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Bild der Exekutivdirektorin Abwicklung und Geldwäscheprävention, Birgit Rodolphe. © Pavel Becker

Erscheinung:16.05.2022 | Thema Fintech Zukunft ohne Aufsicht? Decentralised Finance als Herausforderung für die Finanzaufsicht

(BaFinJournal) Von Birgit Rodolphe, Exekutivdirektorin Abwicklung und Geldwäscheprävention, BaFin

Es klingt wie eine Utopie: Wer kurzfristig ein Darlehen benötigt, findet dieses innerhalb von Sekunden im Internet. Nicht bei einer Direktbank, nicht bei einem FinTech – sondern bei einem pseudonymen Kollektiv tausender Personen aus der ganzen Welt.

„Decentralised Finance“ (DeFi) lautet das Zauberwort. Was mit Kryptowerten wie dem Bitcoin oder Ether begann, hat sich inzwischen zu einem ganzen Ökosystem entwickelt. Auf Grundlage der Distributed-Ledger-Technologie betreiben pseudonyme Nutzer Tausch- oder Handelsplattformen für Kryptowerte. Sie können diese gegen Gebühr leihen oder verleihen, Versicherungen abschließen, derivative Produkte erwerben oder ihre Kryptowerte verwalten lassen. Herkömmliche Angebote des Finanzmarkts, die mit einer neuartigen, für viele schwer zu erfassenden Technologie gekoppelt werden – selbstverwaltet, dezentral, abseits des traditionellen Finanzsystems.

Utopie? Oder doch eher Dystopie? An wen kann ich mich wenden, wenn ich mein Krypto-Darlehen stunden will? Was passiert, wenn meine Kryptowerte plötzlich ganz verschwinden? Einen Einlagensicherungsfonds gibt es für solche Fälle jedenfalls nicht. Die Praxis zeigt auch: Ganz so basisdemokratisch und uneigennützig, wie die Fans der Szene es darstellen, ist DeFi nicht. Die Szene ist reich an technischen Problemen, Hacks und betrügerischen Aktivitäten. Schäden im dreistelligen Millionen-Bereich sind keine Seltenheit.

Bei aller Begeisterung für die technischen Innovationen, die DeFi möglich machen: Die Verwendung einer neuen Technologie für den Kundenkontakt führt nicht dazu, dass dieses Geschäftsmodell einen regulatorischen Freibrief bekommt. Wer in einem Land erlaubnispflichtige Dienstleistungen erbringt, der unterliegt dem dortigen Aufsichtsrecht.

Noch ist der DeFi-Markt zwar ein Nischenmarkt. Wenn DeFi aber eine echte Konkurrenz zum traditionellen Finanzmarkt werden soll, dann wird dies nicht ohne spezifische neue Regulierung funktionieren.

Klar ist: Die Uhr tickt. Je länger der DeFi-Markt unbeaufsichtigt bleibt, umso mehr steigt das Risiko für die Verbraucher. Und umso größer ist die Gefahr, dass sich kritische Angebote etablieren, die eine systemische Relevanz haben. Wir sollten deshalb aktiv regulatorische Eckpunkte für neue Angebote setzen und es damit innovativen Anbietern ermöglichen, ihre Angebote rechtssicher umzusetzen. Die Einführung des Kryptoverwahrgeschäfts zeigt: Innovative Regulierung kann sogar besondere Anziehungswirkung entfalten. Im Idealfall wären solche Vorgaben natürlich EU-weit einheitlich, um einen fragmentierten Markt zu verhindern und das gesamte Innovationspotenzial Europas zu heben.

Ergebnis regulatorischer Überlegungen kann aber natürlich nicht sein, dass wir etablierte Standards aufweichen oder DeFi-Angebote regulatorisch besserstellen, als vergleichbare Angebote des traditionellen Finanzmarktes.

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