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Abbildung der Jahreszahl 2020 © istockphoto.com/Maica

Erscheinung:16.01.2020 Von Götterfunken und guten Vorsätzen

Was die Arbeit der BaFin mit Ludwig van Beethoven zu tun hat, was sich die Behörde für 2020 vornimmt und welchen Eckpfeiler guter Regulierung und Aufsicht sie international verteidigen will, erläutert BaFin-Präsident Felix Hufeld beim Neujahrspresseempfang der Aufsicht in Frankfurt.

Nach etwa fünf Minuten wird Felix Hufeld persönlich. Als junger Cellist habe er den vierten Satz aus Beethovens neunter Symphonie besonders gerne gespielt, verrät der BaFin-Präsident in seiner Rede vor rund 45 Journalistinnen und Journalisten beim Neujahrspresseempfang der Behörde am 16. Januar. Wie sich der Komponist darin Schillers „Ode an die Freude“ zu eigen mache, habe ihn schon damals sehr bewegt und tue dies heute mehr denn je.

Das Motiv „Freude schöner Götterfunken“ erklinge zunächst sehr zart. Mit jeder Wiederholung stimmten mehr Instrumente ein und ließen die Melodie kräftiger werden. „Bis uns Beethoven die Lobpreisung der menschlichen Brüderlichkeit mit einer solchen Wucht um die Ohren haut, dass die Europäische Union gar nicht anders konnte, als die Ode an die Freude zu ihrer Hymne zu machen.“ Als integraler Bestandteil das große Ganze mitgestalten und zugleich als einzelner Spieler unersetzbar sein – so lasse sich auch die Rolle der BaFin im europäischen Aufsichtsorchester treffend charakterisieren, stellt Hufeld fest.

Handeln aus eigener Souveränität

Das Bundesverfassungsgericht habe im Sommer in seinem Urteil zur Bankenunion andere Worte gefunden, die Botschaft sei aber die gleiche (siehe BaFinJournal August 2019). Das Gericht habe dem Zuschnitt der Kompetenzen von SSM und SRM, also von Aufsicht und Abwicklung, im Rahmen der europäischen Bankenunion seinen höchstrichterlichen Segen erteilt. Der Senat habe auch unterstrichen, dass die nationalen Behörden nach wie vor eigene Kompetenzen hätten. Sie agierten aus eigener nationaler – und nicht bloß abgeleiteter – Souveränität. Diese Kalibrierung von Unionsrecht und nationalem Recht zeige, „wie sich europäische und nationale Aufsicht sinnstiftend ausbalancieren lassen“.

Um die angemessene europäisch-nationale Balance geht es nach Ansicht Hufelds auch beim Review der drei ESAs, der drei europäischen Aufsichtsbehörden. Man habe der Versuchung widerstanden, alle drei ESAs zu aufsichtlich-regulatorischen Mischwesen aufzublasen. Stattdessen habe man die ESAs da gestärkt, „wo sie – es lebe das Subsidiaritätsprinzip! – besser agieren können als nationale Behörden“, also etwa bei der Förderung von Aufsichtskonvergenz. Dieser Weg sei richtig.

Gewaltenteilung auch in der Geldwäschebekämpfung

Falsch wäre es dagegen aus Hufelds Sicht, die Geldwäscheaufsicht auf die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA zu übertragen. Um Geldwäschern das Handwerk legen zu können, komme man nicht umhin, mehr Geldwäscheaufsicht auf die europäische Ebene zu heben. Aber die ESAs seien – von begrenzten Ausnahmen abgesehen – keine Aufsichtsbehörden, sie seien "vor allem regulatorische Harmonisierer“, und es widerspreche dem Primat der Gewaltenteilung, normsetzende und normausführende Kompetenz in eine Hand zu legen. Auch die EZB sei im Gespräch. Die habe aber nur ein Mandat für die 19 Euro-Länder. Geldwäschebekämpfung sei zudem auch nicht nur ein Thema für Banken.

Die für Hufeld beste Lösung: „eine separate neue europäische Behörde, mit den nationalen Behörden zu einem engen Netz verwoben.“ Zusätzlich brauche man aber „ein wirklich einheitliches europäisches materiellrechtliches Regime“.

Brexit

Der anstehende Brexit ist für den überzeugten Europäer Hufeld ein „Prozess, der die europäische Einigung elementar herausfordert.“ Sein Hinweis: Wenn nun auch das britische Oberhaus dem Austrittsabkommen mit der EU zustimme und anschließend das EU-Parlament, greife die zugleich vereinbarte Übergangsregelung. Damit wäre das Brexit-Steuerbegleitgesetz hinfällig – und ebenso die darauf fußenden Übergangsmaßnahmen, welche die BaFin bei einem No-Deal-Brexit aus der Schublade hätte ziehen können. Das müsse den betroffenen Unternehmen klar sein.

