BaFin - Navigation & Service

Abbildung einer Hand, die Bauklötze stapelt, als visuelles Symbol für die MaBail-in © istockphoto.com/Michail_Petrov-96

Erscheinung:15.02.2019 | Thema Sanierung/Abwicklung Bessere Abwicklungsfähigkeit

Bis 1. März stellt die BaFin ihren Entwurf für ein „Rundschreiben zu den Mindestanforderungen zur Umsetzbarkeit des Bail in“ öffentlich zur Konsultation

In der Finanzkrise 2008 mussten Banken weltweit mit Steuergeldern gestützt werden. Die staatlichen Rettungsaktionen sind als Bail-out in Erinnerung geblieben. Als Lehre aus dieser Krise wurden zunächst auf Ebene der G20 die Grundlagen für ein Abwicklungsregime für Banken geschaffen, das solche Eingriffe in Zukunft überflüssig machen soll. Diese Grundlagen griffen der europäische und der deutsche Gesetzgeber auf (siehe Infokasten „Abwicklungsregime“).

Wesentlicher Grundsatz des Abwicklungsregimes ist, dass die Verluste von Banken künftig nicht mehr auf Steuerzahler ausgelagert werden dürfen. So werden Fehlanreize (Moral Hazard) vermieden, Banken werden also nicht dazu verleitet, übermäßige Risiken einzugehen. Zudem muss es möglich sein, dass Banken den Markt verlassen, ohne die Finanzstabilität oder die Realwirtschaft zu gefährden.

Auf einen Blick:Abwicklungsregime

Am 1. Januar 2015 sind in Deutschland das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)1und mehrere Begleitgesetze in Kraft getreten. Das SAG setzt die europäische Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie2 (Bank Recovery and Resolution DirectiveBRRD ) um. Die BRRD wiederum setzt die Key Attributes für effektive Abwicklungsregime der G20 für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die der Finanzstabilitätsrat FSB entwickelt hatte, in der Europäischen Union um. Des Weiteren sind in Deutschland die Regelungen der SRM-Verordnung3 unmittelbar anzuwenden .

Ein wesentliches Instrument des Abwicklungsregimes ist der Bail-in (siehe Infokasten). Die Begrifflichkeit wurde bewusst im Gegensatz zum Bail-out gewählt: Statt Steuerzahlern sollen Eigentümer und Gläubiger die Verluste einer Bank tragen. Aus rechtlicher Sicht subsumiert der Bail-in zwei Instrumente: die „Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente“ und die „Gläubigerbeteiligung“.

Einheitliches Fundament von Anforderungen

Anforderungen an Banken in Deutschland zur Vorbereitung eines möglichen Bail in im Zuge einer Abwicklungsmaßnahme formuliert die BaFin bisher ausschließlich institutsspezifisch im Rahmen der individuellen Abwicklungsplanung. Mit der Veröffentlichung der „Mindestanforderungen zur Umsetzbarkeit des Bail in“ (MaBail in) schafft die BaFin im ersten Quartal 2019 erstmals ein einheitliches Fundament für diese Anforderungen (siehe Infokasten). Die BaFin konsultiert die MaBail-in bis 1. März 2019.

Ziel der standardisierten Vorgaben der MaBail in ist es, die Abwicklungsfähigkeit der Banken im Hinblick auf die Anwendung des Bail-in sowie zugleich die Transparenz und Vergleichbarkeit der Abwicklungsplanung zu erhöhen.

Die MaBail in stellen dafür Mindestanforderungen an bereitzustellende Informationen und die technisch-organisatorische Ausstattung der Institute, für die die MaBail-in gelten (siehe Infokasten „Adressatenkreis der MaBail-in“). Im Sinne eines proportionalen Ansatzes beschränken sich die MaBail in auf Anforderungen, deren Erfüllung notwendig ist, um die Ziele des Bail in effektiv zu erreichen.

Auf einen Blick:Adressatenkreis der MaBail-in

Die MaBail in richten sich grundsätzlich an alle Institute im Sinne von § 2 Absatz 1 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) und die Unternehmen nach § 1 Nummer 3 SAG in der Bundesrepublik Deutschland, die in den Zuständigkeitsbereich der BaFin als nationale Abwicklungsbehörde im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 SRM-Verordnung fallen. Ob die MaBail in für ein Institut bzw. Unternehmen relevant sind, prüft die BaFin im Rahmen der Abwicklungsplanung vor dem Hintergrund ihrer bevorzugten Abwicklungsstrategie spezifisch und teilt dem Institut mit, ob und falls ja, ab wann die Vorgaben der MaBail-in zu beachten sind.

Ziele und Mechanik des Bail-in

Der Bail in verfolgt zwei Ziele, welche die Grundsätze des Abwicklungsregimes widerspiegeln: Erstens sollen Fehlanreize zur Auslagerung von Verlusten insbesondere auf Staat und Steuerzahler vermieden werden. Und zweitens soll es ein Bail-in ermöglichen, die für Finanzstabilität oder Realwirtschaft bedeutsamen Funktionen einer Bank mit Kapital auszustatten und damit ihre Fortführung zu ermöglichen.

