertreterin oder einem EZB-Vertreter geleitet. Lokale Koordinatoren auf nationaler Ebene unterstützten sie oder ihn.

Die BaFin und die Deutsche Bundesbank arbeiten sowohl in den JSTs deutscher Institute mit als auch in denen ausländischer Banken, die in Deutschland tätig sind. „Deshalb ist es auch unseren lokalen Koordinatoren und Mitarbeitenden zu verdanken, dass der SSM seit 2014 so gut funktioniert“, sagt Menke.

So läuft die Arbeit in den Aufsichtsteams

Beim Zuschnitt und in der Organisation der JSTs gibt es deutliche Unterschiede. So kann das JST eines kleineren signifikanten Instituts, das keine Tochterinstitute außerhalb Deutschlands hat, aus wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der EZB, der BaFin und der Bundesbank bestehen. Bei großen Bankengruppen können es auch weit mehr als 50 Teammitglieder sein.

BaFin und Bundesbank teilen sich die tägliche Arbeit innerhalb der JSTs und koordinieren sich mit den Vertreterinnen und Vertretern der ausländischen Aufsichtsbehörden und der EZB. „Der Abstimmungsbedarf ist im SSM deutlich gestiegen“, sagt Höpfner. Der Vorteil sei, dass auf diese Weise jede Behörde spezifische Kenntnisse und Erfahrungen einbringe. Die Entscheidungen seien dadurch sehr robust, dauerten teilweise aber lange.

„Der gemeinsame Blick auf ein beaufsichtigtes Institut diszipliniert. Alle Aufseherinnen und Aufseher achten sehr darauf, keine nationalen Interessen zu verfolgen, sondern europäische“, sagt Höpfner. „Wichtig ist dabei auch immer, Gleiches gleich zu behandeln. Gleichzeitig aber auch Unterschieden und nationalen Besonderheiten, wo es erforderlich ist, Rechnung zu tragen“, ergänzt Menke.

EZB hat mehr Daten

Die Aufsicht arbeite auch deutlich quantitativer. Die EZB sammele mehr Daten ein, als es die nationalen Aufsichtsbehörden getan hätten, sagt Menke.

Hinzu kommt: Im SSM könnten Aufseherinnen und Aufseher grenzüberschreitend vertrauliche Daten und Informationen austauschen und auswerten. „So entsteht ein ganzheitlicher Blick“, betont Höpfner.

Selbst Risiken, die nur national entstehen, fließen in die Analyse der europäischen Aufsicht. So kann sie schnell reagieren und prüfen: Welche Institute sind noch betroffen oder könnten bald betroffen sein? Zudem kann die Aufsicht Risiken besser einschätzen. „Natürlich kennen spanische Aufseherinnen und Aufseher die spanischen Immobilienrisiken besser als die deutschen. Das gilt auch umgekehrt. Deswegen sind die JSTs so wichtig“, sagt Höpfner.

Mehr Effizienz

Hinzu kommt: Aussagekräftige Quervergleiche zwischen den europäischen Großbanken sind auf einem deutlich höheren Niveau möglich. Diese beschränken sich, so Menke, allerdings auf Quervergleiche innerhalb des SSM, während sich die Vergleichsgruppe für einige Banken außerhalb des SSM und Europas befänden.

Entscheidungen seien im SSM allerdings deutlich langsamer geworden, meint Höpfner. Bei der Vorbereitung einer Entscheidungsvorlage sind alle Behörden zu beteiligen, die Mitglied im jeweiligen JST sind. Die Entscheidung trifft das Aufsichtsgremium der EZB (Supervisory Board), abschließend muss der EZB-Rat zustimmen. Deutschland hat, wie jedes Euro-Land, bei allen Entscheidungen im Supervisory Board eine Stimme. BaFin-Präsident Mark Branson ist stimmberechtigtes Mitglied im Supervisory Board.

Noch mehr priorisieren

„Für die nächsten zehn Jahre würde ich mir wünschen, dass wir im SSM noch mehr priorisieren“, sagt Menke. „Die JSTs können nicht alles aufbohren. Die Arbeit muss noch risikoorientierter werden und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Prozesse müssen schneller und unbürokratischer werden.“

Das sei auch deswegen wichtig, da die Zahl der Risiken deutlich steige. „Gleichzeitig dürfen wir aber auch den Gesamtüberblick über ein Institut nicht verlieren, damit wir auch neue und unerwartete Herausforderungen entdecken“, meint Menke.

Die EZB müsse zudem noch proportionaler vorgehen: „Risikoärmere und spezielle Geschäftsmodelle müssen entsprechend berücksichtigt werden“, sagt Höpfner. „Ein One-Size-Fits-All-Ansatz funktioniert nicht immer. Wenn wir uns in Richtung Proportionalität weiterentwickeln, wird der SSM noch schlagkräftiger.“

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