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Erscheinung:18.02.2022 Durchgehender Schutz für alle

Immer mehr Versicherer bieten kurze Kündigungsfristen an, weil ihre Kundinnen und Kunden Flexibilität schätzen. Bei Kfz-Haftpflichtversicherungen ist das aber problematisch, denn sie sollen flächendeckenden Schutz bieten.

Viele Versicherer bieten mittlerweile kurze Kündigungsfristen an, um ihren Kundinnen und Kunden die gewünschte Flexibilität zu bieten und sich von der Konkurrenz abzuheben. Einige werben sogar mit einer täglichen Kündbarkeit. Das ist in vielen Fällen auch möglich, nämlich dann, wenn die Vertragsfreiheit greift. Doch gilt das auch für Kraftfahrzeug-Haftpflichtverträge? Nein! Denn bei ihnen muss es eine gewisse Laufzeit und Kündigungsfrist geben. Ein Thema, das die BaFin im Auge hat.

Warum Kontinuität bei Kfz-Versicherungen wichtig ist

Kfz-Haftpflichtpolicen haben eine Besonderheit: Sie sollen einen kontinuierlichen Versicherungsschutz für sämtliche am Verkehr teilnehmenden Personen gewährleisten. Aus diesem Grund sind sie Pflichtversicherungen, für die das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) gilt. Danach muss „jeder Halter eines Kraftfahrzeugs […} für sich, den Eigentümer und den Fahrer“ eine solche Police abschließen. Außerdem sieht das Gesetz grundsätzlich eine Laufzeit von einem Jahr und eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des jeweiligen Jahres vor (siehe Infokasten).

Von diesen Regelungen profitieren nicht nur das Versicherungsunternehmen selbst und die Versicherungsnehmerinnen und -nehmer. In erster Linie dienen sie dem möglichst lückenlosen Schutz aller Verkehrsteilnehmer.

Prozedere bei Beendigung

Wie wichtig dies ist, wird auch deutlich, wenn man sich das übliche Prozedere bei der Beendigung einer Kfz-Haftpflichtversicherung vor Augen hält: Für die Zulassung eines Kfz ist eine gültige Haftpflichtpolice erforderlich. Das verlangt § 3 Absatz 1 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Wird ein solcher Vertrag beendet, zeigt der Kfz-Versicherer dies der zuständigen Zulassungsstelle an. Sonst unterläge er laut § 117 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) unbegrenzt der Nachhaftung. Nach der Anzeige prüft die Zulassungsstelle, ob für das Fahrzeug ein neuer Versicherungsschutz besteht. Ist das nicht so, widerruft sie die Zulassung – oder ergreift andere Maßnahmen, damit das Fahrzeug abgemeldet oder weiter versichert wird.

Sollte der Kfz-Halter keine neue Versicherung abschließen und einen Unfall verursachen, wären die anderen involvierten Personen im doppelten Sinne die Leidtragenden. Denn möglicherweise kann der, der das Auto führt, ihre Schäden nicht ersetzen, weil ihm die finanziellen Mittel fehlen. Auch die Nachversicherung nach § 117 VVG hilft dann nicht in allen Fällen; sie ist befristet, und zwar auf einen Monat, nachdem der Versicherer die Kündigung bei der Zulassungsstelle angezeigt hat.

Umso wichtiger ist es, dass möglichst alle Kfz-Haftpflichtverträge mit dem PflVG in Einklang stehen und beispielsweise mit einer ausreichenden Kündigungsfrist ausgestattet sind. Denn nur so können Versicherungslücken minimiert werden.

Was die BaFin tut

Weil der kontinuierliche und flächendeckende Schutz aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer so wichtig ist, sorgt die BaFin dafür, dass die Versicherer die Vorgaben des Pflichtversicherungsgesetzes einhalten. Unternehmen, die Kfz-Haftpflichtverträge mit unterjährigen Kündigungen und zu kurzen Kündigungsfristen anbieten, müssen damit rechnen, dass die Aufsicht Kontakt zu ihnen aufnimmt und sie auffordert, ihre allgemeinen Versicherungsbedingungen anzupassen .

Auf einen Blick:Regelungen zur Kündigung von Kraftfahrzeug-Haftpflichtverträgen

Der Wortlaut in § 5 Absatz 5 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG), insbesondere sein Satz 2, sieht vor, dass Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen grundsätzlich ein Jahr laufen bzw. um ein Jahr verlängert werden, zum Ende des Jahres mit einmonatiger Kündigungsfrist gekündigt werden können und unterjährig keine Kündigungsmöglichkeiten bestehen:
§ 5 Absatz 5 Satz 1 PflVG enthält zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses folgende Regelungen: Das Versicherungsverhältnis endet spätestens

  • wenn es am ersten Tag eines Monats begonnen hat, ein Jahr nach diesem Zeitpunkt,
  • wenn es zu einem anderen Zeitpunkt begonnen hat, an dem nach Ablauf eines Jahres folgenden Monatsersten.

Nach § 5 Absatz 5 Satz 2 PflVG verlängert sich das Versicherungsverhältnis um jeweils ein Jahr, wenn es nicht spätestens einen Monat vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Die Formulierung in Satz 1 – „spätestens“ – deutet zwar darauf hin, dass es Möglichkeiten gibt, dass Versicherungsverträge auch vor Ablauf eines Jahres gekündigt werden können. Das Gesetz regelt die Möglichkeiten der unterjährigen Beendigung insbesondere in § 5 Absatz 5 S. 4 PflVG. In diesen Fällen endet der Vertrag allerdings ohne Kündigung. Das Gesetz geht daher im Übrigen davon aus, dass Kraftfahrzeug-Haftpflichtverträge grundsätzlich ein Jahr laufen/verlängert werden und zum Ablauf des Jahres mit einmonatiger Frist gekündigt werden können (vgl. BT-Dr. 12/6959, Seite 109; MüKoStVR/Rolfs/Binz, 1. Auflage 2017, PflVG § 5 Rn. 8; Stiefel/Maier/Jahnke, 19. Auflage 2017, PflVG § 5 Rn. 77).

Kfz-Haftpflichtversicherung als befristetes Dauerschuldverhältnis

Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung handelt es sich somit um ein in der Regel auf ein Jahr befristetes Dauerschuldverhältnis. Dieses ist ordentlich nicht vorzeitig kündbar, sondern kann nach § 5 Absatz 5 S. 2 PflVG nur mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende der Laufzeit gekündigt werden. Der Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 10 2. Halbsatz Versicherungsvertragsgesetz (VVG), nach dem eine Versicherung grundsätzlich mit Ablauf des letzten Tages der Vertragszeit endet. Auch § 11 VVG liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass es Kündigungsmöglichkeiten nur bei Versicherungsverhältnissen gibt, die auf unbestimmte Zeit eingegangen werden (§ 11 Absatz 2 VVG), nicht aber bei Versicherungsverhältnissen, die auf bestimmte Dauer eingegangen werden (§ 11 Absatz 1 VVG). Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist gemäß § 5 Absatz 5 PflVG grundsätzlich ein auf eine bestimmte Dauer – normalerweise ein Jahr – angelegtes Versicherungsverhältnis. Es endet daher mit Ablauf der Laufzeit. Daran ändert auch nichts, dass sich das Versicherungsverhältnis nach den speziellen Regelungen im PflVG automatisch um ein Jahr verlängert, wenn es nicht zum Ablauf der Laufzeit gekündigt wurde.

Verfasst von

Dr. Anne Lehder
Referat VA 37

Hinweis

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Zusatzinformationen

BaFinJournal 02/2022 (Download)

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