Um beide Ziele zu erreichen, umfasst der Bail in im Regelfall zwei aufeinanderfolgende Schritte.

  • Im ersten Schritt werden zunächst die Eigentumsanteile an der Bank gelöscht und, sofern erforderlich, die Verbindlichkeiten der Bank herabgeschrieben. Die Eigentumsanteile und Verbindlichkeiten werden ohne Ausgleich oder Gegenleistung reduziert, bis Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Bank ausgeglichen sind. Somit ist sichergestellt, dass Eigentümer und Gläubiger die Konsequenzen des Handelns der Bank tragen, statt Verluste auf Steuerzahler abzuwälzen. Fehlanreizen wird effektiv vorgebeugt.
  • Im zweiten Schritt der Mechanik kann eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapitalinstrumente vorgenommen werden. Die Umwandlung ist zu verstehen als Reduktion der Forderung eines Gläubigers bei gleichzeitiger Kompensation durch Eigenkapitalinstrumente in angemessener Höhe. Die Umwandlung ist so zu bemessen, dass die Höhe des geschaffenen Eigenkapitals die Fortführung der realwirtschaftlich oder aus Finanzstabilitätssicht bedeutsamen Funktionen ermöglicht.

MaBail-in zur Verbesserung der Abwicklungsfähigkeit

Um beide Schritte des Bail in erfolgreich durchführen und so die Ziele der Abwicklung erreichen zu können, muss der Bail in nicht nur möglichst präzise ausgestaltet, sondern auch zuverlässig und zügig umgesetzt werden. Die Vorgaben der MaBail in stellen dies sicher. Eine Bank, die die Vorgaben der MaBail in erfüllt, kann mit Blick auf die Datenanforderungen und die technisch-organisatorische Ausstattung für die Zwecke des Bail in als abwicklungsfähig angesehen werden.

Die heute gemeinhin bei Banken verfügbaren Datenhaushalte stammen aus der Zeit vor Einführung des Abwicklungsregimes. Die für eine präzise Ausgestaltung des Bail-in notwendige Datenbasis ist daher oftmals nicht ad hoc verfügbar. Ähnliches gilt für die technisch-organisatorische Ausstattung, die für die Umsetzung des Bail-in benötigt wird.

Stand heute kann die BaFin den Erfolg einer Abwicklungsmaßnahme angesichts mangelnder Daten und IT-Systeme nur durch die Verwendung von Sicherheitspuffern und sehr konservativen Annahmen sicherstellen. Dies ist weder im Interesse des Steuerzahlers und der Abwicklungsbehörde, die an der möglichst effektiven Abwicklung einer betroffenen Bank interessiert sind. Noch ist es im Interesse der Eigentümer und Gläubiger der betroffenen Banken, die im Abwicklungsfall aufgrund von Sicherheitspuffern und konservativen Annahmen im Zweifelsfall unnötig große Verluste zu tragen hätten. Und letztlich ist es auch für die betroffene Bank nachteilig, wenn Investoren angesichts dieses Risikos höhere Verzinsungen erwarten und so die Mittelaufnahme für die betroffene Bank verteuern. Die angemessene Vorbereitung von Banken auf einen möglichen Bail-in ist im Interesse aller Involvierten.

Die Vorgaben der MaBail in umfassen die für eine präzise, zuverlässige und zügige Berechnung und Umsetzung des Bail-in notwendigen Informationen und die technisch-organisatorische Ausstattung. Die bereitzustellenden Informationen müssen im Abwicklungsfall ein aktuelles, präzises und vollständiges Bild der Verbindlichkeiten des Instituts liefern. Um Verzögerungen bei der Umsetzung zu vermeiden, müssen diese Informationen zeitnah lieferbar und derart standardisiert sein, dass sie schnell verarbeitet werden können. Darüber hinaus ist bankenseitig eine technisch-organisatorische Ausstattung notwendig, die die zügige und zuverlässige Umsetzung des Bail in gewährleistet. Beide Aspekte – Informationen und technisch-organisatorische Ausstattung – sind für die effektive Erreichung der Ziele des Bail-in von maßgeblicher Bedeutung.

Bereitzustellende Informationen

Die von betroffenen Banken bereitzustellenden Informationen gliedern sich in spezifische Informationen zu Verbindlichkeiten und weitere umsetzungsrelevante Informationen.

  • Spezifische Informationen zu den Verbindlichkeiten: Sie ermöglichen es der BaFin in einer Abwicklungssituation, die für den Bail in notwendigen Berechnungen und Auswirkungsanalysen durchzuführen. Sie bilden das Kernstück des Datenbedarfs ab und müssen daher in angemessener Qualität und Aktualität sowie sehr granular vorliegen. Um auch unter Zeitdruck sowie in der Dynamik und Unsicherheit einer Abwicklungssituation zuverlässig nutzbar zu sein, müssen spezifische Informationen zu Verbindlichkeiten zudem hinreichend standardisiert sein.
  • Weitere umsetzungsrelevante Informationen: Dazu gehören hauptsächlich Informationen zur Berechnung der Eigenmittel und zur Rechnungslegung. Dies dient der Abschätzung der weiteren Effekte des Bail in. Im Sinne der Proportionalität wurde an dieser Stelle auf eine Standardisierung verzichtet.

