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Erscheinung:01.10.2013 Kapitalanlagegesetzbuch: Änderungen an Verordnungen zu Derivaten und elektronischen Anzeigeverfahren

Am 22. Juli 2013 ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment-Fund-ManagerAIFM) in Kraft getreten.

Mit dem AIFM-Umsetzungsgesetz wurde das Investmentgesetz aufgehoben und durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt. Auf dieser Grundlage mussten unter anderem sechs Verordnungen angepasst werden (siehe BaFinJournal August 2013).

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die Änderungen der Derivateverordnung (Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch – DerivateV) und der Anzeigeverordnung (Verordnung zum elektronischen Anzeigeverfahren für inländische Investmentvermögen und EU-Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch – EAKAV). In den kommenden Ausgaben wird das BaFinJournal zudem über die Anpassungen der Kapitalanlageschlichtungsstellenverordnung (KASchlichtV), der Kapitalanlage-Verhaltens- und -Organisationsverordnung (KAVerOV), der Kapitalanlage-Prüfungsberichte-Verordnung (KAPrüfbV) und der Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und -Bewertungsverordnung (KARBV) berichten.

Neue Bezeichnungen

Die Verordnungen wurden nicht nur inhaltlich überarbeitet, sondern auch umbenannt:

  • DerivateV: vormals Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten in Sondervermögen nach dem Investmentgesetz
  • EAKAV: vormals Verordnung zum elektronischen Anzeigeverfahren für richtlinienkonforme inländische Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz (EAInvV)
  • KASchlichtV: vormals Investmentschlichtungsstellenverordnung (InvSchlichtV)
  • KAVerOV: vormals Investment-Verhaltens- und Organisationsverordnung (InvVerOV)
  • KAPrüfbV: vormals Investment-Prüfungsberichtsverordnung (InvPrüfbV)
  • KARBV: vormals Investment-Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung (InvRBV)

Derivateverordnung

Die Derivateverordnung musste vollständig neu gefasst werden. Neben den Vorschriften des KAGB wurden dabei auch wesentliche Teile der Leitlinien zu börsengehandelten Indexfonds und anderen OGAW1-Themen umgesetzt, die die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA (European Securities and Markets Authority) Mitte Juli veröffentlicht hatte. Diese haben zum Ziel, die Informationsgrundlage der Anleger zu indexnachbildenden Fonds zu verbessern. Außerdem beinhalten die Leitlinien neue Vorgaben für OTC-Derivategeschäfte sowie Wertpapierleihe und Pensionsgeschäfte.

Die DerivateV gilt für OGAW sowie bestimmte Arten alternativer Investmentfonds (AIF), nämlich für offene inländische Publikums-AIF gemäß §§ 214 bis 260 KAGB und offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gemäß § 284 KAGB. Sie kommt nicht nur beim Einsatz von Derivaten, sondern auch bei Wertpapierdarlehens- und Pensionsgeschäften zur Anwendung, wenn eines dieser Geschäfte nach den Anlagebedingungen getätigt werden kann. Es kommt also auf die nach den Anlagebedingungen vorgesehene und nicht auf die tatsächliche Investition an.

Die Verordnung gilt nicht für geschlossene AIF und offene Spezial-AIF, die keine Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen sind. Auch geschlossene Publikums-AIF gehören nicht zum Anwendungsbereich, da sie keine Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäfte tätigen dürfen beziehungsweise Derivate nur zu Absicherungszwecken und nicht zur Generierung von Leverage, also Hebeleffekten, einsetzen dürfen.

Auslagerungen bei Derivatekontrakten

Basierend auf den ESMA-Leitlinien stellt die DerivateV nun klar, dass es sich um eine Auslagerung gemäß § 36 KAGB handelt, wenn ein Kontrahent eines Derivats die Vermögensgegenstände beeinflusst, die dem Derivat zugrunde liegen. Ein Beispiel hierfür ist ein Swap auf ein Portfolio, das durch den Swap-Kontrahenten verwaltet wird. Dieser beeinflusst das Anlage- und Risikoprofil des Investmentvermögens.

Bei einer Auslagerung gilt, dass der Kontrahent bei der Verwaltung des Basiswertes nur Techniken und Instrumente einsetzen darf, die mit dem KAGB konform sind. Beispielsweise sind physische Leerverkäufe oder Kreditaufnahmen des Kontrahenten bei der Verwaltung nicht zulässig. Passive oder regelgebundene Änderungen des Basiswertes, die vorbestimmt sind, gelten hingegen nicht als Auslagerung.

Kündbarkeit von Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften

Neu ist außerdem die Vorschrift, dass Wertpapierdarlehen durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft jederzeit kündbar sein müssen und die Wertpapiere damit jederzeit zurückgefordert werden können. Ein Wertpapierdarlehen kann damit nicht mehr für einen vorher festgelegten Zeitraum gewährt werden. Die tägliche Liquidität des Investmentvermögens muss sichergestellt sein. Gleiches gilt für die Möglichkeit, Dispositionsmöglichkeit über die Wertpapiere zu disponieren, da das Investmentvermögen andernfalls den Marktrisiken der Wertpapiere ausgesetzt wäre, ohne auf Änderungen reagieren zu können, indem es Wertpapiere veräußert. Umgekehrte Pensionsgeschäfte können im Gegensatz zu Wertpapierdarlehen weiterhin auch für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen werden. Möglich ist eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten. Allerdings muss auch hier sichergestellt sein, dass die Geschäfte jederzeitig kündbar sind.

Sicherheiten

Sicherheiten, die das Investmentvermögen bei Derivate-, Wertpapierdarlehen oder Pensionsgeschäften entgegengenommen hat, darf es grundsätzlich nicht reinvestieren. Davon ausgenommen sind nur Barsicherheiten. Diese können in Staatsanleihen mit hoher Qualität, in Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur und im Wege eines umgekehrten Pensionsgeschäftes reinvestiert werden.

