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Abstrakte Darstellung einer Aktenübergabe. © istockphoto.com/Dilen_ua

Erscheinung:15.09.2020 | Thema Sanierung/Abwicklung Keine Abwicklung ohne relevante Daten

Droht einer Bank die Abwicklung, muss schnell klar sein, wie es um ihre Vermögenswerte und Verbindlichkeiten bestellt ist. Der Entwurf eines neuen Rundschreibens, die MaBewertung, soll den Instituten zeigen, was sie jetzt tun müssen, um im Krisenfall zügig die benötigten Informationen für eine Bewertung liefern zu können.

Ein Institut in Schieflage muss der Abwicklungsbehörde bewertungsrelevante Daten und Informationen liefern können. Diesen Gedanken greift die BaFin in ihrem Entwurf zu den „Mindestanforderungen an Informationssysteme zur Bereitstellung von Informationen für Bewertungen im Rahmen einer Abwicklung“ (MaBewertung) auf.

Ein wesentlicher Bestandteil einer Abwicklung besteht darin, dass ein Bewerter – ein externes Bewertungsunternehmen oder im Falle einer vorläufigen Bewertung gegebenenfalls die Abwicklungsbehörde – die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der betroffenen Bank bewertet. Die Bewertung dient der Abwicklungsbehörde insbesondere dazu einzuschätzen, ob die Bank in ihrem Bestand gefährdet ist und welche Maßnahmen sie im Falle der Abwicklung treffen muss.

Auf einen Blick:Rechtsgrundlagen für die Bewertung

Gemäß Artikel 20 Absatz 1 SRM-Verordnung bzw. § 69 Absatz 1 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) müssen vor einer Abwicklung die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens bewertet werden. Zudem verlangen Artikel 20 Absatz 16 SRM-VO bzw. § 146 Absatz 1 SAG, dass ein unabhängiger Bewerter nach Abschluss der Abwicklung untersucht, wie diese sich auf die Anteilseigner und Gläubiger im Vergleich zu einem regulären Insolvenzverfahren ausgewirkt hat.

Um Vermögenswerte und Verbindlichkeiten fundiert bewerten zu können, sind externe Bewerter bzw. die BaFin als Abwicklungsbehörde darauf angewiesen, dass die Bank ihnen die bewertungsrelevanten Daten und Informationen schon vor dem Abwicklungswochenende bereitstellt. Damit die Bank im Krisenfall zügig die benötigten Informationen liefern kann, muss sie bereits im Vorfeld geeignete Vorbereitungen treffen. Hierbei ist es zielführend, wenn ihr die Abwicklungsbehörde möglichst konkrete Vorgaben zur Art der benötigten Daten und Informationen macht. In den MaBewertung legt die BaFin nun ihre Vorgaben dar.

Arten der Bewertung

Es lassen sich drei Arten von Bewertungen unterscheiden. Sie alle sollen helfen, Kernfragen zu einer Abwicklung zu beantworten:

Bewertung 1: Liegen die Voraussetzungen für eine Abwicklung vor?
Die Abwicklungsbehörde zieht die Bewertung 1 heran, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind. Dafür muss der externe Bewerter oder die Behörde selbst die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten fair und realistisch bewerten. Das wesentliche Ziel ist es festzustellen, ob die Vermögenswerte des Instituts den Wert der Verbindlichkeiten übersteigen und ob es die regulatorischen Kapitalanforderungen noch erfüllt.

Bewertung 2: Wie sollte die Abwicklungsbehörde die Abwicklung am besten ausgestalten?
Die Bewertung 2 dient der Abwicklungsbehörde vor allem als Grundlage, um zu entscheiden, welche Abwicklungsstrategie sie wählt und wie sie diese ausgestaltet. In welcher Höhe die Abwicklungsbehörde relevante Kapitalinstrumente und gegebenenfalls Verbindlichkeiten der Bank herabschreibt oder umwandelt, entscheidet sich hier. Die Bewertung 2 beruht auf fairen, vorsichtigen und realistischen Annahmen und beurteilt verschiedene Szenarien. Im Unterschied zur Bewertung 1 basiert die Bewertung 2 auf ökonomischen und nicht auf handels- und aufsichtsrechtlichen Werten.

Bewertung 3: Hätte eine Insolvenz die Anteilseigner/Gläubiger bessergestellt?
Hierbei handelt es sich um einen hypothetischen Insolvenzvergleich: Die Bewertung 3 überprüft, ob die Abwicklungsmaßnahme die Anteilseigner und Gläubiger der Bank mindestens so gut gestellt hat, wie es ein reguläres Insolvenzverfahren vermocht hätte (siehe Infokasten „Rechtsgrundlagen für die Bewertung“). Das ist eine wesentliche Schutzbestimmung bei einer Abwicklung (No-Creditor-Worse-Off-Test).

Vorläufige und abschließende Bewertung

Bevor die Abwicklungsbehörde Abwicklungsmaßnahmen auf eine Bank anwenden kann, muss ein externer Bewerter die Bank grundsätzlich abschließend bewertet haben. Sollte dies – etwa aus Zeitnot – nicht möglich sein, können die Bewertungen 1 und 2 auch nur vorläufiger Natur sein. Hingegen muss die Bewertung 3 immer nach der Abwicklung erfolgen und abschließenden Charakter haben.

Waren vorläufige Bewertungen die Basis für eine Abwicklung, hat die Behörde nach der Abwicklung eine abschließende Bewertung durch einen unabhängigen Bewerter zu veranlassen.

Zwei-Stufen-Ansatz der BaFin

Basierend auf Vorgaben der Europäischen Bankenaufsicht EBA hat sich die BaFin in den MaBewertung für einen zweistufigen Ansatz entschieden, um – dem Grundsatz der Proportionalität folgend – den weniger bedeutenden Instituten unter nationaler Verantwortung ein möglichst effizientes und effektives Vorgehen zur Bereitstellung von bewertungsrelevanten Daten und Informationen zu ermöglichen (siehe Infokasten „Adressatenkreis der MaBewertung“).

Stufe I setzt im Wesentlichen auf bereits bestehenden internen und externen Standardberichten sowie weiteren wesentlichen Dokumenten der Bank auf – etwa der Geschäftsplanung. Auf Stufe II wird die BaFin ein konkretes Datenmodell verlangen, welches Daten für die Bewertung in der Abwicklung einbezieht.

Gegenstand der MaBewertung ist derzeit nur die Stufe I. Stufe II wird die BaFin zu einem späteren Zeitpunkt konkretisieren. Sie wird dabei berücksichtigen, dass die EBA und der Ausschuss für die einheitliche Abwicklung SRB ein Handbuch bzw. Rahmenwerk veröffentlicht haben und zudem bereits konkrete Datenanforderungen formuliert haben. Auch die Diskussion mit den Banken wird die BaFin aufgreifen.

Die Vorteile des Zwei-Stufen-Modells bestehen darin, dass es zunächst die initiale Handlungsfähigkeit der Beteiligten herstellt und sich anschließend den komplexen Herausforderungen der Stufe II im Austausch mit den Instituten widmet. Dazu gehören Datenpunkte, Bereitstellungswege und -formate. Und: Erfahrungen, die das SRB gemacht hat, können direkt in die Konzeption eines nationalen Datenmodells einfließen.

Auf einen Blick:Adressatenkreis der MaBewertung

Die MaBewertung richten sich grundsätzlich an alle Institute im Sinne von § 2 Absatz 1 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) und die Unternehmen nach § 1 Nummer 3 SAG in der Bundesrepublik Deutschland, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses für die einheitliche Abwicklung SRB als Abwicklungsbehörde im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 SRM-Verordnung fallen. Ob die MaBewertung für ein Institut bzw. Unternehmen relevant sind, prüft die BaFin in der Abwicklungsplanung im Hinblick darauf, ob es sich um ein Institut mit potenziellem Abwicklungsszenario oder Insolvenzszenario handelt. Solange die BaFin ein Institut nicht anders unterrichtet hat, darf es davon ausgehen, dass alle Angaben im Sinne der MaBewertung zunächst entbehrlich sind und es somit keine diesbezüglichen Prozesse und Systeme vorhalten oder Informationen übermitteln muss.

Banken, die unter die direkte Verantwortung des SRB fallen, erhalten von dort Vorgaben, an denen die BaFin mitgewirkt hat.

Informationsanforderungen der Stufe I

Banken müssen in der Lage sein, der BaFin bzw. einem externen Bewerter die Informationen der Stufe I in einer bestimmten Struktur innerhalb von 24 Stunden in einem virtuellen Datenraum bereitzustellen. Sie müssen mindestens die in den MaBewertung aufgeführten internen und externen Standardberichte sowie weitere Dokumente einreichen. Details zu Dateiformaten und -inhalten sowie zur Datenstruktur stimmen BaFin und Banken in der Abwicklungsplanung ab. Zudem muss die Möglichkeit zum kurzfristigen Hochladen zusätzlicher Daten und Informationen durch das Institut und die BaFin gewährleistet sein.

Ausblick

Den Entwurf zu den MaBewertung hat die BaFin Anfang September bis 2. Oktober 2020 öffentlich zur Konsultation gestellt. Im Anschluss daran wird sie die Endfassung einschließlich der Stufe I veröffentlichen. Die Stufe II wird detaillierte Datenanforderungen sowie ein ebenso detailliertes Datenmodell umfassen und sich dabei an den Vorgaben der EBA und des SRB orientieren. Die BaFin wird dazu im Jahr 2021 an die Institute herantreten.

Autoren

Dr. Mehtap Ölger
Dr. Johannes Schneider
Marcus Schumacher
Dr. Christian Nowak
BaFin-Gruppe Abwicklungsmaßnahmen und Methodik

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 09/2020 (Download)

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