Um Verzögerungen zu vermeiden, sind die zu einem vorgegebenen Stichtag bereitzustellenden Informationen innerhalb von 24 Stunden nach Aufforderung durch die BaFin zu liefern.

Technisch-organisatorische Ausstattung

Die Vorgaben der MaBail in an die technisch-organisatorische Ausstattung des Instituts dienen neben der fristgerechten Bereitstellung der benötigten Informationen zwei weiteren Zwecken: bankinternen Analysen und der praktischen Umsetzung des Bail in.

  • Interne Auswirkungsanalysen: Dadurch sollen betroffene Banken die Ergebnisse der Abwicklungsbewertung und die Auswirkungen des geplanten Bail in abbilden. Relevant sind dabei im Wesentlichen Auswirkungen auf Eigenmittel und Rechnungslegung. Ziel ist es, diese Auswirkungen möglichst genau zu bestimmen. Um im Abwicklungsfall dem engen Zeitrahmen gerecht zu werden, sollen Banken in der Lage sein, solche Auswirkungsanalysen innerhalb von zwölf Stunden nach Aufforderung durch die BaFin vorzunehmen.
  • Praktische Umsetzung des Bail in: Sie umfasst erstens die institutsinterne Umsetzung und zweitens die Vorbereitung der externen Umsetzung durch Finanzmarktinfrastrukturen. Beides soll innerhalb von 24 Stunden nach Veröffentlichung der Abwicklungsanordnung abgeschlossen sein. Die MaBail-in sehen dafür den Aufbau von Prozessen, Systemen sowie technischen Ressourcen vor, die für die institutsinterne Umsetzung sowie einige vorbereitende Tätigkeiten der externen Umsetzung notwendig sind. Institutsintern bedeutet die Umsetzung im Wesentlichen die Verbuchung des Bail-in in den technischen Systemen der Bank und der Rechnungslegung. Die Vorbereitung der externen Implementierung umfasst für betroffene Banken insbesondere die Überleitung der Abwicklungsanordnung in technische Anweisungen für die in die Umsetzung des Bail-in involvierten Finanzmarktinfrastrukturen.

Verhältnismäßiger Ansatz der MaBail-in

Einer besseren Abwicklungsfähigkeit im Hinblick auf den Bail-in und der Effektivität des Bail-in steht der Aufwand gegenüber, den die MaBail-in-Vorgaben für die betroffenen Banken mit sich bringen. Die MaBail-in sehen daher ein proportionales und abgestuftes Vorgehen vor, das sich auf die notwendigen Vorgaben beschränkt.

Grundsätzlich werden nur solche Banken die Vorgaben der MaBail in erfüllen müssen, für die die Gläubigerbeteiligung und/oder die Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente Teil einer Abwicklungsstrategie ist. Bei der Bereitstellung von Informationen beschränken sich die MaBail in auf das notwendige Maß der Granularität und Standardisierung. Insbesondere sind spezifische Informationen zu Verbindlichkeiten derzeit im Wesentlichen nur für die ersten fünf Ränge der Haftungskaskade gefordert. Soweit möglich, greift die BaFin auf bestehende Datenanforderungen zurück. Auch führt sie mit den MaBail in keine regelmäßige Meldeanforderung ein. Ferner lässt die BaFin mit den MaBail-in Spielraum für institutsindividuelle Auslegungen wie beispielsweise individuelle Fertigstellungstermine, Governance oder Vereinfachungen.

Auf einen Blick:Schritte bis zur Veröffentlichung der MaBail-in

  • Vorabkonsultation mit den Verbänden bis zum 11. Januar 2019
  • Öffentliche Konsultation vom 1. Februar 2019 bis 1. März 2019
  • Veröffentlichung des Rundschreibens voraussichtlich im April 2019

Positiver Einfluss auf Finanzstabilität

Die Vorgaben der MaBail-in sind für eine effektive Abwicklung erforderlich. Die Mindestanforderungen zur Umsetzbarkeit eines Bail-in werden (siehe Infokasten) der Bedeutung des Abwicklungsregimes gerecht und legen zugleich großen Wert auf die Verhältnismäßigkeit der Anforderungen. Die Erfüllung der Vorgaben der MaBail-in wird mittelfristig Banken und Steuerzahlern gleichermaßen zugutekommen und einen positiven Effekt auf die Finanzstabilität in Deutschland haben.

Autoren

Antonia Fiedler
Dr. Johannes Schneider
Tobias Thöne
BaFin-Referat Abwicklungsintrumente

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnoten:

  1. 1Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen.
  2. 2 Richtlinie 2014/59/EU zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen.
  3. 3 Verordnung (EU) Nr. 806/2014 zum einheitlichen Abwicklungsmechanismus. SRM steht für Single Resolution Mechanism (Einheitlicher Abwicklungsmechanismus).

Zusatzinformationen

BaFinJournal 02/2019 (Download)

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback