BaFin - Navigation & Service

Das Symbolfoto

Erscheinung:13.05.2020 | Thema Verbraucherschutz BaFin passt Rahmenbedingungen in der Krise an

Damit sich die Unternehmen des Finanzsektors in der Corona-Krise auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, hat die BaFin temporär ihre Praxis in einigen Punkten geändert. Eine Übersicht.

Wir haben unsere aufsichtlichen Rahmenbedingungen denen der Krise angepasst.“ Mit diesen Worten fasste BaFin-Präsident Felix Hufeld bei der Pressekonferenz der Aufsicht am Dienstag die vorübergehenden Maßnahmen zusammen, die die BaFin seit Ausbruch der Corona-Pandemie ergriffen hat. Deren Ziel: die Unternehmen des Finanzsektors zu stärken und ihnen den Rücken freizuhalten, damit sie die Folgen der Krise für die Realwirtschaft mildern können. Die BaFin veröffentlicht ihre Anpassungen auf ihrer Internetseite in Form von Fragen und Antworten (FAQ s). Das BaFinJournal stellt einige der wichtigsten vor.

Bankenaufsicht

Banken und Sparkassen spielen eine zentrale Rolle bei der wirtschaftlichen Bewältigung der Corona-Krise. So ist es ihre Aufgabe, die bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgelegten staatlichen Sonderprogramme umzusetzen, an deren Entwicklung die BaFin beteiligt war. Bei ihren Überlegungen, wie sie die Institute dabei entlasten könnte, ist die Aufsicht auch auf Anregungen aus dem Bankensektor eingegangen. Wobei Hufeld am Dienstag noch einmal betonte, dass die Aufsicht bei ihren Anpassungen nur so weit gegangen sei, „wie es Regulierung, Rechnungslegungsvorschriften und die Finanzstabilität zulassen.“

Vereinfachte Kreditwürdigkeitsprüfungen

Die BaFin hat klarstellende Hinweise zu Krediten veröffentlicht, die die KfW mit einer Haftungsfreistellung ausgestattet hat, bei denen also die Institute selbst keine Haftung übernehmen. Die Aufsicht ermöglicht den Instituten hierfür ein vereinfachtes Verfahren bei der Kreditwürdigkeitsprüfung, damit sie Anträge zügiger bearbeiten können.

Flexible Handhabung von Governance-Anforderungen

Was die Institute als hilfreich empfinden: Die BaFin kommt ihnen bei den Vorgaben zur Governance entgegen, soweit sie es rechtlich vertreten kann. So dürfen Bankmitarbeiter in der Corona-Krise Handelsgeschäfte auch aus dem Home-Office tätigen. Normalerweise sind solche Außer-Haus-Geschäfte streng reglementiert. Doch in der gegenwärtigen Lage stellen Handelsgeschäfte im Home-Office keinen Bruch der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) dar.

In der Corona-Krise lässt die BaFin auch einen flexibleren Personaleinsatz zu. So können Beschäftigte, die normalerweise nur in der Innenrevision arbeiten, nun auch für andere Tätigkeiten eingesetzt werden, in denen es gerade an Ressourcen mangelt, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Stundung von Darlehensraten

Gleich nach Beginn der Corona-Krise äußerten Institute den Wunsch, Kunden insbesondere mit der Stundung fälliger Darlehensraten über krisenbedingte Liquiditätsengpässe hinweghelfen zu können.

Die BaFin hat daher unter anderem klargestellt, wann eine einzelfallbezogene Stundung bei einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, nicht als Ausfall zu werten ist. Nämlich dann, wenn sie zu den zuvor festgelegten Konditionen („zum ursprünglichen Effektivzins“) erfolgt und dadurch der Barwert der ausstehenden Zahlungen – gemessen am vereinbarten Effektivzins – um weniger als ein Prozent sinkt.

Klargestellt hat die Aufsicht auch, wie sie die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA zu allgemeinen Zahlungsmoratorien in Abgrenzung zu einzelfallbezogenen Stundungen anwendet: Ein allgemeines Zahlungsmoratorium ist so breit angelegt, dass es auch Schuldner in Anspruch nehmen können, die im Sinne von Artikel 178 der europäischen Eigenmittelverordnung (Capital Requirements RegulationCRR) nicht als ausgefallen gelten. Die Annahme eines finanziellen Zugeständnisses, die bei einem allgemeinen Zahlungsmoratorium erfolgt, wird daher für sich genommen nicht als Ausfall gezählt. Außerdem muss das Institut beurteilen, ob ein Schuldner, der unter das Moratorium fällt, später als Ausfall gewertet werden muss. Entscheidend dafür sind die Zahlungsverpflichtungen, wie sie sich nach Maßgabe des allgemeinen Zahlungsmoratoriums ergeben.

