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Das Foto zeigt Carsten Sperl, Fachreferent im Bereich Geldwäscheprävention bei der BaFin. © BaFin/Armin Höhner

Erscheinung:26.06.2024 | Thema Geldwäschebekämpfung BaFin fordert Versicherer zu mehr Kontrolle auf

(BaFinJournal) Wie prüft die Finanzaufsicht BaFin die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei Versicherungsunternehmen? Carsten Sperl ist bei der BaFin für dieses Thema zuständig. Hier gibt er einen Einblick in die Arbeit der Geldwäscheaufsicht und die aktuellen Herausforderungen der Branche.

Herr Sperl, welche Schwerpunkte setzt die BaFin aktuell bei Kontrolle der Geldwäscheprävention bei Versicherungsunternehmen?

Ein Schwerpunkt sind derzeit die in Deutschland tätigen Niederlassungen von ausländischen Versicherungsunternehmen. Sie müssen bei uns keine Berichte über ihre Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung einreichen. Sie werden ja in erster Linie von der Aufsicht in ihrem Heimatland beaufsichtigt. Die BaFin als Gastlandaufsicht muss aber trotzdem über ihre Geschäfte und Präventionsmaßnahmen im Bilde bleiben.

Wir verstärken zum Beispiel unsere Vor-Ort-Besuche bei diesen Verpflichteten. Ziel ist, sich kennenzulernen und den persönlichen Austausch zu intensivieren. Wir wollen mit der Leiterin oder dem Leiter der Niederlassung und mit den Personen, die im Geldwäschebereich arbeiten, sprechen.

Zusätzlich haben wir eine Fragebogenaktion gestartet, die sich ebenfalls an die ausländischen Niederlassungen richtet. Auch damit wollen wir unser Wissen über diese Unternehmen vertiefen. Wir fragen die Niederlassungen beispielsweise, welche Geschäfte die Niederlassung in Deutschland betreibt.

Welche neuen Herausforderungen gibt es für Versicherer bei der Geldwäscheprävention?

Ein wichtiges Thema ist der Wandel von klassischen Lebensversicherungen mit Garantien hin zu flexibleren Versicherungsprodukten. Wir beobachten, dass immer mehr Lebensversicherer auf flexible Versicherungsprodukte umstellen. Diese relativ neuen Produkte zeichnen sich durch die kurzfristige Verfügbarkeit der angelegten Gelder aus. Im Gegensatz zur herkömmlichen Lebensversicherung, bei der regelmäßige und gleichbleibende Prämienzahlungen erfolgen, ermöglichen flexible Ein- und Auszahlungen viele Transaktionen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes in einem Vertrag. Diese zusätzlichen unregelmäßigen Zahlungen machen es komplizierter, die Mittelzu- bzw. –abflüsse zu überwachen.

Auch die vielen banknahen Geschäfte der Versicherungsunternehmen, wie beispielsweise Tagesgelder oder Darlehensgeschäfte, bringen zusätzliche Herausforderungen für die Geldwäscheprävention mit sich, da hier die Gefahr, dass illegale Gelder durch Transaktionen verschleiert und in den legalen Wirtschaftskreislauf integriert werden, ähnlich hoch ist, wie bei einem Kreditinstitut. Leider wird der Geldwäschebereich nicht immer rechtzeitig von der Produktentwicklung bei neuen Produkten eingebunden, so dass die Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche nicht immer hinreichend sind.

Welche Maßnahmen können Versicherer ergreifen, um die von Ihnen beschriebenen Risiken zu reduzieren?

Das Geldwäschegesetz sieht für die Unternehmen des Versicherungssektors keine Pflicht zum IT-gestützten Monitoring vor. Bei klassischen Versicherungsgeschäften mit regelmäßigen und gleichbleibenden Prämienzahlungen ist das auch kein Problem. Die Transaktionsrisiken sind relativ leicht zu beherrschen.

Es ist jedoch sehr fraglich, ob Versicherer die unregelmäßigen Transaktionen bei flexiblen Versicherungsprodukten und banknahen Geschäften ohne IT-Unterstützung angemessen überwachen können. Wir empfehlen den Unternehmen mit einem entsprechendem Produktportfolio daher dringend, ein weitreichendes IT-Monitoring einzuführen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für Versicherer durch Terrorismusfinanzierung?

