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Erscheinung:01.08.2013 11:16 Uhr Finanzkonglomerate - Neues Aufsichtsgesetz setzt Richtlinie um und bündelt Regelungen aus KWG und VAG

Am 4. Juli 2013 ist das Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz in Kraft getreten. Das FKAG bündelt die Regelungen zur zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats, die bislang im Kreditwesengesetz und im Versicherungsaufsichtsgesetz enthalten waren. Diese sind nun aufgehoben.

Zudem setzt das FKAG Artikel 2 der Richtlinie 2011/89/EU (Financial Conglomerates Directive I – FiCoD I) um.

Ziele des FKAG und der FiCoD I

Die Bündelung der relevanten Vorschriften in einem separaten Gesetz, dem FKAG, entspricht der sektorübergreifenden Bedeutung des Themas und folgt der Systematik der EU-Richtlinien. Der bisherige Aufsichtsstandard für Finanzkonglomerate wird durch das FKAG beibehalten.

Das Gesetz setzt die wesentlichen Ziele der FiCoD I um,

  • die zusätzliche Beaufsichtigung effektiver zu machen,
  • das Risikomanagement von Finanzkonglomeraten zu stärken,
  • die Möglichkeiten für Aufsichtsarbitrage zu beseitigen,
  • den Aufwand, der zur Einhaltung der Vorschriften notwendig ist, zu begrenzen und
  • die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden zu fördern.

Zudem hat die FiCoD I die Finanzkonglomerate-Richtlinie an die neue europäische Aufsichtsstruktur angepasst. Für einige Vorschriften wird der Gemeinsame Ausschuss der drei europäischen Aufsichtsbehörden gemeinsame Leitlinien und technische Standards erlassen, etwa für die Anwendung der Schwellenwerte, mit denen bestimmt wird, ob die Unternehmen bei der Ermittlung eines Finanzkonglomerats zu berücksichtigen sind. Ein Finanzkonglomerat ist eine (Unter-) Gruppe, deren Unternehmen sowohl in der Banken- oder Wertpapierdienstleistungsbranche als auch in der Versicherungsbranche tätig sind. Für die zusätzliche Beaufsichtigung nach dem FKAG müssen die spezifischen Voraussetzungen dieses Gesetzes vorliegen. § 1 Absatz 2 FKAG enthält eine detaillierte Definition für ein Finanzkonglomerat.

Identifizierung von Finanzkonglomeraten

Die Einstufung einer Gruppe als Finanzkonglomerat erfolgt nach dem FKAG flexibler und stärker risikoorientiert als bisher. Vermögensverwaltungsgesellschaften und Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investmentfund-Managers) nach der AIFM-Richtlinie werden bei der Bestimmung eines Finanzkonglomerats einbezogen. Unternehmen in Drittstaaten, die einem Konglomerat angehören, sind in die Berechnungen der Schwellenwerte einzubeziehen, wenn das Unternehmen von einem Staat im Europäischen Wirtschaftsraum in den Drittstaat umgezogen ist, um sich der Beaufsichtigung zu entziehen. Beteiligungen an der innerhalb des Finanzkonglomerats schwächer vertretenen Branche, die im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung von untergeordneter Bedeutung sind, können bei der Berechnung des Schwellenwertes ausgeschlossen werden. Eine Befreiung oder Freistellung von den Regelungen zu Risikokonzentrationen, konglomeratsinternen Transaktionen und besonderen organisatorischen Pflichten ist auch dann möglich, wenn die Gruppe zwar einen bestimmten relativen Schwellenwert erreicht, die Bilanzsumme der am schwächsten vertretenen Branche aber die absolute Grenze von 6 Mrd. Euro nicht übersteigt. Die BaFin überprüft dies jährlich.

Mehr beaufsichtigte Unternehmen und neue Transparenzpflichten

Das FKAG erweitert den Kreis der beaufsichtigten Unternehmen um Rückversicherungsunternehmen, Versicherungszweckgesellschaften und Verwalter alternativer Investmentfonds. Damit kann beispielsweise ein Unternehmen, das auch das Rückversicherungsgeschäft betreibt, keine gemischte Finanzholding-Gesellschaft mehr sein. Diese dürfen per definitionem selbst keine beaufsichtigten Unternehmen eines Finanzkonglomerats sein.

Das FKAG führt neue Informationspflichten der Unternehmen zu Rechts-, Governance- und Organisationsstruktur sowie Veröffentlichungspflichten zur rechtlichen und zur Governance- und Organisationsstruktur von Finanzkonglomeraten ein. Die übergeordneten Unternehmen eines Finanzkonglomerats müssen diese Pflichten bis zum 15. Mai jedes Jahres erfüllen.

Kollegien und Prognoserechnungen

Um zur Stabilität des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen beizutragen, muss die zusätzliche Beaufsichtigung international tätiger Finanzkonglomerate innerhalb der Europäischen Union koordiniert werden. Die zuständigen Behörden müssen sich auf eine einheitliche Herangehensweise einigen. Die grenzüberschreitende Aufsicht erfolgt daher in Kollegien. Hierzu schließt die BaFin Kooperationsvereinbarungen mit den zuständigen Behörden der betroffenen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums ab.

Nach Artikel 9b der FiCoD I können die Mitgliedstaaten den Koordinator des Kollegiums verpflichten, Stresstests zu veranlassen. Das FKAG gebraucht den Begriff „Prognoserechnungen“. Demnach liegt es im Ermessen der BaFin, solche Rechnungen durchzuführen.

Aufsichtsstandards angeglichen

Bislang gab es im KWG vereinzelt Aufsichtsstandards zu Finanzkonglomeraten, die im VAG nicht enthalten waren, und umgekehrt. Diese Regelungen galten also nicht für alle, sondern nur für bank- beziehungsweise versicherungsgeführte Finanzkonglomerate. Im FKAG werden diese Regelungen nunmehr für alle Finanzkonglomerate eingeführt.

Die BaFin und die Deutsche Bundesbank werden das Merkblatt zur Abgrenzung von Finanzkonglomeraten vom 6. August 2008 in den nächsten Monaten überarbeiten und an die neuen Regelungen anpassen.

Gemischte Finanzholding-Gesellschaften

Die gemischten Finanzholding-Gesellschaften werden nun in die sektorale Gruppenaufsicht einbezogen. Bislang gab es ein Problem, wenn eine Finanzholding- oder Versicherungsholdinggesellschaft zu einer gemischten Finanzholding-Gesellschaft wurde, etwa weil sie ein Unternehmen der jeweils anderen Branche zukaufte. Durch Aufnahme der gemischten Finanzholding-Gesellschaft in die sektorale Gruppenaufsicht sind nun beide Aufsichtsregelwerke nebeneinander anwendbar.

In VAG und KWG gibt es nun eine Waiver-Regelung, die eine Doppelung identischer Pflichten vermeiden soll. Danach kann die Gruppenaufsichtsbehörde nur die Bestimmungen der Finanzkonglomerate-Richtlinie anwenden, wenn sie die anderen zuständigen Behörden zuvor konsultiert hat und die gemischte Finanzholding-Gesellschaft insbesondere im Hinblick auf eine risikobasierte Beaufsichtigung gleichwertigen Bestimmungen unterliegt.

Änderung zahlreicher Verordnungen

Anhang I der FiCoD I ändert die Anhänge der Versicherungsgruppenrichtlinie und der Bankenrichtlinie. Die Änderungen zielen darauf ab, den Konsolidierungskreis um die „gemischte Finanzholding-Gesellschaft“ zu erweitern.

Wenn statt einer Versicherungsholdinggesellschaft eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft übergeordnetes Unternehmen der Gruppe ist, ist die Berechnung einer bereinigten Solvabilität anzuordnen. Daher muss die Solvabilitäts-Bereinigungs-Verordnung (SolBerV) inhaltlich geändert werden. Auch die Solvabilitätsverordnung (SolvV) ist anzupassen. Die Finanzkonglomerate-Solvabilitäts-Verordnung (FkSolV) muss neu erlassen werden, da ihre bisherige Rechtsgrundlage entfallen ist. Das Inkrafttreten des FKAG erfordert zudem die Anpassung weiterer Verordnungen, darunter die Versicherungs-Vergütungsverordnung, die Inhaberkontrollverordnung (InhKontrollV), die ZAG-Anzeigenverordnung, die Prüfungsberichtsverordnung und die Zahlungsinstituts-Prüfungsberichtsverordnung

. Das Verordnungsverfahren läuft noch.

Artikel 4 der FiCoD I ändert die Solvency-II-Richtlinie. Er kann daher erst in deutsches Recht transformiert werden, wenn Solvency II in Deutschland umgesetzt ist.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Daniel Schwöbel, Claudia Thiebes, Jan Eckardt / BaFin

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