Neue Vorgaben: Belastung der Institute begrenzen

Um die Institute nicht zusätzlich zu belasten, verschiebt die BaFin die ursprünglich für Ende 2020 geplante Novellierung ihrer MaRisk auf das erste Quartal 2021. Die geänderten Anforderungen werden daher zum Stichtag 31. Dezember 2020 nicht prüfungsrelevant sein. Auch sieht die BaFin angemessene Übergangsfristen vor.

SREP-Zuschlag ausgesetzt

Für 2020 setzt die BaFin den Zyklus zur Festsetzung des SREP-Zuschlags aus, des Kapitalzuschlags im Rahmen des bankaufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP). Die in diesem Jahr turnusmäßig anstehenden Neufestsetzungen werden verschoben, und die bisher festgesetzten Kapitalzuschläge bleiben für das Jahr 2020 konstant.

Anpassungen beim Meldewesen

Auch und gerade in Krisenzeiten sind Berichte und Zahlen über die aktuelle Lage wichtig. Dennoch kann die Aufsicht den Instituten in der Krise auch im Meldewesen entgegenkommen. Erhält die Aufsicht bestimmte Meldungen zu spät, ahndet sie das nicht. Das gilt auch für die Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen gemäß § 26 Kreditwesengesetz (KWG). Verstöße gegen die Meldefrist verfolgt die Aufsicht bis zum 30. Juni 2020 nicht.

Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht

Operative Anpassungen gibt es auch in der Aufsicht über Versicherer und Pensionsfonds.

Berichtswesen

Versicherer, für die das europäische Aufsichtsregime Solvency II gilt, können den narrativen Teil des Solvabilitäts- und Finanzberichts (Solvency and Financial Condition ReportSFCR) acht Wochen später abgeben. Das aufwendige Holistic Impact Assessment, in dem Versicherer durchrechnen, wie sich mögliche Anpassungen von Solvency II im laufenden Überprüfungsverfahren auf sie auswirken würden, müssen sie nun bis zum 1. Juni 2020 durchführen statt bis zum 1. April 2020.

Volatilitätsanpassung und Übergangsmaßnahmen

Lebensversicherern helfen in der Corona-Krise besonders zwei Instrumente, die Solvency II seit jeher vorsieht: die Volatilitätsanpassung sowie die Übergangsmaßnahmen, mit denen Versicherer ihre Eigenmittelanforderungen innerhalb von 16 Jahren schrittweise auf das geforderte Niveau bringen können. Über neue Anträge, diese Instrumente nutzen zu können, entscheidet die BaFin sehr kurzfristig und vorrangig. Bei Bedarf ist auch eine rückwirkende Genehmigung zum 31. März 2020 möglich.

Sicherungsvermögen

Pensionsfonds profitieren mit Blick auf das Sicherungsvermögen, das sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Pensionspläne bilden müssen, von längeren Fristen. Einigen sich Pensionsfonds und Arbeitgeber darauf, eine mit einer Unterdeckung einhergehende Nachschussforderung nicht sofort fällig zu stellen, muss der Pensionsfonds der BaFin einen Bedeckungsplan vorlegen, weil Forderungen nicht für das Sicherungsvermögen qualifiziert sind. Genehmigt die Aufsicht den Plan, duldet sie die Unterdeckung. Bislang verlangte die BaFin bei Unterdeckungen bis 5 bzw. bis 10 Prozent spätestens nach drei Monaten einen Bedeckungsplan, aus dem hervorgeht, wie das Unternehmen wieder in die Spur finden will.

In der aktuellen Lage können diese Fristen bis zum 1. Oktober 2020 auch mehr als drei Monate betragen. Zahlungen des Arbeitgebers, der hinter dem Pensionsfonds steht, müssen erst 2021 erfolgen statt 2020. Dies ist verhältnismäßig, wenn man bedenkt, dass der Ausgleich von Unterdeckungen keine Monatsaufgabe, sondern auf mehrere Jahre angelegt ist.

