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Erscheinung:15.11.2017 MiFID II: BaFin-Konferenz zur Neufassung der Wohlverhaltensregeln

Am 27. Oktober veranstaltete die BaFin in Frankfurt am Main eine Konferenz zur Umsetzung der Vorgaben der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II). Konkret ging es um die Neufassung der Wohlverhaltensregeln in §§ 63 ff. des künftigen Wertpapierhandelsgesetzes, das durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz geändert wurde (siehe BaFinJournal Juni 2017).

Elisabeth Roegele, Exekutivdirektorin der Wertpapieraufsicht, begrüßte die 375 geladenen Gäste, darunter Vertreter von Banken, Sparkassen, Finanzdienstleistern und Verbänden, in der Deutschen Nationalbibliothek. „Gibt es trotz aller Bemühungen Anlaufschwierigkeiten, wird die BaFin dies berücksichtigen. Wir betreiben Aufsicht mit Augenmaß“, betonte sie.

Kostentransparenz

BaFin-Referatsleiterin Claire Kütemeier stellte die Vorschriften zur Kostentransparenz vor. Diese würden erheblich erweitert, da der Kunde seine Anlageentscheidung auf vollständig informierter Basis treffen solle. Dafür müssten die Institute die Kosteninformationen, die bislang in vielen Dokumenten verteilt seien, künftig übersichtlich in einem Dokument zusammenfassen.

Kütemeier stellte den zeitlichen Ablauf, Umfang und Aufbau der Kosteninformation dar. Sie erläuterte die neuen umfangreichen Anforderungen anhand von Praxisfragen, die für Marktteilnehmer besonders relevant sind, etwa zur Gliederung der Informationen und dem Ausweis von Zuwendungen als Dienstleistungskosten.

Product Governance

Mit einem weiteren aktuellen Thema, das die MiFID II mit sich bringt, befasste sich BaFin-Referent Dr. Thorsten Becker: Unter dem Schlagwort Product Governance werden in der Finanzmarktrichtlinie zahlreiche Vorgaben für Finanzinstrumente beziehungsweise strukturierte Einlagen zusammengefasst. Die Product Governance ergänzt die bisherige vertriebsbezogene Perspektive des Aufsichtsrechts im Bereich des Anlegerschutzes um eine produktbezogene Perspektive. Der europäische Gesetzgeber hat hier einen Paradigmenwechsel vollzogen.

Becker ging konkret auf die Anforderungen an die Konzepteure eines Produkts beziehungsweise an Vertriebsunternehmen ein. Er thematisierte insbesondere das Produktfreigabeverfahren mit der Bestimmung des Zielmarkts, die Kommunikation zwischen Hersteller und Vertrieb sowie den Produktüberprüfungsprozess. Auch hier seien die neuen Anforderungen sehr umfangreich und detailliert, so dass sich bei den Instituten viele Anwendungsfragen ergeben würden.

Geeignetheitsprüfung und -erklärung

BaFin-Referentin Dr. Mareike Altmann widmete sich der Geeignetheitsprüfung und -erklärung sowie der Angemessenheitsprüfung. Die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung ist zwar keine neue Anforderung. Unter der MiFID II sind aber einige neue Aspekte hinzugekommen, zum Beispiel die Pflicht, Kosten und Komplexität äquivalenter Finanzinstrumente zu vergleichen. Neben den neuen Aspekten erläuterte Altmann auch die schon bisher geltenden Anforderungen an eine Anlageempfehlung: Anlageziele, Risikotoleranz und Risikotragfähigkeit des Kunden seien zu beachten. „Der Kunde muss außerdem anhand seiner Kenntnisse und Erfahrungen in der Lage sein, das Risiko des empfohlenen Finanzinstruments einzuschätzen“, betonte sie.

Die Geeignetheitserklärung hingegen stellt eine Neuerung unter MiFID II dar, deren Anforderungen Altmann ebenfalls erläuterte. Anhand von Fragen und Antworten der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA erörterte sie dabei auch Praxisfragen. In Ihrem Vortrag ging sie außerdem auf die Neufassung der ESMA-Leitlinien zur Geeignetheit ein, die derzeit in der Konsultationsfassung vorliegen und voraussichtlich im zweiten Quartal 2018 final veröffentlicht werden.

Zuwendungen

Auf wichtige Aspekte des Zuwendungsregimes, das unter MiFID II verschärft wird, gingen Becker und sein Kollege Dr. Jörg Schneider ein. Sie widmeten sich unter anderem den neuen, deutlich detaillierteren Aufzeichnungspflichten für Zuwendungen sowie deren Verwendung für qualitätsverbessernde Maßnahmen für die betreffenden Kunden. Dabei gingen sie auch auf die Anforderungen der neuen Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaComp) ein, welche die BaFin Anfang November zur Konsultation gestellt hat.

Bei dem Vortrag wurde außerdem deutlich, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen Zuwendungen, die sie nicht an den Kunden auskehren, vollständig dafür verwenden müssen, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern. Das bedeute, dass Zuwendungen nicht als „Gewinn“ vereinnahmt werden dürften.

Unter Bezugnahme auf die Fragen und Antworten der ESMA vertieften die BaFin-Referenten schließlich Praxisfragen zu Analysen (Research), so beispielsweise die Frage, unter welchen Voraussetzzungen Wertpapierfirmen kostenfreie Analysen ausnahmsweise annehmen dürften.

Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, Querverkäufe und europäische Perspektive

Hinweis:Vorträge

Alle Vorträge der BaFin-Referenten stehen zum Download bereit.

BaFin-Referent Florian Weiterer erläuterte zudem Details der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Demnach seien Mitarbeiter von Wertpapierfirmen künftig dazu verpflichtet, die elektronische Kommunikation und Telefongespräche zu Kundenaufträgen aufzuzeichnen und dem Kunden auf Verlangen eine Kopie zur Verfügung zu stellen.

Außerdem stellte Weiterer die Regulierung von Querverkäufen (Cross-Selling) vor, für die gesteigerte Informations-, Transparenz- und Aufklärungspflichten zugunsten der Kunden gelten. Diese würden künftig zusätzliche Informationen zu den Bestandteilen eines Pakets erhalten, wenn Wertpapierdienstleister Produkte als gekoppelte und gebündelte Pakete anbieten. Ziel sei es, den Anlegern einen Vergleich zwischen Paket und Einzelbestandteilen zu ermöglichen.

Verena Ross, Exekutivdirektorin der ESMA, bereicherte die Veranstaltung mit einem Vortrag zu den MiFID-II-Wohlverhaltensregeln aus der europäischen Perspektive.

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