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Erscheinung:15.03.2021 | Thema Geldwäschebekämpfung „Wäsche-Business“ macht Geld sauber

Wie Kriminelle über Banken Geld waschen – und wie gut die sich vor solchen Machenschaften schützen

Thomas B. betreibt ein Restaurant. Das läuft allerdings mehr schlecht als recht. An den fünf Tischen in seinem Lokal sitzen nur selten Gäste. Umso erstaunlicher, dass er jeden Montag und Donnerstag fünfstellige Summen Bargeld bei seiner Bank einzahlt. Diese Ungereimtheit fällt nicht nur seinen Freunden und Nachbarn auf. Auch der Bankmitarbeiter wundert sich, wenn B. mit einem dicken Wagen der Luxuskategorie vorfährt.

Er spricht seinen Kunden darauf an. Wie kann es sein, dass B. regelmäßig so hohe Einzahlungen tätigt, wenn er kaum Gäste hat? Was die Bank auf den Plan gerufen hat, ist eine Art Warnsystem, das Kreditinstitute eingerichtet haben, um verdächtige Transaktionen aufzuspüren.

Spätestens ab jetzt dürfte Thomas B. nervös werden. Denn in der Tat stammt das Geld nicht aus den Einnahmen aus dem Restaurant. Nicht seine Kochkünste bringen ihm die Gewinne ein, sondern ein florierender Drogenhandel. Schon länger besteht sein Hauptproblem darin, das viele Bargeld loszuwerden, bzw. das illegal erworbene Geld in den legalen Wirtschaftskreislauf einzuschleusen, ohne aufzufliegen.

An dieser Stelle kommt das Restaurant ins Spiel. Er betreibt es nur, um seine Einnahmen zu verschleiern und aus schmutzigem Geld sauberes zu machen. Dass es eher unglaubwürdig ist, mit seinem schlecht laufenden Lokal derartige Einnahmen zu erzielen, hat er dabei übersehen. Im Gegensatz zur Bank. Der ist der Widerspruch aufgefallen und sie hat den Vorfall der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit - FIU) des Zolls gemeldet.

Der geschilderte Fall ist frei erfunden. Ähnlich geschieht es in der Realität aber immer wieder. Und oft sind die Geldströme sehr viel verschlungener und schwerer zu durchschauen.

Auf einen Blick:Bei diesen Kontobewegungen werden Banken hellhörig:

  • ungewöhnlich hohe Bar-Einzahlungen
  • plötzliche hohe Einzahlungen auf ein Konto, auf dem sonst wenig Bewegung ist
  • Transaktionen, die nicht zum normalen Kundenverhalten passen
  • Geldeingang aus dem Ausland, obwohl der Kunde nur Geschäftspartner in Deutschland hat
  • viele verschiedene Geldeingänge auf Konten, mit denen normalerweise nur Miete, Strom etc. bezahlt wird

Sauber eingefädelt – Al Capone und seine Waschsalons

Vorgemacht hat diese Vorgehensweise Al Capone. Allerdings nicht mit Restaurants. Die Gewinne aus kriminellen Machenschaften wie Prostitution, Schutzgelderpressung und illegalem Glücksspiel und Alkoholhandel legte der legendäre Gangster in einer ganzen Reihe von Waschsalons an, den „Laundromats“, wie sie im Englischen heißen. Capone, der angeblich nie ein Bankkonto hatte, konnte so seine Einkünfte verschleiern, indem er sie als Einnahmen aus den Waschsalons angab.

Ob es sich wirklich so zugetragen hat oder Legende ist, ist nicht klar. Befragt nach der Quelle seiner Einkünfte soll er im Prozess 1931 in Chicago jedoch gesagt haben, er sei „im Wäsche-Business tätig“. In jedem Fall bescherte er der Nachwelt auf diese Weise den Begriff der „Geldwäsche“. Vor dem Gefängnis bewahrt hat ihn dieser Schachzug nicht. Allerdings saß er nicht ein wegen Mord oder Erpressung – beides konnte man ihm nicht nachweisen -, sondern wegen Steuerhinterziehung.

Inzwischen sind Strafermittler besser gegen derlei Tricks gewappnet, auch dank der BaFin und der FIU. Banken sind verpflichtet, der FIU zu melden, wenn ihnen Kunden oder Zahlungen verdächtig erscheinen. Die FIU geht den Verdachtsmeldungen nach und analysiert sie.

Geldwäscheprävention in Pandemie-Zeiten

Die BaFin dagegen kontrolliert, ob sich die unter ihrer Aufsicht stehenden Institute des Finanzsektors gut davor schützen, zu Geldwäschezwecken missbraucht zu werden. Normalerweise reisen Teams der BaFin zu den Instituten, um sich dort mehrere Tage einen Eindruck von der Qualität der Präventionsmaßnahmen zu machen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist das kaum mehr möglich.

Die Prüfungen deshalb ausfallen zu lassen, war keine Option. „Ab April 2020 haben wir erst einmal telefonisch geprüft und dann sehr schnell Remote-Lösungen entwickelt, die sogar vom Home-Office aus funktionierten“, berichtet Dr. Thorsten Pötzsch, der als Exekutivdirektor bei der BaFin auch zuständig ist für Geldwäscheprävention. Nach einer kurzen Phase im Sommer, als zumindest eingeschränkte Vor-Ort-Prüfungen möglich waren, wurden Remote-Prüfungen dann zum Standard. Die üblichen Herausforderungen – belegte Leitungen, tote Mikrofone und Kameras – waren da schon bewältigt, die Prüfungsschwerpunkte remote-kompatibel angepasst. So standen in erster Linie die Risikoanalyse, Fragen zum Geldwäschebeauftragten und das Verdachtsmeldewesen im Fokus.