Bei Pensionskassen und kleinen Versicherern, die das Sicherungsvermögen auf Basis der Anlageverordnung (AnlV) investieren müssen, vermeidet die BaFin aufsichtsrechtlich bedingte Notverkäufe von Immobilien, indem sie es vorübergehend nicht beanstandet, wenn die Unternehmen ihre 25-prozentige Immobilienquote übertreffen.

Operativ entlastet werden alle Versicherungsunternehmen dadurch, dass sie das Sicherungsvermögensverzeichnis in Papierform erst zum 30. Juni 2020 vorlegen müssen.

Wertpapieraufsicht

In der Wertpapieraufsicht galt es in den vergangenen Krisen-Wochen, die richtige Balance zwischen funktionierendem Anlegerschutz und Anpassungen für die Industrie zu schaffen.

Arbeiten im Home-Office

So kann es für Wertpapierdienstleister mit Beschäftigten im Home-Office schwierig sein, alle Vorgaben der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) zu erfüllen. Probleme können sich beispielsweise dabei ergeben, Telefongespräche elektronisch aufzuzeichnen oder Kunden Geeignetheitserklärung und Ex-ante-Kosteninformation rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Daher hat die BaFin deutlich gemacht, dass sie Verstöße nicht verfolgt, wenn das Unternehmen geeignete Ersatzmaßnahmen trifft. Unerlässlich dabei: dass es sich bemüht und die Kunden informiert.

Auch Kapitalverwaltungsgesellschaften kommt die BaFin entgegen. Die strengen Regeln zu Geschäftsabschlüssen für das Investmentvermögen vorübergehend krisenbedingt für eine Home-Office-Regelung zu lockern, ist aus Sicht der BaFin aufsichtsrechtlich vertretbar. Sofern Gesellschaften Geschäfte außerhalb ihrer Geschäftsräume bisher ausgeschlossen haben, müssen sie dieses Verbot gegebenenfalls explizit aufheben und klar umreißen, unter welchen Bedingungen und wie lange die Neuregelung gelten soll, und dies in Arbeitsanweisungen niederlegen. Auch die aufsichtsrechtlichen Verfahren hat die BaFin den Gegebenheiten angepasst, indem sie auf die papierhafte Vorlage von Originalunterlagen weitestgehend zugunsten elektronischer Eingaben verzichtet. Zudem dürfen die Bewerter von Fondsimmobilien unter bestimmten Bedingungen darauf verzichten, Objekte zu besichtigen.

Finanzberichterstattung

Wie auch andere nationale Wertpapieraufsichtsbehörden verfolgt die BaFin Fondsmanager, die ihre jährlichen oder halbjährlichen Reports zu spät einreichen, nicht vorrangig. Die Fondsmanager sollen die Aufsicht aber informieren, wenn sie nicht rechtzeitig liefern können.

Geldwäschebekämpfung

Auch in der Corona-Pandemie müssen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpft werden. Wenn Banken die Empfänger staatlicher Förderkredite identifizieren, können sie zwar die vereinfachten Sorgfaltspflichten nach § 14 Geldwäschegesetz (GwG) anwenden, wonach etwa eine Ausweiskopie reichen kann. Voraussetzung ist aber, dass „nur ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht“.

Ergeben sich nach Beginn der Geschäftsbeziehung im Rahmen des fortlaufenden Kunden- und Transaktionsmonitorings Hinweise auf ein höheres Risiko, müssen die Banken zusätzliche Maßnahmen wie eine persönliche und ausweisbasierte Identifizierung nachholen.

Erlaubnispflicht

Mit einer Entscheidung zur Erlaubnispflicht von Bürgschaften entlastet die BaFin vor allem die mittelständische Realwirtschaft. Dort kann es schnell zu einem Produktionsstopp kommen, wenn einem Zulieferer das Geld ausgeht und er seinen Kunden deshalb nicht mehr beliefern kann. Um das zu verhindern, wollen Kunden oft selbst als Bürge einspringen.

Die BaFin hat klargestellt, dass sie damit kein genehmigungspflichtiges Garantiegeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 KWG betreiben und auch keine Erlaubnis der BaFin benötigen. Das gilt selbst dann, wenn sie mehreren Zulieferern eine solche Bürgschaft stellen. Der Bürge darf aber keine Gebühr verlangen.

Die BaFin hat zudem der Deutschen Post AG die befristete Erlaubnis erteilt, ein kontaktloses Bezahlverfahren per SEPA-Einmallastschrift bereitzustellen, ohne sie mit den sonst üblichen Pflichten zu belasten.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 05/2020 (Download)

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback