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Die Abbildung zeigt eine Grafik mit der Aufschrift "6x Vorsicht". © BaFin

Erscheinung:21.10.2019 | Thema Geldwäschebekämpfung 6x Vorsicht

Wo sind Finanzsektor und Nicht-Finanzsektor anfällig für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung? Die BaFin stellt sechs Risikofelder vor.

Das Risiko Deutschlands, zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, ist mittel-hoch, was Stufe 4 auf der fünfstufigen Skala von niedrig bis hoch entspricht. Das geht aus der ersten Nationalen Risikoanalyse zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (NRA, siehe Infokasten „Was ist die NRA?“) hervor, die das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 21. Oktober 2019 auf seiner Homepage veröffentlicht hat.

Aus Deutschlands hoher wirtschaftlicher Attraktivität, der hohen Bargeldintensität seines Wirtschaftskreislaufs und der internationalen Verflechtung seiner Volkswirtschaft ergeben sich Hauptrisikofelder. Das BaFinJournal stellt sechs davon vor.

Auf einen Blick:Was ist die NRA?

Deutschland ist gemäß den Vorgaben der Financial Action Task Force (FATF) sowie nach Artikel 7 der vierten EU-Geldwäscherichtlinie verpflichtet, in regelmäßigen Abständen eine Nationale Risikoanalyse zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (NRA) durchzuführen.

Die NRA ist ein Kernelement des risikobasierten Aufsichtsansatzes und liefert der BaFin und den Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz (GwG), also insbesondere den von der BaFin beaufsichtigten Unternehmen, wichtige Hinweise zu länder-, produkt- und sektorspezifischen Risiken für deren eigenen Analysen. So spannt die NRA den Bogen zwischen diesen unternehmensspezifischen Analysen und der Supranationalen Risikoanalyse der EU-Kommission (SNRA), die den europäischen Binnenmarkt in den Blick nimmt.

An der Erstellung der NRA waren seit Ende des Jahres 2017 unter Federführung des BMF 35 Bundes- und Landesbehörden beteiligt. Dazu zählten insbesondere die Bundesregierung, Strafverfolgungsbehörden, Nachrichtendienste, die Generalzolldirektion und Aufsichtsbehörden. Eine davon war die BaFin. Ihre Abteilung Geldwäscheprävention unterstützte die Arbeiten des BMF maßgeblich und leitete unter anderem die für die Analyse des Finanzmarkts zuständige Arbeitsgruppe.

Zudem war es dem BMF wichtig, auch die Wissenschaft, den privaten Nicht-Finanzsektor und den Finanzsektor einzubeziehen, um auf der Höhe der Zeit zu sein, was neue Bedrohungsszenarien angeht.

1. Anonymität

Dass Geldwäscher und Terrorfinanzierer anonym bleiben möchten, versteht sich von selbst. Die Analyse hat gezeigt, dass Kriminelle Bargeld gegenüber anderen Zahlungsmitteln bevorzugen, da es weniger Spuren hinterlässt. Auch beim internationalen Transport inkriminierter Gelder greifen Organisationen der organisierten Kriminalität häufig auf Bargeldkuriere zurück.

Nicht nur bei Kriminellen ist Bargeld beliebt – auch bei unbescholtenen Bürgern. Münzen und Banknoten sind das in Deutschland meistverwendete Zahlungsmittel. Bargeld anzunehmen, bleibt aber riskant, da es auch aus Delikten stammen kann. Regelmäßig sind Bargeldgeschäfte Gegenstand von Verdachtsmeldungen und Ermittlungen.

Weil Kriminelle ihre illegalen Transaktionen auch mit Gold und anderen Edelmetallen abwickeln können, geht von diesen bargeldähnlichen Vermögenswerten ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aus. Das gilt auch für bestimmte Kryptowerte sowie Prepaidkreditkarten unter 100 Euro, da die Kunden erst ab diesem Schwellenwert identifiziert werden müssen. Besonders anfällig sind jene Kryptowerte, die Nutzern vollumfängliche Anonymität bieten und deren Transaktionen nicht nachvollziehbar sind wie etwa Monero und Zcash.

Die geldwäscherechtlich Verpflichteten müssen ihre Geschäftspartner identifizieren und ihre Sorgfaltspflichten einhalten. Die BaFin erwägt, konkretisierende Anforderungen an die Mittelherkunftsprüfung bei Bartransaktionen in den besonderen Teil der Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz (GwG) aufzunehmen.

