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Erscheinung:31.10.2013 KAGB: Änderungen an Verordnungen zu Verhaltens- und Organisationsregeln und zu Schlichtungsstellen

Wie in der Oktober-Ausgabe des BaFinJournals angekündigt, fasst der vorliegende Beitrag die wesentlichen Neuerungen durch die Kapitalanlage-Verhaltens- und -Organisationsverordnung (KAVerOV) und die Kapitalanlageschlichtungsstellenverordnung KASchlichtV zusammen.

Diese gehen auf das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) zurück, das am 22. Juli 2013 durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment-Fund-ManagerAIFM) geschaffen wurde. Das Investmentgesetz wurde damit aufgehoben.

Kapitalanlage-Verhaltens- und Organisationsverordnung

Die KAVerOV umfasst allgemeine Verhaltens- und Organisationsregeln, Regelungen zum Umgang mit Interessenkonflikten sowie Bestimmungen zum Risiko- und Liquiditätsmanagement, die Kapitalverwaltungsgesellschaften bei der Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und Publikums-AIF (alternative Investmentfonds) beachten müssen. Die Verordnung konkretisiert die §§ 26 bis 30 des KAGB und ersetzt die Investment-Verhaltens- und Organisationsverordnung (InvVerOV). Sie ist viel kürzer als ihre Vorgängerverordnung: Um verwirrende Parallelregelungen zu vermeiden, wurden die meisten Bestimmungen der InvVerOV nun durch einen Verweis auf die weitgehend inhaltsgleichen Artikel 16 bis 66 der Level-2-Verordnung zur AIFM-Richtlinie ersetzt. In Bezug auf die Verwaltung von Publikums-AIF gelten laut KAGB die Bestimmungen der für Spezial-AIF konzipierten Level-2-Verordnung als Mindeststandard. Die KAVerOV enthält die Zusatzregelungen, die für die Besonderheiten von Publikums-AIF erforderlich sind.

Die BaFin will in allen Bereichen der Vermögensverwaltung möglichst einheitliche Standards für die Geschäftsorganisation und den Umgang mit den Kunden durchsetzen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, enthielt bereits die Vorgängerverordnung InvVerOV Regelungen für Kapitalanlagegesellschaften, die denen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) so weit wie möglich entsprachen.

Mit der KAVerOV hat die BaFin nun auch die Standards für OGAW- und AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften angeglichen. Dies ist schon im Kapitalanlagegesetzbuch grundsätzlich so angelegt und ermöglicht den Kapitalverwaltungsgesellschaften, die häufig sowohl OGAW als auch AIF verwalten, eine wirtschaftlichere und weniger fehleranfällige Organisation der Geschäftsabläufe. Zudem erleichtert sie der BaFin eine spartenübergreifend sachgerechte und effektive Beaufsichtigung der Gesellschaften. Die Anleger können auf gleich hohe Standards in allen Bereichen der kollektiven Vermögensverwaltung vertrauen.

Neue Regelungen

Wesentliche inhaltliche Unterschiede ergeben sich dadurch bei den Regelungen zum Risiko- und Liquiditätsmanagement, die in der Level-2-Verordnung zur AIFM-Richtlinie gegenüber der InvVerOV weiterentwickelt wurden und deutlich präziser sind. Sie sind jedoch mit dem alten Recht vollständig vereinbar.

Neu sind außerdem spezielle Sorgfaltspflichten bei Anlagen in eingeschränkt liquide Vermögenswerte und in Verbriefungspositionen sowie bei der Auswahl und Bestellung von Gegenparteien und Primebrokern.

Erfahrung aus der Finanzkrise

Diese Ergänzungen sind den Erfahrungen und Erkenntnissen aus der Finanzkrise geschuldet, die alle Kapitalverwaltungsgesellschaften betreffen. Die Sicherheitsstandards des Risikomanagements bei der Verwaltung von OGAW sollten nicht hinter denen für AIF zurückbleiben.

