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Erscheinung:16.04.2021 Mobile Rente
Weg frei für die neue europäische Altersvorsorge
Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union (EU) können ab Ende März 2022 ein neues Produkt der privaten Altersvorsorge mitnehmen, wenn sie in einen anderen Mitgliedsstaat umziehen. Der Europäische Rat hat kürzlich die noch offenen Technischen Regulierungsstandards dazu verabschiedet. An deren Vorbereitung hat die BaFin mitgewirkt. Das BaFinJournal erklärt, welche Vorteile das neue Produkt mit sich bringt und was Anbieter wie Kunden beachten sollten.
Das PEPP, kurz für Pan-European Personal Pension Product, dient der langfristigen privaten Altersvorsorge. Der Clou: Das Produkt soll jedem Europäer unabhängig von Alter und Beruf offenstehen. Anbieten dürfen es unter anderem Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Investment- und Verwaltungsgesellschaften sowie Verwalter alternativer Investmentfonds mit Sitz in der EU.
Was das PEPP attraktiv macht
Doch warum braucht es ein neues europaweites Produkt der Altersvorsorge? Einen wesentlichen Teil der Versorgung im Alter stellen in den Ländern der EU die staatlichen Systeme bereit. Und zwar in unterschiedlicher Höhe. Viele Menschen entscheiden sich, zusätzlich privat für das Alter vorzusorgen. Das kann dann kompliziert werden, wenn der Umzug in ein anderes europäisches Land ansteht. Nicht so bei PEPP-Produkten: Sie lassen sich problemlos in andere EU-Staaten mitnehmen und weiterführen, so dass sie besonders für junge Menschen und mobile Arbeitnehmer attraktiv sind. Auf diese Weise wird nicht nur der Grundwert der EU-Freizügigkeit leichter umsetzbar, der Bürger Wohnsitz und Arbeitsplatz innerhalb der EU frei wählen lässt. Sondern das PEPP trägt auch zu einem europäischen Binnenmarkt für Altersvorsorgeprodukte und zur Verwirklichung einer Kapitalmarktunion bei (siehe BaFinJournal September 2020).
Auch mit verhältnismäßig niedrigen Gebühren kann das PEPP punkten. Gebühren und Verwaltungskosten sind beim PEPP-Basisprodukt grundsätzlich auf ein Prozent des pro Jahr angesparten Kapitals gedeckelt.
Die Rolle der BaFin
BaFin und EIOPA, die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, arbeiten bereits seit 2014 an der Ausgestaltung und Umsetzung des neuen europäischen Altersvorsorgeprodukts. Zentrales Anliegen der BaFin im gesamten Prozess ist, das Produkt so zu gestalten, dass es für Verbraucher transparent ist und leicht beaufsichtigt werden kann. Ergebnis dieser Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen auf europäischer Ebene waren die Vorbereitungen für die PEPP-Verordnung, die im Jahr 2019 vom Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat erlassen wurde. Mit ihrer offiziellen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union im März dieses Jahres läuft nun der Countdown zur Einführung von PEPP-Produkten auf dem deutschen Markt. Ab jetzt haben Anbieter ein Jahr lang Zeit, sich über die EU-Vorgaben zu informieren und können sich entscheiden, ob sie ein PEPP-Produkt anbieten wollen. EIOPA befragt zudem europaweit Unternehmen, inwieweit sie Interesse haben, das Produkt ab dem nächsten Jahr in ihr Portfolio aufzunehmen.
Das sollten Anbieter und Kunden wissen
Für Anbieter, die ein PEPP-Produkt auf den Markt bringen möchten, geben in Deutschland die BaFin und auf EU-Ebene EIOPA die Regeln vor. So müssen sich Unternehmen zum Beispiel in ein von EIOPA geführtes Zentralregister eintragen lassen. Darüber hinaus überwacht die EU-Behörde, dass nur registrierte Finanzprodukte unter dem Namen PEPP vertrieben werden. Die BaFin hat auf nationaler Ebene die Aufgabe, bei jedem PEPP-Produkt, das auf den deutschen Markt kommen soll, zu prüfen, ob es den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Die private Altersvorsorge PEPP ist bei jedem PEPP-Anbieter in bis zu sechs verschiedenen Varianten mit unterschiedlichen Risikoprofilen abschließbar. Das Basis-PEPP hat neben den gedeckelten Kosten den Vorteil, dass der Kunde bei Renteneintritt eine garantierte Leistung erhält. Alternativ schützt eine Risikominderungstechnik sein angelegtes Kapital: zum Beispiel indem ein Anbieter zehn Jahre vor Rentenantritt in risikoärmere Anlagen umschichtet. Auf verpflichtenden, einheitlichen Informationsblättern erfahren Kundinnen und Kunden die wichtigsten Eckdaten zum jeweiligen PEPP-Produkt, so dass sich die unterschiedlichen Angebote vergleichen lassen. Die Informationsblätter enthalten sowohl Risikoprofile zu den einzelnen Produkten als auch Informationen darüber, ob das Geld in nachhaltige Finanzanlagen fließt, die soziale und ökologische Standards erfüllen.
Da das PEPP als Produkt der Altersvorsorge konzipiert ist, sollen Kündigungen vor Eintritt in die Rentenphase die Ausnahme sein. Mindestens alle fünf Jahre kann der Kunde jedoch zu gedeckelten Kosten von maximal 0,5 Prozent der Beiträge den Anbieter wechseln oder beim gleichen Anbieter eine andere Anlageoption wählen.
Der Kunde zahlt regelmäßig auf das PEPP-Konto ein, wobei der Leistungsempfänger nicht mit dem Sparer identisch sein muss. Wenn der Kontoinhaber innerhalb der EU umzieht, wird für ihn ein Unterkonto eröffnet, das den nationalen Bestimmungen seines neuen Wohnsitzes entspricht.
Bei Rentenantritt sind verschiedene Auszahlungsvarianten möglich. Der Sparer kann sich zwischen regelmäßigen Rentenzahlungen, einer einmaligen Kapitalabfindung oder gestaffelten Entnahmen entscheiden. Auch eine Kombination verschiedener Auszahlungsarten ist möglich.
Autorin/Autor
Anna Seyfert
BaFin-Referat Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht international
Christian Fuchs
BaFin-Referat Reden und Publikationen
Hinweis
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