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Abbildung zweier Wassergläser als visuelles Symbol für transparente Versicherungsaufsicht © istockphoto.com/gresei

Erscheinung:18.02.2019 Jahresbilanz

Transparente Versicherungsaufsicht

Schwerpunkte aus dem Jahr 2018 wie etwa Rückstellungen, Cybersicherheit und das Berichtswesen bleiben auch 2019 wichtig.

Wer seine Ressourcen effizient und effektiv einsetzen und dabei transparent sein will, sollte seine eigenen Schwerpunkte kennen und sie bestenfalls auch kundtun. Daher veröffentlichte die Versicherungsaufsicht der BaFin 2018 erstmals ihr Aufsichtsprogramm.

Für die Schwerpunktsetzung identifizierte, bewertete und priorisierte die BaFin alle relevanten Themen einer risikoorientierten Aufsicht, die sich aus der täglichen Arbeit ergaben. Darüber hinaus erfasste sie auch Aspekte, die für den Sektor insgesamt regulatorisch oder strategisch von besonderer Bedeutung waren. Veränderte Rahmenbedingungen berücksichtigte sie im Jahresverlauf.

Nach Ablauf des Kalenderjahres analysiert die BaFin den Stand der Umsetzung ihrer sieben Schwerpunkte 2018.

Intensivierte Beobachtung der Prämien sowie der Schaden- und Ergebnisentwicklung bei der Schaden-/Unfallversicherung

Der Wettbewerb in der Schaden- und Unfallversicherung, der sich jedes Jahr bis zum Wechselstichtag der Kfz-Versicherung am 30. November hochschaukelt, führt zwar dazu, dass sich Endkunden über niedrige Prämien freuen. Jedoch ist denkbar, dass einzelne Versicherer aufgrund ihrer Position im Wettbewerb oder ihrer schwachen finanziellen Basis dem Druck nicht standhalten können und aufgrund zu geringer Margen aus dem betriebenen Versicherungsgeschäft in Schwierigkeiten geraten.

Die Versicherungsaufsicht implementierte daher im vergangenen Jahr eine Analyse-Software (Business Intelligence Software) in ihre Prozesse. Sie ermöglicht eine intensivere und umfangreichere Analyse der eingehenden Unternehmensdaten und kann auch mit älteren Zeitreihen umgehen. Die offene Architektur der Software verknüpft das fortbestehende Berichtswesen, das sich an den deutschen Rechnungslegungsvorschriften orientiert, mit dem Reporting nach dem europäischen Aufsichtsregime Solvency II.

Die BaFin nutzte die Software 2018 vor allem zur jahresübergreifenden Analyse der Prämienentwicklung, der Schadenverläufe und der Ergebnisse. Die BaFin identifizierte 2018 bei den Schaden- und Unfallversicherern keine akuten Problemfälle, auf die sie aufsichtsrechtlich hätte reagieren müssen. Die Software vermittelte aber auf Branchenebene einen wertvollen Überblick über eine Sparte, die besonderer aufsichtlicher Aufmerksamkeit bedarf, und wird auch 2019 zum Einsatz kommen.

Verstärkte Prüfung von Schadenrückstellungen bei ausgewählten Schaden-/Unfallversicherern

Unter Solvency II müssen Schaden- und Unfallversicherer ihre versicherungstechnischen Rückstellungen mit dem Übertragungswert ansetzen, der sich aus dem Besten Schätzwert (Best Estimate) und der Risikomarge zusammensetzt. Der Übertragungswert hat einen wesentlichen Einfluss auf die Ermittlung der Eigenmittel sowie der Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement – SCR). Deshalb hat die Überprüfung und Analyse seiner Herleitung für die BaFin mit ihrer risikoorientierten Sicht eine hohe Relevanz.

In der BaFin ist daher seit 2017 eine Reservierungssoftware im Einsatz, welche die Prüfer bei der Reserveanalyse unterstützt. Nach der Einführungsphase 2017 beschloss die BaFin mit dem Aufsichtsprogramm 2018, die Software häufiger bei örtlichen Prüfungen einzusetzen, um die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen und deren korrekten Ausweis in der Solvabilitätsübersicht zu prüfen. Mit Hilfe der Software führten die Prüfer 2018 in zunehmendem Maße eigenständige aufsichtliche Kontroll- und Sensitivitätsrechnungen durch. Ferner erlaubten die umfangreichen grafischen Auswertungsmöglichkeiten eine schnelle Identifikation von Auffälligkeiten in den zugrundeliegenden Daten.

Die BaFin analysierte im Geschäftsjahr 2018 bei insgesamt 21 örtlichen Prüfungen schwerpunktmäßig die versicherungstechnischen Schadenrückstellungen nach Solvency II. Eine wesentliche Feststellung bestand darin, dass Versicherer die Angemessenheit, Exaktheit und Vollständigkeit der Daten und ihrer Segmentierung nicht hinreichend nachweisen konnten. Darüber hinaus stellte sich die Validierung des Besten Schätzwertes etwa durch Abweichungs- und Veränderungsanalysen als oftmals verbesserungswürdig heraus.

