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Erscheinung:18.01.2022 Abwicklung: Kommunizieren in der Krise

Wer was wann wie sagt: Abwicklungsbehörden und deutsche Kreditinstitute tauschen sich erstmalig über die Kommunikation rund um Abwicklungsmaßnahmen aus.

Gerät ein Kreditinstitut in eine gefährliche Schieflage, dauert es meist nicht lange, bis die klassischen und sozialen Medien darüber berichten. Das kann unerwünschte Marktreaktionen auslösen und die Krise der Bank beschleunigen. Eine gute Krisenkommunikation ist daher unabdingbar – besonders dann, wenn Abwicklungsmaßnahmen ergriffen werden (siehe Infokasten).

Der Geschäftsbereich Abwicklung hat daher Ende November 2021 erstmalig einen Aktionstag zur Krisenkommunikation ausgerichtet. Dazu eingeladen hatte die BaFin Kolleginnen und Kollegen des Einheitlichen Abwicklungsauschusses (Single Resolution BoardSRB) sowie Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher deutscher Kreditinstitute, die in den Zuständigkeitsbereich des SRB und/oder der BaFin fallen. Ziel der virtuellen Veranstaltung war, mit den Kreditinstituten darüber zu diskutieren, welche Herausforderungen bei der Kommunikation im Rahmen von Abwicklungsmaßnahmen bestehen und wie man Krisenkommunikationsprozesse besser aufeinander abstimmen kann.

Auf einen Blick:Warum und wie Banken abgewickelt werden

Als Reaktion auf die Finanzkrise 2007/2008 hat der europäische Gesetzgeber im Jahr 2015 ein Abwicklungsregime für Banken geschaffen. Damit wollte er vermeiden, dass Kreditinstitute mit öffentlichen Geldern gestützt werden müssen (Bail-out). Die BaFin ist seit dem 1. Januar 2018 die Nationale Abwicklungsbehörde (NAB) in Deutschland. Bis dahin war die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) zuständig.

Die BaFin ist damit Teil des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM). Der SRM besteht aus dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss (Single Resolution BoardSRB) mit Sitz in Brüssel und den nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten.

Die BaFin ist als NAB primär zuständig für die deutschen Institute, die im Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory MechanismSSM) als weniger bedeutend eingestuft sind (Less Significant Institutions – LSIs). Dazu zählen auch Finanzmarktinfrastrukturen (Financial Market Infrastructures – FMIs) mit Bankerlaubnis sowie zentrale Gegenparteien (Central CounterpartiesCCPs) mit und ohne Bankerlaubnis.

Das SRB ist primär zuständig für

  • die Institute, die im SSM als bedeutend eingestuft sind (Significant Institutions – SIs) und unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank stehen; die BaFin ist als NAB in den Internal Resolution Teams (IRTs) vertreten.
  • grenzüberschreitend tätige LSIs (Cross Border LSIs) und
  • LSIs, bei denen die Zuständigkeit unter bestimmten Voraussetzungen auf das SRB übergeht.

Das maßgebliche gesetzliche Rahmenwerk bilden die Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) und das deutsche Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG).

Dieses Rahmenwerk sieht vor, dass Abwicklungsmaßnahmen erlassen werden können, wenn drei Kriterien erfüllt sind: (1) Das Institut ist in seinem Bestand gefährdet, (2) es sind keine alternativen aufsichtlichen oder privatwirtschaftlichen Maßnahmen ersichtlich, die die Bestandsgefährdung abwenden können, und (3) die Abwicklung liegt im öffentlichen Interesse (Verhältnismäßigkeitsgebot).

