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Erscheinung:15.07.2021 | Thema Fachliche Eignung Jetzt auch elektronisch: Wertpapiere

Ein neues Gesetz modernisiert das deutsche Wertpapierrecht – und die Wertpapieraufsicht. Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen.

Am 10. Juni 2021 ist ein Gesetz mit doppeltem Modernisierungseffekt in Kraft getreten: das Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere, kurz: eWpG. Mit dem Gesetz werden das deutsche Wertpapierrecht und das dazugehörige Aufsichtsrecht grundlegend reformiert. Durch die Etablierung elektronischer Wertpapiere wird einer der zentralen Punkte der Blockchain-Strategie der Bundesregierung und des gemeinsamen Eckpunktepapiers des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zu elektronischen Wertpapieren umgesetzt. Damit geht der deutsche Gesetzgeber den Weg anderer europäischer Staaten hin zu einer Dematerialisierung des Wertpapierrechts.

Anwendungsbereich

Neben der Einführung elektronischer Wertpapiere ändert das eWpG als Artikelgesetz Regelwerke wie die Börsenzulassungsverordnung, das Wertpapierprospektgesetz, das Depotgesetz, das Schuldverschreibungsgesetz, das Kreditwesengesetz, das Pfandbriefgesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch.

Nach dem eWpG können nun auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen, Pfandbriefe und bestimmte Anteile an Sondervermögen auch rein elektronisch begeben werden. Namens- und Rektapapiere sowie Orderschuldverschreibungen sind hingegen nicht vom eWpG umfasst. Andererseits können grundsätzlich alle auf den Inhaber lautenden Leistungsversprechen Gegenstand eines elektronischen Wertpapiers sein. Dies gilt beispielsweise für klassische Anleihen, Wandel- und Optionsschuldverschreibungen, Genuss- und Optionsscheine, Anlagenzertifikate und strukturierte Schuldverschreibungen.

Für die Emittenten besteht nach dem eWpG ein Wahlrecht, ob sie Wertpapiere mittels Urkunde oder auf elektronischem Wege emittieren wollen. Unter bestimmten Voraussetzungen können zudem verbriefte Altbestände nachträglich digitalisiert werden. Auch eine Rückkehr digitaler Schuldverschreibungen zu einer urkundlichen Verbriefung ist möglich – allerdings nur, wenn die Berechtigten zustimmen oder wenn dies laut Emissionsbedingungen auch ohne eine solche Zustimmung möglich ist.

Zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens ist zudem die Möglichkeit aufgenommen worden, per Verordnung auch die Einführung von Kryptofonds zu ermöglichen, also von Anteilsscheinen, die über ein Kryptowertpapierregister begeben werden. Verordnungsgeber wären BMJV und BMF. Eine Ausweitung des eWpG-Anwendungsbereichs auf andere Anlageklassen, etwa auf elektronische Aktien, dürfte nach Klärung diverser rechtlicher Vorfragen zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden.

Rechtliche Ausgangssituation

Nach bisheriger Rechtslage sind Finanzinstrumente, die zivilrechtlich als Wertpapiere gelten, in einer physischen Urkunde zu verbriefen. Deren Existenz ermöglicht eine Übertragung der Wertpapiere nach sachenrechtlichen Grundsätzen und eine Abbildung zivilrechtlicher Gutglaubensschutzregelungen. Doch auch bei elektronischen Wertpapieren müssen Verkehrsschutz und rechtssicherer Erwerb gewährleistet sein. Deshalb ist es erforderlich, die Papierurkunde adäquat zu ersetzen, nämlich durch einen Eintrag in ein elektronisches Register. Das eWpG sieht zwei Arten von elektronischen Wertpapierregistern vor: zentrale Wertpapierregister und dezentrale, typischerweise auf Basis einer Distributed-Ledger-Technologie (DLT) geführte Kryptowertpapierregister.

Zentrales Wertpapierregister

In ein zentrales Wertpapierregister werden Zentralregisterwertpapiere eingetragen. An die Stelle der bisher gebräuchlichen physischen Globalurkunde tritt ein Eintrag der Emission in eine Datenbank. Transaktionen werden nicht etwa in der Globalurkunde bzw. in dem elektronischen Register abgebildet, sondern durch elektronische Buchungen auf Depotkonten. Beide Begebungsformen führen deshalb zu vergleichbaren Abwicklungsstrukturen, so dass sich in der Wertpapierhandelspraxis nur wenig ändern wird. Durch das eWpG wird fingiert, dass elektronische Wertpapiere als Sachen im Sinne des § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gelten. Somit richtet sich die Übertragung elektronischer Wertpapiere weiterhin grundsätzlich nach den sachenrechtlichen Vorschriften des BGB.

