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Symbolfoto ©BaFin_Armin_Hoehner

Erscheinung:15.10.2021 Reform als Langstreckenlauf

BaFin-Präsident Mark Branson und Staatssekretär Dr. Jörg Kukies stellten am 13. Oktober die bisherigen Fortschritte des BaFin-Modernisierungsprojekts vor. Die Richtung stimmt, die Reform der Aufsicht ist aber noch nicht abgeschlossen.

Dr. Jörg Kukies sieht die BaFin auf einem guten Weg: : Im Modernisierungsprojekt, das die BaFin seit mehr als einem halben Jahr gemeinsam mit seinem Haus bestreitet, seien „wichtige Meilensteine bereits erreicht“. Das berichtete der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium bei einem virtuellen Pressegespräch am 13. Oktober, bei dem er gemeinsam mit BaFin-Präsident Mark Branson den aktuellen Stand des Projekts vorstellte (siehe Infokasten). Weite Teile des Programms sind bereits umgesetzt, ein Drittel steht vor der Implementierung. Abgeschlossen wird das Projekt im Dezember.

„Es geht schnell vorwärts“, kommentierte Branson, der seit Anfang August Präsident der Aufsicht ist. Er sei von Anfang an beeindruckt gewesen, wie viel schon erreicht worden sei und wieviel Energie in dem Projekt stecke. Und was aus seiner Sicht besonders wichtig ist: „Die Richtung stimmt.“ Kukies hob hervor, dass das Modernisierungsprojekt bereits ausgezeichnet worden sei. Das Projektteam habe damit beim 20. eGovernment-Wettbewerb von BearingPoint und Cisco in der Kategorie „Bestes Projekt zur agilen Transformation 2021“ den ersten Platz belegt.

Auf einen Blick:BaFin-Modernisierungsprojekt

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte im Februar 2021 einen Sieben-Punkte-Plan zur Reform der BaFin vorgelegt. Grundlage für die Reform ist das im Juni dieses Jahres vom Deutschen Bundestag verabschiedete FISG, das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (siehe BaFinJournal Juni 2021). Ziel ist, die Schlagkraft der BaFin im Aufsichts- und Prüfungshandeln zu erhöhen und den Finanzmarkt mit modernster Technologie wirksamer und stringenter zu beaufsichtigen.

Ein Team aus rund 100 Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern aus dem Bundesfinanzministerium und der BaFin sowie externen Expertinnen und Experten arbeitet seit rund sieben Monaten daran. Inzwischen sind gut zwei Drittel der insgesamt 40 identifizierten Reformmaßnahmen umgesetzt, ein Drittel steht vor der Implementierung. Das Projekt soll Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.

Modernisierungsprozess geht weiter

Für Branson und Kukies ist das Modernisierungsprojekt indes erst der Anfang einer langfristigen Weiterentwicklung der BaFin. „Die BaFin ist sicherlich deutlich moderner als vor einem halben Jahr“, führte Branson aus. „Wir werden aber Jahre brauchen, bis wir überall auf dem Niveau sind, das wir anstreben.“ Branson wie Kukies sehen die Modernisierung der BaFin daher als anspruchsvollen Langstreckenlauf. „Wir waren beide mal Langstreckenläufer, wir wissen, wovon wir reden“, sagte Branson. Für das weitere Vorgehen kündigte Kukies an, dass sich sein Haus im Dezember aus dem Modernisierungsprozess zurückziehe: „Uns liegt viel daran, dass wir jetzt die weiteren Etappen unseres gemeinsamen Langstreckenlaufs der BaFin überlassen“, erläuterte der Staatssekretär – auch mit Blick auf die operative Unabhängigkeit der BaFin vom Finanzministerium. Ein Punkt, der Branson sehr wichtig ist: „In der operativen Aufsicht muss es eine totale Unabhängigkeit geben.“

Dass die Erwartungen an seine Behörde hoch sind, ist dem BaFin-Präsidenten bewusst. Man verlange von der Aufsicht Entscheidungen von höchster Qualität, klare, ehrgeizige Ziele und eine moderne, digitale Arbeitsweise. Er ist zuversichtlich, dass die Beschäftigten der BaFin motiviert sind, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

Ganzheitliche, vernetzte und vorausschauende Aufsicht

Für Branson ist die Modernisierung der BaFin auch eine Frage der Kultur. Als moderne Aufsicht müsse die BaFin ganzheitlich, vernetzt und vorausschauend denken. „Wir müssen schnell, flexibel, aufgeschlossen und extrem klar in der Kommunikation sein“, führte er aus. Essenziell ist für Branson, dass „wir mutig und bereit sind, ab und zu Risiken einzugehen.“ Die BaFin müsse im Zweifel Entscheidungen auch dann fällen, wenn Zuständigkeiten nicht hundertprozentig klar ausbuchstabiert seien und sich nicht alle Einzelheiten bis ins letzte Detail klären ließen: „Das Risiko, nicht alle Informationen für einen Bescheid zur Verfügung zu haben, ist nicht so groß wie das, nicht oder zu spät zu handeln.“

