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Erscheinung:15.06.2021 | Thema Fachliche Eignung Bankvorstände mit besonderen Qualifikationen

Wer in der Chefetage einer Bank sitzt, muss sich mit Krediten auskennen. Aber auch Menschen mit anderen Fähigkeiten sollen in Ausnahmefällen punkten können, nämlich langjährige Angestellte und Personen mit Spezialkenntnissen. Die BaFin schaut sich jeden einzelnen Fall genau an.

Nicht jeder Mensch darf eine Bank führen. Das hat gute Gründe: Banken und Sparkassen erfüllen in einer Volkswirtschaft eine wichtige Funktion, und sie arbeiten mit Geld, das man ihnen anvertraut. Die Institute müssen daher prüfen, ob die Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorstand bzw. die Geschäftsleitung fachlich geeignet und persönlich zuverlässig sind – und ob sie ihrer Aufgabe genügend Zeit widmen können (siehe Infokasten „Rechtliche Voraussetzungen“). Wen auch immer die Institute für ihren Vorstand auswählen: Die BaFin schaut sich sie oder ihn genau an.

Die Prüfungskriterien, die sie dabei in der Aufsichtspraxis anlegt, sind nicht starr. Die BaFin passt sie den Entwicklungen des Bankensektors an und berücksichtigt dabei auch den Wandel der Geschäftsmodelle. Vor allem die Digitalisierung wirkt sich auf die Institute aus: Bankgeschäfte über mobile Endgeräte werden wichtiger; veraltete IT-Systeme kommen auf den Prüfstand; Kryptowerte rücken in den Fokus. Welche Qualifikationen sollten in der Führungsspitze solcher Institute zusätzlich vorhanden sein – neben typischen Ausbildungen und beruflichen Vorerfahrungen, wie sie beispielsweise Betriebs- und Volkswirte mitbringen?

Auf einen Blick:Rechtliche Voraussetzungen

Die Geschäftsleiter eines Instituts müssen laut § 25c Absatz 1 Kreditwesengesetz (KWG) „für die Leitung eines Instituts fachlich geeignet und zuverlässig sein und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen. Die fachliche Eignung setzt voraus, dass die Geschäftsleiter in ausreichendem Maß theoretische und praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften sowie Leitungserfahrung haben.“

In ihrer Gesamtheit müssen die Geschäftsleiter gemäß § 25c Absatz 1a KWG „über ein angemessen breites Spektrum von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, die zum Verständnis der Tätigkeiten des Instituts einschließlich seiner Hauptrisiken notwendig sind“. Hinweise zur kollektiven Eignung (Collective Suitability) finden sich auch in der entsprechenden Leitlinie der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA.

Studium nicht alleinentscheidend

Für den Vorstand von Internetbanken, Universalbanken im Modernisierungsprozess und Kryptoverwahrern können auch Personen geeignet sein, die einen auf das spezielle Geschäftsmodell zugeschnittenen IT-Fachhintergrund aufweisen. Dazu gehören aus Sicht der BaFin nicht nur studierte Informatikerinnen und Informatiker. Auch langjährige Beschäftigte mit anderem Studienhintergrund sind als Vorstandsmitglieder denkbar, wenn sie beispielsweise über viele Jahre hinweg die wichtigen IT-Projekte des Unternehmens gesteuert haben. Hinzukommen muss jedoch stets eine bankspezifische fachliche Eignung – inklusive des gebotenen Gesamtüberblicks über das jeweilige Institut und die mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Risiken.

Banktechnisches Basiswissen ist unverzichtbar, denn jedes Vorstandsmitglied muss in der Lage sein, seine Gesamtverantwortung nach §§ 25a Absatz 1 Satz 2 und 25c Absatz 3, 4a Kreditwesengesetz (KWG) für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation wahrzunehmen. Geschäftsleiter von Kreditinstituten unterliegen den damit einhergehenden Sorgfaltspflichten und gesetzlichen Haftungsregelungen. Die Geschäftsleiter müssen sich zudem gegenseitig kontrollieren und vertreten können.

Basiswissen Kreditvergabe

Die Geschäftsleiter einer Bank müssen im Sinne einer kollektiven Eignung in ihrer Gesamtheit über ein ausgewogenes Maß an Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, die dem jeweiligen Geschäftsmodell, dem Risikoappetit, der Strategie und den für das Institut relevanten Märkten entsprechen. Spezialistinnen und Spezialisten tragen dazu ihr besonderes Know-how bei. Entscheidend ist, dass das Vorstandskollegium in seiner Gesamtheit in der Lage bleibt, das Institut im Hinblick auf wesentliche Kernbereiche zu steuern. Ein Spezialist mit beispielsweise weniger Krediterfahrung kann sich diese in einer für das konkrete Institut geeigneten Weise aneignen.

Auch ansonsten kommt es auf das Geschäftsmodell und die damit verknüpften Risiken an. Während die Kreditvergabe bei Vermögensverwaltern und Zahlungsdienstleistern typischerweise eine untergeordnete Rolle spielt, ist sie zum Beispiel bei einigen Spezialfinanzierern so zentral, dass bei den Kreditkenntnissen deutlich weniger Abstriche möglich sind. Beispiel Schiffsfinanzierer: Der Vorstand einer größeren Reederei kennt die finanzierten Objekte in- und auswendig. Trotzdem wird er den Vorstand eines Instituts in der Regel erst dann sinnvoll ergänzen können, wenn er auch das Risiko einer Kreditvergabe bewerten kann. Das notwendige Basiswissen umfasst hier also auch die Kreditvergabe.

Einzelfallprüfung

Es bleibt weiterhin die originäre Aufgabe der Institute, die Eignung ihrer Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleiter einzuschätzen und eine Personalentscheidung zu treffen. Die BaFin wird Geschäftsleiter-Bestellungen auch künftig immer für das konkrete Institut beurteilen – wie sie es in ihrem „Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB" bereits beschrieben hat.

Autoren

Sören Maak-Heß
Joachim Zuckschwerdt
Referat BA 51 Fortentwicklung nationales Recht

Hinweis

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Zusatzinformationen

BaFinJournal 06/2021 (Download)

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