2. Fintech

Die NRA hat ergeben, dass Fintechs (siehe Infokasten „Fintech“) nicht automatisch anfälliger für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind als vergleichbare Unternehmen aus demselben Sektor. Erlaubnispflichtige Fintechs bieten in der Regel keine neuen Produkte an, sondern verkaufen ihre Produkte nur in innovativer Weise. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn beispielsweise ein etablierter Marktanbieter mit einem erlaubnisfreien Fintech kooperiert. Innovative Technologien, die eine schnelle und anonyme Zahlungsverkehrsabwicklung ermöglichen, können Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung begünstigen.

Die BaFin überprüft, ob Unternehmen die geldwäscherechtlichen Vorgaben einhalten, wenn sie technologische Neuerungen implementieren. Die Erkenntnisse, die die BaFin beispielsweise bei Vor-Ort-Prüfungen gewinnt, teilt sie mit anderen Behörden wie der Financial Intelligence Unit (FIU) und den Strafverfolgungsbehörden.

Auf einen Blick:Fintech

Bei Fintech handelt es sich nach Ansicht der BaFin um technologiegestützte Innovationen im Finanzsektor, die neue Geschäftsmodelle, Anwendungen, Prozesse oder Produkte hervorbringen und die Finanzmärkte und Finanzinstitute sowie die Art und Weise, wie Finanzdienstleistungen erbracht werden, erheblich beeinflussen. Auch die Träger dieser Technologien firmieren einzeln unter Fintech. Eine Legaldefinition gibt es bislang nicht. Fintech-Geschäftsmodelle sind vielfältig und können – je nach Ausgestaltung – eine Erlaubnis der BaFin erfordern.

Innovative Technologien wie Regtech-Anwendungen können Geldwäsche vorbeugen, indem sie Finanzunternehmen dabei helfen, Prozesse effizienter zu gestalten und regulatorische Anforderungen besser zu erfüllen (siehe BaFinJournal März 2019).

3. Finanztransfergeschäft

Beim Finanztransfergeschäft, das nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) grundsätzlich legal ist, besteht ein hohes Risiko, dass Zahlungen zur Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Die hohe Bargeldintensität macht das Geschäft für Kriminelle attraktiv. Besonders verdächtig sind grenzüberschreitende Bargeldtransaktionen, Finanztransfers in Risikoländer und Krisenregionen und Zahlungen außerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung. Zahlungsdienstleister, insbesondere Banken, müssen diesen Risiken mit angemessenem Monitoring begegnen. Hinzu kommen weitere Pflichten, deren Einhaltung die BaFin in der jüngeren Vergangenheit verstärkt nachgehalten hat.

Das Dunkelfeld, in dem Anbieter das Finanztransfergeschäft ohne Erlaubnis der BaFin betreiben, schätzt das BMF als groß ein. Zu den verbotenen Methoden zählt das Hawala-Banking, eine Art codiertes Überweisungssystem unter Vertrauten. Die BaFin ermittelt solche Anbieter, untersagt ihnen den unerlaubten Betrieb und wickelt die unerlaubten Geschäfte ab.

4. Immobiliensektor

Ein hohes Geldwäscherisiko besteht auch im Immobiliensektor. Share-Deals (siehe Infokasten „Share-Deals“) und verschachtelte Gesellschaftskonstruktionen, bei denen Briefkastenfirmen aus dem Ausland eine zentrale Rolle spielen, schützen die Identität der dahinterstehenden Personen und Gelder. Die Geldwäscheprävention ist auch bei Zwangsversteigerungen oftmals unzureichend.

Nur sechs Prozent der Verdachtsmeldungen zum Immobiliensektor stammen von Immobilienmaklern, Notaren und Rechtsanwälten. Folgerichtig stellt die NRA fest, dass die Verpflichteten des Nicht-Finanzsektors hier künftig sensibler sein und dem Geldwäscherisiko ihrer Branche eine besondere Bedeutung beimessen sollten. Gleichzeitig sollen aber auch Finanzunternehmen wachsam sein, die in solche Transaktionen eingebunden sind – selbst wenn sie nur Berater sein sollten.

Definition:Share-Deals

Bei Share-Deals handelt es sich um Immobilieninvestitionen, bei denen Investoren nicht die betreffenden Immobilien selbst erwerben, sondern Anteile an einer Objektgesellschaft, die ihrerseits eine oder mehrere Immobilien hält. Eigentümer der Immobilie bleibt also die Objektgesellschaft, während der Investor durch den Share-Deal mit seiner Gesellschafterstellung nur mittelbares Eigentum an der Immobilie erlangt. Aus rechtlicher Sicht beteiligt er sich an einem Unternehmen, aber er kauft keine Immobilie.

