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Bild des Exekutivdirektors Rupert Schaefer, BaFin © BaFin/Matthias Sandmann

Erscheinung:17.07.2024 | Thema Nachhaltigkeit Das geht einfacher und wirksamer

Die Offenlegungsverordnung schafft Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit, hilft in der Praxis Anlegerinnen und Anlegern aber oft nicht bei ihren Investitionsentscheidungen. Der anstehende Review ist eine gute Gelegenheit, das zu ändern.

Von Rupert Schaefer, Exekutivdirektor Strategie, Policy und Steuerung

Transparenz schaffen in puncto Nachhaltigkeitswirkungen – und damit Anlegerinnen und Anleger in die Lage versetzen, fundierte Entscheidungen gemäß ihren Präferenzen zu treffen: Das ist der Kerngedanke der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR, Verordnung (EU) 2019/2088).

Seit ihrem Inkrafttreten hat die Verordnung für mehr Transparenz gesorgt. Anbieter müssen nun offenlegen, was Nachhaltigkeit bei einem bestimmten Produkt genau bedeutet. In der Praxis hat sich jedoch auch gezeigt: Die Offenlegungen sind für Anlegerinnen und Anleger oftmals nicht ausreichend aussagekräftig.

Generell ist die Wirkung der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung auf die Finanzflüsse in nachhaltige Anlagen bisher relativ begrenzt. Darauf deuten etwa Marktdaten hin. Die nächste EU-Kommission sollte die bestehenden Regeln daher wirksamer und einfacher gestalten und sie zu einem konsistenten ESG-Gesamtregelwerk verzahnen (Der Begriff ESG steht für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance)).

Der anstehende Review der Offenlegungsverordnung bietet eine gute Möglichkeit, die ersten Schritte in diese Richtung zu gehen. Dafür liegen bereits konkrete Vorschläge auf dem Tisch, unter anderem von den drei europäischen Aufsichtsbehörden. Welche Themen sollte die Europäische Kommission aus Perspektive der Finanzaufsicht BaFin anpacken?

Nachhaltige Investitionen präziser definieren

Erstens brauchen wir eine präzisere Definition, was ein nachhaltiges Investment im Sinne der Offenlegungsverordnung ist. Und diese Definition sollte mit denen anderer Regelwerke übereinstimmen oder auf diese verweisen. Nehmen wir ökologische Nachhaltigkeit als Beispiel. In der Offenlegungsverordnung sollte diesbezüglich zunächst auf die Definition in der Taxonomie-Verordnung verwiesen werden.

Investitionen würden also dann als ökologisch nachhaltig gelten, wenn sie den Anforderungen der Taxonomie-Verordnung entsprechen. Zudem müssen auch Anlagestrategien für die Transformation von heute noch nicht nachhaltigen Assets besser abgebildet werden können, dazu unten mehr.

Für Investitionen, die nicht von der Taxonomie-Verordnung erfasst sind, brauchen wir eine klarere Definition in Artikel 2 (17) der Verordnung. Eine solche Definition könnte auch auf weitere internationale Referenzdokumente wie die Ziele nachhaltiger Entwicklung der Vereinten Nationen verweisen. In beiden Fällen hätten Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer einen Maßstab, an dem sie sich orientieren können.

Informationen auf das Wesentliche fokussieren

Zweitens sollten sich die offenzulegenden Informationen auf wenige, aber dafür wesentliche und aussagekräftige Daten beschränken. Das Principle-Adverse-Impacts (PAI)-Statement ist ein gutes Beispiel. Darin müssen Finanzmarktteilnehmende mit mehr als 500 Mitarbeitenden angeben, wie sie die nachteiligen Auswirkungen ihrer Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen.

Das ist grundsätzlich richtig. Aber müssen es wirklich bis zu 18 Pflicht- plus zwei freiwillige Kennzahlen sein – davon alleine sechs rund um das Thema Treibhausgasemissionen? Hier wäre weniger mehr. Sechs gesetzlich verpflichtende Kennzahlen, die die wichtigsten Aspekte von Nachhaltigkeit adressieren, würden genügen.

Zum Beispiel Datenangaben zu Treibhausgasausstoß, Biodiversität sowie die Achtung der Menschenrechte. Und auch diese Kennzahlen sollten sich dann an den konkreten Vorgaben bestehender Regelwerke orientieren, etwa an der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD, Richtlinie (EU) 2022/2464).

Leicht verständliche, echte Produktkategorien etablieren

Drittens brauchen wir in der Offenlegungsverordnung klare Produktkategorien. Damit Kundinnen und Kunden besser verstehen können, welches Ziel Finanzprodukte verfolgen. Zurzeit beobachten wir, dass manche Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer Artikel 8 und Artikel 9 der Offenlegungsverordnung als echte Kategorien missverstehen. Diese Artikel definieren jedoch Offenlegungspflichten, ohne eine Mindestambition bezüglich der Nachhaltigkeitswirkungen zu verankern. Leicht verständliche Produktkategorien für typische Nachhaltigkeits-Anlagestrategien könnten hier Abhilfe schaffen.

Konkret denken wir an drei Produktkategorien. Erstens an ein nachhaltiges Produkt, das ausschließlich in ökonomische Aktivitäten investiert, die ein Umweltziel oder ein soziales Ziel oder beides verfolgen, und Ausnahmen nur für Investitionen zu Hedging- und Liquiditäts-Zwecken zulässt.

Zweitens an ein Transitionsprodukt, das in Aktivitäten investiert, die unsere Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit voranbringen. Bisher betrachten wir ESG-Investments überwiegend statisch. Das Anlageziel muss bereits grün oder sozial nachhaltig sein. Mit einem Transitionsprodukt könnten wir eine dynamische Perspektive ergänzen. Diese Produktkategorie darf nicht zu Greenwashing führen. Deshalb braucht es klare Regeln. Beispielsweise müssten Unternehmen über konkrete, plausible Transitionspläne und –ziele verfügen, um als Investitionsziele für Transitionsprodukte infrage zu kommen.

Als dritte Kategorie könnten wir uns ein Exklusionsprodukt vorstellen. Es würde Investitionen in bestimmte Aktivitäten ausschließen, beispielsweise in klimaschädliche. Diese verschiedenen Produkte würden sich auch mit Blick auf ihr Rendite-Risiko-Profil unterschieden. Das Anlageuniversum von Transitions- oder nachhaltigen Produkten wäre wahrscheinlich relativ enger als das von Exklusionsprodukten, die ihre Portfolios breiter diversifizieren könnten.

Fundierte Entscheidungen ermöglichen

Präzisere Definitionen, ein Fokus auf die wirklich wesentlichen Daten und leicht verständliche Produktkategorien, all das würde die Verständlichkeit und Handhabbarkeit der Offenlegungsverordnung deutlich verbessern. Und damit würde sie auch ihrem Kerngedanken noch besser gerecht werden: Anlegerinnen und Anleger in die Lage zu versetzen, fundierte Entscheidungen nach ihren eigenen ESG-Präferenzen zu treffen.

Immer wichtig: Anlegerinnen und Anleger sollten die Nachhaltigkeitswirkung und die Chancen und Risiken eines Produkts gedanklich voneinander trennen und einzeln beurteilen. Zwischen den beiden Aspekten gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang. Es kommt immer auf das spezifische Produkt und seine konkrete Anlagestrategie an.

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