Erscheinung:22.05.2018 Zentrale Gegenparteien: Fortschritte bei Sanierungsplanung, Kreditrisikosteuerung und Liquiditätsrisikomanagement
Inhalt
Wie widerstandsfähig sind Zentrale Gegenparteien (CCPs) gegenüber Finanzkrisen? Dieser Frage widmeten sich der Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen CPMI und die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO im Sommer 2016 (siehe BaFinJournal September 2016).
Damals stellten sie in ihrem Bericht fest, dass die zehn untersuchten CCPs weitreichende und wichtige Fortschritte bei der Umsetzung der Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen gemacht hatten. Bei der Sanierungsplanung, Kreditrisikosteuerung und im Liquiditätsrisikomanagement stießen sie jedoch auf einige Lücken und Umsetzungsfehler.
Dies nahmen CPMI und IOSCO zum Anlass, eine Folgebewertung durchzuführen. Dabei nahmen sie nicht nur die zehn Zentralen Gegenparteien aus der ersten Überprüfung unter die Lupe, sondern auch neun weitere CCPs. Die CCPs hatten zu jedem der drei Themen einen Fragebogen zu beantworten. Anfang Mai veröffentlichten CPMI und IOSCO die Ergebnisse.
Definition:Zentrale Gegenparteien
Zentrale Gegenparteien (Central Counterparties – CCPs) sind Unternehmen, die zwischen Verkäufer und Käufer von Finanzprodukten treten. Auf diese Weise wird das Kontrahentenrisiko, also das Risiko des Ausfalls eines Käufers oder des Verkäufers, für die Vertragsparteien eliminiert und auf die CCP übertragen. Seit 2012 sind europäische Marktteilnehmer aufgrund der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung (European Market Infrastructure Regulation – EMIR) verpflichtet, außerbörsliche (Over the Counter – OTC) Derivatekontrakte, die einer Derivatekategorie im Sinne der EMIR zugeordnet werden können, über eine Zentrale Gegenpartei zu clearen.
CCPs zählen neben Transaktionsregistern, Zentralverwahrern, Wertpapierabwicklungssystemen und Zahlungssystemen zu den Finanzmarktinfrastrukturen. Deren Aufgabe ist es, eine effiziente und sichere Abwicklung von Zahlungsströmen zu gewährleisten.
Sanierungsplanung
Demnach haben alle früheren Teilnehmer ihre Sanierungspläne in den letzten 18 Monaten angepasst. Die Änderungen betrafen hauptsächlich Regeln und Verfahren zur Zuteilung ungedeckter Kreditverluste, Wiederherstellung eines ausgeglichenen Buches (Matched Book), Deckung aufgedeckter Liquiditätsengpässe sowie Wiederauffüllung finanzieller Ressourcen nach dem Ausfall eines Clearingmitglieds. Zwei CCPs, die 2016 noch keine Sanierungspläne vorweisen konnten, hatten zwar nun solche entwickelt. Sie konnten aber nicht darlegen, dass sie alle Vorgaben aus dem aufgestellten Sanierungsplan auch vollständig in ihr jeweiliges Regelwerk und die jeweiligen internen Prozesse umgesetzt hatten.
Ferner bestehen einige Feststellungen aus dem ersten Bericht fort:
- Einige CCPs verwenden nur eine Obergrenze, um das Problem ungedeckter Kreditverluste zu adressieren. Dies könnte aber in einigen Fällen nicht ausreichen, um alle ungedeckten Verluste vollständig abzusichern.
- Zwar verfügen alle CCPs über mindestens ein Instrument zur Behebung von Liquiditätsengpässen. Allerdings hegen CPMI und IOSCO Zweifel, ob alle gewählten Instrumente mit den Standards der Prinzipien vereinbar sind.
- Einige wenige CCPs haben keine hinreichend klaren Regeln und Prozesse aufgesetzt, um den Ausfall der Finanzmittel eines Teilnehmers aufzufangen.
Die neuen Teilnehmer berichteten ebenfalls von Anpassungen an ihren Sanierungsplänen. Diese konzentrierten sich hauptsächlich auf Regeln und Verfahren, um ungedeckte Kreditverluste zu beheben und ein ausgeglichenes Buch wiederherzustellen.
