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Symbolfoto mit der Aufschrift "Moderne Aufsicht". © BaFin

Erscheinung:18.01.2022 Moderne Aufsicht: Hinter die Fassade schauen

Mit ihrer neuen Fokusaufsicht durchleuchtet die BaFin Unternehmen, die besondere Aufmerksamkeit verdienen.

Wirecard, galoppierende Digitalisierung und eine Pandemie als Brandbeschleuniger: „Die klassischen Kennziffern wie die Eigenkapitalquote und Liquiditätskennziffern allein reichen nicht aus, um alle Risiken zu erkennen“, resümierte Raimund Röseler im Mai 2021 bei der Jahrespressekonferenz der BaFin. Die Konsequenz für den Exekutivdirektor: Die BaFin müsse sich noch mehr mit den Geschäftsmodellen von Unternehmen beschäftigen und „noch intensiver hinter deren Fassade schauen“. Wenige Tage später ging der Pilot der Fokusaufsicht an den Start, die genau das zur Aufgabe hat.

Die Fokusaufsicht erforscht das Innenleben von Banken und anderen Unternehmen, deren Geschäftsmodell sehr komplex ist oder sehr innovativ erscheint, die international außergewöhnlich stark vernetzt sind oder die ein besonderes Risikoprofil haben. „Bei solchen Unternehmen wollen wir schneller, genauer und aus erster Hand wissen, wo die Erträge herkommen, denn wo das Geld verdient wird, liegen die Risiken“, erläuterte Röseler und kündigte an: „Wenn wir auf intransparente Verhältnisse stoßen und uns keine Klarheit verschaffen können, handeln wir – und schränken die Geschäfte notfalls ein.“

Die Fokusaufsicht ist eines der Ergebnisse des umfangreichen BaFin-Modernisierungsprojekts, an dem ein Team aus rund 100 Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern aus dem Bundesfinanzministerium und der BaFin sowie externen Expertinnen und Experten bis Ende 2021 gearbeitet hat. In seiner Dezember-Ausgabe hatte das BaFinJournal bereits über zwei weitere Teilaspekte berichtet: die neue Bilanzkontrolle und das Mystery Shopping.

Fokusaufsicht seit August aktiv

Seit August 2021 ist die Fokusaufsicht im Regelbetrieb und beaufsichtigt bereits 21 Banken, Versicherer, Wertpapierhäuser und Zahlungsdienstleister. Für Mark Branson, Präsident der BaFin, ist mit der Einrichtung der Fokusaufsicht ein wichtiger Schritt in Richtung einer modernen Aufsicht getan: „Wir haben festgestellt, dass es Unternehmen gibt, die einen erhöhten Aufsichtsbedarf haben, auch dann, wenn es ihnen vordergründig gut geht. Solche Unternehmen wollen wir in all ihren Facetten durchleuchten.“ Um zu entscheiden, welches Unternehmen ein Fall für die Fokusaufsicht ist, werden alle Aufsichtsobjekte der BaFin regelmäßig evaluiert. Im Grunde gehe es darum, bei der Aufsicht noch stärker nach den individuellen Risiken zu differenzieren und das aufsichtliche Instrumentarium gezielter einzusetzen, erklärt Branson: „Wir wollen ein vertieftes Verständnis von Produkten und Risiken entwickeln und Geschäftsmodelle und Gruppenstrukturen stärker durchdringen“, fasst er zusammen.

Steuerung aus dem Geschäftsbereich SPS

Die Fokusaufsicht findet in verschiedenen Aufsichtsbereichen statt. Gesteuert wird sie dabei aus dem Geschäftsbereich Strategie, Policy und Steuerung (SPS) heraus: von der Stabsstelle KFT. Das Kürzel steht für „Koordination Fokusaufsicht & Taskforce“.

Berichte ans Direktorium

Eine zentrale Aufgabe der KFT ist es, den Präsidenten und das Direktorium durch regelmäßige Berichte über die Fokusaufsicht zu informieren. Umgekehrt leitet die KFT Vorgaben des Präsidenten und des Direktoriums an die Fokuseinheiten in den Aufsichtsbereichen weiter und sorgt dafür, dass sie dort aufgegriffen werden. Zudem setzt die Stabsstelle KFT einheitliche Standards und sorgt für die Qualitätssicherung. Sie steuert auch die Auswahl der Unternehmen, die unter Fokusaufsicht gestellt werden. Auf der anderen Seite soll es auch möglich sein, dass Unternehmen die Fokusaufsicht wieder verlassen.

Darüber hinaus analysiert die KFT alle Informationen, die in den Fokuseinheiten zur Verfügung stehen, und identifiziert gemeinsam mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen Risiken und Muster. Die KFT vernetzt sich zudem auch eng mit anderen Stellen im Haus, etwa mit der Hinweisgeberstelle, über die das BaFinJournal in der Februar-Ausgabe berichten wird, mit der Bilanzkontrolle und dem Verbraucherschutz. Die Vernetzung verschiedener Bereiche sei für ihn ein zentrales Thema, erläutert Branson. „Wir haben sehr viel Wissen und sehr viele Informationen im Haus, wir müssen das alles besser miteinander verknüpfen und für unsere Aufsicht nutzbar machen“, fügt er hinzu.

Fokusaufsicht nicht dasselbe wie Intensivaufsicht

Branson legt Wert darauf, dass die Fokusaufsicht nicht mit der Intensivaufsicht verwechselt wird, die in den verschiedenen Geschäftsbereichen bereits seit Längerem existiert. „In der Intensivaufsicht betreuen wir Unternehmen, die aus den unterschiedlichsten Gründen einer sehr engen Aufsicht bedürfen. Da betreiben wir umfangreiches Krisenmanagement“, erläutert der BaFin-Präsident. Ein Fall für die Fokusaufsicht seien dagegen Unternehmen, die der besonderen Beobachtung bedürfen. Werde ein Aufsichtsobjekt in die Fokusaufsicht überführt, bedeute das nicht automatisch, dass es sich in einer Krisensituation befinde, sondern erst einmal nur, dass die BaFin das Aufsichtsobjekt näher unter die Lupe nehme.

Hinweis

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Zusatzinformationen

BaFinJournal 01/2022 (Download)

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