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Erscheinung:15.07.2021 | Thema Prospekte, Verbraucherschutz Besser geschützt auf dem grauen Kapitalmarkt

Der Name ist Programm: Mit dem Anlegerschutzstärkungsgesetz sollen Anlegerinnen und Anleger besser vor Verlusten aus Vermögensanlagen geschützt werden. Das BaFinJournal erläutert die wichtigsten Neuerungen.

Undurchsichtige Geschäftsmodelle, Geld, das unkontrolliert in irgendwelchen Kanälen versickerte, und Anbieter, die ihre eigenen Produkte vertrieben und dabei die Interessen ihrer Kunden nicht im Blick hatten: Für Anlegerinnen und Anleger waren die Bedingungen auf dem grauen Kapitalmarkt oft sehr schwierig. Viele haben mit Vermögensanlagen Geld verloren. Verluste schließt zwar auch das Anlegerschutzstärkungsgesetz nicht aus. Aber es wird – wie der Name schon sagt – Anlegern ein deutliches Plus an Schutz bringen. Und zwar vor allem, indem es für mehr Transparenz sorgt (siehe Interview mit BaFin-Exekutivdirektor Dr. Thorsten Pötzsch). Einen Monat nach Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt treten die meisten Regelungen und Änderungen in Kraft.

Der Gesetzgeber setzt damit das Maßnahmenpaket zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes um, das die Bundesministerien der Finanzen und der Justiz und für Verbraucherschutz am 15. August 2019 veröffentlicht hatten (siehe BaFinJournal September 2019). Geändert wird vor allem das Vermögensanlagengesetz.

Blindpools sind nun verboten

Dort werden nun unter anderem erstmals Regelungen zu Blindpools getroffen. Bei solchen Beteiligungsmodellen, die zum Beispiel Immobilien, Windparks oder Medienprojekte finanzieren, investieren Anleger Geld, ohne zu wissen, in welches Objekt ihr Geld fließt. Viele Anleger haben mit solchen undurchsichtigen Modellen herbe Verluste erlitten. Damit soll nun Schluss sein. Nach den neuen Regeln, die einen Monat nach Verkündung des Anlegerschutzstärkungsgesetzes in Kraft treten, dürfen Blindpools – von wenigen Ausnahmen abgesehen1 – Anlegerinnen und Anlegern nicht mehr angeboten werden. Öffentlich angeboten werden dürfen dann nur noch Anlageobjekte, die im Verkaufsprospekt bzw. im Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) konkret bestimmt sind, die also feststehen und einen nachweisbaren Realisierungsgrad haben. Das Verbot betrifft sowohl vollständige Blindpools, bei denen weder Anlageobjekt noch Branche feststehen, als auch Semi-Blindpools. Bei denen ist zwar die Branche bekannt, in die investiert werden soll. Das konkrete Anlageobjekt steht aber noch nicht fest.

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Das BaFinJournal wird einzelne Aspekte des Anlegerschutzstärkungsgesetzes in weiteren Ausgaben detaillierter erläutern.

Besteht ein Projekt aus mehreren Ebenen, gilt das Blindpool-Verbot auf jeder dieser Ebenen. Das bedeutet, dass jede Ebene im Verkaufsprospekt bzw. im VIB konkret beschrieben werden muss. Mehrebenenstrukturen sind Projekte, bei denen der Emittent die eingesammelten Anlegergelder nicht unmittelbar in ein Anlageobjekt investiert. Stattdessen reicht er sie zum Beispiel über zwischengeschaltete Gesellschaften weiter. Erst auf einer späteren Ebene erwirbt eine dieser Gesellschaften, etwa eine Projektgesellschaft, die konkreten Anlageobjekte – beispielsweise Immobilien.

Was ist „konkret“ im Sinne des Vermögensanlagengesetzes? In einem Merkblatt zum Verbot von Blindpools wird die BaFin diese Frage beantworten. Sie wird darin präzisieren, welche Angaben sie in den Prospekten und VIB künftig erwartet.