Fokusaufsicht und Taskforce garantieren intensivere Kontrolle

Zu den erreichten Meilensteinen des Modernisierungsprojekts gehören die Fokusaufsicht und die Taskforce, von der sich Kukies und Branson ein Plus an aufsichtlicher Durchschlagkraft versprechen. Beide Einheiten sind Mitte August an den Start gegangen und „funktionieren“, wie Kukies sagte. Koordiniert werden sie von der Stabsstelle „Koordination Fokusaufsicht und Taskforce“, kurz KFT. Die KFT ist direkt dem BaFin-Präsidenten unterstellt. Die Fokusaufsicht beaufsichtigt Finanzdienstleistungsunternehmen mit komplexen oder innovativen Geschäftsmodellen. Dabei will die BaFin holistischer und intensiver vorgehen, um kritische Risiken zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken. In den vergangenen Monaten sind hierfür die notwendigen neuen Prozesse aufgesetzt und getestet worden. Derzeit überwacht die Fokusaufsicht bereits 17 Banken, Versicherer, Wertpapierhäuser und Zahlungsdienstleister.

Mit ihrer Taskforce kann die BaFin im Verdachtsfall nun auch kurzfristig mit eigenem Personal investigativ prüfen. Damit verfügt sie über eine Art schnelle Eingreiftruppe, die in dringenden Fällen sofort einsatzfähig ist. Den Kern der Taskforce bildet eine Gruppe von Finanzspezialisten. Hierfür stellt die BaFin hochqualifizierte Prüferinnen und Prüfer sowie Finanz-Forensikerinnen und -Forensiker als neue Beschäftigte ein. Je nach Fall kann die Taskforce zudem auf Expertinnen und Experten aus den verschiedenen Geschäftsbereichen der BaFin zugreifen.

BaFin kontrolliert Unternehmensbilanzen noch intensiver

Ein aus Sicht von Kukies und Branson wesentlicher Reformschritt ist die Neuorganisation der Bilanzkontrolle. Nach dem FISG ist sie ab dem Jahr 2022 einstufig organisiert, Anlass- und Stichprobenprüfungen sind künftig allein Sache der BaFin. Die Rechte der BaFin zur Überprüfung der Bilanzen der in Deutschland börsennotierten Unternehmen werden damit erheblich gestärkt. Die BaFin hat ein maßgeschneidertes Markt-Monitoring zur Identifikation risikobehafteter Unternehmen aufgebaut. Dieser Prototyp wird kontinuierlich weiterentwickelt.

Zugleich richtet die BaFin ihre Prüftätigkeit proaktiver aus, etwa mit verstärkten Vor-Ort-Prüfungen und finanzforensischen Untersuchungen. Im September dieses Jahres hat eine neu eingerichtete Gruppe die Verantwortung für die Bilanzkontrolle in der BaFin übernommen. Anfang 2022 sollen die Expertinnen und Experten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) von der BaFin übernommen werden. Weitere Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer sowie Rechnungslegungsspezialistinnen und -spezialisten werden rekrutiert. Insgesamt werden in der Bilanzkontrolle der BaFin rund 60 Beschäftigte arbeiten.

Hinweisgeberstelle und Market Contact Group als neue Impulsgeber

Im August hat die BaFin ihre Hinweisgeberstelle neu aufgestellt, an die sich Whistleblower wenden können. Ein risikoorientierter Ansatz und ein umfassendes Monitoring ermöglichen es der BaFin, wertvolle Informationen zu sammeln und zu analysieren, um dann zielgerichtet zu agieren. Auf der Grundlage der vom BMF am 26. Juli 2021erlassenen BaFin-Hinweisgeberverordnung agiert die Hinweisgeberstelle bereits jetzt nach den Standards der EU-Hinweisgeberschutzverordnung.

Die neu geschaffene Market Contact Group (MCG) die in der Hinweisgeberstelle angesiedelt ist, nimmt Informationen aus der Finanzbranche entgegen.

Mystery-Shopping und neuer Beauftragter stärken Anleger- und Verbraucherschutz

Ab dem kommenden Jahr nutzt die BaFin zudem verdeckte Testkäufe, auch bekannt als Mystery-Shopping, als weiteres Instrument zur Stärkung der Verbraucherschutzaufsicht (siehe Infokasten). Geplant sind mehrere Testkäufe pro Jahr. Geschulte Testkäuferinnen und -käufer treten dann als Verbraucherinnen und Verbraucher auf, um sich in Finanzunternehmen beraten zu lassen oder Produkte zu Testzwecken zu erwerben. Die BaFin prüft damit, ob die Dienstleister ihre gesetzlichen Pflichten gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern und Anlegerinnen und Anlegern einhalten. Erste Pilote hat es bereits gegeben.

Mit der Ernennung eines eigenen Beauftragten im Juli dieses Jahres ist das Mandat des kollektiven Verbraucher- und Anlegerschutzes der BaFin weiter gestärkt worden (siehe BaFinJournal September 2021).