Schadenrückstellungen unter den speziellen Voraussetzungen von Solvency II werden auch im Jahr 2019 im aufsichtlichen Fokus bleiben.

Prüfung der Cyber-Sicherheit bei ausgewählten Versicherungsunternehmen

Die BaFin ist sich bewusst, welch hohe Bedeutung IT-Sicherheit im Finanzsektor hat. Künftig will sie daher bei Versicherungsunternehmen vermehrt IT-Prüfungen vornehmen. Um die dazu erforderlichen Spezialkenntnisse geschäftsbereichsübergreifend zu bündeln, richtete die BaFin Anfang 2018 die Gruppe IT-Aufsicht ein. Diese unterstützt die Prüfer der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht seither in allen aufsichtlichen IT-Fragen. Für den Geschäftsbereich Versicherungsaufsicht führte die neue Gruppe bereits unmittelbar nach ihrer Gründung im Jahr 2018 die ersten IT Prüfungen bei Versicherungsunternehmen durch. Dabei schaute sie sich vor allem an, ob die Unternehmen das von der BaFin veröffentlichte Rundschreiben 10/2018 – Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT (VAIT) wirksam und angemessen umsetzten (siehe BaFinJournal Juli 2018). Erste Ergebnisse zeigten, dass die Unternehmen ihre IT-Governance nachschärfen sollten (siehe BaFinJournal August 2018).

In den nächsten Jahren wird die BaFin die Zahl aufsichtlicher IT-Prüfungen im Versicherungssektor erhöhen und dabei auch auf die Expertise externer Prüfungsgesellschaften zurückgreifen. Erkenntnisse über die IT der Versicherungsunternehmen wird sie bei Bedarf auch dadurch gewinnen, dass sie geeignete Statusinformationen abfragt.

Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds

Als Anbieter von Versicherungsprodukten sind Versicherer von den direkten Auswirkungen des Klimawandels in Form von extremen Wetterereignissen unmittelbar und immer stärker betroffen. Neben solchen physischen Risiken sind aber auch transitorische Risiken, also indirekte Auswirkungen des Klimawandels, für einen Versicherer von Bedeutung. Beispiele dafür sind die Verdrängung etablierter Technologien, kurzfristig veränderte politisch-ökonomische Rahmenbedingungen und ethisch-soziale Umwälzungen. Diese können zu bedeutsamen Wertverlusten der Kapitalanlage der Versicherer (Stranded Assets) führen. Da Versicherer am Kapitalmarkt als Investoren auftreten, haben ihre Anlageentscheidungen große Bedeutung auch für politisch-gesellschaftliche Anstrengungen wie etwa die Energiewende.
Um Expertise aufzubauen und die Unternehmen später bei der Integration von Kriterien zu Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsaspekten (Environmental, Social and Governance – ESG) in das Risikomanagement unterstützen zu können, verwirklichte die BaFin 2018 eine ganze Reihe von Vorhaben. Sie führte Aufsichtsgespräche mit ausgewählten Versicherern und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, führte eine Branchenabfrage zum Thema ESG-Integration durch (siehe BaFinJournal Juli 2018), nahm an ausgewählten externen Veranstaltungen teil, tauschte sich mit Aufsehern anderer europäischer Aufsichtsbehörden aus und veranstaltete zwei Workshops mit Unternehmen sowie dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba). Die Ergebnisse dieser Aktionen haben Einfluss auf die Gestaltung der künftigen Aufsichtspraxis gehabt.

Analyse eines veränderten Verhaltens der Versicherer und Pensionsfonds in der Neuanlage

Durch das Niedrigzinsniveau ist die Neu- bzw. Wiederanlage der Vermögensanlagen von besonderem Interesse. Die Versicherer müssen bei dieser Gelegenheit abermals bedacht zwischen Rendite-Chancen und Risiko abwägen.

Bei ihren örtlichen Prüfungen 2018 schaute sich die BaFin das Neuanlageverhalten der Versicherer genauer an und fand heraus: Im Durchschnitt wurden 12 Prozent des Kapitalanlagebestandes neu angelegt. Die Mehrheit der Unternehmen baute ihren Fondsbestand aus.

Unternehmensanleihen und Staatsanleihen bildeten wie in den Vorjahren die Anlageschwerpunkte. Daneben zeigte sich, dass jedes Unternehmen in einer bestimmten alternativen Anlageart eigene Kompetenzen aufbaut – kleinere Unternehmen beispielsweise in Private Equity oder Private Debt. Demgegenüber waren Infrastrukturanlagen besonders für die größeren Unternehmen von Interesse. Entsprechende Kapitalanlagen machen aber weiterhin nur einen verhältnismäßig geringen Anteil an allen Kapitalanlagen aus, was auch daran liegt, dass es nur verhältnismäßig wenige Infrastrukturprojekte gab, an denen sich Versicherer beteiligen konnten. Die BaFin stellte fest, dass die Versicherer auch den Immobilienbestand moderat ausbauten. Durch die beschriebenen Anlagealternativen stieg der Anteil illiquider Anlagen leicht an.