Die BaFin hatte ihr Merkblatt bis Mitte Juni konsultiert (siehe BaFinJournal Juni 2021) und wird es nach Verkündung des Anlegerschutzstärkungsgesetzes veröffentlichen. Es richtet sich vor allem an Anbieter und Emittenten von Vermögensanlagen. Die BaFin will damit dem Markt einheitliche Kriterien vorgeben und sicherstellen, dass nur Prospekte und VIB bei der Aufsicht eingereicht werden, die diesen Kriterien entsprechen. In Zweifelsfällen bietet es sich für Anbieter und Emittenten an, vor Prospekteinreichung eine Voranfrage an das Referat WA 54 zu richten, um Rechtsfragen zu klären und unnötige Kosten zu vermeiden.

Wie die Verwendung von Mitteln nun kontrolliert wird

Ob ein Anbieter oder Emittent ihr Geld tatsächlich für den vorgesehenen Zweck einsetzt, konnten Anlegerinnen und Anleger bislang nicht prüfen. Der Gesetzgeber hat nun im Vermögensanlagengesetz einen Mittelverwendungskontrolleur geschaffen, der genau das übernehmen soll. Er wird künftig die Freigabe der Mittel zur Verwendung kontrollieren. Und er wird kontrollieren, wie die Mittel nach Beginn des öffentlichen Angebots tatsächlich verwendet werden. Auch diese Neuerung wird einen Monat nach Verkündung des Anlegerschutzstärkungsgesetzes in Kraft treten. Den Mittelverwendungskontrolleur bestellen die Emittenten. In Frage kommen aber ausschließlich Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer bzw. von diesen gebildeten Gesellschaften.

Mittelverwendungskontrolleure müssen nach dem Vermögensanlagengesetz künftig für öffentliche Angebote bestellt werden, die folgende Investments zum Gegenstand haben:

  • bestimmte Vermögensanlagen des § 1 Absatz 2 Nr. 7, zum Beispiel Investments in Bäume
  • bestimmte Edelmetallinvestments nach § 1 Absatz 2 Nr. 8
  • Vermögensanlagen nach § 1 Absatz 2 Nr. 3-8 Vermögensanlagengesetz, wenn es sich um Mehrebenenstrukturen handelt und in Sachgüter investiert wird

Der Verkaufsprospekt und das VIB müssen künftig Angaben unter anderem zur Person des Mittelverwendungskontrolleurs enthalten. Zusätzlich muss der Verkaufsprospekt den Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle enthalten. Die neuen Mindestangaben werden sich in der geänderten Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung finden, die im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Die Änderungen für das VIB ergeben sich aus § 13 Absatz 3 Vermögensanlagengesetz.

Wer Vermögensanlagen vertreiben darf

Ein weiteres wichtiges Thema wird im Anlegerschutzstärkungsgesetz aufgegriffen: Anleger dürfen künftig eine Vermögensanlage nur dann erwerben, wenn zuvor eine Anlageberatung oder eine Anlagevermittlung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einen Finanzanlagenvermittler stattgefunden hat. So verlangt es § 5b Absatz 3 Vermögensanlagengesetz, der einen Monat nach Verkündung des Anlegerschutzstärkungsgesetzes in Kraft tritt. Hintergrund dieser Änderung: Wertpapierdienstleistungsunternehmen werden von der BaFin beaufsichtigt, und sie müssen die nötige Sachkunde haben, um Anleger zu beraten, und zwar so, dass es zu deren Interessen und Bedürfnissen passt. Auch Finanzanlagenvermittler stehen unter Aufsicht. Zuständig sind die Gewerbeaufsichtsämter beziehungsweise die Industrie- und Handelskammern.

Mehr Transparenz durch Digitalisierung und Veröffentlichung

Das Anlegerschutzstärkungsgesetz macht es für Anleger zudem leichter, Informationen zu einer Vermögensanlage zu finden. Denn nach § 9 Absatz 3 Vermögensanlagengesetz wird die BaFin ab Anfang 2022 die von ihr gebilligten Verkaufsprospekte auf ihrer Internetseite veröffentlichen und dort zehn Jahre bereithalten. Gleiches gilt für Nachträge und, falls Verkaufsprospekte nach §§ 2a, 2b Vermögensanlagengesetz entbehrlich sind, für die von der BaFin gestatteten VIB und deren aktualisierte Fassungen (§ 13a Absatz 3 Vermögensanlagengesetz). Auf diese Weise können Anleger künftig all diese Dokumente an einer zentralen Stelle abrufen, was für mehr Transparenz sorgt.

Verkaufsprospekte und VIB sowie Nachträge und Aktualisierungen müssen der BaFin daher ab Anfang 2022 elektronisch übermittelt werden. Und zwar über das Melde- und Veröffentlichungssystem der Aufsicht. Das in der Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte vorgesehene Unterschriftserfordernis entfällt.

Auch im Wertpapierprospektgesetz (WpPG) ist in diesem Punkt eine Änderung vorgesehen. Danach wird die BaFin ab Anfang 2022 auch Wertpapier-Informationsblätter (WIB) auf ihrer Internetseite veröffentlichen und dort zehn Jahre lang bereithalten. Gleiches gilt für aktualisierte Fassungen von WIB, die der BaFin nach § 4 Absatz 8 Satz 1 WpPG übermittelt werden.

Vermögensanlagen: Prospektprüfung und Produktintervention werden verzahnt

Dank des Anlegerschutzstärkungsgesetzes werden außerdem bei den Vermögensanlagen Prospektprüfung und Produktintervention miteinander verzahnt. Bislang spielte es für die Prüfung und Billigung eines Vermögensanlagenverkaufsprospekts keine Rolle, ob die BaFin das Produkt, um das es darin ging, zum Beispiel würde verbieten müssen. Erfüllte ein Prospekt die gesetzlichen Anforderungen, war er also kohärent, vollständig und verständlich, musste die BaFin ihn billigen. Und zwar unabhängig davon, ob erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz im Raum standen und die Aufsicht prüfte, ob sie das Produkt, also die Vermögensanlage würde verbieten oder dessen Vertrieb würde einschränken müssen.

Künftig wird es bei Vermögensanlagen so sein, dass das Prospektverfahren ausgesetzt wird, sobald die BaFin Anhaltspunkte für Anlegerschutzbedenken hat. Das Verfahren wird grundsätzlich solange gestoppt, bis die BaFin abschließend geprüft hat, ob sie Produktinterventionsmaßnahmen ergreifen muss. Verbietet die BaFin eine Vermögensanlage, wird die Prospektbilligung ebenfalls gesperrt, sprich: Die BaFin billigt den Prospekt nicht.

Edelmetall-Investments nur noch mit Prospekt

Das FISG, das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (siehe BaFinJournal Juni 2021), hat eine zusätzliche Neuerung im Vermögensanlagengesetz gebracht, die am 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist: Die neue „Nummer 8“ in § 1 Absatz 2 Vermögensanlagengesetz. Sie erfasst bestimmte Edelmetall-Investments, die damit als Vermögensanlagen unter die Prospektpflicht fallen. Der Gesetzgeber hat die neue Regelung getroffen, weil in der Vergangenheit Anbieter von Edelmetall-Investments die Prospektpflicht bewusst umgangen haben. Nun haben Anlegerinnen und Anleger bessere Möglichkeiten, sich über solche Produkte zu informieren.

Verfasst von

Rüdiger Koch
Referat WA 51 Grundsatzfragen
Dr. Katharina Kunz
Referat WA 54 Billigung von Vermögensanlagenverkaufsprospekten

Fußnote:

  1. 1 Das Blindpool-Verbot gilt nicht, wenn sich das Angebot nur an eine Kapitalgesellschaft oder eine GmbH & Co. KG richtet, deren Kommanditisten gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sind oder an der Entscheidungsfindung der GmbH beteiligt sind, sofern die GmbH & Co. KG kein Investmentvermögen und keine Verwaltungsgesellschaft nach dem Kapitalanlagegesetzbuch ist.

Exekutivdirektor Dr. Thorsten Pötzsch zum Anlegerschutzstärkungsgsetz

„Transparenz als roter Faden“

Dr. Pötzsch

Exekutivdirektor Abwicklung, Dr. Thorsten Pötzsch @BaFin Dr. Pötzsch

Das Anlegerschutzstärkungsgesetz sorgt für besseren Durchblick auf dem grauen Kapitalmarkt. Transparenz ziehe sich wie ein roter Faden durch das gesamte Gesetz, konstatiert Dr. Thorsten Pötzsch im Interview mit dem BaFinJournal. Dadurch werde es für Anlegerinnen und Anleger einfacher, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen, erläutert der BaFin-Exekutivdirektor, der derzeit auch kommissarisch die Wertpapieraufsicht der BaFin leitet.

