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Erscheinung:16.11.2015 Umgang mit Beschwerden: EIOPA-Leitlinien - Erste Erfahrungen aus der Praxis

Am 1. März dieses Jahres mussten die Versicherungsunternehmen, die in Deutschland tätig sind, erstmals einen Beschwerdebericht bei der BaFin einreichen. Grundlage ist die Sammelverfügung, die die BaFin im September 2013 an insgesamt 1.300 Versicherer versandte.

Anhand der Beschwerdeberichte überprüft die BaFin, ob die Unternehmen über eine angemessene und transparente Beschwerdebearbeitung verfügen, einschließlich einer entsprechenden Dokumentation.

Die nun vorliegenden Beschwerdeberichte für das Jahr 2014 zeigen, dass dies bei den meisten Versicherern der Fall ist. Damit bestätigten sich die Prognosen der BaFin. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass manche Unternehmen ihre Arbeitsprozesse noch anpassen müssen, um ein angemessenes Beschwerdemanagement aufzubauen. Die Tücken stecken im Detail.

Auf einen Blick: Beschwerdeberichte

Im Sommer 2012 veröffentlichte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen. Die BaFin setzte die Leitlinien im September 2013 mit einer Sammelverfügung und einem Rundschreiben in die nationale Aufsichtspraxis um. Demnach haben die Versicherer jährlich jeweils zum 1. März einen Beschwerdebericht bei ihr einzureichen, der mindestens folgende Angaben enthalten muss:

  • die Anzahl der Beschwerden (insgesamt und je Versicherungszweig),
  • eine Zusammenfassung des jeweiligen Stands und der Dauer der Bearbeitung,
  • eine Übersicht über die einzelnen Beschwerdegründe mit Angabe der Fallzahlen,
  • Aussagen dazu, wie viele Beschwerden im Berichtszeitraum für die Beschwerdeführer zumindest teilweise erfolgreich verlaufen sind sowie
  • Definitionen der Begriffe „Beschwerde“ und „Beschwerdeführer“.

Qualität der Berichte

Bislang hat die BaFin 593 Berichte abschließend ausgewertet. Dabei handelt es sich um 424 Berichte deutscher und 169 Berichte ausländischer Versicherer, also von Unternehmen, die entweder im Dienstleistungsverkehr oder über eine Niederlassung auf dem deutschen Markt tätig sind.

Aufgrund fehlender oder unklarer Angaben waren in rund 170 Fällen Rückfragen an die Versicherungsunternehmen erforderlich – zumeist, weil die Beschwerdeberichte die Mindestanforderungen nicht erfüllten. Diverse ausländische Versicherer gaben zudem an, keine Beschwerden deutscher Versicherungsnehmer erhalten zu haben, lieferten aber auch nicht die vorgeschriebenen Definitionen für „Beschwerde“ und „Beschwerdeführer“. Die BaFin hat sie daher aufgefordert, diese nachzureichen.

Bei einigen Unternehmen war der Anteil der Beschwerden, die für die Kunden erfolgreich verliefen, auffallend hoch. Daher bat die BaFin diese Versicherer, die Gründe hierfür zu erläutern. Die Versicherer erklärten, dass sie eine Kundenbeschwerde bereits dann als erfolgreich ansehen, wenn ein Kunde Unterlagen angefordert und diese erhalten oder der Versicherer die Gründe für eine längere Bearbeitungsdauer plausibel erläutert hat. Dies ist nicht zu beanstanden, da es hierzu keine bindenden Vorgaben gibt.

Fehlende Berichte

Mit den ausländischen Versicherern erwies sich die Kommunikation teilweise als schwierig. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass es sich um Versicherer handelt, die in Deutschland „rein vorsorglich“ notifiziert sind, aber hier tatsächlich kein Geschäft betreiben. An die Versicherungsunternehmen, deren Berichte bisher noch ausstehen, hat die BaFin eine Erinnerung versandt.

Andere Versicherer reichten keinen Beschwerdebericht ein, da sie ihren Geschäftsbetrieb eingestellt haben, seitdem die BaFin die Sammelverfügung versandt hat. Darüber hinaus müssen Unternehmen, die Captives sind – also direkt an ein anderes Unternehmen angeschlossen sind – oder die ausschließlich Großrisiken versichern, keinen Bericht vorlegen.