Zentrale Register können von einer Wertpapiersammelbank (andere Bezeichnung: Zentralverwahrer) oder, bei ausdrücklicher Ermächtigung durch den Emittenten, von einem Verwahrer (andere Bezeichnung: Depotbank) geführt werden. Werden Zentralregisterwertpapiere auf den Namen einer Wertpapiersammelbank in ein von dieser geführtes zentrales Register eingetragen, werden sie nach § 12 Absatz 3 eWpG automatisch in deren Effektengiro einbezogen. Damit sind die Voraussetzungen des Artikel 3 der europäischen Zentralverwahrerverordnung (Central Securities Depositories Regulation – CSDR) für einen Börsenhandel geschaffen. Zentralregisterwertpapiere, die nicht in das Effektengiro eines Zentralverwahrers einbezogen sind, sind vom Handel an einem Handelsplatz im Sinne der Finanzmarktrichtlinie MiFID ausgeschlossen. Regulierte Märkte, multilaterale Handelssysteme (Multilateral Trading FacilitiesMTF) und organisierte Handelssysteme (Organised Trading Facilities – OTF) kommen deshalb nicht als Handelsplatz in Betracht.

Kryptowertpapierregister

Inhaberschuldverschreibungen können nach dem eWpG auch als Kryptowertpapiere ausgegeben werden, die in einem Kryptowertpapierregister eingetragen werden. Der Gesetzgeber hat sich nicht auf eine bestimmte (Krypto-)Technologie festgelegt, um Marktinnovationen Raum zu geben. Die Regelungen des eWpG orientieren sich aber erkennbar an Ansätzen der Fintech-Branche, Wertpapiere mittels einer Blockchain-oder Distributed-Ledger-Technologie zu begeben. Diese Konzepte versprechen die Schaffung fälschungssicherer, dezentral geführter Datenbanken, die auch in der Lage sein sollen, Wertpapiertransaktionen aufzuzeichnen. Eine praktische Relevanz für Kryptowertpapiere dürfte zunächst nur in den Fällen bestehen, in denen der Emittent eine börsenmäßige Handelbarkeit des Finanzinstruments nicht anstrebt. Eine Anbindung an das Effektengiro einer Wertpapiersammelbank ist nur unter den Voraussetzungen des § 12 Absatz 3 eWpG möglich und für Kryptowertpapiere nicht darstellbar. Damit scheidet eine börsenmäßige Handelbarkeit aufgrund entgegenstehender europarechtlicher Vorgaben (Art. 3 CSDR) derzeit aus.

Kryptowertpapierregisterführung als Finanzdienstleistung

Um Anlegerinnen und Anleger zu schützen, im Sinne der Marktintegrität und um für einen funktionierenden und transparenten Marktaustausch zu sorgen, stellt das eWpG die Führung eines Kryptowertpapierregisters unter die Aufsicht der BaFin. Hierzu hat der Gesetzgeber die Kryptowertpapierregisterführung als Finanzdienstleistung im Sinne des Kreditwesengesetzes ausgestaltet. Er hat sie aber, anders als bei einem zentralen Register, nicht ausschließlich Wertpapiersammelbanken und Verwahrern vorbehalten.

Die Verwaltung und Fortschreibung des Registers kann automatisiert und algorithmenbasiert erfolgen. Allerdings muss auch beim Kryptowertpapierregister ein geeigneter Normadressat definiert werden, der als Rechtssubjekt und damit insbesondere als Träger rechtlicher Pflichten zur Verfügung steht. Anderenfalls liefen die gesetzlichen Anforderungen ins Leere. Im Rahmen des eWpG wird dieser Normadressat einheitlich als registerführende Stelle bezeichnet. Beim Kryptowertpapierregister ist es derjenige, den der Emittent als eine solche registerführende Stelle bezeichnet. Der Emittent hat insoweit also für Klarheit zu sorgen. Im Zweifel gilt er selbst als registerführende Stelle, so dass für ihn die gleichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen gelten wie für einen externen Dienstleister.