Herr Dr. Pötzsch, was können Anlegerinnen und Anleger vom Anlegerschutzstärkungsgesetz erwarten?

Dass sie besser geschützt werden. Und zwar vor allem dadurch, dass der Gesetzgeber für mehr Transparenz auf dem grauen Kapitalmarkt sorgt. Transparenz zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Gesetz. Das ist aus meiner Sicht auch der richtige Ansatzpunkt. Denn auf diese Weise macht der Gesetzgeber es Anlegerinnen und Anlegern leichter, selbstbestimmt zu entscheiden, was sie mit ihrem Geld machen. Stärkerer Schutz heißt dabei nicht, dass der Gesetzgeber Anleger aus der Verantwortung entlässt.

Anleger können aber auf dem grauen Kapitalmarkt immer noch Schiffbruch erleiden.

Ja, das kann weiterhin passieren. Anleger müssen sich immer vor Augen halten, dass sich Vermögensanlagen anders entwickeln können, als ein Emittent es plant und prognostiziert. Dieses Risiko haben Sie bei jeder Anlage am Kapitalmarkt. Je höher die versprochene Rendite, desto höher das Risiko. Und noch etwas kommt hinzu: Wir können noch so viel regulieren und noch so viel kontrollieren: Kriminelles Handeln werden wir nie komplett ausschließen können.

Hätte man Graumarktprodukte dann nicht generell verbieten sollen?

Es stellt sich immer die Frage der Verhältnismäßigkeit. Ein Generalverbot aller Graumarktprodukte ginge möglicherweise schon in Richtung Bevormundung.

Apropos Verbot: Zumindest Blindpool-Konstruktionen dürfen Anlegern künftig nicht mehr angeboten werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Ist das noch Schutz oder ist das schon Bevormundung?

Wir wandeln immer auf einem schmalen Grat, wenn es um die Abgrenzung von Schutz und Bevormundung geht. Hier ist diese Gratwanderung aber gelungen, hier geht es tatsächlich um Schutz – und zwar um Schutz, der Eigenverantwortung ermöglicht und stärkt. Gerade private Anlegerinnen und Anleger sollten im Vorhinein wissen, in welche Projekte sie ihr Geld investieren. Und das können sie nicht, wenn man sie im Unklaren lässt.

Es gibt das alte Sprichwort, man solle eine Katze nicht im Sack kaufen. Genau das hat hier massenhaft stattgefunden. Es gab eine enorme Wissensasymmetrie zwischen Anbietern und Anlegern. Die ließ sich nur durch das Blindpool-Verbot beseitigen. Hier bin ich wieder beim roten Faden Transparenz: Der Gesetzgeber verbietet Anlegern nicht, in Projekte zu investieren, die üblicherweise durch Blindpool-Konstruktionen finanziert wurden. Er ermöglicht ihnen stattdessen, sich ein Bild von diesen Projekten zu machen. So können sie besser abwägen, ob es für sie sinnvoll ist, darin zu investieren. Anders ausgedrückt: Anleger werden in die Lage versetzt, mündige Entscheidungen zu treffen.

Es gibt sicher Anleger, die sich gar nicht so intensiv mit einer Vermögensanlage beschäftigen wollen. Oder die sagen: Das ist mir zu kompliziert. Die sollten dann auch besser die Finger von solchen Produkten lassen. Jeder sollte nur die Risiken eingehen, die er abschätzen und tragen kann.

Stichwort „Eigenvertrieb“: Was bringt es Anlegern, dass künftig nur noch Wertpapierdienstleister und Finanzanlagenvermittler Vermögensanlagen vertreiben dürfen?

Einen besseren Schutz, und zwar aus folgendem Grund: Wer seine eigenen Vermögensanlagen vertreibt, verfolgt in erster Linie seine eigenen wirtschaftlichen Interessen. Und die können sich mit den Interessen der Anleger beißen. Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Finanzanlagenvermittler vertreiben nicht ihre eigenen Vermögensanlagen, sondern eine Vielzahl von Vermögensanlagen unterschiedlicher Anbieter.

