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Erscheinung:11.11.2014 Interview mit BaFin-Präsidentin Dr. Elke König: „Die Mittel müssen im Krisenfall unverzüglich zur Verfügung stehen“

Der Finanzstabilitätsrat FSB (Financial Stability Board) hat ein Konsultationspapier veröffentlicht, das vorsieht, dass global systemrelevante Institute für ihre Abwicklung bzw. Rekapitalisierung zusätzliche Mittel vorhalten müssen (Gone-Concern Loss Absorbing Capacity – GLAC).

Die Kapitalanforderungen nach Basel III und GLAC sollen dabei in einer einheitlichen Mindestquote zusammengefasst werden (Total Loss Absorbing Capacity – TLAC), um sie aufeinander abzustimmen und die Funktionsweise der Kapitalpuffer nicht zu beeinträchtigen. BaFin-Präsidentin Dr. Elke König erläutert die Einzelheiten des FSB-Vorschlags und erklärt, warum eine solche Regelung aus ihrer Sicht notwendig ist.

Frau Dr. König, seit Basel III sind die Banken verpflichtet, Eigenkapital in Höhe von 8 Prozent ihrer Risikopositionen vorzuweisen, hinzu kommt ein Kapitalpuffer von bis zu 5 Prozent. Das genügt dem FSB aber nicht – global systemrelevante Institute sollen künftig mindestens weitere 8 Prozent Eigen- oder Fremdkapital vorhalten. Warum?

Die Eigenmittelanforderungen nach Basel III sind dafür gedacht, dass Banken unvorhergesehene Verluste im laufenden Geschäftsbetrieb auffangen können. Gelingt dies jedoch nicht, sind die Mittel also aufgezehrt, muss das Institut unter Umständen restrukturiert oder abgewickelt werden. Und das unabhängig davon, wie groß oder komplex es ist – Stichwort „Too Big to Fail“. Wir haben dafür in Europa mit dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie die Grundlagen geschaffen. Erklärtes Ziel ist es zu verhindern, dass beim Scheitern einer Bank Steuergelder herangezogen werden müssen – unter anderem dadurch, dass beim Institut Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt und so die Gläubiger an den Verlusten beteiligt werden können. Damit das kein stumpfes Schwert bleibt, müssen im Abwicklungsfall in kürzester Zeit Verbindlichkeiten in ausreichender Höhe und Qualität zur Verfügung stehen. TLAC wird dafür Mindeststandards setzen und die Richtlinie so konkretisieren.

Können die Institute diese zusätzlichen Anforderungen denn überhaupt stemmen?

Es geht ja hier nicht nur um Eigenkapital, wie es bei Basel III der Fall ist. Die Banken können GLAC auch in Form geeigneter Verbindlichkeiten vorhalten, zum Beispiel Coco-Bonds. Einziges Kriterium ist, dass die Mittel im Krisenfall unverzüglich zur Verfügung stehen müssen. Einen Teil der Anforderungen werden die Institute darum schon jetzt erfüllen. Für den Rest haben sie mehrere Jahre Zeit – ich rechne damit, dass TLAC nicht vor 2019 in Kraft tritt. Eine Auswirkungsstudie soll in den kommenden Monaten zeigen, wie groß die Lücke bei den betroffenen Instituten ist und was in welcher Zeit machbar ist. Im Übrigen kann die Devise nicht heißen: Wir fordern das, was einfach zu erfüllen ist. Entscheidend ist einzig und allein, ob die Mittel im Fall der Fälle ausreichen. Das sehen auch die Institute so. Die Industrie hat den Prozess aktiv begleitet und viele gute Anregungen gegeben, die in das Papier eingeflossen sind.

Hat auch die BaFin daran mitgewirkt?

Ja, Kollegen der BaFin haben den Vorschlag in den einzelnen Arbeitsgruppen des FSB gemeinsam mit der Bank of England, der US-amerikanischen Fed und dem FSB-Sekretariat maßgeblich mitgestaltet. Er ist aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein – nicht nur ein Mosaikstein – auf dem Weg zur Beendigung des „Too Big to Fail“-Problems.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Sobald der Mindeststandard festgelegt ist, wird es darum gehen, ihn mit Leben zu füllen. Welche Verbindlichkeiten sind als GLAC geeignet? Wie gehen wir mit unterschiedlich strukturierten Bankgruppen in den einzelnen Ländern um? Welche rechtlichen Hürden gibt es bei der Umsetzung von TLAC? Das sind alles Fragen, die wir noch klären müssen, wenn es um die Abwicklung von Banken geht.

Ähnliche, aber speziell zugeschnittene Regeln für Sanierung und Abwicklung brauchen wir zudem auch für Versicherer und Finanzmarktinfrastrukturen. Es bleibt also noch viel zu tun.

Dieses Interview wird auch im BaFinJournal Dezember 2014 erscheinen.

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