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Das Symbolfoto zeigt mehrere, verteilt liegende Holzbausteine in verschiedenen Farben und Formen. © istockphoto.com/bankrx

Erscheinung:16.04.2020 Nicht nur zur Corona-Zeit: „Wir sind präventiv unterwegs“

Adam Ketessidis, Leiter der BaFin-Abteilung Restrukturierung/Systemaufsicht, über die Verbindlichkeit einer Sanierungsplanmindestanforderungsverordnung, kurz: MaSanV, Handlungsoptionen von Kreditinstituten in ernsthaften Schwierigkeiten und Sanierungspläne in einer Pandemie.

Herr Ketessidis, MaSanV ist kurz für „Sanierungsplanmindestanforderungsverordnung“. Abschnitt 3 regelt vereinfachte Anforderungen an Sanierungspläne. Wie hart ist die MaSanV?

Jedenfalls ist sie nicht weich. Die MaSanV ist eine Rechtsverordnung, die unmittelbar anwendbar ist. Sie beschreibt das Mindestmaß, das wir an die Sanierungspläne von Kreditinstituten anlegen. Dabei unterscheiden wir drei Ebenen:

Auf der ersten Ebene müssen die potentiell systemgefährdenden Institute und die weniger bedeutenden Institute mit hoher Priorität – genannt PSI und HP-LSI – fast alle Anforderungen an die Sanierungsplanung einhalten, die im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, in der Delegierten Verordnung der Europäischen Kommission und der MaSanV ausbuchstabiert werden.

Die zweite Ebene umfasst die weniger bedeutenden Institute, die weder PSI oder HP-LSI, sind noch von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen können. Diese Institute können von Erleichterungen profitieren. Zudem haben wir uns für ein vereinfachtes Verfahren entschieden, damit die Institute ihre Pläne in Form einer Excel-Tabelle einreichen können. Im nächsten Schritt wird das komplett digital erfolgen.

Schließlich brauchen Institute, die einem IPS, also einem Institutssicherungssystem angehören, keine Sanierungspläne zu entwerfen, wenn sie einen Antrag stellen und das IPS einen eigenen Plan einreicht.

Was sind die zentralen Punkte der MaSanV?

Ganz klar die Handlungsoptionen. Dabei handelt es sich um die Möglichkeiten, die Banken in kritischen Situationen bleiben. Wie können sie zum Beispiel in der Not noch Kapital generieren? Da gibt es von der Kapitalerhöhung über die Abschirmung von Risiken bis hin zum Verkauf von Geschäftsbereichen eine große Bandbreite. Aber nicht jede Bank ist gleich gut vorbereitet. Deshalb wollen wir die konkreten Handlungsoptionen in den Sanierungsplänen einmal Schwarz auf Weiß sehen. Dann können wir sie mit ihrer Vergleichsgruppe messen – Stichwort: qualitatives Aufsichtsregime – und darauf hinwirken, dass sie sich verbessern.

Wie wirkt sich Corona auf die Sanierungsplanung aus?

Auch die Sanierungsplanung bleibt von der Pandemie nicht verschont. Die Aufsicht gewährt den Instituten Erleichterung, um den Auswirkungen der Pandemie auf die Realwirtschaft und die Banken zu begegnen. Gleichwohl ist ein gut ausgearbeiteter Sanierungsplan gerade in diesen Zeiten sinnvoll, wenn Ausfälle drohen. Der Zweck des Sanierungsplans ist ja gerade, die Institute auf bestandsgefährdende Belastungen vorzubereiten. Daher lohnt es sich schon, zumindest bestimmte Kapitel aktuell zu halten, auch wenn es mühevoll ist. So konzentrieren auch wir uns in diesen Zeiten auf das Herzstück der Planung - die Handlungsoptionen - und gewähren Erleichterungen in allen anderen Bereichen.

Die Corona-Pandemie kann sich auch auf die Belastungsszenarien auswirken, die PSI und HP-LSI erstellen müssen, wobei es derzeit aus aufsichtlicher Sicht in Ordnung ist, wenn sie lediglich ein bereits vorhandenes marktweites Szenario fortschreiben, das die aktuellen Entwicklungen der COVID-19-Pandemie berücksichtigen kann. Dabei könnte das Sondergutachten der Wirtschaftsweisen helfen, das drei mögliche Szenarien betrachtet: Im ersten geht es schnell wieder aufwärts – wie bei einem „V“. Im zweiten Szenario braucht die Wirtschaft schon etwas länger – wie bei einem „U“. Und wenn die Wirtschaftsleistung langfristig stagniert, ergibt sich optisch ein „L“. Wir wollen nicht hoffen, dass sich dieses dritte Szenario verwirklicht.

Warum stammt der Sanierungsplan eigentlich nicht immer vom jeweiligen Institut?

Im Grundsatz ist genau das der Fall. Wenn Institutssicherungssysteme im genossenschaftlichen Sektor und bei den Sparkassen nicht nur die Einlagen garantieren, sondern auch den Bestand des Unternehmens, dann ist es folgerichtig, bei den Sanierungsplänen auch auf diesen Garantiegeber abzustellen. Etwas anders ist es in einem Mutter-Tochter-Verhältnis: Da erwarten wir vom Konzern, dass alle Informationen, die im Zusammenhang mit der Sanierung seines gruppenangehörigen Unternehmens wichtig sind, auf Ebene des einzelnen Unternehmens ablesbar bleiben und nicht auf Gruppenebene vermischt werden.

Wie geht es nun weiter mit der MaSanV?

Die MaSanV bleibt natürlich lebendig, Anpassungen schließe ich nicht aus. Die jetzige Veröffentlichung ist ein großer Wurf mit langem Anlauf: Die ersten Entwürfe für das MaSan-Rundschreiben stammen aus dem Jahr 2011. Jetzt ist es eine Verordnung geworden, die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht EBA umsetzt und eine Delegierte Verordnung der EU konkretisiert. Das schafft vor allem bei den Ausnahmen und vereinfachten Anforderungen, über die wir vorhin sprachen, Rechtssicherheit und Klarheit. Bei all den rechtlichen Vorgaben, erlaubt die MaSanV als qualitatives Aufsichtsregime viele Spielräume beim Beurteilungsmaßstab, die es nun im Sinne eines Best Practice auszufüllen gilt.

Hinweis

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BaFinJournal 04/2020 (Download)

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