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Erscheinung:15.05.2017 Jahrespressekonferenz: BaFin-Präsident fordert Entlastung für kleinere Institute

Die Pläne der EU-Kommission, kleinere Institute regulatorisch zu entlasten, gehen BaFin-Präsident Felix Hufeld nicht weit genug.1 „Wir brauchen einen differenzierten Ansatz“, forderte er in seiner Rede zur Jahrespressekonferenz der Behörde am 9. Mai in Frankfurt am Main. Um Klippeneffekte zu vermeiden, solle man möglichst wenige zusätzliche Schwellen einziehen und auf Kriterien aufbauen, die bereits eingeführt seien – etwa auf dem der Systemrelevanz.

Ein starres Schubladensystem lehnt der BaFin-Chef ab: „Wir müssten in der Lage sein, Banken von einem in ein anderes Segment zu verschieben, wenn wir es aus Risikogründen für erforderlich halten.“

Cyberkriminalität und IT-Sicherheit

Hufeld warnte in seiner Rede vor Cyberkriminalität: „Finanzdienstleister, denen Menschen ihr Geld und ihre intimsten materiellen Daten anvertrauen, zählen zu den beliebtesten Zielen von Cyberangriffen.“

Mit Blick auf die IT-Sicherheit von Banken sagte der Präsident, die BaFin sehe noch großen Verbesserungsbedarf. Wer meine, er sei auf der sicheren Seite, wenn er nur hier und da ein wenig an seinem IT-System herumbastelt, sitze einem gefährlichen Irrtum auf. Aber auch Versicherer und andere Akteure des Finanzmarkts verfügten über viele Daten und viel alte IT. Unternehmen und Aufseher müssten zusehen, dass sie auch den Herausforderungen der Cyberkriminalität gewachsen sind.

Fortschritt im Verbraucherschutz

Hinweis:Jahresbericht

Anlässlich der Pressekonferenz hat die BaFin ihren Jahresbericht 2016 veröffentlicht. Er ist auf ihrer Internetseite erstmals sowohl als HTML-Version wie auch als PDF-Dokument abrufbar, kann aber auch als Printexemplar (15 Euro) bestellt werden.

Von einem großen Fortschritt im Verbraucherschutz berichtete Elisabeth Roegele, die oberste Wertpapieraufseherin der BaFin. Am Vorabend der Pressekonferenz hatte die BaFin erstmals von ihrer Möglichkeit der Produktintervention Gebrauch gemacht. Sie hat Vermarktung, Vertrieb und Verkauf von finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference – CFDs) eingeschränkt. Kontrakte mit einer Nachschusspflicht dürfen Privatkunden vom 10. August an nicht mehr angeboten werden.

Roegele verglich das Investment in CFDs mit Nachschusspflicht mit Glückspiel – mit dem entscheidenden Unterschied, dass man dabei nicht nur sein eingesetztes Kapital verlieren könne, sondern auch Teile seines restlichen Vermögens, je nach Hebelwirkung sogar sein gesamtes Hab und Gut. „Ein Risiko, das wir als Verbraucherschützer nicht hinnehmen können“, kommentierte Roegele.

Niedrige Zinsen

Thema der Pressekonferenz war auch das anhaltend niedrige Zinsniveau. Es wirke sich immer stärker auf die Ergebnisse der rund 1.500 Kreditinstitute aus, welche die BaFin unmittelbar beaufsichtige, sagte Raimund Röseler, Exekutivdirektor der Bankenaufsicht.

Die Aufsicht müsse sich daher im Rahmen eines Stresstests (siehe BaFinJournal April 2017) ein vollständiges Bild vom Ernst der Lage machen. „Da wir über das reguläre Meldewesen nicht all die Informationen erhalten, die wir dazu brauchen, müssen wir sie uns auf anderem Wege besorgen“, führte Röseler aus. Dabei achte man aber darauf, die Institute so wenig wie möglich zu belasten.

Lage der Lebensversicherer

Was die Lage der Lebensversicherer im Dauerzinstief angeht, bleibt es laut Dr. Frank Grund beim grundsätzlichen Befund der BaFin, dass die Branche kurz- und mittelfristig keine lebensbedrohlichen Probleme haben wird. Der Leiter der Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht geht derzeit auch davon aus, dass diesmal alle Lebensversicherer die Solvenzquote nach Solvency II einhalten. Das sei eine gute Nachricht, erläuterte Grund.

Er warnte jedoch vor einer Fehlinterpretation dieser Kennzahlen, welche die Versicherer am 22. Mai veröffentlichen. Die Quoten taugten nicht zur Aufstellung einer Rangliste, denn für sich genommen, isoliert seien sie nur bedingt aussagekräftig.

Basiskonto

Über die Frage, wie viel ein Basiskonto kosten dürfe, sprach Béatrice Freiwald, Exekutivdirektorin Innere Verwaltung und Recht. Abwehrpreise dürften die Kreditinstitute nicht verlangen, sagte sie, eine Höchstgrenze habe der Gesetzgeber aber bewusst nicht festgelegt. Das Entgelt müsse angemessenen sein. „Ist es das nicht, können wir eine Bank anweisen, ihr Entgeltmodell entsprechend anzupassen“, erläuterte Freiwald.

Hat ein Verbraucher das Recht auf die Einrichtung eines Basiskontos, kann die BaFin seinen Anspruch individuell durchsetzen. „Wir greifen also an dieser Stelle – und nur hier – in ein einzelnes Vertragsverhältnis unmittelbar gestaltend ein“, betonte Freiwald. Bislang habe die BaFin in rund 110 Fällen auf diese Art die Eröffnung eines Basiskontos durchgesetzt. Nur 17 Mal habe die Behörde dies förmlich anordnen müssen, in den anderen Fällen hätten die Institute schon nach der Anhörung reagiert.

Zahlreiche Fragen

Im Anschluss an die Reden nutzten die rund 40 Journalisten die Gelegenheit, dem Direktorium Fragen zu aktuellen Aufsichtsthemen zu stellen. Von Interesse war unter anderem der Verhandlungsstand bei der Finalisierung von Basel III. Dass es hier bereits bei der nächsten Sitzung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht BCBS im Juni zu einer Einigung kommen werde, sei wenig realistisch, sagte Röseler.

Auch die Preis- und Gebührenpolitik der Kreditinstitute war Thema der Fragerunde. Hier stellte Hufeld klar, dass die BaFin keine Gebührenerhöhungen von den Instituten fordert, sondern stabile Geschäftsmodelle. Gebühren seien aber durchaus eine Möglichkeit, auf die Anforderungen der BaFin zu reagieren. Zu den Kosten für das Basiskonto erklärte Freiwald, dass die BaFin bei Auffälligkeiten und Beschwerden aktiv werde. Ihre Aufgabe sei es, die vom Gesetzgeber aufgestellten Kriterien auszulegen. Derzeit arbeite sie außerdem daran, sich eine Übersicht über die Gebühren in der Branche zu verschaffen.

Die Pressevertreter interessierten sich zudem für das Verbot des Vertriebs von CFDs mit Nachschusspflicht an Privatkunden. Roegele sagte, man werde die Entwicklungen genau beobachten. Weitere Produktinterventionen seien nicht ausgeschlossen. Im Übrigen könne die BaFin das Verbot auch im Ausland durchsetzen, was angesichts der grenzüberschreitenden Ausprägung des Geschäfts immens wichtig sei.

Ein Pressevertreter fragte, warum die BaFin Solvenzquoten ermittle, deren Vergleichbarkeit doch schwierig sei. Dr. Grund stellte daraufhin noch einmal das Kernziel von Solvency II dar: eine bessere und passgenaue Risikomessung. Er bezog außerdem noch einmal Stellung zur Zinszusatzreserve, die die BaFin „weniger kraftraubend“ aufbauen wolle, um die Lebensversicherer zu entlasten.

Schließlich bewegte die Journalisten auch das Thema Brexit und hier vor allem die Frage, ob und wie viele Institute sich bereits für den Standort Deutschland entschieden haben. Röseler berichtete, bislang habe eine zweistellige Anzahl von Kreditinstituten Interesse signalisiert. Anträge lägen bis dato aber nicht vor. Das Interesse bei Versicherern sei geringer, ergänzte Dr. Grund.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnote:

  1. 1 Siehe dazu auch das Interview mit Raimund Röseler im BaFinJournal April 2017.

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