5. Cross-Border-Threat

Bestimmte grenzüberschreitende Geschäftskonstellationen bergen ein hohes Risiko, die Integrität des deutschen Finanzmarkts zu schädigen (Cross-Border-Threat). Zu den elf Regionen bzw. Staaten, von denen ein hohes Geldwäscherisiko für Deutschland ausgeht, zählen Osteuropa (insbesondere Russland), die Türkei, China, Zypern, Malta, die Britischen Jungferninseln, die Cayman Islands, Bermuda, Guernsey, Jersey und die Isle of Man.

Die spezifischen Geldwäscherisiken für Deutschland unterscheiden sich je nach Land sehr stark. Während inkriminierte Gelder aus Osteuropa in Deutschland investiert werden, fließt das Geld zwischen Deutschland und der Türkei regelmäßig in die umgekehrte Richtung: Hier sind Rücküberweisungen (Remittances) von Deutschland in die Türkei von großer Bedeutung. Die Britischen Jungferninseln, die Cayman Islands, Bermuda, Guernsey, Malta, Jersey und die Isle of Man sind Finanzplätze, die intransparente Geschäfte begünstigen. Kriminellen eröffnet das die Möglichkeit, Transaktionen zu verschleiern. Malta ist ein Schwerpunkt für das Online-Glücksspiel, das mit sehr vielen Transaktionsflüssen verbunden ist. Diese sind kaum nachzuvollziehen, geschweige denn, bestimmten Personen zuzuordnen.

Die BaFin empfiehlt, dass Unternehmen Cross-Border-Risiken in ihrem Risikomanagement adressieren und innerbetriebliche Kontrollprozesse etablieren.

6. Großbanken

Die NRA hat ein hohes Risiko bei großen, international agierenden Banken ermittelt. Das liegt an der umfangreichen Geschäftstätigkeit, dem hohen Geschäftsvolumen und der internationalen Verflechtung dieser Institute. Bei kleinen, regionalen Instituten, besonders im Verbundbereich, sowie bei Instituten aus der Bankengruppe „Sonstige Kreditinstitute“ ist das Risiko weniger ausgeprägt.

Ein besonderes Risiko bei den großen Banken ermittelte das BMF im Zusammenhang mit dem Bar-, Finanztransfer- und Korrespondenzbankgeschäft sowie innovativen Geschäftsmodellen und neuen Technologien von Fintech-Unternehmen. Im Korrespondenzbankgeschäft steigt das Risiko, wenn die Korrespondenzbank in einem Drittstaat sitzt.

Girokonten sind besonders anfällig für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
weil Mittel auf ihnen sehr fungibel und liquide gehalten werden können. Transaktionen sind kurzfristig und jederzeit durchführbar, auch Ein- und Auszahlungen von Bargeld. Kleinere Beträge sind besonders schwer nachzuverfolgen und eignen sich daher zur Terrorismusfinanzierung.

Die bankspezifischen Ergebnisse der NRA wird eine neue Arbeitseinheit der BaFin, die als eine Art Intensivstation für risikoreiche Banken gedacht ist, schwerpunktmäßig berücksichtigen.

Was erwartet die Aufsicht von den Verpflichteten?
Die NRA dient dazu, in Deutschland das Risikobewusstsein in der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weiter zu schärfen. Die Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz müssen die länder-, produkt- und sektorspezifischen Risiken aus der NRA berücksichtigen, wenn sie ihre unternehmensspezifischen Risikoanalysen gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 GwG erstellen.

In der Praxis müssen die verpflichteten Unternehmen geeignete interne Sicherungsmaßnahmen ergreifen, um ihre Risiken einzudämmen. Das Monitoring muss dabei widerspiegeln, inwieweit das Unternehmen ein Risiko bereits reduziert hat.

Die beaufsichtigten Unternehmen sollten die NRA auch nutzen, um Prioritäten zu setzen und ihre Ressourcen risikogerecht zuzuteilen. Die BaFin wird prüfen, ob die Unternehmen aus der NRA die erforderlichen Schlüsse ziehen und alle notwendige Schritte konsequent einleiten.

Nach § 51 Absatz 8 GwG ist die BaFin dazu verpflichtet, die Auslegungs- und Anwendungshinweise für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und internen Sicherungsmaßnahmen regelmäßig zu aktualisieren. Sie wird viele Anregungen aus den Expertengesprächen mit der Privatwirtschaft berücksichtigen.

Links

Nationale Risikoanalyse – Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

FATF Guidance National Money Laundering and Terrorist Financing Risk Assessment (FATF Risk Assessment)

Supranationale Risikoanalyse der Europäischen Kommission (SNRA)

Vierte EU-Geldwäscherichtlinie

Geldwäschegesetz (GwG)

Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)

Autor

Simon Ufer
Teamleiter der Arbeitsgruppe „Geldwäsche im Finanzsektor“
und Referent in der Abteilung Geldwäsche der BaFin

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

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