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Foto von Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht im Interview © Bernd Roselieb

Erscheinung:16.08.2021 „Die Schäden gehen in die Milliardenhöhe“

Dr. Frank Grund zu den Folgen der Flutkatastrophe für Betroffene und Versicherer

Im Juli haben schwere Unwetter in einigen Regionen Deutschlands viele Menschen das Leben gekostet und Häuser, Existenzen und ganze Dörfer vernichtet. Wie verhält es sich mit dem Versicherungsschutz? Und welche Belastungen kommen auf die Versicherer zu? Dr. Frank Grund, BaFin-Exekutivdirektor für die Versicherungsaufsicht, äußert sich dazu im Kurzinterview mit dem BaFinJournal.

Herr Dr. Grund, gibt es für die Betroffenen der Flutkatastrophe Versicherungsschutz?

Für viele wohl nicht. Denn nicht einmal die Hälfte der Immobilienbesitzer und Unternehmer in Deutschland hat eine Elementarschadenversicherung. . Das ist für viele Betroffene ein großes Problem. Denn einige, die nun zum Beispiel ihr Haus oder ihren Betrieb wiederaufbauen müssen, haben Kosten, die sie möglicherweise nicht schultern können. Die Unwetter haben noch einmal auf schmerzliche Weise gezeigt, wie wichtig es für Menschen und Unternehmen ist, ausreichend versichert zu sein. So kann zumindest materieller Schaden aufgefangen werden. Dass nur so wenige versichert sind, liegt aber nicht, wie man vermuten könnte, an den Versicherern.

Stimmt es also nicht, dass Menschen und Unternehmen in überflutungsgefährdeten Regionen ihre Immobilien nicht gegen Elementarschäden versichern können?

Das wird oft angenommen. In den überflutungsgefährdeten Regionen dürfte der Prozentsatz der versicherbaren Gebäude zwar niedriger sein als im Durchschnitt und die Tarife im Durchschnitt höher. Aber Kunden sollten die Überflutungen auf jeden Fall zum Anlass nehmen, über ihren Versicherungsschutz nachzudenken. Wer eine Wohngebäude- und Hausratversicherung abgeschlossen hat, sollte prüfen, ob sie einen entsprechenden Schutz bietet. Gewerbetreibende sollten außerdem schauen, ob ihre Betriebsunterbrechungsversicherung im Fall der Fälle greift.

Was sollten Versicherungsnehmer dabei beachten?

Schäden durch Grundwasser, das nicht auf Starkregen oder Überschwemmungen zurückzuführen ist, sind bei vielen Elementarschadenversicherungen nicht abgedeckt. Auch hierzu sollten sich die Versicherungsnehmer kundig machen und gegebenenfalls beraten lassen. Entscheidend ist, was in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen steht. Und die sind nicht bei allen Policen gleich.

Wie hoch sind die Schäden für die Versicherer?

Insgesamt gehen die Schäden in die Milliardenhöhe. Wir haben unter anderem rund 150 deutsche Schaden- und Unfallversicherer und 28 Rückversicherer befragt. Zum Beispiel wollten wir wissen, mit welcher Schadenbelastung im Worst Case zu rechnen ist. Angesehen haben wir uns vor allem die Unternehmen, die die Verbundene Wohngebäude- und Hausratversicherung und die Kraftfahrtkaskoversicherung anbieten. Nach einer ersten Einschätzung der Erstversicherer ist im schlimmsten Fall ein Schaden von rund 5,7 Milliarden Euro zu erwarten, wovon etwa vier Milliarden Euro rückversichert sind. Wenn man diesen Betrag abzieht, liegt die erwartete Nettoschadenbelastung in der Sparte Verbundene Wohngebäudeversicherung bei etwa 0,7 Milliarden Euro, in der Verbundenen Hausratversicherung bei rund 0,2 Milliarden und in der Kraftfahrtkaskoversicherung bei etwa 0,2 Milliarden Euro. Die übrigen rund 0,5 Milliarden Euro verteilen sich auf weitere Versicherungszweige wie die Sturm- und die Betriebsunterbrechungsversicherung.

Und die deutschen Rückversicherer?

Die von uns befragten Unternehmen haben uns berichtet, dass sie schlimmstenfalls mit einer Nettobelastung in Höhe von rund einer Milliarde Euro rechnen. Diese Kennzahlen stufen wir als recht valide ein. Trotzdem bleiben wir wachsam. In Kürze werden wir die Abfrage wiederholen, um die Zahlen zu aktualisieren.

Es geht hier um hohe Summen. Sind dadurch Versicherer in ihrem Bestand gefährdet?

Bei den Schaden- und Unfallversicherern sehen wir zwar regionale Unterschiede. Aus den bisherigen Meldungen lässt sich aber ablesen, dass keine Bestandsgefährdungen drohen – weder bei den Schaden- und Unfallversicherern noch bei den Rückversicherern.

Herr Dr. Grund, vielen Dank für das Interview.

Hinweis

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Zusatzinformationen

BaFinJournal 08/2021 (Download)

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