BaFin spürt Fehler auf

Die Prüfungen waren erfolgreich. Vor allem bei der Risikoanalyse entdeckte die BaFin Fehler, mitunter sogar schwerwiegende. Geldwäscherisiken waren nicht richtig ermittelt oder bewertet worden. Auch im Verdachtsmeldewesen stellten die Prüferinnen und Prüfer Mängel fest, sie waren aber in der Regel weniger gravierend. Viele Institute hatten zudem Vorgänge nicht so dokumentiert, wie es das Geldwäschegesetz verlangt. Mit der Folge, dass die BaFin Entscheidungen nur schwer nachvollziehen konnte.

Bei einigen Instituten schaute sich die BaFin den Prozess zur Identifizierung von Kunden an, ein sehr wichtiges Instrument, um Geldwäsche zu verhindern. Auch da hatten Institute Fehler gemacht, wie sich herausstellte. Allerdings weniger bei den Kunden selbst: Defizite gab es eher bei der Identifizierung von wirtschaftlich Berechtigten oder von Personen, die für einen Kunden bei der Bank auftraten, etwa bei Vertretern und Boten. Aber auch bei der Identifizierung politisch exponierter Personen unterliefen den Instituten Fehler. Zu diesem Kreis zählen Staats- und Regierungschefs, Minister, Mitglieder der Europäischen Kommission, Parlamentsabgeordnete und Verfassungsrichter. Für solche Personen gelten besonders strenge geldwäscherechtliche Vorschriften. Ein weiteres Ergebnis der Prüfungen: Einige Institute hatten Kundendaten nicht rechtzeitig aktualisiert. Ein Nebenprodukt der Prüfungen war die Erkenntnis, dass viele Institute an falscher Stelle gespart hatten und mehr Geld in EDV-Systeme und in Personal investieren sollten.

„Die Institute sind noch nicht alle da, wo sie sein müssten“, resümiert Pötzsch, aber sie seien für Geldwäsche sensibilisiert. Die Zahl der Verdachtsmeldungen bei der FIU haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht und mehr als 90 Prozent dieser Meldungen stammen aus dem Finanzsektor, den die BaFin beaufsichtigt. Der Exekutivdirektor stellt bei Instituten und Behörden eine erhöhte Wachsamkeit fest. „Wir haben außerdem innerhalb Deutschlands mittlerweile eine bessere Vernetzung aller Beteiligten“, fügt er hinzu und meint damit die AFCA. In der Anti Financial Crime Alliance gehen BaFin, FIU und 14 Banken gemeinsam das Problem Geldwäsche an (siehe BaFinJournal Oktober 2019) .

Pläne für die Zeit danach

Auf die Frage, wie sich die BaFin die Prüfungen im laufenden Jahr vorstelle, äußert sich Pötzsch abwartend: „Wir wissen nicht, wie sich die Pandemie entwickelt und wann wir wieder vor Ort prüfen können. Fest steht: Wir konnten 2020 nicht alle geplanten Schwerpunkte so prüfen, wie wir es wollten. Es bleibt aber nichts liegen.“ Mit einigen Themen werde sich die BaFin auch vertieft beschäftigen, vor allem mit dem Kryptogeschäft der Institute, dem Finanztransfergeschäft und dem Verdachtsmeldewesen.

Noch prüft die BaFin also aus der Ferne. Und es sieht nicht so aus, als kehrte sie nach der Pandemie komplett zur alten Prüfungspraxis zurück. Die Prüfteams ziehen zwar Prüfungen an Ort und Stelle vor. Der persönliche Kontakt zu den Beschäftigten der Institute ist ihnen wichtig. Die Pandemie hat aber gezeigt, dass Remote-Prüfungen möglich sind. Sie haben außerdem eine positive Nebenwirkung: Die Teams brauchen nicht zu reisen und haben mehr Zeit für die eigentliche Prüfung. Pötzsch kann sich daher vorstellen, in Zukunft beide Prüfungsarten zu kombinieren – je nach Risiko des Instituts und nach Prüfthemen.

EU-weiter Kampf gegen Geldwäsche

Die EU-Kommission will noch im ersten Quartal 2021 mehrere Vorschläge vorlegen, um noch effektiver gegen Geldwäsche in Europa vorzugehen. Dabei soll es vor allem um die Durchsetzung einheitlicher Regeln in der ganzen EU gehen. Auch eine zentrale europäische Anti-Geldwäsche-Aufsicht ist im Gespräch. „Wir brauchen ein wirklich harmonisiertes europäisches Regelwerk: eine Verordnung, die unmittelbar gilt, und nicht – wie bislang – nur Richtlinien, die den Ländern zu viele Spielräume bei der Umsetzung lassen“, erläutert Pötzsch. Ein bunter Flickenteppich an Aufsichtspraktiken sei nicht das Rüstzeug, mit dem Geldwäsche wirkungsvoll bekämpft oder gar verhindert werden könne. Der Exekutivdirektor ist zuversichtlich, dass die Verhandlungen Ende 2022 abgeschlossen sind und die Verordnung verabschiedet wird, so dass dann die rechtlichen Grundlagen für eine europäische Anti-Geldwäsche-Behörde geschaffen sind.

Linkempfehlung

Der Beitrag "Gemeinsam gegen Geldwäsche" beschreibt wie Geldwäsche funktioniert und wie sie bekämpft wird.

Autorinnen

Nicole Hammes
BaFin-Referat GW 1 Europa und Strategie

Esther Hetzert
BaFin-Referat K 3 Reden und Publikationen

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 03/2021 (Download)

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