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Symbolfoto zeigt eine Person, die verärgert aussieht und bei der Dampf aus den Ohren kommt © iStockphotocom/Stockphotography

Erscheinung:17.03.2020 | Thema Verbraucherschutz Beschwerdemanagement bei der BaFin

Zahl der Beschwerden über Banken steigt auf Rekordniveau

Mehr als 17.000 Verbraucher haben bei der BaFin 2019 das Geschäftsgebaren von Banken oder Versicherern beanstandet oder sich über den Wertpapierhandel beschwert. Zu Banken gingen so viele Eingaben ein wie noch nie. Das BaFinJournal zeigt, wie sich Verbraucher bei der Aufsicht über Finanzunternehmen beschweren können.

Für das bisher kostenlose Girokonto verlangt die Bank inzwischen eine Gebühr, die private Krankenversicherung verweigert Leistungen, der Wertpapierhändler unterschlägt Informationen: Dem Ärger über die Geschäftstätigkeit von Banken, Versicherungen und dem Wertpapierhandel machen immer mehr Menschen Luft, indem sie sich bei der Finanzaufsicht BaFin beschweren (siehe Linkempfehlung zu Fallbeispielen).

So gingen im Jahr 2019 mehr als 17.200 Eingaben bei der Bundesbehörde ein. Während die Zahl der Eingaben zu Versicherungen mit 7.851 auf hohem Niveau (2018: 8.097) blieb, fiel der Unmut über Kreditinstitute im Vergleich zu den Vorjahren deutlich größer aus. 8.525 Eingaben gab es hierzu im Jahr 2019 – so viele wie noch nie. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von rund 50 Prozent (2018: 5.791). Im Wertpapiergeschäft ist dagegen ein Rückgang der Eingaben zu verzeichnen. Dort zählte die BaFin 2019 genau 911 Fälle, ein Jahr zuvor waren es noch 1.072.

Der Grund für den starken Anstieg der Eingaben zum Bankensektor sind vor allem Probleme, die Verbraucher im Zusammenhang mit der vollständigen Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive 2 – PSD 2) seit Mitte September vergangenen Jahres hatten. Mit diesen Regelungen sind strengere Vorgaben eingeführt worden, nämlich das Starke Authentifizierungsverfahren (Zwei-Faktor-Authentifizierung). Die bis dahin genutzten Verfahren genügten den neuen Anforderungen nicht mehr. So haben Verbraucher zum Beispiel Probleme beim Einrichten neuer Verfahren und die mangelnde Hilfe der Institute bei der BaFin beanstandet. Die Serviceeinheiten und Callcenter mehrerer Banken sollen überlastet gewesen sein.

Verbraucher können sich bei den Unternehmen beschweren, von denen sie Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Diesen Weg sollten sie auch als erstes gehen, wenn ihnen mögliche Unstimmigkeiten auffallen (siehe Infokasten „Viele Wege führen zur Verbraucherbeschwerde – die Möglichkeiten im Überblick“). Stoßen sie bei der Gesellschaft auf taube Ohren, haben Kunden noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, zu ihrem Recht zu kommen. Eine davon ist die Verbraucherbeschwerde bei der BaFin.

Auf einen Blick:Viele Wege führen zur Verbraucherbeschwerde – die Möglichkeiten im Überblick

Die Unternehmensbeschwerde

Fallen Verbrauchern mögliche Unstimmigkeiten auf, sollten sie sich an das Finanzunternehmen wenden, mit dem sie einen Vertrag haben. Auf diese Weise haben beide Seiten den Sachverhalt zu klären und die Gelegenheit, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Für den Hintergrund: Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Kundenbeschwerden unverzüglich zu bearbeiten. Eine eigene Beschwerdestelle hat die Aufgabe, alle Beschwerden objektiv und angemessen zu untersuchen. Hat das Unternehmen den Fall geprüft, muss es dem Kunden, der sich beschwert hat, das Ergebnis in einfacher und verständlicher Sprache mitteilen. Diese Antwort sollte erst vorliegen, bevor weitere Schritte unternommen werden.

