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Erscheinung:19.04.2022 Die Zeit läuft

Unternehmen, die PSD2-Bereichsausnahmen für begrenzte Netze und sehr begrenzte Produktangebote im Zahlungsverkehr in Anspruch nehmen wollen, müssen bis zum 1. September 2022 eine Neuanzeige abgeben. Hintergrund sind neue EBA-Leitlinien.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat im Februar 2022 ihre endgültigen „Leitlinien über die Ausnahme für begrenzte Netze gemäß der PSD2“ veröffentlicht. Damit präzisiert sie die Anwendung von Artikel 3(k) der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive 2 – PSD2), die in Deutschland durch § 2 Absatz 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) umgesetzt ist.

Hintergrund ist der in der PSD2 geregelte Ausnahmekatalog, der jene Fälle aufzählt, in denen die Richtlinie nicht gelten soll. Die ab dem 1. Juni 2022 geltenden Leitlinien – die es auch in deutscher Fassung gibt – sind für die Anwendung der Bereichsausnahme eine europaweit einheitliche und verbindliche Richtschnur. Die BaFin wird ihre Verwaltungspraxis danach ausrichten. Doch insgesamt ändert sich in Deutschland relativ wenig. Denn die BaFin-Verwaltungspraxis bildet die neuen EBA-Leitlinien bereits jetzt weitestgehend ab. Dennoch bringen diese Änderungen mit sich, und einige Unternehmen sind damit aufgefordert, in den nächsten Monaten zu handeln.

Jetzt auch quantitative Angaben erforderlich

Neu ist insbesondere, dass die BaFin für die Beurteilung der Frage, ob ein Unternehmen die Netz- bzw. die Produktausnahme in Anspruch nehmen darf, nun neben qualitativen Informationen auch quantitative Angaben zum Geschäftsmodell verlangen muss.

Entsprechende Erlaubnisanfragen bearbeitet die BaFin in Zukunft nur noch, wenn die Unternehmen abschließende Angaben zu der geografischen Ausdehnung eines Netzes, der erwarteten Zahl der jährlichen Zahlungsvorgänge, den erwarteten Zahlungsvolumina und den damit einhergehenden Risiken machen.

Mit sofortiger Wirkung greift die Bereichsausnahme auch bei reinen Onlineshops. Internetmarktplätze, die nicht selbst Waren oder Dienstleistungen vertreiben, sondern lediglich einen Treffpunkt für Verkäufer und Käufer bereitstellen, werden allerdings von der Ausnahme weiterhin nicht erfasst.

Ebenfalls neu ist, dass eine Kombination regulierter und unregulierter Zahlungsinstrumente auf einem einzigen Träger – die Leitlinien sprechen hier von Zahlungsmitteln wie etwa auf einer Karte oder in einer Wallet – nicht mehr möglich sein wird. Diese Zahlungsinstrumente müssen sich aus Transparenz- und Verbraucherschutzgründen nun auf unterschiedlichen Trägern befinden. Es bleibt aber weiter zulässig, mehrere von der Ausnahme erfasste Zahlungsinstrumente auf einem Träger zusammenzufassen.

Auch in Zukunft bleibt es unzulässig, in einem Zahlungsinstrument mehrere der möglichen Ausnahmevorschriften zu kombinieren – also die zu Limited Range, Limited Network oder zur Zweckkarte. Anders ausgedrückt: Jedes Zahlungsinstrument darf nur einen der drei Ausnahmetatbestände für sich beanspruchen.

Nach wie vor gilt: Zugelassene Zahlungsdienstleister und E-Geld-Emittenten dürfen auch künftig Zahlungsinstrumente herausgeben, die nicht in den Anwendungsbereich der PSD2 bzw. des ZAG fallen. Allerdings muss dann auf dem jeweiligen Träger deutlich erkennbar sein, dass es sich um ein unreguliertes Zahlungsinstrument handelt. Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen nicht zu der Annahme verleitet werden, das Zahlungsinstrument stehe unter dem besonderen Schutz der PSD2.