Das ist aber nicht alles: Wertpapierdienstleistungsunternehmen stehen unter Aufsicht der BaFin, und sie haben die nötige Sachkunde, um Anleger zu beraten, und zwar zugeschnitten auf deren Bedürfnisse. Hinzu kommt, dass sie Transparenz- und Verhaltenspflichten erfüllen müssen, die Anlegerinnen und Anleger schützen sollen. Auch Finanzanlagenvermittler werden beaufsichtigt, nämlich von den Gewerbeaufsichtsämtern bzw. den Industrie- und Handelskammern.

Aber noch einmal: Das Anlegerschutzstärkungsgesetz stärkt zwar den Anlegerschutz. Komplette Sicherheit in allen Lebenslagen bietet das Gesetz aber nicht. Das wäre auch schlicht unmöglich.

Manche Emittenten müssen bald einen unabhängigen Dritten einsetzen, der die Verwendung der Anlegergelder prüft. Was versprechen Sie sich davon?

Ein weiteres, spürbares Plus an Anlegerschutz. Dass künftig zum Beispiel bei Direktinvestments in Sachgüter die Verwendung der Mittel von einem unabhängigen Dritten kontrolliert werden soll, schafft auch mehr Transparenz. Bislang mussten Anleger darauf vertrauen, dass ihr investiertes Geld ordnungsgemäß verwendet wird. Jetzt werden sie besser nachvollziehen können, ob ihr Geld wirklich für den angegebenen Zweck eingesetzt wird.

Eine letzte Frage: Prospektprüfung und Produktintervention werden nun bei den Vermögensanlagen miteinander verbunden. Was ändert sich dadurch?

Lassen Sie mich das kurz erläutern: Wir haben bei den Vermögensanlagen auf der einen Seite die Prospektbilligung. Dazu prüfen wir Prospekte im gesetzlich vorgegebenen Umfang, sprich: Wir prüfen ihre Kohärenz, Vollständigkeit und Verständlichkeit. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auf der anderen Seite haben wir das Instrument der Produktintervention. Wir können beispielsweise ein Produkt verbieten oder dessen Vertrieb einschränken, wenn erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz bestehen. Wir haben zum Beispiel dafür gesorgt, dass finanzielle Differenzkontrakte (Contracts for DifferenceCFD) in Deutschland nur eingeschränkt an Kleinanleger vermarktet, vertrieben und verkauft werden dürfen (siehe BaFinJournal August 2019).

Bislang liefen beide Verfahren unabhängig voneinander. Erfüllte ein Prospekt die gesetzlichen Anforderungen, war er also kohärent, vollständig und verständlich, mussten wir ihn billigen, Punkt. Es spielte überhaupt keine Rolle, ob wir gleichzeitig geprüft haben, ob wir das Produkt zum Beispiel würden verbieten müssen, weil erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz bestehen.

In derartige Situationen werden wir nun nicht mehr kommen. Wir prüfen weiterhin bei Vermögensanlagenprospekten nur Kohärenz, Vollständigkeit und Verständlichkeit. Künftig wird aber das Prospektverfahren ausgesetzt, sobald wir Anhaltspunkte für Anlegerschutzbedenken haben. Wir werden das Verfahren grundsätzlich solange anhalten, bis wir abschließend geprüft haben, ob wir Produktinterventionsmaßnahmen ergreifen müssen. Und wenn wir ein Produkt verbieten, stoppen wir natürlich die Prospektbilligung.

Für Wertpapierprospekte nach der EU-Prospektverordnung gelten diese Regelungen allerdings nicht, weil es sich dabei um unmittelbar geltendes europäisches Recht handelt und nationale Gesetzgeber hier keinen eigenen gesetzgeberischen Spielraum haben.

Die neuen Mechanismen bei Vermögensanlagen begrüße ich sehr, weil sie dazu beitragen, dass unser Aufsichtshandeln effektiver wird. Und dass man es besser nachvollziehen kann.

Herr Dr. Pötzsch, wir danken Ihnen für das Interview!

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Zusatzinformationen

BaFinJournal 07/2021 (Download)

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