Noch bessere Aufseher werden

Noch bessere Aufseher werden – unter dieser Überschrift fasst Hufeld die guten Vorsätze der BaFin für 2020 zusammen. „Unsere guten Vorsätze sind allerdings nicht so flüchtig wie die, die Sie und ich üblicherweise jedes Jahr zu Silvester fassen“, fügt er hinzu. Die BaFin nenne sie auch anders, nämlich „Aufsichtsschwerpunkte“. Die Schwerpunkte für das Jahr 2020 seien „wieder maßgeblich getrieben von den Entwicklungen rund um die Unternehmen und Märkte, dir wir beaufsichtigen“.

Geschäftsmodelle unter Druck

Einen Schwerpunkt greift der BaFin-Chef heraus: die Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen. Die Geschäftsmodelle deutscher Banken gerieten angesichts niedriger Zinsen, nachlassender Konjunktur und neuer digitaler Konkurrenz zusehends in Bedrängnis. Die BaFin werde sich daher sehr genau ansehen, wie die Institute ihre Ertragsschwäche angehen – und was sie tun wollen, um auf lange Sicht am Markt zu bestehen.

Die Botschaft fällt deutlich aus: „Die Zeit drängt. Der Uhrzeiger rückt immer näher an die Fünf-vor-zwölf-Marke heran.“ Häuser, die es besonders schwer hätten, beaufsichtige die BaFin bekanntlich besonders intensiv. „Was allerdings nicht heißt, dass wir selbst das Ruder übernehmen oder, komme, was wolle, lebensverlängernde Maßnahmen ergreifen“, stellt Hufeld klar. Das sei nicht der Sinn von Aufsicht. Es könne also durchaus passieren, dass das eine oder andere Institut in den nächsten Jahren aus dem Markt ausscheidet.

Tief in der Zinsklemme

Auch um manche Lebensversicherer und Pensionskassen sei es nicht gut bestellt. Die Lebensversicherer steuerten seit geraumer Zeit gegen – einige durchaus mit Erfolg. Dennoch werde es für die Branche immer schwieriger, ihre Zinsversprechen am Kapitalmarkt zu erwirtschaften. Besonders schwer hätten es die Pensionskassen. Sie hätten fast nur lebenslange Renten im Portfolio – mit zum Teil hohen Garantien. „Unternehmen, die besonders tief in der Zinsklemme stecken, müssen uns umso genauer darlegen, wie sie ihre Lage verbessern wollen und – besonders wichtig – wie sie dafür sorgen wollen, dass sie auch künftig die Versprechen erfüllen wollen, die sie ihren Kunden gegeben haben.“

Risiko als Maßstab

Beschützerinstinkt zeigt Hufeld mit Blick auf die Risikoorientiertheit. Sie habe sich bewährt. Und doch gerate sie offenbar immer wieder in Gefahr. „Manchmal steckt politischer Lenkungswille dahinter“, erläutert er und nennt als Beispiel das Thema „nachhaltige Finanzwirtschaft“. Wer eine Investitionseuphorie entfache, die blind macht für Risiken, warnt er, wer grüne Investitionen und Kredite losgelöst von ihren Risiken pauschal privilegiere, der wähle den Weg in die nächste Krise – und schade der Nachhaltigkeit. „Grün bedeutet mitnichten automatisch ein geringeres Risiko!“

Auch bei der Umsetzung des letzten Teils von Basel III in „hartes europäisches Recht“ sorgt sich der BaFin-Präsident um die Risikoorientiertheit. „Wir haben seinerzeit den Outputfloor mitgetragen, der ein nichtrisikosensitives Instrument ist.“ Akzeptabel sei der allerdings nur als einer von mehreren aufsichtlichen Bausteinen, als ein Baustein, der die ungewollte Variabilität bei der Verwendung interner Modelle eindämmt. Als Ansatzpunkt für eine Abkehr von der risikoorientierten Aufsicht und eine Rückkehr in die Vor-Krisen-Methodik à la Basel I dürfe er dagegen nicht dienen. „Auch diese regulatorische Weichenstellung wollen wir in unserem Sinne mitgestalten und für das Prinzip der Risikoorientiertheit eintreten“, macht Hufeld deutlich. „Das wäre dann ein weiterer guter Vorsatz für 2020.“

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

Rede zum Neujahrsempfang 2020

Aufsichtsschwerpunkte 2020

BaFinJournal 01/2020 (Download)

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