Zum Teil waren diese Anforderungen aber schon Bestandteil der Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Investmentgesellschaften (InvMaRisk), in denen die Verwaltungspraxis der BaFin niedergelegt ist. Die praktischen Auswirkungen des detaillierteren Gesetzes werden vermutlich begrenzt sein.

Regelungen aus der OGAW-Richtlinie

Einige der neuen Vorgaben wurden aus der OGAW-Richtlinie, die sich an den Bedürfnissen der Privatanleger orientiert, für die Verwaltung von Publikums-AIF übernommen. Diese Regelungen galten nach der InvVerOV auch bisher schon für alle Verwaltungsgesellschaften, also auch für solche, die nur nicht-richtlinienkonforme Sondervermögen betreuen. Wirklich neu sind die Pflichten daher nur für Gesellschaften, die erst seit dem 22. Juli 2013 unter die Aufsicht fallen, weil sie Fonds verwalten, die bisher investmentrechtlich nicht reguliert waren. Dazu zählen insbesondere geschlossene Fonds.

Beispielsweise müssen nach der KAVerOV auch die Verwalter von Publikums-AIF ein Beschwerdemanagement einrichten. Dies schreibt die Level-2-Verordnung zur AIFM-Richtlinie nicht vor, weil sie nur die institutionellen Anleger von Spezialfonds im Blick hat. Die Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen ihre Beschwerdebearbeitungsstelle auf ihrer Internetseite verständlich erläutern. Sie muss für die Anleger kostenfrei nutzbar sein. Die Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen alle Eingaben unverzüglich bearbeiten und alle Beschwerden sowie die Maßnahmen zur Abhilfe dokumentieren. Das dient nicht nur der Unternehmenssteuerung, sondern gibt auch dem Abschlussprüfer und der BaFin wichtige Hinweise auf mögliche Schwachstellen in den Gesellschaften.

Ebenfalls aus der OGAW-Richtlinie für Verwalter von Publikums-AIF übernommen wurden erweiterte Informationspflichten gegenüber den Privatanlegern. Die Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen private Anleger beispielsweise genauer als institutionelle Anleger über die Einzelheiten von Zeichnungs- oder Rücknahmeaufträgen aufklären, die sie ausgeführt haben. Sie haben sie auch detaillierter über Strategien der Gesellschaft bei der Ausübung von Stimmrechten der im Fonds gehaltenen Wertpapiere und über die Grundsätze zu informieren, nach denen das Unternehmen Broker für Handelsaufträge auswählt. Einheitliche Vorgaben gelten auch für den Neue-Produkte-Prozess, den die Gesellschaften durchlaufen müssen, bevor sie einen Vermögensgegenstand zum ersten Mal erwerben. In diesem Prozess haben sie Prognosen und Risikoanalysen für den Fonds zu erstellen.

Keine Vorzugsbehandlung

Für OGAW nicht übernommen wurde die Regelung in Artikel 23 Absatz 2 der Level-2-Verordnung zur AIFM-Richtlinie, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorzugsbehandlung einzelner oder mehrerer Anleger zulässt. Sie ist mit der OGAW-Richtlinie nicht zu vereinbaren. Auch einem Verwalter von Publikums-AIF ist es nach der KAVerOV explizit untersagt, die Anleger bei der Gewinn- oder Verlustbeteiligung am Investmentvermögen ungleich zu behandeln.

Nicht als ungleiche Behandlung von Anlegern zählen bestimmte Sonderrechte von Treuhandkommanditisten, solange die mittelbar beteiligten Anleger dadurch wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden. Solche Sonderrechte sind zum Beispiel die Befugnis zur Kapitalerhöhung, das Recht zur Begründung von Treuhandverhältnissen mit mittelbar beitretenden Anlegern (Treugebern), ein jederzeitiges Verfügungsrecht, das Recht zur gespaltenen Stimmrechtsausübung sowie spezifische Entscheidungs- und Zustimmungsbefugnisse. Unbedenklich sind auch Vergütungen für die Ausübung von Organfunktionen, etwa die des geschäftsführenden Kommanditisten, des persönlich haftenden Gesellschafters oder des Treuhandkommanditisten.

