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Erscheinung:14.08.2020 | Thema Eigenmittel, Risikomanagement In Form gebracht

BaFin veröffentlicht Formular für Nettinganzeigen der weniger bedeutenden Kreditinstitute

Banken müssen der Aufsicht ab dem 1. Oktober 2020 mit einem Formular anzeigen, dass sie ihre Kreditrisiken mit dem Instrument des Nettings mindern möchten (siehe Infokasten „Netting als Kreditrisikominderungstechnik"). Bislang erfolgte dies formlos.

Das Formular hatte von Anfang Januar bis Anfang März 2020 öffentlich zur Konsultation gestanden (siehe BaFinJournal Januar 2020) und gilt unter anderem für weniger bedeutende Institute (Less Significant Institutions – LSIs) unter deutscher Aufsicht. Darüber hinaus müssen aber auch Nicht-CRR-Kreditinstitute, für die nach § 1a Kreditwesengesetz (KWG) die europäische Eigenmittelverordnung (Capital Requirements RegulationCRR) entsprechend anzuwenden ist, sowie Institute nach Artikel 4 Absatz 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 CRR ihre Anzeigen bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 1. Oktober 2020 umstellen. Die Institute können das neue Anzeigenformular aber bereits jetzt nutzen.

Auf einen Blick:Netting als Kreditrisikominderungstechnik

Um ihre Eigenmittelanforderungen zu senken, können Institute verschiedene Kreditrisikominderungstechniken im Sinne der europäischen Eigenmittelverordnung (Capital Requirements RegulationCRR) anwenden. Es handelt sich um Besicherungsverträge, mit denen die Institute die Risiken ihrer Kreditpositionen reduzieren. Ob und inwieweit Institute diese Besicherungen anrechnen dürfen, regelt die CRR in Teil 3 Titel II Kapitel 4.

Auch das Netting zählt zu den Kreditrisikominderungstechniken. Beim Liquidations-Netting (Close-Out-Netting) wickeln die Vertragsparteien bei Eintritt bestimmter festgelegter Ereignisse – etwa beim Ausfall einer Partei – ein Bündel von laufenden gegenseitigen Finanzverträgen unter dem Dach eines Rahmenvertrags ab. In der Regel bestimmen Klauseln in diesen Rahmenverträgen, wie die Parteien ihren Vertrag beenden und wie eine einheitliche Ausgleichszahlung zu ermitteln ist. Dabei entsteht eine einzige Forderung und nicht etwa mehrere Forderungen aus den Einzelgeschäften. Eine Nettingvereinbarung hat also zur Folge, dass sich das Kreditrisiko aus den Geschäften mit einem Vertragspartner auf die Differenz der noch offenen Verpflichtungen reduziert.

Die meisten Rahmenvereinbarungen erlauben es einer Partei, den Vertrag zu kündigen, oder sehen vor, dass er automatisch endet, wenn beispielsweise die Insolvenz einer Partei eintritt oder sich ihre Bonitätseinstufung verschlechtert.

Nach der CRR wird die Rechtswirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Nettingvereinbarungen in den verschiedenen Jurisdiktionen durch die Vorlage von Rechtsgutachten nachgewiesen. Für die Anerkennung der Nettingvereinbarungen muss ein Institut darüber hinaus die in der CRR genannten Überwachungs- und Steuerungsaufgaben wahrnehmen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang Artikel 297 Absatz 1 bis 3 CRR, wonach Institute Verfahren schaffen und erhalten müssen, die gewährleisten, dass sie die Rechtsgültigkeit und Durchsetzbarkeit des vertraglichen Nettings überprüfen – und zwar mit Blick auf etwaige Änderungen der Rechtsvorschriften der Länder nach Artikel 296 Absatz 2 lit. b CRR.

