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Abbildung zeigt eine Frau und einen Mann, die sich ein Dokument anschauen © istockphoto.com/Goodboy Picture Company

Erscheinung:17.02.2020 | Thema Verbraucherschutz Roter Teppich für Silver Surfer

BaFin-Präsident Felix Hufeld will Seniorinnen und Senioren auch in einer digitalisierten Welt einen unverbauten Zugang zu Finanzdienstleistungen erhalten.

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.“ Wer in den Siebzigern als Mittzwanziger zum Hit von Udo Jürgens getanzt hat, ist heute ebenfalls 66 Jahre alt. Und fast ist es so, als fange das Leben tatsächlich gerade neu an. Denn die restliche Lebenserwartung 65-Jähriger in Deutschland beträgt aktuell bei Männern 18 Jahre und bei Frauen 21 Jahre. Mathematisch betrachtet wird ein Mensch in Deutschland nach dem Renteneintritt also noch einmal erwachsen – auf ihn warten zwei Jahrzehnte Ruhestand.

„Der Wechsel in diese Lebensphase bedeutet für die meisten auch finanziell eine Zäsur“, schreibt BaFin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele in der BaFin-Broschüre „Geld anlegen im Ruhestand“. Ob Traumreise oder unvorhergesehene Gesundheitskosten – sowohl Wünsche als auch Schicksalsschläge hängen eng mit der finanziellen Situation zusammen. Und das Finanzielle wandert zunehmend ins Digitale. Deshalb zählt neben der Höhe des Haushaltseinkommens pro Kopf und dem Schutz vor Betrügern die Verfügbarkeit von Bank- oder Versicherungsdienstleistungen zu den größten finanziellen Herausforderungen für ältere Menschen. „Senioren müssen auch in Zeiten galoppierender Digitalisierung einen unverbauten Zugang zu Finanzdienstleistungen haben“, stellt BaFin-Präsident Felix Hufeld fest.

Analog versus digital

Zwar ist es nach wie vor möglich, ein Girokonto und seine Versicherungsverträge analog zu verwalten. Aber schon eine Filialschließung in der Nachbarschaft kann für Senioren einen tiefen Einschnitt bedeuten, den andere Ideen wie etwa die Möglichkeit, an der Supermarktkasse Bargeld abzuheben, nur zum Teil aufwiegen. „Es kommt darauf an, dass ältere Menschen einen Marktzugang behalten – ob der nun analog ist oder digital“, sagt Hufeld.

Um die finanzielle Integration von Senioren zu gewährleisten oder – umgekehrt – ihren digitalen Ausschluss zu verhindern, braucht es die richtige Regulatorik, fundiertes Wissen auf Seiten der Verbraucher und eine aufmerksame Aufsicht.

Regulatorische Antworten

„Wir in Europa müssen mehr Zeit und Energie investieren, um für uns angemessene regulatorische Antworten auf die Fragen zu entwickeln, die sich auch uns unerbittlich stellen werden“, sagte Hufeld Ende Oktober 2019 bei einer Veranstaltung in Berlin, wo er zurückblickte auf die G-20-Tagung in Tokio. Die demographische Herausforderung, die Japan aus seiner niedrigen Geburtenrate und hohen Lebenserwartung erwächst, war beim Treffen der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer ein wichtiges Thema gewesen.

Die jüngste Generation an EU-Regelwerken hat das Alter nicht als Unterscheidungskriterium eingeführt. Weder die zweite europäische Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) noch die Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution DirectiveIDD) sehen vor, dass diejenigen, die ein Finanzinstrument oder eine Versicherung verkaufen, ihre Beratung vom Alter des Kunden abhängig machen. Allerdings zielen MiFID II und IDD allesamt darauf ab, dass sich das Verkaufsgespräch und die spätere Empfehlung an den individuellen Bedürfnissen der Kunden orientieren. Das schließt einen 30-jährigen Anlagehorizont bei einem 80-Jährigen natürlich aus.