Zuwendungen, die Kapitalverwaltungsgesellschaften Dritten gewähren oder von Dritten erhalten, sind in der Regel nur zulässig, wenn sie auf eine Verbesserung der Dienstleistungsqualität ausgelegt sind und dem Anleger schon vorher angekündigt werden. Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb sind hiervon nicht mehr ausgenommen.

Das KAGB enthält Übergangsvorschriften für bestehende Kapitalverwaltungsgesellschaften, Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften. Diese unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehend weiterhin dem Investmentgesetz. In diesen Fällen ist auch die InvVerOV noch anwendbar, die das Investmentgesetz konkretisiert.

Schlichtungsstellen

Der im Vergleich zum Investmentgesetz deutlich erweiterte Anwendungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches schlägt sich auch in der neuen Kapitalanlageschlichtungsstellenverordnung nieder: Die Vorgängerverordnung der KASchlichtV, die Investmentschlichtungsstellenverordnung (InvSchlichtV), ließ eine Übertragung der Schlichtungsaufgaben noch ausschließlich auf den Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) zu. Die KASchlichtV sieht ergänzend vor, dass die Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. die Streitigkeiten mit Unternehmen schlichten soll, die diesem Verein angehören. Dies betrifft vor allem die im Sachwerteverband (BSI)1 organisierten Gesellschaften, die geschlossene Fonds verwalten.

Zwar ist die Ombudsstelle Geschlossene Fonds bereits seit mehreren Jahren auf Initiative der daran beteiligten Gesellschaften tätig. Ihre gesetzlichen Aufgaben nach der KASchlichtV kann sie aber erst übernehmen, wenn sie ihre Verfahrensordnung an die Vorgaben angepasst hat. Diese muss das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz genehmigen. Die gesetzliche Schlichtungsaufgabe darf nach dem KAGB frühestens zum 22. Juli 2014 auf die Ombudsstelle Geschlossene Fonds übertragen werden. Anleger können die private Ombudsstelle aber schon jetzt in Anspruch nehmen.

Die Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. wird zudem künftig in die Auswahl der Schlichter für die BaFin-eigene Schlichtungsstelle nach dem KAGB einbezogen. Diese übernimmt die Schlichtungsaufgaben, für die keine der privaten Stellen zuständig ist. Das betrifft Streitigkeiten zwischen Anlegern und solchen Gesellschaften, die sich keiner der beiden Verbands-Schlichtungsstellen angeschlossen haben.

Kombination von Schlichtungsverfahren

Die KASchlichtV führt zudem die Möglichkeit ein, mehrere Schlichtungsverfahren zu verbinden, die dieselbe Rechtsfrage und denselben Antragsgegner betreffen. Dies soll dem Schlichter eine effizientere Arbeit ermöglichen, etwa wenn mehrere Anleger desselben Fonds eine vergleichbare Streitigkeit anmelden.

Um Anlegern den Zugang zu den Schlichtungsstellen zu erleichtern, wird nach der neuen Verordnung eine Streitigkeit explizit auch dann als schlichtungsfähig akzeptiert, wenn sich der Antragsteller zuvor noch nicht an den Antragsgegner gewandt hat. Es werden ausdrücklich alle Schlichtungsanträge angenommen, die in Textform eingereicht werden, also auch Anträge per E-Mail. Zudem wurde die Verordnung redaktionell an die Terminologie des KAGB angepasst.

In bestimmten Fällen gilt für Streitschlichtungen vorübergehend noch die InvSchlichtV. Das ist bei Streitigkeiten zu den Vorschriften des Investmentgesetzes der Fall, die sich auf die Zeit vor dem 22. Juli 2013 beziehen, und wenn für den Antragsgegner nach den Übergangsvorschriften des KAGB weiterhin die Vorschriften des Investmentgesetzes anwendbar sind.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnote

  1. 1 Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e.V., hervorgegangen aus dem Verband Geschlossene Fonds (VGF).
Autor: Hans-Georg Carny, BaFin

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