Über alle Unternehmen hinweg sank der Anspruch an die Ratings von Investments leicht. Im Durchschnitt gingen die Unternehmen zur Renditerealisierung Investments mit einem etwas schlechteren Rating ein, was allerdings insgesamt immer noch im Investmentgrade-Bereich lag. Anlagen mit hoher Verzinsung bei gleichzeitige hohem Risiko (High-Yield-Anlagen) machten weiterhin nur einen geringen Anteil aus und Zuwächse dieser Anlagealternativen wurden nur bei einzelnen Unternehmen beobachtet. Die Analyse eines möglichen Search for Yield wird die BaFin 2019 fortsetzen.

Auswertung des regelmäßigen aufsichtlichen Berichts

Die BaFin hat sich 2018 intensiv mit der Qualität des regelmäßigen aufsichtlichen Berichts (Regular Supervisory Report – RSR) beschäftigt. Den RSR reichen die Versicherungsunternehmen in Abhängigkeit von ihrer Marktbedeutung und Qualität jährlich, alle zwei oder auch nur alle drei Jahre ein. Er enthält Informationen zu der Geschäftstätigkeit und dem Geschäftsergebnis, dem Governance-System, dem Risikoprofil, der Bewertung für Solvabilitätszwecke und zum Kapitalmanagement.

Die BaFin hat 2018 rund die Hälfte der RSRs genauer analysiert. Sie wollte wissen, inwieweit die Berichte den an sie gestellten inhaltlichen Qualitätsanforderungen genügten, nachdem viele RSRs im erstmaligen Berichtsjahr 2017 noch unvollständig gewesen waren und keine ausreichend detaillierte Auskunft gegeben hatten. Die untersuchten Berichte wiesen deutlich weniger Defizite in Bezug auf die Vollständigkeit auf. Außerdem hatte sich der Informationsgehalt verbessert. Einige Unternehmen konnten die Qualität ihres RSR sogar erheblich steigern. Trotz dieser positiven Feststellungen gibt es nach wie vor Optimierungspotential. Die Qualität der Berichte wird deshalb auch 2019 weiterhin im Fokus der Aufsicht stehen.

Unternehmen mit verbesserungsbedürftigen RSRs wies die BaFin 2018 auf die konkreten Mängel ihrer Berichterstattung hin und forderte sie zur Verbesserung auf. An dieser Art der Rückmeldung wird die BaFin auch 2019 festhalten und erforderlichenfalls in ihrer Kritik noch deutlicher werden. Als Hilfestellung aktualisierte sie zuletzt ihre „Hinweise zum Berichtswesen für Erst- und Rückversicherer und Versicherungsgruppen“. Das Dokument greift häufige Schwachpunkte auf und gibt Unternehmen dadurch die Möglichkeit, die Qualität ihres RSR zu verbessern.

Vertiefte Prüfung, wie die Standardformelanwender unter den Versicherern bei der Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen mit ökonomischen Szenariogeneratoren umgehen

Die Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen unter Solvency II erfordert die Kenntnis der Höhe zukünftiger Zahlungen. Im Lebensversicherungsgeschäft hängen diese stark von der zukünftigen Entwicklung des aus den Kapitalerträgen erwirtschafteten Überschusses ab.

Die Versicherer simulieren daher mehrere tausend ökonomische Kapitalmarktszenarien und deren Auswirkungen auf die zukünftigen Kapitalerträge. Dabei müssen auch künftige Unternehmensentscheidungen (Managementregeln) berücksichtigt werden, da die Unternehmen auf bestimmte Entwicklungen durch Umschichtungen in der Kapitalanlage reagieren würden, was wiederum die Erträge beeinflussen würde.

In einer Feldstudie nahm die BaFin 2018 gezielt ökonomische Szenariogeneratoren (Economic Scenario Generators – ESGs) unter die Lupe. Dabei zeigte sich, dass der regulatorische Rahmen Detailfragen offenlässt. Doch Details wie die Fähigkeit des ESG, mit negativen Zinsen umgehen zu können oder die Fähigkeit, Marktwerte möglichst gut zu treffen, scheinen nach ersten Erkenntnissen zu materiellen Unterschieden zu führen.

Die BaFin wird ihre Untersuchungen 2019 auf die gesamte Lebensversicherungsbranche erweitern. Sie wird die von den Unternehmen in der Solvenzbilanz 2018 verwendeten Kapitalmarktszenarien analysieren. Die Branche wird dadurch kaum belastet, weil die Unternehmen lediglich bereits bestehende Dateien und Dokumentationen an die BaFin liefern müssen. Die erforderlichen Informationen wird die BaFin im Laufe des Jahres 2019 bei den Unternehmen anfordern.

Schwerpunkte 2019

Die Versicherungsaufsicht hat Anfang des Jahres ihre Schwerpunkte für 2019 veröffentlicht (siehe BaFinJournal Januar 2019). Auf www.bafin.de sind auch die Schwerpunkte der Geschäftsbereiche Banken- und Wertpapieraufsicht sowie Abwicklung zu finden.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 02/2019 (Download)

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