Anerkennung der risikomindernden Wirkung

Von Instituten abgeschlossene Nettingvereinbarungen, die sie nach Artikel 295 ff. CRR risikomindernd behandeln und auf ihre Eigenmittelanforderungen anrechnen möchten, muss die zuständige Aufsichtsbehörde anerkennen. In Deutschland ist das die BaFin. Die CRR trifft keine klare Aussage darüber, wie genau eine aufsichtliche Anerkennung der Nettingvereinbarungen erfolgen soll, und lässt das Verfahren offen. Für die von der EZB beaufsichtigten bedeutenden Institute (Significant Institutions – SIs) gilt seit dem 31. Januar 2020 ein einheitlicher Anerkennungsprozess einschließlich eines dafür veröffentlichten Anzeigenformulars. Ihren Prozess hat die BaFin daran angelehnt.

Eine Anzeigepflicht besteht für bilaterale Schuldumwandlungsverträge und sonstige bilaterale Aufrechnungsvereinbarungen (Artikel 295 lit. a und b CRR) sowie im Falle von produktübergreifendem Netting (Artikel 295 lit. c CRR). Ein Großteil der Nettingvereinbarungen entfällt auf sonstige bilaterale Aufrechnungsvereinbarungen nach Artikel 295 lit. b CRR. Dabei verrechnen die Vertragsparteien ihre gegenseitigen Forderungen aus Derivategeschäften. Eine verbleibende Nettoverpflichtung des Geschäftspartners wird in eine nichtderivative Forderung umgewandelt und im regulären Abwicklungsprozess bearbeitet.

Anzeigenformular ab 1. Oktober 2020

Die BaFin hat bei der Konsultation des Formulars die Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) vom 6. März 2020 berücksichtigt. Die finale Fassung des erst ab dem 1. Oktober 2020 zu verwendenden Anzeigenformulars hat die Aufsicht schon jetzt veröffentlicht, um den betroffenen Instituten die Umstellung zu erleichtern.
Das Anzeigenformular ist zweigeteilt. Der erste Teil umfasst Bestätigungen zu Anforderungen, die sich aus Artikel 296 CRR für die Anerkennung vertraglicher Nettingvereinbarungen ergeben, sowie zu den sich aus Artikel 297 CRR ergebenden Pflichten. Die Bestätigungen betreffen Anerkennungsvoraussetzungen für jede einzelne Nettingvereinbarung – beispielsweise zur Ausstiegsklausel (Walk-Away-Klausel) – und zu institutsinternen Prozessen.

Der zweite Teil des Anzeigenformulars beinhaltet insbesondere Angaben zur Art der jeweiligen Nettingvereinbarung, zum anzuwendenden Recht und der Jurisdiktion der Vertragspartner einschließlich der erforderlichen Rechtsgutachten. Die im konsultierten Entwurf noch vorgesehene Angabe des Vertragspartnertyps ist nicht mehr Teil des Anzeigenformulars.

So wie es die EZB bei den SIs handhabt, sieht auch die BaFin vor, dass die Institute die erforderlichen Bestätigungen über das Anzeigenformular erteilen. Ein solches Vorgehen reduziert auch den Prüfungsumfang im Anerkennungsprozess und entlastet damit sowohl die Aufsicht als auch die Institute.

Ändern sich einzelne Nettingbestimmungen in einer bereits angezeigten Nettingvereinbarung, ohne dass einem Beteiligten daraus Nachteile erwachsen, besteht keine gesonderte Anzeigepflicht. Voraussetzung hierfür ist die Dokumentation einer individuellen institutsinternen Überprüfung oder ein entsprechendes extern eingeholtes Ergänzungsgutachten.

Allgemeine Fragen zur Umsetzung können Institute direkt an eine zentrale Stelle bei der BaFin richten. Institutsspezifische Fragen und die Nettinganzeigen richten sie weiterhin an die zuständigen Institutsbetreuerinnen und -betreuer.

Autorin

Jeannine Zimmermann
BaFin-Referat Grundsatz Restrukturierung

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 08/2020 (Download)

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