Im Übrigen bestehen im Moment zwischen den verschiedenen europäischen Aufsichtsbehörden unterschiedliche Auffassungen darüber, an welche Aufsichtsbehörde Versicherer mit Sitz im Ausland berichten müssen, die im Dienstleistungsverkehr oder über eine Niederlassung Versicherungsgeschäfte im Inland betreiben. Die BaFin vertritt den marktbezogenen Ansatz, wonach die Versicherer der Behörde des Landes, in dem sie tätig sind, Sachverhalte melden müssen, die diesen Markt betreffen (Incoming-Business-Ansatz). Aufsichtsbehörden anderer Länder – etwa Liechtenstein, Luxemburg, Österreich und Polen – sind hingegen der Ansicht, die bei ihnen zugelassenen Versicherungsunternehmen seien auch hinsichtlich der Geschäfte in anderen Ländern zum Bericht an die Heimatlandbehörde verpflichtet (heimatlandbezogener Ansatz).

Daher haben einige Versicherungsunternehmen – insbesondere aus den genannten Ländern – Widerspruch gegen die Sammelverfügung der BaFin eingereicht. Aufgrund der unklaren Rechtslage hat die BaFin die Versicherungsunternehmen aus diesen Ländern zunächst nicht an die Einreichung des Beschwerdeberichts erinnert. Einige von ihnen haben jedoch Beschwerdeberichte vorgelegt. Diese hat die BaFin regulär bearbeitet.

Auswertungsergebnis

Was die Auswertung der Berichte angeht, so ist anzumerken, dass eine umfassende Beurteilung der gewonnenen Daten zur Beschwerdebearbeitung ohne Vergleichswerte schwierig ist. Zum einen sind die Beschwerdeberichte untereinander kaum vergleichbar, da es über die Mindestanforderungen hinaus keine formellen oder inhaltlichen Anforderungen gibt. Das führte mitunter zu sehr unterschiedlichen Berichtsformaten, so dass eine zahlenmäßige Zusammenfassung (Datenkumulation) nur bedingt möglich ist. Zum anderen fehlen – auch bei den Unternehmen – Vergleichswerte, da es sich um das erste Berichtsjahr handelt. Das erste Berichtsjahr dient folglich in erster Linie dazu, Informationen darüber zu erhalten, ob und inwiefern die Versicherungsunternehmen überhaupt ein angemessenes Beschwerdemanagement aufgebaut haben.

Die Auswertung der Berichte hat die Annahme der BaFin bestätigt, dass die Versicherungsunternehmen grundsätzlich eine funktionierende Beschwerdebearbeitung betreiben. Sie beantworten Beschwerden in der Regel in weniger als zwei Wochen. Weniger als 5 Prozent der Unternehmensbeschwerden führten zu einer Beschwerde bei der BaFin. Dies lässt darauf schließen, dass die Versicherungsunternehmen Beschwerden angemessen beantworten.

Mängel beim Beschwerdemanagement

Es gibt jedoch auch Unternehmen, die bis zum Erlass der Sammelverfügung noch kein EIOPA-konformes Beschwerdemanagement aufgebaut hatten. Ihnen diente 2014 als Übergangsjahr, um ein solches Beschwerdemanagement zu etablieren, was sie inzwischen nach eigenen Angaben auch getan haben. Die BaFin wird dies im kommenden Jahr anhand der Beschwerdeberichte nachprüfen.

Einige Versicherungsunternehmen konnten zudem nicht alle geforderten Daten liefern. Sie müssen beim Beschwerdemanagement noch nachbessern. Auch hier wird die BaFin anhand der Berichte für 2015 prüfen, ob dies geschehen ist.

Ferner konnten einige Konzerne für Teile des Kundendienstes keine nach den einzelnen Versicherungsunternehmen aufgeschlüsselten Angaben machen. Das lag unter anderem daran, dass sie einen konzernweiten Kundendienst einsetzen. Die Konzerne werden die Angaben in Zukunft aufschlüsseln. Allerdings wird dies nur teilweise möglich sein, da auch Beschwerden eingehen, die sich nicht gegen ein bestimmtes Unternehmen des Konzerns richten, zum Beispiel Beschwerden über Sport-Sponsoring.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Larsen Dorsel, Julia Scheer, BaFin

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