Was Kunden beachten sollten, wenn sie eine Beschwerde an ein Unternehmen richten wollen, müssen Unternehmen leicht zugänglich auf ihrer Internetseite, in Broschüren oder Vertragsunterlagen veröffentlichen. Darunter fallen der Ablauf des Beschwerdeverfahrens, wie etwa Fristen oder Bearbeitungszeiträume und Kontaktdaten der Beschwerdestelle. Es kann auch sein, dass das Unternehmen dem Kunden erst auf Verlangen nähere Informationen zum Beschwerdeverfahren gibt, oder dann, wenn es den Eingang der Beschwerde bestätigt. Die Bearbeitung einer Beschwerde ist für Kunden kostenlos. Sollte das Unternehmen der Beschwerde des Kunden aus verschiedenen Gründen nicht nachkommen, hat er noch weitere Handlungsmöglichkeiten. Auch darüber muss das Unternehmen im Detail informieren.

Die außergerichtliche Schlichtung

Viele Banken, Sparkassen und Versicherungen in Deutschland kooperieren auf freiwilliger Basis mit privaten Streitschlichtern – und erkennen deren Entscheidungen unter Umständen an. Bei den Ombudsleuten, die in diesen außergerichtlichen Streitschlichtungsstellen arbeiten, handelt es sich meist um ehemalige Richter, die unabhängig und unparteiisch Entscheidungen fällen. Solch ein Schlichtungsverfahren ist für Verbraucher bis auf die Auslagen für Porto, Kopien und Telefongespräche kostenlos. Kontaktdaten und weitere Informationen sind im Internet zu finden, unter anderem auf der Seite der BaFin.

Zivilrechtliche Klage

Nicht jeder Streit muss vor Gericht enden. Doch grundsätzlich steht allen Verbrauchern auch der Rechtsweg offen, insbesondere dann, wenn andere Möglichkeiten erfolglos gewesen sein sollten. Doch Verbraucher sollten zuvor an die möglichen Konsequenzen denken, etwa, dass Anwalts- und Gerichtskosten auf sie zukommen könnten.

Was die BaFin macht – und wo ihre rechtlichen Grenzen liegen

Grundsätzlich gilt: Die BaFin ist für den Schutz der Gesamtheit der Verbraucherinnen und Verbraucher im Bereich der Finanzdienstleistungen zuständig. Im Interesse aller Verbraucher überwacht die Finanzaufsicht Banken, Versicherungen, also Finanzunternehmen, sorgt für deren Stabilität und für die Integrität des gesamten Finanzsystems. Die BaFin verfolgt Missstände in Unternehmen, die unter ihrer Aufsicht stehen, und bietet Verbrauchern Hilfe.

Die Beschwerde bei der BaFin steht unter einer Bedingung: Es muss sich dabei um ein Finanzunternehmen handeln, das unter ihrer Aufsicht steht. Die BaFin ist zum Beispiel nicht zuständig für Beschwerden über gesetzliche Kranken-, Unfall- oder Rentenversicherungen. Das gilt auch für einige regional tätige Versicherungsunternehmen, die unter der Aufsicht von Landesbehörden stehen. Auch für Finanzdienstleister, die keine erlaubnispflichtigen Geschäfte nach dem Kreditwesengesetz betreiben, wie Vermittler von Investmentfonds, ist die BaFin gegenwärtig nicht zuständig. Ausländische Unternehmen unterliegen nur eingeschränkt der deutschen Aufsicht. Unter dem kostenfreien Verbrauchertelefon (0800/2100500) können Betroffene im Vorhinein klären, ob die BaFin ihnen bei ihrer konkreten Beschwerde weiterhelfen kann.

Missstände in Finanzunternehmen aufdecken

Für die BaFin sind Informationen etwa über eine ungeeignete Geschäftsführung oder organisatorische Mängel in einem Unternehmen wichtig für die laufende Finanzaufsicht. So können Kundenbeschwerden zum Beispiel dazu beitragen, Missstände bei beaufsichtigten Unternehmen oder schweres Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter aufzudecken – und dem ein Ende zu setzen. Die Beschwerde eines Einzelnen kann daher für eine Vielzahl von Verbrauchern nützlich sein.