Auf einen Blick:Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen
Die Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen sind ein globaler Standard für die Struktur und Funktion von Zentralen Gegenparteien, Transaktionsregistern, Zentralverwahrern, Wertpapierabwicklungssystemen und Zahlungssystemen. Sie decken alle Arten von Risikoquellen ab, darunter Bonitäts-, Liquiditäts-, Markt- und operative Risiken, und stellen Grundsätze für Ausfallmanagementstrategien, Transparenz, Zugang zu den Finanzmarktinfrastrukturen und Effizienz auf. Ziel ist es, die Finanzmarktinfrastrukturen widerstandsfähiger gegenüber Finanzkrisen zu machen. Der Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen CPMI und die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO überwachen die Umsetzung der Prinzipien in allen wichtigen Ländern, die sich den G-20-Reformen für eine bessere Finanzstabilität verschrieben haben.
Kreditrisikosteuerung
Einige der auch 2016 befragten CCPs berichteten, dass sie in den letzten 18 Monaten diverse Schritte unternommen haben, um ihre Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung ausreichender finanzieller Ressourcen zu verbessern. Zu diesen Schritten gehören beispielsweise die Einführung oder Absenkung von Frühwarnschwellen, um entweder die Entscheidungsträger zu informieren oder zusätzliche Ressourcen von Clearingmitgliedern einzuholen.
Auch die neuen Teilnehmer berichteten über diverse Schritte zur Verbesserung der Verfahren, mit denen sie ausreichende finanzielle Ressourcen sicherstellen.
Allerdings identifizierten CPMI und IOSCO bei den CCPs einige Verfahren, die aus ihrer Sicht nicht mit den Vorgaben der Prinzipien übereinstimmen. Beispielsweise erscheinen die internen Prozesse bei einigen CCPs unzureichend oder zu langwierig, um sicherstellen zu können, dass die finanzielle Abdeckung kontinuierlich fortbesteht.
Liquiditätsrisikomanagement
Die Prinzipien sehen außerdem vor, dass Finanzmarktinfrastrukturen ausreichende liquide Ressourcen für zahlreiche mögliche Stress-Szenarien bereithalten sollen. Während die CCPs selbst über Optimierungen ihres Liquiditätsrisikomanagement berichten, kommt der Bericht in Bezug auf die früheren Teilnehmer jedoch zu dem Ergebnis, dass diese nur begrenzte Fortschritte bei der Entwicklung liquiditätsspezifischer Szenarien in ihrem Stresstest-Rahmenwerk gemacht haben.
Nach wie vor verfügen einige dieser CCPs bei ihren Liquiditäts-Stresstests noch immer nicht über ausreichend viele und geeignete Szenarien, um das wesentliche Liquiditätsrisiko aufgrund der Nichterfüllung vertraglicher Leistungen durch Beteiligte abzudecken, die weder Clearingmitglieder noch Kunden sind – etwa Abwicklungsbanken, Nostro-Agenten, Depotbanken, Liquiditätsanbieter und verbundene Finanzmarktinfrastrukturen.
Aufgabe der nationalen Behörden
Im Hinblick auf die früheren Teilnehmer gelangt der Bericht somit zu der Schlussfolgerung, dass diese zwar wichtige Fortschritte bei der Beseitigung der entdeckten Lücken gemacht haben. Einige scheinen aber nach wie vor Probleme mit der Einführung und Umsetzung spezifischer Vorgaben und Standards der Prinzipien zu haben.
CPMI und IOSCO fordern deshalb alle nationalen Aufsichtsbehörden dazu auf, den Bedenken intensiv nachzugehen und die beaufsichtigten Zentralen Gegenparteien dazu anzuhalten, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Prinzipien vollumfänglich zu erfüllen. Dabei weisen sie insbesondere auf den im Juli 2017 veröffentlichten Leitfaden zur Widerstandsfähigkeit Zentraler Gegenparteien und ihren überarbeiteten Sanierungsbericht hin. Die dort beschriebenen Standards sollten von den relevanten CCPs bei der Optimierung ihrer Praktiken angewandt und angemessen berücksichtigt werden.
Eurex Clearing AG: Positives Ergebnis
Die in Deutschland ansässige Eurex Clearing AG hat an beiden Überprüfungen teilgenommen. Das aktuelle Ergebnis bestätigt die sehr positive Bewertung von 2016. Die BaFin sieht daher keinen Anlass, Maßnahmen gegenüber der Eurex Clearing AG zu ergreifen.
Autor
Edip Acat
BaFin-Referat für die Aufsicht über Finanzmarktinfrastrukturen
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