Zudem hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft bei den Sicherheiten angemessene Abschläge (Haircuts) vorzunehmen. Wie hoch diese sind, entscheidet die Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst. Die Haircut-Strategie muss auf die einzelnen Arten von Vermögensgegenständen abgestimmt sein und deren Spezifika berücksichtigen, beispielsweise Ausfallrisiko und Volatilität. Investmentvermögen, die durch OTC-Derivate, Wertpapierdarlehen oder Pensionsgeschäfte erhebliche Kontrahentenrisiken eingehen und im Gegenzug Sicherheiten gestellt bekommen, müssen ihre Sicherheiten zudem in speziellen Stresstests prüfen.

Verkaufsprospekt

Der Verkaufsprospekt eines Publikumsinvestmentvermögens muss nun zusätzliche, spezifische Angaben enthalten. Setzt das Unternehmen Total-Return-Swaps oder andere Derivate ein, die einen wesentlichen Einfluss auf die Anlagestrategie des Investmentvermögens haben, müssen sie nun unter anderem angeben, welche Strategie sie verfolgen und wie sich das Anlageportfolio oder der Index zusammensetzen wird, nachdem das Derivat eingesetzt wurde. Außerdem müssen sie Informationen zu den Vertragspartnern bei OTC-Derivaten aufnehmen, das Kontrahentenrisiko beschreiben und darlegen, welche Folgen der Ausfall eines Vertragspartners auf die Erträge der Anleger hätte.

Falls das Investmentvermögen unter Einsatz von Leverage einen Index nachbildet oder der nachgebildete Index selbst Leverage aufweist, muss der Verkaufsprospekt eine Beschreibung der Leverage-Strategie enthalten und über die Art und Weise informieren, wie diese umgesetzt wird. Zudem muss er die Kosten des Leverage darstellen und Auskunft geben, ob und in welchem Ausmaß die Entwicklung des Wertes des Investmentvermögens mittel- bis langfristig vom Vielfachen der Indexentwicklung abweichen kann.

Wenn das Publikumsinvestmentvermögen Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäfte einsetzen will, muss es diese Absicht nun angeben und die damit verbundenen Risiken ausführlich beschreiben. Auch muss der Verkaufsprospekt Anleger nun eindeutig über die Sicherheitenstrategie informieren. Hierzu zählen Angaben zu den Arten von Sicherheiten, die dem Investmentvermögen übertragen werden, zum erforderlichen Umfang der Besicherung und zur Haircut-Strategie sowie, im Fall von Barsicherheiten, zur Strategie für die Anlage der Sicherheiten und der damit verbundenen Risiken.

Anzeigeverordnung

Bei der Umsetzung der AIFM-Richtlinie in nationales Recht waren zum einen die Vorschriften zum Anzeigeverfahren für OGAW, das bereits vor zwei Jahren eingeführt wurde (siehe BaFinJournal 08/11), redaktionell anzupassen. Zum anderen galt es, die neuen Regeln für den grenzüberschreitenden Vertrieb von AIFs umzusetzen.

Diese sind analog zum Anzeigeverfahren für OGAW ausgestaltet: Beabsichtigt ein AIF, der die Voraussetzungen der AIFM-Richtline erfüllt, oder dessen Verwaltungsgesellschaft, Anteile an diesem AIF auch in einem anderen Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums an professionelle Anleger zu vertreiben, so kann er dies bei der zuständigen Aufsichtsbehörde seines Heimatlandes anzeigen. Diese prüft den Antrag und stellt anschließend eine Bescheinigung über die Zulassung des betreffenden AIFM aus, die sie zusammen mit der Anzeige per E-Mail an die Aufsichtsbehörde weiterleitet, in deren Hoheitsgebiet die Anteile vertrieben werden sollen. Sobald die Heimataufsicht bestätigt, dies getan zu haben, ist der AIF beziehungsweise dessen Verwaltungsgesellschaft zum öffentlichen Vertrieb im Aufnahmestaat berechtigt.

Umsetzung in deutsches Recht

Diese europäischen Vorgaben für OGAW und AIF wurden durch das KAGB in deutsches Recht umgesetzt. Die neue Anzeigeverordnung regelt Umfang und Form der Unterlagen, die eine inländische Investmentgesellschaft einreichen muss, wenn sie beabsichtigt, AIF in anderen europäischen Staaten zu vertreiben. Für AIF, die von einer EU-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden und an semi-professionelle und professionelle Anleger gemäß § 323 KAGB im Inland vertrieben werden sollen, hat die BaFin ein Merkblatt veröffentlicht.

Die Vorschriften der EAKAV, die OGAW betreffen, haben sich gegenüber der EAInvV nicht geändert und wurden lediglich redaktionell überarbeitet. Die neuen Vorschriften für AIF entsprechen im Wesentlichen den Vorgaben für OGAW (siehe BaFinJournal 08/11).

Beabsichtigt eine Investmentgesellschaft, OGAW oder AIF im europäischen Ausland zu vertreiben, muss sie dies nur über das Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin anzeigen. Diese Vertriebsanzeigen werden nicht mehr über die MVP-Meldeplattform, sondern über das MVP-Portal abgewickelt. Zertifikate von Gesellschaften, die bereits für das bisherige OGAW-Anzeigeverfahren registriert sind, werden automatisch in das MVP-Portal übernommen. Alle anderen Nutzer müssen sich auf dem MVP-Portal für das Verfahren anmelden und zertifizieren lassen.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnote

  1. 1 Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren.
Autor: Dr. Sascha Becker, BaFin

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