In der Vergangenheit haben Terroristen immer wieder versucht, ihre Aktivitäten über hohe Todesfallzahlungen aus Lebensversicherungen zu finanzieren. Besonders beliebt sind dabei Risikolebensversicherungen, da sie mit relativ geringem finanziellen Aufwand, sprich niedrigen Prämienzahlungen, innerhalb kurzer Zeit hohe Auszahlungen ermöglichen. Und genau diese Auszahlungen können Terroristen dann für die Finanzierung ihre Ziele nutzen.

Ein besonders hohes Risiko besteht vor allem dann, wenn es zu einem Todesfall im Ausland kommt und die Todesfallsumme an einen im Ausland ansässigen Begünstigten ausgezahlt wird. In solchen Fällen ist es für die Versicherer äußerst schwierig, die Umstände des Todes zu prüfen. Das Gleiche gilt für die Identität und den Hintergrund des Begünstigten. Und genau diese Schwierigkeiten versuchen Personen mit Verbindungen zum Terrorismus auszunutzen.

Zählen zu den Versicherungsnehmern politisch exponierte Personen (PeP), erhöht sich das das Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Verpflichteten müssen dann verstärkte Sorgfaltspflichten anwenden. Wie bewerten Sie die aktuelle Praxis der PeP-Erfassung und -Überprüfung bei Versicherungsunternehmen? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Bei der PeP-Überprüfung durch Versicherungsunternehmen sehen wir ein gemischtes Bild. Fast alle Unternehmen nutzen bei der PeP-Prüfung Listen externer Dienstleister. Allerdings gibt es große Unterschiede beim Abgleich dieser PeP-Listen mit den Bestandführungssystemen. Einige Unternehmen führen täglich (overnight) einen Abgleich durch, um mögliche PeP im Bestand schnell zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Leider stellen wir aber auch fest, dass einige Unternehmen ihren Bestand nur in relativ großen Intervallen, beispielsweise halbjährlich, abgleichen. Hier ist die Gefahr groß, dass Personen im Bestand die zwischenzeitlich durch Wahlen oder durch Ernennung in hohe politische Ämter zu einer PeP geworden sind, über einen längeren Zeitraum nicht als solche erkannt werden. Wir empfehlen daher, den PeP-Abgleich in möglichst kurzen Intervallen vorzunehmen, idealerweise täglich.

Uns ist auch mehrfach aufgefallen, dass Verpflichtete in ihren Vertragsformularen einen möglichen PeP-Status nicht explizit abfragen oder einfach davon ausgehen, dass die Person keinen PeP-Status hat. Wir empfehlen, die Vertragsformulare so zu gestalten, dass jede Kundin und jeder Kunde explizit erklären muss, dass bei ihr oder ihm kein PeP-Status vorliegt. Gleiches gilt übrigens auch für Abfrage des wirtschaftlich Berechtigten, also der Person, die hinter einer juristischen Person oder einem anderen Rechtsgebilde steht und die tatsächliche Kontrolle darüber ausübt.

Was unternimmt die BaFin, damit die Versicherungsunternehmen ihre Präventionsmaßnamen verbessern?

Wir machen jedes Jahr Vor-Ort-Prüfungen bei Versicherungsunternehmen. Haben sie Produkte im Bestand, die wir als besonders risikoanfällig betrachten, prüfen wir, ob die Präventionsmaßnahmen ausreichen. Wir nehmen uns dabei auch Zeit und prüfen, ob die Maßnahmen der Versicherer wirksam sind.

Darüber hinaus setzten wir auf Sensibilisierung. In unseren Gesprächen weisen wir die Unternehmen auf das Thema hin und machen ihnen bewusst, welche Maßnahmen sie ergreifen müssen, um die Risiken der Terrorismusfinanzierung einzudämmen. Wir veranstalten auch regelmäßig Konferenzen wie unsere Fachtagung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung , um den Austausch mit den Unternehmen zu fördern.

In Einzelfällen müssen wir Maßnahmen gegen Versicherungsunternehmen ergreifen, die Schwächen bei den Präventionsmaßnahmen zeigen, weil beispielsweise die Risiken unterschätzt und keine ausreichenden Sicherungsmaßnahmen ergriffen wurden. In solchen Fällen ordnen wir abhängig von Art und Schwere des Verstoßes die Beseitigung der Mängel an, verhängen Bußgelder oder erlassen sogar geschäftsbeschränkende Maßnahmen.

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