Verbraucheraufklärung durch die BaFin

Im besten Fall weiß der Kunde das selbst, weil er sich gut informiert hat – zum Beispiel direkt bei der BaFin. Unter den Broschüren der Aufsicht hat sich das kleine ABC der Geldanlage in leichter Sprache zu einem Bestseller entwickelt, der in allen Altersgruppen und Bildungsstufen verfängt. Das zeigt, wie groß der Bedarf an einfach formuliertem Finanzwissen ist. Auch Hufeld findet: „Die Finanzmärkte müssen verständlich bleiben.“

Andere Broschüren schneidet die BaFin speziell auf eine Leserschaft im fortgeschrittenen Alter zu. In „Geld anlegen im Ruhestand“ geht es um eine Reihe von Finanzinstrumenten und deren Eignung – vom Girokonto („nicht das passende Finanzprodukt, um Geld zu sparen“) über das Tagesgeldkonto („eignen sich auch als Notfallreserve“) bis hin zu Wertpapieren („höheres Anlagerisiko, bessere Ertragsaussichten“). Diese Produkte sind – wie Versicherungen – allesamt auch online verfügbar.

Der sichere Weg ins Netz ist das Motto eines digitalen Stammtischs von Senioren- und Verbraucherschutzorganisationen (siehe Linkempfehlungen). Die BaFin hat dort bereits über die Digitalisierung im Finanzwesen informiert (siehe BaFinJournal Oktober 2019). Virtuelle Währungen, Anlagetipps von Robotern, fahrstilbasierte Kfz-Versicherungen oder Crowdfunding-Plattformen sind längst Realität. Als Ausgangspunkt von Aktivitäten und Transaktionen im Netz spielt Online-Banking nach wie vor eine große Rolle. Nachdem mittlerweile 79 Prozent der 60- bis 69-Jährigen und 45 Prozent der ab 70-Jährigen online sind, kommt es verstärkt darauf an, von Vorteilen wie der Echtzeitüberweisung zu profitieren und Risiken wie Datendiebstahl bestmöglich zu reduzieren.

Was die Aufsicht tut

Regelmäßig warnt die BaFin daher vor unseriösen Angeboten. Sie weist etwa darauf hin, wenn Firmen zum Beispiel keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen haben. Bereits Anfang Dezember 2018 hatten die BaFin und die Polizei vor betrügerischen internationalen Online-Handelsplattformen gewarnt, die Kunden mit der Aussicht auf hohe Gewinne zu Investments in spekulative Finanzinstrumente wie finanzielle Differenzkontrakte (Contracts for DifferenceCFD) überreden wollen. Die Kosten, die solche Plattformen erheben, sind intransparent; der Kunde macht keinen Gewinn. Betrügerischen Handelsplattformen ist das Alter ihrer Opfer ziemlich egal. Das Perfide besteht nun gerade darin, dass sich die Online-Kriminellen um einen niederschwelligen Zugang zu ihrer unseriösen Angeboten bemühen.

„In schwerwiegenden Fällen können wir als Ultima Ratio den Vertrieb von Produkten bzw. bestimmte Vertriebspraktiken einschränken oder untersagen – bei finanziellen Differenzkontrakten haben wir uns kürzlich für eine starke Einschränkung entschieden“, sagte Elisabeth Roegele nach dem BaFin-Verbraucherschutzforum mit Blick auf die entsprechende Allgemeinverfügung der BaFin (siehe BaFinJournal November 2019 und August 2019).

Recht auf Basiskonto

Beim Basiskonto geht es nicht darum, den Zugang einzuschränken. Ganz im Gegenteil: Das Zahlungskontengesetz (ZKG) räumt jedem Verbraucher, der sich rechtmäßig in der Europäischen Union aufhält, einen Rechtsanspruch auf ein Zahlungskonto mit den wesentlichen Funktionen ein. Kunden müssen also Geld einzahlen oder abheben sowie Lastschriften, Überweisungen und Zahlungskartengeschäfte ausführen können.

Menschen können ein Verwaltungsverfahren bei der BaFin beantragen und ein Online-Beschwerdeformular nutzen, wenn es ihnen nicht gelungen ist, einen Basiskontovertrag mit einer Bank abzuschließen. Dann prüft die Aufsicht, ob die Bank sich zu Unrecht geweigert hat, ein Konto zu eröffnen. Sie darf das nur in sehr engen Grenzen – etwa wenn der Antragsteller bei einer anderen Bank in Deutschland ein Zahlungskonto hat oder wenn er Straftaten gegen die Bank begangen hat. Fehlt ein solcher Grund, muss die Bank das Basiskonto einrichten. Grundsätzlich muss jede Bank mit jedem Verbraucher, der das möchte, einen Vertrag über ein Basiskonto schließen – selbst wenn diese Vertragsbeziehung erst mit 66 Jahren beginnt.

Autor

Sören Maak-Heß
BaFin-Referat für Reden und Publikationen

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 02/2020 (Download)

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