Aufgaben der BaFin

Die Aufgaben der BaFin als Aufsichtsbehörde sind in § 11 eWpG definiert. Danach obliegt der Behörde zum einen die Aufsicht über die registerführenden Stellen – und zwar über zentrale Register und über Kryptowertpapierregister. Zum anderen wird die BaFin auf ihrer Internetseite www.bafin.de die nach § 20 Absatz 3 eWpG vorgeschriebene öffentliche Liste der Kryptowertpapiere führen. Darin werden künftig aber nur Kryptowertpapiere aufgelistet, deren Eintragung oder Änderung in einem Kryptowertpapierregister ein Emittent nach § 20 Absatz 1 eWpG im Bundesanzeiger veröffentlicht und zu denen er die BaFin über die Veröffentlichung informiert hat. Das Führen der Liste dient lediglich Informationszwecken und begründet keine Rechtswirkung. Eine materielle Prüfung erfolgt ebenfalls nicht.

Die nach § 20 Absatz 3 eWpG im Internet zu führende Liste dürfte sich sukzessive aufbauen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes besteht die Möglichkeit, dass Kryptowertpapierregisterführer eine entsprechende Erlaubnis beantragen. Ist die Erlaubnis erteilt, kann die registerführende Stelle ein Kryptowertpapierregister einrichten, in das Kryptowertpapiere eingetragen werden können. Rechtlich gesehen führt erst diese Eintragung zur Entstehung eines elektronischen Wertpapiers. Bis dahin ist es juristisch nicht existent. Denkbar ist, dass für Emittenten bei entsprechendem Meldeaufkommen zu einem späteren Zeitpunkt eine elektronische Schnittstelle zur BaFin eingerichtet werden könnte. Hierüber ließen sich die nach § 20 Absatz 3 eWpG erforderlichen Angaben (Emittent, registerführende Stelle, Datum der Eintragung der Kryptowertpapiere in das Kryptowertpapierregister und Änderungen des Kryptowertpapiers) übermitteln.

Auswirkungen auf den Anlegerschutz

Das eWpG und die durch das Gesetz bewirkten Änderungen in anderen Regelwerken enthalten diverse anlegerschützende Bestimmungen, die in folgenden Ausgaben des BaFinJournals noch ausführlicher geschildert werden.

So ermöglicht die weitgehende Gleichstellung elektronischer Wertpapiere mit Sachen (§ 2 Absatz 3 eWpG) einen umfassenden Eigentumsschutz insbesondere bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung. Dieses Konzept wird ergänzt durch Sonderregelungen für Verfügungen einschließlich der Eigentumsübertragung und zum gutgläubigen Erwerb (§§ 24 ff. eWpG), um den Besonderheiten von elektronischen Wertpapieren in Einzeleintragung Rechnung zu tragen.

Registerführende Stellen haben ein elektronisches Wertpapierregister so zu führen, dass Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der Daten gewährleistet sind (§ 7 Absatz 1 eWpG). Sie müssen zudem sicherstellen, dass das elektronische Wertpapierregister jederzeit die bestehende Rechtslage zutreffend wiedergibt und Eintragungen sowie Umtragungen vollständig und ordnungsgemäß vorgenommen werden. Bei Verstößen statuiert § 7 Absatz 2 eWpG eine Schadenersatzpflicht der registerführenden Stelle gegenüber dem Berechtigten, sofern sie sich nicht exkulpieren kann. Bei der registerführenden Stelle kann es sich wegen § 16 Absatz 2 eWpG auch um den Emittenten selbst handeln, wenn er die Registerführung selbst übernommen oder eine unklare Situation geschaffen hat.

Vor der Eintragung eines elektronischen Wertpapiers sind die Emissionsbedingungen bei der registerführenden Stelle als beständiges elektronisches Dokument jedermann zugänglich zu machen (§ 5 eWpG). Damit können sich auch potenzielle Erwerberinnen und Erwerber eines elektronischen Wertpapiers über dessen Ausstattungsmerkmale informieren.

Bei Kryptowertpapieren in Einzeleintragung besteht ein Anspruch des Inhabers gegenüber der registerführenden Stelle auf Erteilung eines Registerauszugs, sofern dies zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich ist. Verbraucherinnen und Verbrauchern ist zusätzlich ein Registerauszug nach jeder Eintragung, jeder Änderung und ansonsten in Jahresintervallen zu erteilen (§ 19 eWpG).

Nach der Einfügung eines neuen § 4 Absatz 3a des Wertpapierprospektgesetzes darf das Wertpapierinformationsblatt nunmehr bis zu vier DIN A4-Seiten umfassen. Ergänzend muss es Angaben zur technischen Ausgestaltung sowie zur registerführenden Stelle und zu Möglichkeiten der Einsichtnahme in das Register enthalten.

Verfasst von

Carsten Heise
Referat WA 11 Gesetzgebung und Grundsatzfragen der Wertpapieraufsicht

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