Des Weiteren stellen die Leitlinien klar, dass die Einschaltung eines Dritten bei der Befüllung von Zahlungsinstrumenten – gemeint sind insbesondere Prepaid-Angebote – zum Erbringen erlaubnispflichtiger Zahlungsdienste durch den Dritten führen kann. Der zwischengeschaltete Dritte kann sich nämlich in solchen Fällen regelmäßig nicht auf die Netz- bzw. Produktausnahme berufen, da die Befüllung nicht unmittelbar einem Waren- oder Dienstleistungserwerb dient. Die BaFin begrüßt diese Klarstellung ausdrücklich; sie bestätigt ihre bisherige Auffassung.

Wichtig für Unternehmen: Frist 1. September 2022

Gerade für das Anzeigenwesen sind wichtige Neuerungen zu beachten: Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit eine Anzeige nach Artikel 37 Absatz 2 PSD2 (in Deutschland: § 2 Absatz 2 ZAG) über die Inanspruchnahme der Bereichsausnahme abgegeben haben, müssen aktiv werden. Denn die Leitlinien verpflichten alle betroffenen Unternehmen, bis zum 1. September 2022 eine erneute Anzeige einzureichen. Diese muss zu allen Vorgaben der Leitlinien entsprechende Angaben enthalten. Um den betroffenen Unternehmen die Arbeit zu erleichtern, stellt die BaFin ein elektronisches Formular zur Verfügung. Darin können alle Angaben eingetragen werden, die für eine aufsichtsrechtliche Prüfung erforderlich sind.

Die Unternehmen sollten genau prüfen, ob eine Anzeige für sie notwendig ist. Dabei müssen sie Folgendes beachten: Nur der Herausgeber (auch Emittent oder Issuer genannt) von Zahlungsinstrumenten ist zur Abgabe einer (Neu-)Anzeige verpflichtet. Wer ein solches Zahlungsinstrument nur abrechnet, ohne zugleich Herausgeber zu sein, ist nicht anzeigepflichtig und wird auch nicht in das BaFin- sowie das EBA-Register eingetragen.

Weiterführende Informationen zur Bereichsausnahme für begrenzte Netze und sehr begrenzte Waren- und Dienstleistungsangebote finden die Marktteilnehmer im ZAG-Merkblatt der BaFin.

Frist nicht beachtet, Registereintrag wird gelöscht

Wichtig ist, dass alle betroffenen Unternehmen die Frist zum 1. September 2022 einhalten. Das bisherige Register wird es nach diesem Datum nicht mehr geben. Sofern eine Neuanzeige nicht oder verspätet eingereicht wird, muss die BaFin den bisherigen Registereintrag mit Ablauf der Frist löschen. Geht eine Neuanzeige bei der BaFin verspätet ein, wird diese als erstmalige Anzeige gewertet und entsprechend in den Prüfungsturnus eingereiht. Erst nach erfolgreich durchgeführter Prüfung durch die BaFin kann eine erneute Aufnahme in das Register erfolgen.

Unternehmen, die sich nicht sicher sind, ob sie die Voraussetzungen erfüllen, sollten kundige Rechtsberatung einholen. Die BaFin ist weder befugt noch anderweitig berufen, einzelne Unternehmen in rechtlichen Fragen zu beraten. Die BaFin wird die Neuanzeigen zügig prüfen. Aufgrund der zu erwartenden hohen Zahl an Anzeigen wird die Prüfung einen erheblichen Zeitaufwand erfordern.

Einreichungen über Verbände nicht mehr möglich

Unternehmen, die eine Anzeige abgeben möchten, müssen bedenken, dass dies über die Verbände, die bisher bei der Erstabgabe der Anzeige mitgewirkt haben, nicht mehr möglich ist. Neuanzeigen sind vom Unternehmen direkt an die BaFin zu richten, und zwar vorzugsweise elektronisch an das Postfach ZAG-Neuanzeigen@bafin.de. Das Unternehmen sollte im Betreff genannt werden. Alternativ ist eine Zusendung über den Postweg möglich. In diesem Fall gilt für die Fristeinhaltung das Eingangsdatum des Schreibens bei der Poststelle der BaFin.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 04/2022 (Download)

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