Rechtlich gesehen ist eine Beschwerde eines Kunden über ein Unternehmen, das die BaFin beaufsichtigt, eine Petition. Nach Artikel 17 des Grundgesetzes steht jedem in der Bundesrepublik Deutschland dieses Petitionsrecht zu. Jede Person kann einzeln oder gemeinsam mit anderen schriftlich Anfragen, Bitten oder Beschwerden an zuständige staatliche Stellen richten. Nach § 4 b des Gesetzes über die Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) können sich Verbraucher direkt an die BaFin wenden, wenn sie sich als Kunden über ein Unternehmen beschweren möchten.

Eingriff bei flächendeckendem Fehlverhalten

Was die Finanzaufsicht auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes darf und was nicht, ergibt sich insbesondere aus § 4 Absatz 1a Satz 1 FinDAG: Danach kann die BaFin „gegenüber den Instituten und anderen Unternehmen (…) alle Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um verbraucherschutzrelevante Missstände zu verhindern oder zu beseitigen“. So kann die Behörde zum Beispiel prüfen, ob ein Unternehmen, das unter ihrer Aufsicht steht, vereinbarte Vertragsbedingungen und rechtliche Vorgaben einhält.

Rechtlich gesehen kann die Finanzaufsicht aber erst dann gegen Unternehmen vorgehen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Zum einen muss nach § 4 Absatz 1a Satz 3 FinDAG ein „Missstand“ vorliegen, also „ein erheblicher, dauerhafter oder wiederholter Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz*; zum anderen muss eine generelle Klärung im Interesse des Verbraucherschutzes erforderlich sein. In der Regel liegt solch ein Verstoß bei einem flächendeckenden Fehlverhalten der gesamten Banken-, Sparkassen- und Versicherungsbranche vor. Es kann mitunter auch reichen, wenn eine Gruppe beaufsichtigter Unternehmen ein Fehlverhalten zeigt. Zum Beispiel, wenn Finanzunternehmen von Kunden Gebühren für Leistungen verlangen, die sie gesetzlich gar nicht erheben dürfen. Sogar ein einmaliger Verstoß kann unter Umständen erheblich sein. Die Erheblichkeit kann auch dann gegeben sein, wenn einzelne Verbraucher zwar nur geringfügige Einbußen haben, aber Unternehmen in der Summe einen erheblichen finanziellen Vorteil aus dem Fehlverhalten ziehen.

Der Gesetzgeber hat mehrere Arten solcher „Missstände“ in der Gesetzesbegründung hervorgehoben. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen Unternehmen Verbraucherschutzvorschriften missachten, die von obersten Gerichten bestätigt wurden. Unabhängig davon kann die BaFin auch so gegen Unternehmen vorgehen, die gegen Verbraucherschutzbestimmungen verstoßen.

Kollektives Verbraucherinteresse

Aktiv wird die BaFin laut Gesetz allerdings nur, wenn der Verstoß in „Art und Umfang“ nicht nur die Interessen eines einzelnen Verbrauchers gefährdet, etwa durch die Allgemeine Geschäfts- oder Versicherungsbedingungen von Unternehmen. Für Verbraucher, die ihre individuellen Rechte verfolgen wollen, ist die Behörde dagegen die falsche Ansprechpartnerin. So können einzelne Verbraucher bei der BaFin zum Beispiel keine Schadensersatzansprüche gegen Unternehmen geltend machen. Trotzdem ist es wichtig, dass Betroffene im Verdachtsfall Kontakt zur BaFin aufnehmen. Denn es lässt sich am Anfang häufig nicht sagen, ob das kollektive Verbraucherschutzinteresse betroffen ist oder nicht.