Mit Feststellung des Krisenmodus (siehe Abbildung) beginnt die Intensivvorbereitung auf eine eventuell später umzusetzende Abwicklungsmaßnahme. In einem festgelegten Krisenprozess wird nun geprüft, ob und wann die drei genannten Voraussetzungen vorliegen und mit welcher Abwicklungsstrategie die Abwicklungsziele, zum Beispiel die Wiederherstellung der Finanzmarktstabilität, am effektivsten erreicht werden können. Steht die präferierte Abwicklungsstrategie fest und hat die BaFin festgestellt, dass alle Abwicklungsvoraussetzungen erfüllt sind, veröffentlicht sie die Abwicklungsanordnung. Mit dieser Allgemeinverfügug setzt sie die Abwicklungsmaßnahme in Kraft.

Abbildung

Abbildung Krisenkommunikation @ BaFin Abbildung

Warum Krisenkommunikation bei einer Abwicklung entscheidend ist

Steuert ein Kreditinstitut auf eine Problemsituation zu, setzt in aller Regel schnell eine intensive Berichterstattung ein: in den herkömmlichen Medien, zunehmend aber auch in den sozialen Medien. Negativ interpretierbare Meldungen über das betroffene Institut können dessen Situation weiter verschlechtern, auch weil andere Marktteilnehmer darauf reagieren, etwa indem sie Liquidität aus dem Insitut abziehen. Solche Marktreaktionen können den Niedergang des Instituts beschleunigen und die involvierten Aufsichts- und Abwicklungsbehörden vor zusätzliche Herausforderungen stellen. Spätestens wenn eine Abwicklungsanordnung veröffentlicht wird, müssen daher die beteiligten Behörden sicherstellen, dass die Maßnahme von einer orchestrierten Kommunikation begleitet wird, die den Markt stabilisieren soll .Die Abstimmung dieser Kommunikation unter den Beteiligten ist in allen Phasen des Krisenprozesses von entscheidender Bedeutung.

Aktionstag der BaFin

Bei dem Aktionstag, dem „Country Day Crisis Communication“, ging es darum, das gemeinsame Verständnis relevanter Prozesse und inhaltlicher Vorbereitungen zu verbessern.

Die Veranstaltung war in drei Abschnitte mit insgesamt acht Vorträgen gegliedert. Im ersten Abschnitt stellten Expertinnen und Experten des SRB und der BaFin unter anderem den idealtypischen Ablauf eines Krisenprozesses (siehe Abbildung) dar und gingen auf unterschiedliche Krisenphasen sowie wesentliche Meilensteine und Kommunikationspunkte ein.

Daran anschließend wurden die Teilnehmenden in vier verschiedenen Vorträgen darüber informert, wie die Internal Resolution Teams (siehe Infokasten) den Status der Krisenkommunikationsvorbereitungen der Institute bewerten und Abwicklungsbehörden Krisenkommunikationsmaßnahmen vorbereiten. In diesem Kontext wurde unter anderem die im Juni 2021 von der BaFin herausgegebene Ad-hoc-Leitlinie thematisiert, die auch Möglichkeiten für Institute vorsieht, sich in besonderen Fällen von Ad-hoc-Publizitätspflichten befreien zu lassen. Zudem berichteten die BaFin-Experten über ihre Probeanrufe beim Verbrauchertelefon der BaFin. Dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren zuvor speziell zum Thema Abwicklung geschult worden. Das Verbrauchertelefon soll für Verbraucherinnen und Verbraucher auch bei einer Bankenabwicklung Anlaufstelle sein. Die BaFin wird dann aber eine separate Nummer einrichten und veröffentlichen.

Im dritten Abschnitt gingen Vertreter zweier der größten deutschen Kreditinstitute auf besondere Herausforderungen und das Zeitmanagement der Krisenkommunikationsvorbereitung bei Großbanken ein. Immer wichtiger seien dabei in Zeiten von Social Media Meldungen, die sich schnell verbreiten und nicht immer der Wahrheit entsprechen.

Mit ihrem Aktionstag hat die BaFin den Startschuss für einen regelmäßigen Austausch über die Krisenkommunikation bei Abwicklungsfällen gegeben. Aus Sicht des SRB ist er als Muster für ähnliche Veranstaltungen in anderen Mitgliedstaaten der Bankenunion gut geeignet.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 01/2022 (Download)

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