BaFin-Präsident erhält mehr Kompetenzen

Im Zuge der Modernisierung der BaFin sind auch die Kompetenzen des BaFin-Präsidentenamts erheblich gestärkt worden. Präsident Branson verantwortet den Haushalt, legt Personal- und Finanzmitteleinsatz fest und bestimmt die Aufbauorganisation. Die BaFin hatte ihre Statuten bereits zum 1. Juli dieses Jahres entsprechend angepasst (siehe BaFinJournal Juli 2021). Die Entscheidungsfindung auf Leitungsebene ist so beschleunigt worden. Bis Ende des Jahres wird die BaFin zudem ein neues strategisches Steuerungssystem mit klaren Zielvorgaben einführen.

Data Intelligence Unit und IT-Aufsicht: BaFin setzt moderne Technik ein

Einen Modernisierungsschub bringt nach Ansicht Bransons die neue Data Intelligence Unit (DIU). Die zentrale Analytics-Einheit hat ihre Arbeit im August aufgenommen. Die DIU ist das Rückgrat der datengetriebenen und IT-gestützten Aufsicht. Ein zentrales neues Tool – das Aufseher-Cockpit – ist als Prototyp bereits entwickelt. Die Version 1.0 soll Ende des Jahres in Betrieb genommen und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Mit dieser IT-Lösung werden die Aufseherinnen und Aufseher der BaFin alle für ihre Arbeit notwendigen Informationen auf einen Blick unter Einsatz modernster Technologien erhalten – intuitiv anwendbar mit einem nutzerfreundlichen Design.

Im August dieses Jahres hat die BaFin außerdem ihre IT-Aufsicht gestärkt: Eine neue Aufsichtsgruppe führt nun die Aufsicht über Kryptoverwahrer, E-Geld-Institute und Zahlungsinstitute. Im Fokus stehen die Prävention von Cyberkrisen und die Überwachung vernetzter IT-Auslagerungsunternehmen. Weitere IT-Expertinnen und Experten sollen diese Aufsichtsbereiche künftig noch unterstützen. Begleitend baut die BaFin ihre Schulungsformate zur Steigerung des digitalen Know-Hows sowie zu Aufsichtsthemen mit Technologiebezug aus, wie etwa Cloud-Computing, Cybersicherheit im Finanzsektor, Distributed Ledger Technologie und Blockchain.

Neue Stellen

Um die neuen Aufgaben, Zuständigkeiten und Befugnisse umsetzen zu können, wurden insgesamt rund 150 neue Stellen geschaffen. Etwa 80 Prozent dieser Stellen konnten bereits besetzt werden oder befinden sich im konkreten Auswahlprozess. Ein hälftiger Mix aus engagierten und erfahrenen Aufseherinnen und Aufsehern sowie externen Kandidaten mit neuen Fachkompetenzen vereint die Expertise der BaFin mit einem frischen Blick und zusätzlichen Ideen aus dem Markt.

Das Gespräch wurde moderiert von Annkathrin Frind, BaFin-Pressestelle.

Gut zu wissen:BaFin macht beim Verbraucherschutz Ernst: Abteilung Verbraucherschutz mit neuer Struktur

Die Belange von Verbraucherinnen und Verbrauchern haben nun im täglichen Aufsichtshandeln der BaFin noch größeres Gewicht. Dazu hat die Aufsicht jetzt auch ihre Abteilung Verbraucherschutz (VBS) strukturell gestärkt. Zuvor hatte sie bereits die Funktion des Beauftragten für Anleger- und Verbraucherschutz neu eingerichtet.

Um den Verbraucherschutz noch effizienter und vorausschauender wahrzunehmen, hat die BaFin die Abteilung Verbraucherschutz zum 1. Oktober 2021 in zwei Gruppen aufgeteilt und um drei Referate erweitert. Die Abteilung besteht jetzt aus insgesamt zehn Referaten. Die Gruppe VBS 1 befasst sich künftig mit Grundsatzfragen, Verbraucheraufklärung und Verbraucherkontakten. Auch das neue Referat für aktives Marktmonitoring und Mystery Shopping ist dort angesiedelt. In der Gruppe VBS 2 wird die operative verbraucherschützende Aufsicht gebündelt. Sie überwacht also die Einhaltung der Pflichten rund um Wertpapierdienstleistungen sowie Bank- und Versicherungsprodukte. In dieser Gruppe liegt zudem die Zuständigkeit für die Produktintervention, die als ultima ratio zum Einsatz kommen kann.

Die neue Organisationsstruktur der Abteilung VBS bietet eine solide Basis für den weiteren Ausbau der operativen Verhaltensaufsicht und die Nutzung der neuen aufsichtlichen Instrumente in allen Aufsichtsbereichen. Die Details der neuen Struktur sowie die Referatsbezeichnungen finden sich im aktuellen Organigramm.

Beauftragter der BaFin für den Anleger- und Verbraucherschutz ist seit Juli 2021 Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz (siehe BaFinJournal September 2021). Der Beauftragte berät unter anderem das Direktorium in Fragen des Anleger- und Verbraucherschutzes. Dazu nimmt er beratend an Sitzungen des Direktoriums teil, soweit diese Themen berührt sind, und kann vorschlagen, dass sich das Direktorium mit Fragen des Anleger- und Verbraucherschutzes befasst.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 10/2021 (Download)

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