Welche Möglichkeiten die BaFin hat

Verletzt ein Finanzunternehmen eine verbraucherschutzgesetzliche Bestimmung, kann die BaFin Anordnungen treffen. Konkret können die Finanzaufseher dann Verwaltungsakte erlassen, mit denen sie den Unternehmen kurzfristig Ge- oder Verbote auferlegen. Doch so weit, dass die BaFin eine formelle Anordnung ausspricht, muss es nicht kommen. Denn die Finanzaufseher stehen regelmäßig in Kontakt mit den Unternehmen, die unter ihrer Aufsicht stehen. Zum Beispiel können sie anlässlich einer Beschwerde eine Stellungnahme vom Unternehmen anfordern (Auskunftsbitte), um auf diese Weise Fehlverhalten zu monieren und eine Lösung zu finden. In der Regel genügt ein Hinweis auf mögliche Maßnahmen, die der BaFin zur Verfügung stehen, falls das Unternehmen den Missstand nicht beseitigen sollte (siehe Linktipp zu Fallbeispielen).

Wie die BaFin Beschwerden prüft

Die BaFin bearbeitet Verbraucherbeschwerden in der Regel in mehreren Schritten. Erstens prüfen die Finanzaufseher, ob sie den Fall allein auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen bewerten können. Falls das nicht der Fall ist, klären sie den Sachverhalt weiter auf. Dafür bitten sie das betroffene Finanzunternehmen um eine Stellungnahme. Auch das Beschwerdeschreiben des Kunden leitet die Aufsicht dafür meistens weiter. Sobald die Antwort des Unternehmens vorliegt, prüft sie diese nach aufsichtsrechtlichen Maßstäben und entscheidet dann, ob – und, wenn ja, welche – weiteren Schritte gegen das Unternehmen erforderlich sind. Der Verbraucher, der sich beschwert hat, erhält ein Schreiben zum Sachverhalt. Wenn das betroffene Finanzunternehmen einverstanden ist, fügt die BaFin dessen Stellungnahme hinzu. Doch zu welchem Ergebnis die BaFin bei der rechtlichen Prüfung der Verbraucherbeschwerde gekommen ist, teilt sie dem Kunden wiederum grundsätzlich nicht mit. Das liegt insbesondere an der Verschwiegenheitspflicht. Die Bearbeitung der Beschwerde kann mehrere Wochen dauern, wenn die BaFin eine Stellungnahme des betroffenen Unternehmens anfordert.

Kundenbeschwerden: Rechtliche Grenzen der BaFin

Die BaFin ist bei ihrer Aufsichtstätigkeit an gesetzliche Grundlagen gebunden. Das bedeutet, dass sie sich nur mit bestimmten Anliegen der Kunden befassen darf. Streitfälle im Einzelfall etwa darf die Finanzaufsicht grundsätzlich nicht rechtsverbindlich entscheiden. Befugt sind dazu Richter an Zivilgerichten. Die BaFin kann geschädigte Verbraucher nicht im Rechtsstreit um Schadensersatz unterstützen. Solche Ansprüche müssen sie im konkreten Fall gegebenenfalls mit Rechtsbeistand eines Anwalts vor Gericht geltend machen. Auch die Verbraucherzentralen bieten Hilfe. Der BaFin ist es untersagt, Gutachten zu Rechtsfragen zu schreiben oder eine allgemeine Rechtsberatung zu geben. Diese Aufgaben sind gesetzlich den beratenden Berufen, wie etwa Rechtsanwälten, vorbehalten. Weitere Informationen gibt die Bundesrechtsanwaltskammer.

Die Finanzaufsicht akzeptiert geschäftspolitische Entscheidungen von Unternehmen, die unter ihrer Aufsicht stehen – solange sie sich an geltendes Recht halten. Ob ein Unternehmen etwa Filialen schließt, Depotgebühren erhöht, den Vertrieb von einem bestimmten Versicherungsprodukt einstellt oder die Anlageberatung beendet, unterliegt grundsätzlich nicht der Aufsicht der BaFin.

Auf einen Blick:Rechtsquellen

Die wesentlichen Verbraucherschutzvorschriften finden sich im Kreditwesengesetz (KWG), Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Autor

Dr. Holger Schäfer
BaFin-Referat Operative Verhaltens- und Organisationsaufsicht, Anlegerschutz Sparkassen und Genossenschaftsbanken

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

Mehr zum Thema

BaFinJournal 03/2020 (Download)

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