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Erscheinung:16.03.2016 Solvency II: Übergangsmaßnahmen zur Rückstellungsbewertung - Eine erste Bestandsaufnahme

Die Übergangsmaßnahmen zur Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen unter Solvency II haben für den deutschen Versicherungsmarkt eine hohe Bedeutung. Die BaFin hat bereits mehr als 60 Unternehmen eine Genehmigung für eine dieser Maßnahmen erteilt. Dabei handelt es sich vor allem um Lebensversicherer. Ihre Anträge betrafen vor allem die Übergangsmaßnahme zu versicherungstechnischen Rückstellungen nach § 352 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).

Die BaFin beobachtet genau, wie die Versicherer, denen sie die Anwendung einer Übergangsmaßnahme genehmigt hat, diese ausfüllen. Dabei legt sie besonderes Augenmerk auf die Maßnahmen, die die Unternehmen zur Aufbringung von Eigenmitteln oder zur Senkung ihres Risikoprofils ergreifen, um auch angesichts der zunehmend schwächeren Wirkung der Maßnahmen während des Übergangszeitraums die Erfüllung der Solvenzanforderungen zu gewährleisten.

Übergangsmaßnahmen zur Rückstellungsbewertung
Das Solvency-II-Regelwerk sieht zwei Übergangsmaßnahmen für die Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen vor. Diese sind in § 351 und § 352 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) verankert. Die BaFin kann Versicherern demnach die Genehmigung erteilen, ihre Rückstellungen nicht sofort auf Grundlage von Solvency II zu bewerten, sondern über einen Zeitraum von 16 Jahren hinweg schrittweise auf die volle Solvency-II-Bewertung überzugehen. § 351 VAG betrifft die Zinsannahmen, die für die Rückstellungsbewertung heranzuziehen sind. § 352 VAG schreibt einen Abzug von den versicherungstechnischen Rückstellungen vor, der sich an der Differenz aus den Rückstellungen unter dem neuen und dem alten Solvenzregime bemisst. Da die Wirkung beider Übergangsmaßnahmen während des Übergangszeitraums kontinuierlich nachlässt, müssen sich die Unternehmen in dieser Zeit aktiv mit den Auswirkungen auf ihre Solvenzsituation auseinandersetzen.

Bedeutung für Lebensversicherer

Die Übergangsmaßnahmen für die Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen sind Teil des Gesamtpakets an Übergangsmaßnahmen, die im Zuge der Omnibus-II-Richtlinie in das Solvency-II-Regelwerk aufgenommen wurden.

Für die durch Solvency II vorgesehene marktkonsistente Bewertung der technischen Rückstellungen müssen die Unternehmen die Finanzgarantien und Optionen, die in den Versicherungsverträgen enthalten sind, explizit berücksichtigen. Verglichen mit den handelsrechtlichen Bestimmungen zur Bewertung der Rückstellungen, die unter Solvency I einschlägig waren, ist dies eine wesentliche Änderung. Die Übergangsmaßnahmen ermöglichen es den Unternehmen, sich schrittweise an die neuen Anforderungen anzupassen. Dies ist insbesondere für Verträge mit langfristigen Garantien von hoher Bedeutung, wie dies auf dem deutschen Markt besonders in der Lebensversicherung der Fall ist. Die Übergangsmaßnahmen gelten jedoch nur für bestehende Verträge – neu abgeschlossene Versicherungen sind in jedem Fall nach den vollen Solvency-II-Anforderungen zu bewerten.

Genehmigungsanträge
Für Versicherer, die sich die Nutzung einer Übergangsmaßnahme für die Rückstellungsbewertung genehmigen lassen möchten, stellt die BaFin auf ihrer Internetseite das jeweilige Antragsformular sowie Informationen über die rechtlichen Anforderungen zur Verfügung. Außerdem hat sie eine Auslegungsentscheidung veröffentlicht, die klarstellt, wie die Übergangsmaßnahmen auf die Besonderheiten des deutschen Markts anzuwenden sind.

Reibungslosen Übergang gewährleisten

Sinn der Übergangsmaßnahmen ist es, einen reibungslosen Übergang auf das neue Solvenzregime zu gewährleisten. Sie haben zum Ziel, Marktstörungen zu vermeiden, Beeinträchtigungen bestehender Versicherungsverhältnisse zu begrenzen und zu gewährleisten, dass ausreichend Versicherungsprodukte verfügbar sind. Ihrem Charakter als Übergangsmaßnahmen gemäß sind sie jedoch zeitlich befristet. Die Unternehmen sollten die Möglichkeit der schrittweisen Anpassung daher in jedem Fall nutzen, um den spezifischen Anforderungen von Solvency II so bald wie möglich nachzukommen.

Deutschland hatte sich in den politischen Verhandlungen zur Omnibus-II-Richtlinie ausdrücklich dafür eingesetzt, Übergangsmaßnahmen zur Rückstellungsbewertung zu schaffen. Die BaFin unterstützte dabei das Bundesfinanzministerium, den deutschen Verhandlungsführer, mit ihrer fachlichen Expertise. Da es sich bei den Übergangsmaßnahmen um eine europäische Regelung handelt, berücksichtigen sie auch die Gegebenheiten anderer Mitgliedstaaten.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Dr. Olaf Ermert, BaFin

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